Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-281194/26/Kl/Pe

Linz, 02.03.2011

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Ilse Klempt über die Berufung des Herrn x, vertreten durch x Rechtsanwälte OG, x-Straße x, x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden (Faktum 1, 3 und 4) vom 22.12.2009, Ge96-126-2009, wegen Verwaltungsübertretungen nach dem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG) nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 9.3.2010 zu Recht erkannt:

 

I.   Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis (Faktum 1, 3 und 4) mit der Maßgabe bestätigt, dass bei der verletzten Rechtsvorschrift im Sinn des § 44a Z2 VStG jeweils das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz – ASchG mit „BGBl. Nr. 450/1994 idF BGBl. II Nr. 13/2007“ und die Bauarbeiterschutzverordnung – BauV mit „BGBl. Nr. 340/1994 idF BGBl. II Nr. 13/2007“ zu zitieren ist und die Verwaltungsstrafnorm im Sinn des § 44a Z3 VStG jeweils „§ 130 Abs.5 Einleitung ASchG“ zu lauten hat. Ferner ist zu Faktum 1 bei der Ersatzfreiheitsstrafe der Ausdruck „(15 Stunden in vier Fällen)“ zu ergänzen. Ferner ist Faktum 4 nach dem Ausdruck „nach ihrer Fertigstellung“ um die Wortfolge „den Prüfungen gemäß § 61 Abs.1 bis 3 und Beseitigung der bei diesen Prüfungen festgestellten Mängeln“ zu ergänzen und hat bei der Zitierung des § 62 Abs.1 BauV die „Z1“ zu entfallen.

 

II. Der Berufungswerber hat zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat einen Kostenbeitrag von 500 Euro, das sind 20 % der verhängten Geldstrafen zu Faktum 1, 3 und 4, zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG iVm §§ 24, 5, 19, 22 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG.

zu II: § 64 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 22.12.2009, Ge96-126-2009, wurde über den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) eine Geldstrafe zu Faktum 1 von 1.000 Euro (250 Euro in vier Fällen), Ersatzfreiheitsstrafe von 60 Stunden, zu Faktum 3 von 500 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 30 Stunden und zu Faktum 4 von 1.000 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 60 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung jeweils gemäß § 130 Abs.5 Z1 ASchG iVm 1) § 154 Abs.3 und 4 BauV, 3) § 61 Abs.1 BauV und 4) § 62 Abs.1 Z1 BauV verhängt, weil er als das zur Vertretung nach außen berufene Organ und damit gemäß § 9 VStG strafrechtlich verantwortlicher handelsrechtlicher Geschäftsführer der xgesmbH mit Sitz in x strafrechtlich zu verantworten hat, dass bei einer am 20.9.2009 auf der Baustelle in x, x, „x GmbH“, vom Arbeitsinspektorat Kärnten durchgeführten Überprüfung Folgendes festgestellt wurde:

1)  Die mit dem Abbau des Fanggerüstes „x-Konsolbühne-M“ auf der Baustelle beschäftigten Arbeitnehmer x, x, x und x wurden weder vom Arbeitgeber noch einer sonstigen geeigneten fachkundigen Person über die Montage der „x-Konsolbühne-M“ in Verbindung mit dem Abschalwinkel unterwiesen, obwohl vor dem erstmaligen Heranziehen von Arbeitnehmern zu Arbeiten an Betriebseinrichtungen, sonstigen mechanischen Einrichtungen und Betriebsmitteln sowie vor der erstmaligen Heranziehung zu Arbeiten, die mit einer besonderen Gefahr für die damit beschäftigten Arbeitnehmer oder für andere Arbeitnehmer verbunden sind, müssen die Arbeitnehmer, sofern sie nicht über die geforderten Kenntnisse oder Erfahrungen verfügen, über die Arbeitsweise und ihr Verhalten sowie über die bestehenden oder anzuwendenden Schutzmaßnahmen mündlich und, sofern dies in dieser Verordnung verlangt wird, auch schriftlich unterwiesen werden.

3)  Das in der Nord- und der Ostseite mittels Eckübergang verbundene, im Bereich der Decke des ersten Obergeschosses in 6,8 m Absturzhöhe auf das Umgebungsgelände montierte Fangerüst „x-Konsolbühne-M“, war nicht durch eine fachkundige Person des Gerüstaufstellers der xgesmbH geprüft worden, obwohl Gerüste nach ihrer Fertigstellung einer Überprüfung durch eine fachkundige Person des Gerüstaufstellers zu unterziehen sind.

4)  Das an der Nord- und der Ostseite mittels Eckübergang verbundene Fanggerüst „x-Konsolbühne-M“ wurde im Bereich der Decke des ersten Obergeschosses in 6,8 m Absturzhöhe auf das Umgebungsgelände vom Arbeitnehmer x zum Spannen der Maurerschnur benutzt, obwohl Gerüste erst nach ihrer Fertigstellung benützt werden dürfen.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und das Straferkenntnis zur Gänze angefochten. Es wurde die ersatzlose Aufhebung beantragt. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass derartige Schutzgerüste im Unternehmen des Beschuldigten auch vor dem gegenständlichen Unfall bereits mehrfach eingesetzt worden seien und der als Vorarbeiter eingesetzte x als langjähriger Mitarbeiter der xgesmbH über entsprechende Fachkenntnisse, welche für die Gerüstmontage erforderlich seien, verfüge. Es seien die Angaben lediglich dahingehend zu verstehen, dass er im Umgang mit dem Abschalwinkel, der eine systembedingte Neuerung in der Montagetechnik darstelle, nicht vertraut gewesen sei. Allerdings habe der Zeuge x bestätigt, dass hiefür eine Bedienungsanleitung des Gerüstherstellers auf der Baustelle aufgelegen sei, sodass diesbezüglich kein Informationsdefizit der mit dem Aufbau beschäftigten Mitarbeiter ursächlich für das Unfallgeschehen gegeben sein könne, zumal vor der Durchführung der Arbeiten eine mündliche Unterweisung durch den Vorarbeiter erfolgt sei. Gemäß § 154 Abs.1 BauV sei eine Unterweisung von Arbeitnehmern ausschließlich vor der erstmaligen Aufnahme der Tätigkeit auf der Baustelle erforderlich. Da der Vorarbeiter über hinreichende Fachkenntnisse auf Grund seiner langjährigen Tätigkeit verfüge, habe der Beschuldigte berechtigt darauf vertraut, dass sein Dienstnehmer das Schutzgerüst ordnungsgemäß montieren würde. Die verhängte Geldstrafe erweise sich als ungemessen hoch und hätte nicht die unterlassene Instruktion eine Geldstrafe pro beschäftigten Dienstnehmer kumuliert werden dürfen. Die Montage des Schutzgerüstes sei vom Vorarbeiter x überwacht worden und der Beschuldigte sei zudem selbst am Vorfallstag auf der Baustelle gewesen, um sich von der ordnungsgemäßen Baustelleneinrichtung einschließlich der Montage des Gerüstes zu überzeugen. Er habe das Gerüst begangen und eine Sichtkontrolle durchgeführt, welche keine zu beanstandenden Mängel hervorgebracht hätte. Der Hohlraum, der sich im Beton um den Bolzenanker gebildet hätte, sei äußerlich nicht erkennbar gewesen. Eine Sichtkontrolle entspreche dem Erfordernis des § 61 Abs.1 BauV, sodass der Strafvorwurf ins Leere gehe. Auch die Geldstrafe sei nicht tat- und schuldangemessen. Zum Faktum 4 wurde dargelegt, dass es sich um ein Schutzgerüst handle, welches grundsätzlich nicht dazu diene, von diesem aus Arbeiten durchzuführen. Dies sei auch dem Verunfallten x bekannt sowie auch die Tatsache, dass Gerüste erst nach der Fertigstellung betreten werden dürfen. Der Beschuldigte habe berechtigt darauf vertrauen können, dass die Dienstnehmer entsprechend handeln und das Gerüst nicht betreten würden. Auch habe sich der Unfall erst nach Fertigstellung des Gerüstes ereignet. Die verhängte Geldstrafe sei nicht tat- und schuldangemessen.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

Hinsichtlich des Faktums 2 des angefochtenen Straferkenntnisses ist auf Grund der Höhe der verhängten Geldstrafe die Zuständigkeit der 5. Kammer des Oö. Verwaltungssenates gegeben und ergeht diesbezüglich eine gesonderte Entscheidung.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme, insbesondere in die der Anzeige angeschlossenen Beilagen und Fotos, sowie durch Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 9.3.2010, zu welcher der Bw, sein Rechtsvertreter und die belangte Behörde geladen wurden und erschienen sind. Weiters wurde das zuständige Arbeitsinspektorat Kärnten geladen und dieses hat durch einen Vertreter des Arbeitsinspektorates Vöcklabruck an der Verhandlung teilgenommen. Es wurden die Zeugen x, x, x und Arbeitsinspektor x geladen und einvernommen.

 

4.1. Im Grunde des durchgeführten Beweisverfahrens steht folgender Sachverhalt als erwiesen fest:

 

Der Bw ist laut Firmenbuchauszug handelsrechtlicher Geschäftsführer der xgesmbH mit dem Sitz in x. Gegen ihn liegt eine rechtskräftige Strafvormerkung nach der StVO vor. Er ist sorgepflichtig für zwei Kinder. Das geschätzte Einkommen liegt bei durchschnittlich 2.000 Euro netto monatlich. Im Betrieb sind ca. 50 Arbeitnehmer beschäftigt. Für die Baustelle x, x, „x GmbH“, war Herr x verantwortlicher Vorarbeiter. Dieser verfügt über keine Polierausbildung. Er ist gelernter Maurer und seit ca. 10 Jahren im Betrieb als Maurer beschäftigt. Er war für die Baumeisterarbeiten auf der Baustelle verantwortlich. Es wurde ein Bürogebäude samt Produktionshalle errichtet, wobei die Baumeisterarbeiten Beton- und Stahlarbeiten, Estrich und Innenverputz inkludieren. Seiner Maurerpartie gehörten weiters x, x und x, welche alle langjährige Stammmitarbeiter im Betrieb sind, an. Weiters gehörte Herr x dazu, der 2009 das erste Jahr dabei war.

Im Betrieb obliegt die Gerüstbeschaffung dem für die Baustelle zuständigen Vorarbeiter. Es hat daher Herr x das Gerüst bei der Firma x bestellt. Der Vorarbeiter zeigte dem Mitarbeiter der Firma x die Pläne und wird dann das geeignete Gerüst ausgewählt. Der Betrieb arbeitet ständig mit der Firma x hinsichtlich Gerüste zusammen. Für die konkrete Baustelle hat Herr x bereits auf der vorausgegangenen Baustelle in x mit einem Mitarbeiter der Firma x hinsichtlich Gerüst gesprochen und ihm das Projekt vorgestellt. In Zusammenarbeit mit der Firma x wurde dann das passende Gerüst für die Baustelle in Kärnten bestellt. Herr x weiß, wann ein Gerüst notwenig ist. Das Gerüst wurde unter Anleitung des Herrn x aufgestellt. Er hat sein Wissen durch Berufserfahrung erworben.

Zum Tatzeitpunkt wäre noch ein Geschoss zu errichten gewesen und wurde deshalb das Schutzgerüst montiert. Das Gerüst war als Schutzgerüst und nicht als Arbeitsgerüst gedacht. Maurerarbeiten werden von der Geschossdecke aus durchgeführt. Das Gerüst war als Schutz für die Herstellung der Unterzugschalung und für die Attika gedacht. Aus Erfahrung weiß der Vorarbeiter x, welches Gerüst zu verwenden ist. Im Fall dieser Baustelle hat er mit einem Vertreter der Firma x gesprochen, weil es Probleme im Bereich der Schalung gab, da eine Hohldielendecke vorhanden war, wo die Einhängebügel nicht verwendet werden konnten. Die Verwendung von Isolierplatten ist bei der Firma x üblich und wurden teilweise Gerüste auf Isolierplatten montiert. Dabei wurde aber kein Einschraubkonus sondern wurden Einhängeschlaufen verwendet. Üblicher Weise verwendet die Firma x Einhängebügel, die vor dem Betonieren auf der Decke montiert werden, bei denen dann das Gerüst eingehängt wird. Das System mit dem Einschraubkonus war dem Vorarbeiter nicht bekannt und hat er dieses vorher noch nie verwendet. Es wurde von der Firma x vorgeschlagen. Dabei wurde nicht auf Besonderheiten hingewiesen. Es wurde insbesondere nicht darüber gesprochen, dass die Montage nicht überall auf Beton erfolgt. Das Gerüst befand sich auf der Nordseite Richtung Ostseite. Der Vorarbeiter x hat den Vertreter der Firma x befragt, welches System zu verwenden sei und vom Vertreter der Firma x wurde empfohlen, jenes mit Aufhängeschuh und Einschraubkonus zu verwenden. Es wurde nicht darüber gesprochen, dass die Montage nicht überall auf Beton erfolgt. Zu diesem Zeitpunkt war dem Vorarbeiter nicht bewusst, dass unterschiedliche Untergründe vorliegen. Das Gerüst wurde von der Partie des Vorarbeiters montiert. Der Vorarbeiter hat einmal eine allgemeine Schulung hinsichtlich Absturzsicherung in der Firma gehabt, wobei es auch um Gerüste ging. Eine spezielle Schulung über Gerüstbau hat er nicht. Er weist nur praktische Berufserfahrung auf. Er hat auch einiges auf der Berufsschule gelernt. Für die gegenständliche Baustelle hat er vom Bw keine Einschulung erhalten und wurde auch nicht mit dem Bw gesprochen, welches Gerüst verwendet werden soll.

Nach der Gerüstaufstellung geht der Vorarbeiter durch und schaut er sich alles an. Andere Gerüste werden von Gerüstfirmen aufgestellt und von diesen abgenommen. Kleine Gerüste allerdings macht der Betrieb selber, eben auch Fanggerüste, wie das gegenständliche. Wird ein Fanggerüst aufgestellt, macht der Vorarbeiter die Kontrolle des Gerüstes. Das Gerüst auf der gegenständlichen Baustelle wurde nicht wirklich vom Vorarbeiter angeschaut. Er wurde zwar im Nachhinein darauf hingewiesen, dass an der einen Stelle nachgedübelt wurde, er wusste aber nicht, dass der Bolzen selbst nicht im Beton verankert war. Das gegenständliche Gerüstsystem wurde von seiner Partie erstmalig aufgestellt. Es wurde auf der Baustelle allgemein gesagt, dass das Gerüst nicht betreten werden darf und nur als Fanggerüst verwendet wird, nicht als Arbeitsgerüst. Vom Vorarbeiter wurde aber keine konkrete Anweisung gegeben, dass das Gerüst vor Abnahme nicht betreten werden darf. Es wäre vorgesehen gewesen, dass der Vorarbeiter sich das Gerüst noch einmal anschaut, er ist aber zeitlich nicht dazu gekommen. Es war nicht vorgesehen, dass sich der Bw das Gerüst anschaut bzw. abnimmt. Eine Betriebs- bzw. Aufstellanleitung hat der Vorarbeiter von der Firma x nicht erhalten. Die Systeme der Firma x, einmal mit Isolierung und einmal mit reinem Beton, waren zum Tatzeitpunkt nicht bekannt. Über diese Art der Befestigung auf der Hartschaumplatte war er nicht vertraut. Die Firma xgesmbH konnte den Vorarbeiter nicht unterweisen, da der Vorarbeiter selbst mit dem x-Vertreter ausgemacht hat, welches System verwendet wird und diesbezüglich keinen Kontakt mit dem Bw hatte.

 

Auf der Baustelle wurde nur eine Einbauanleitung für die direkte Verankerung (ohne Abschalwinkel) im Beton vorgefunden, eine Aufstellungsanleitung wurde vom Arbeitsinspektor nicht vorgefunden und wurde ihm keine vorgewiesen. Diese wurde nachträglich eingeholt. Nach der x-Aufstellanleitung ist das Gerüst als Fang- und Arbeitsgerüst der Lastklasse 3 ausgelegt. Es hält bis zu 200 kg/. Bis zu einer Absturzhöhe von 3 m gilt es als Fanggerüst. Bei höherer Absturzhöhe gilt es nur noch als Arbeitsgerüst.

Eine Verankerung in fachgemäßer Weise im Beton ist so auszuführen, dass ein Nagelkonus an die Schaltafel angebracht wird und darauf der Gesimsanker gesetzt wird. Dies wird dann vergossen. Wird die Schaltafel entfernt, geht der Nagelkonus mit und der Anker verbleibt im Beton. Der Anker wird dann mit dem Einschraubkonus ergänzt, dazwischen ist der Aufhängeschuh montiert.

Bei der Unfallstelle hingegen war eine Hartschaumplatte als Abschalwinkel verwendet und wurde dann dieser Nagelkonus direkt in die Schaumplatte montiert. Beim Aufhängeschuh wurde anstatt des Einschraubkonus ein Bolzenanker und eine Gestellschraube mit Dübel verwendet. Es wurde daher in der Folge auf den Einschraubkonus und den Gesimsanker verzichtet und mittels einer Gestellschraube mit Kunststoffdübel und Beilagscheibe sowie einem Dübel-Bolzenanker mit Beilagscheibe vorgegangen. Bei Verwendung einer Isolierplatte/Schaumplatte mit einer Breite von 5 cm zeigt sich, dass die Gestellschraube nicht wesentlich über die Schaumplatte hinaus in den Beton befestigt werden kann, sondern sie eine ähnliche Länge aufweist. Dies entspricht nicht der Aufstellungsanleitung der Firma x. Diese schlägt dazu ein anderes System vor, nämlich bei Isolierung bis zu 10 cm die Anbringung eines Aufhängungsbleches ES, bei dem die Befestigung von oben in die Betondecke erfolgt. In das Aufhängeblech wird dann die Konsole eingehängt.

Der Arbeitnehmer x war nur über den Sommer 2009 bei der Firma xgesmbH beschäftigt und nur in der Partie des Herrn x. Mit der Aufstellung von Gerüsten war er zum Tatzeitpunkt zum ersten Mal befasst. Die Aufstellung des Fanggerüstes wurde ihm von Herrn x erklärt. Eine Anleitung der Gerüstfirma war nicht vorhanden, lediglich ein Blatt von einem Katalog. Er hat auch den Vorarbeiter auf das Problem aufmerksam gemacht, dass ein Originaldübel nicht befestigt werden kann. Allerdings hat der Arbeitnehmer dann mit einem Kollegen nach einer anderen Befestigungsmöglichkeit gesucht und einen anderen Dübel verwendet. Vor Errichtung des Gerüstes wurde vom Vorarbeiter gesagt, dass das Gerüst nicht betreten werden soll, weil es nur ein Schutzgerüst ist. Der Arbeitnehmer x hat bei Eintritt in die Firma wie auch bei Beginn der Baustelle keine Einschulung hinsichtlich Arbeitnehmerschutz, Gerüste usw. bekommen. Er ist gelernter Kfz-Mechaniker, er hat keine Ausbildung am Bau und er ist kein gelernter Maurer. Er ist als Hilfskraft beschäftigt und in keiner Weise für Gerüstmontage im Betrieb eingestellt. Die Tätigkeit bei der Gerüsterrichtung war lediglich eine Hilfstätigkeit nach Anweisung des Vorarbeiters.

Der Arbeitnehmer x ist gelernter Maurer und er kennt von der Berufschule her die verschiedenen Gerüstarten. Eine Zusatzausbildung hat er nicht. Er ist seit ca. acht Jahren in der Firma beschäftigt und in der Firma gab es keine Einschulung hinsichtlich Gerüste. Er wusste auch nichts von einer Einweisung hinsichtlich Gerüste auf der Baustelle. Bei der Errichtung des Fanggerüstes hat er nicht mitgearbeitet. Er hat aber kurz etwas auf der Baustelle gehört, dass an einer Ecke etwas passiert sei und dass man nicht unbedingt hinsteigen soll, wenn es nicht sein muss, weil das Gerüst an der Stelle nicht so sicher sei. Die Maurerarbeiten werden grundsätzlich von der Decke aus durchgeführt. Der Arbeitnehmer x wollte eine Schnur spannen. Ihm ist die Schnur hinuntergefallen. Weil an der Stelle eine Betonsäule stand, ist er eben auf das Gerüst gegangen. Es wurde ihm gesagt, dass es sich nur um ein Schutzgerüst handelt und nicht von Vornherein darauf Arbeiten durchgeführt werden dürfen.

Der Bw war einmal pro Woche ganztägig auf der Baustelle, wobei alle anfallenden Angelegenheiten besprochen wurden. Die übrige Zeit war der Vorarbeiter alleine auf der Baustelle. Die Bauleitung machte der Bw vom Büro aus. Da die Baustelle ca. 300 km vom Stammsitz entfernt war, kam er wöchentlich nur einmal auf die Baustelle. Gab es zwischendurch Probleme, meldete sich der Vorarbeiter telefonisch beim Bw. Eine Unterweisung der Arbeitnehmer hinsichtlich Gefahren erfolgte allgemein einmal jährlich im Betrieb. Für die konkrete Baustelle gab es keine Unterweisung durch den Bw. Bei den wöchentlichen Baustellenbesuchen kontrollierte der Bw die Baustelle. Dabei geht er mit dem Vorarbeiter herum und es wird besprochen, wie weiter gearbeitet werden soll. Es werden auch Sicherheitsvorkehrungen besprochen. Beim gegenständlichen Gerüst war nicht vorgesehen, dass der Bw sich das Gerüst anschaut. Er war aber am 29.9.2009 auf der Baustelle, und zwar vor dem Unfall. Er hat auch das Gerüst gesehen und er war mit dem Vorarbeiter auf dem Gebäude oben. Der Vorarbeiter ist sich nicht sicher, ob zu diesem Zeitpunkt das Nord-Ost-Eck schon fertig war. Der Bw hat eine Sichtkontrolle durchgeführt und es sind ihm keine Mängel aufgefallen. Eine Belastungsprobe oder dergleichen hat er nicht durchgeführt. Bei der Sichtkontrolle sieht er aber nicht, wie das Gerüst verankert ist, sondern wird nur kontrolliert, ob sämtliche Scheuchen, Wehren und Beläge montiert sind. Schriftliche Vermerke über die Abnahme macht er nicht und gibt es nicht. Der Bw hat die Baumeisterkonzession und er ist dazu geeignet, Gerüste abzunehmen. Es ist ihm auch bekannt, dass Gerüste vor der Verwendung abzunehmen sind. Allerdings war nach seiner Ansicht das Gerüst ein reines Schutzgerüst, nämlich ein Fanggerüst und kein Arbeitsgerüst. Die Mitarbeiter waren angewiesen, es nicht zu betreten und das Gerüst war auch nicht mit Arbeitsmaterialien belastet. Arbeitsgerüste werden von Subfirmen ausgeführt und der Bw führt dann die Abnahme durch, indem er kontrolliert, ob alle Scheuchen, Bodenbeläge usw. angebracht sind. Auf der gegenständlichen Baustelle befand sich das Schutzgerüst nur zwei bis drei Wochen, dann wurde von einer Firma ein Fassadengerüst als Arbeitsgerüst aufgestellt.

Ein Betonhohlraum im Betonrost ist bei der Sichtkontrolle nicht sichtbar.

Eine Aufbauanleitung befand sich nicht auf der Baustelle. Eine Unterweisung für die Art der Befestigung auf der Hartschaumplatte hatte der Vorarbeiter nicht. Auch war ein Prüfvermerk auf der Baustelle nicht vorhanden. Am 29.9.2009 war weder ein SiGe-Plan noch ein Nachweis der durchgeführten Unterweisungen noch ein Vermerk über eine Gerüstprüfung auf der Baustelle vorhanden.

 

4.2. Diese Feststellungen gründen sich auf die im Akt befindlichen Fotos und Unterlagen sowie auf die Aussagen der einvernommenen Zeugen. Diese waren glaubwürdig und sie widersprachen sich in wesentlichen Teilen nicht. Auch die Aussagen des Bw in der mündlichen Verhandlung bestätigen den Sachverhalt und stimmen die Aussagen der Zeuge im Wesentlichen mit den Angaben des Bw überein.

 

Zu der in der schriftlichen Berufung beantragten Einholung eines Gutachtens eines bautechnischen Amtssachverständigen ist hingegen auszuführen, dass das Vorbringen des Bw, dass bei der durchgeführten Sichtkontrolle keine zu beanstandenden Mängel hervorgekommen sind, keines weiteren Beweises bedarf. Im Übrigen wurde ein konkretes Beweisthema nicht gestellt. Zu den Fakten 1, 3 und 4 war hingegen ein Beweis über die Tragfähigkeit der Gerüstausführung nicht erforderlich, weil dies kein objektives Tatbestandselement der vorgeworfenen Übertretungen und nicht entscheidungsrelevant ist.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 130 Abs.5 Z1 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz – ASchG, BGBl. Nr. 450/1994 idF BGBl. II Nr. 13/2007, begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 145 Euro bis 7.260 Euro zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber/in den nach dem 9. Abschnitt weitergeltenden Bestimmungen zuwiderhandelt.

 

Gemäß § 118 Abs.3 ASchG gilt die Bauarbeiterschutzverordnung (BauV) als Verordnung nach diesem Bundesgesetz.

 

Gemäß § 154 Abs.1, 3 und 4 Bauarbeiterschutzverordnung – BauV, BGBl. Nr. 340/1994 idF BGBl. II Nr. 13/2007, müssen Arbeitnehmer vor der erstmaligen Aufnahme der Tätigkeit auf der Baustelle in der sicheren Durchführung der Arbeiten unterwiesen werden. Die Unterweisung hat sich auf die fachgerechte Durchführung der Arbeiten zu erstrecken, soweit dies auf Grund des Bildungsstandes der Arbeitnehmer im Interesse des Schutzes von Leben und Gesundheit der Arbeitnehmer geboten ist (Abs.1). Vor der erstmaligen Heranziehung von Arbeitnehmern zu Arbeiten an Betriebseinrichtungen, sonstigen mechanischen Einrichtungen und Betriebsmitteln sowie vor der erstmaligen Heranziehung zu Arbeiten, die mit einer besonderen Gefahr für die damit beschäftigten Arbeitnehmer oder für andere Arbeitnehmer verbunden sind, müssen die Arbeitnehmer, sofern sie noch nicht über die geforderten Kenntnisse oder Erfahrungen verfügen, über die Arbeitsweise und ihr Verhalten sowie über die bestehenden oder anzuwendenden Schutzmaßnahmen mündlich und, sofern dies in dieser Verordnung verlangt wird, auch schriftlich unterwiesen werden. Vom Erzeuger oder Vertreiber solcher Einrichtungen und Mittel herausgegebene Bedienungsanleitungen und Wartungsvorschriften sind den Arbeitnehmern bekannt zu geben oder auszufolgen (Abs.3). Die Unterweisung hat durch den Arbeitgeber zu erfolgen. Er kann diese Aufgabe der Aufsichtsperson oder sonstigen geeigneten fachkundigen Personen übertragen (Abs.4).

 

Auch gemäß § 60 Abs.6 BauV dürfen Gerüste nur von geeigneten und mit diesen Arbeiten vertrauten Personen aufgestellt, wesentlich geändert oder abgetragen werden. Andere geeignete Arbeitnehmer dürfen nach erfolgter besonderer Unterweisung und unter Anleitung von mit den Arbeiten vertrauten Personen eingesetzt werden. Dabei hat die besondere Unterweisung sich zu erstrecken auf das Verstehen des Plans für den Auf-, Ab- oder Umbau, den sicheren Auf-, Ab- oder Umbau des betreffenden Gerüstes, vorbeugende Maßnahmen gegen die Gefahr des Absturzes von Personen, zulässige Belastungen und alle anderen mit dem Auf-, Ab- oder Umbau gegebenenfalls verbundenen Gefahren.

 

Im Grunde der Sachverhaltsfeststellungen ist erwiesen, dass der für den Gerüstaufbau verantwortliche Vorarbeiter x über die Montage der x-Konsolbühne-M mit Abschalwinkel nicht Bescheid wusste, diesbezüglich keine Unterweisung bekam, die Art der Montage und Gerüstaufstellarbeit erstmalig durchführte, keine fachliche Schulung über Gerüstaufbau hatte und diesbezüglich keine besondere Unterweisung vom Arbeitgeber bekam. Auch die weiters zum Gerüstaufbau verwendeten Arbeitnehmer waren bei der erstmaligen Aufnahme der Tätigkeit auf der Baustelle im Hinblick auf die Gerüstaufstellung nicht unterwiesen. So führte der Arbeitnehmer x den Gerüstaufbau zum ersten Mal durch und er bekam keine Unterweisung und keine Schulung. Auch war er zu der besonderen Situation nicht durch einen fachkundigen Vorarbeiter unterwiesen und geschult. Es gab keine Aufstellungsanleitung bzw. Einbauanleitung für eine Verankerung mit Abschalwinkel auf der Baustelle. Die übrigen Arbeitnehmer hatten ebenfalls keine spezielle Ausbildung für Gerüstbau und es gab auch keine Einschulung hinsichtlich Gerüste in der Firma. Es ist daher der objektive Tatbestand der Verwaltungsübertretung zum Faktum 1 hinsichtlich sämtlicher vier Arbeitnehmer erfüllt.

 

5.2. Gemäß § 61 Abs.1 BauV sind Gerüste nach ihrer Fertigstellung einer Überprüfung durch eine fachkundige Person des Gerüstaufstellers zu unterziehen.

 

Die Feststellungen auf Grund des eindeutigen Beweisverfahrens haben ergeben, dass das Gerüst vom Betrieb des Bw aufgestellt wurde und der verantwortliche Vorarbeiter x keine fachkundige Person ist. Er hat weder eine schulische Ausbildung über den Gerüstbau (Polierschule) noch hatte er eine fachkundige fachliche Schulung und Unterweisung im Betrieb. Auch gab er in der mündlichen Verhandlung zu, dass er eine Überprüfung des Gerüstes zwar vor hatte, aber tatsächlich nicht mehr dazugekommen ist. Der Bw selbst, der auf Grund seiner Baumeisterkonzession fachkundig ist und zur Abnahme des Gerüstes geeignet ist, hat das Gerüst nicht abgenommen. Er führt in der mündlichen Verhandlung aus, dass er lediglich eine Sichtkontrolle durchgeführt hat, bei der Verankerungsmängel nicht feststellbar sind. Der Bw ist aber darauf hinzuweisen, dass nach der zitierten Bestimmung des § 61 Abs.1 BauV eine Überprüfung durch den Gerüstaufsteller zu erfolgen hat. Es ist gemäß § 61 Abs.5 BauV (in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung) auch über diese Überprüfung ein Vormerk zu führen, wenn Absturzgefahr über mehr als 2 m besteht. Die konkrete Absturzhöhe betrug 6,8 m und war daher auch ein Vormerk zu führen. Auch ein solcher war nicht vorhanden. Die vom Bw ausgeführte Sichtkontrolle ist hingegen in § 61 Abs.2 BauV geregelt und hat vor der erstmaligen Benützung durch eine Person des Gerüstbenützers auf offensichtliche Mängel zu erfolgen. Davon ist aber die Überprüfung des Gerüstaufstellers zu unterscheiden. Auch wenn der Bw gleichzeitig Gerüstaufsteller und Gerüstbenützer ist, so ist er von der Pflicht des Gerüstaufstellers nicht entbunden und hat er auch diese Pflichten zu erfüllen. Diesen Pflichten wurde aber erwiesenermaßen nicht nachgekommen. Es ist daher auch der objektive Tatbestand dieser Verwaltungsübertretung erfüllt.

 

5.3. Gemäß § 62 Abs.1 Z1 bis 3 BauV dürfen Gerüste erst nach ihrer Fertigstellung, den Prüfungen gemäß § 61 Abs.1 bis 3 und Beseitigung der bei diesen Prüfungen festgestellten Mängel benützt werden.

 

Das an der Nord- und Ostseite mittels Eckübergang verbundene Fanggerüst „x-Konsolbühne-M“ wurde im Bereich der Decke des ersten Obergeschosses, Absturzhöhe 6,8 m, vom Arbeitnehmer x zum Spannen der Maurerschnur benützt. Der Arbeitnehmer ist gelernter Maurer. Die Maurerarbeiten wurden ansonsten von der Decke aus durchgeführt. An der gegenständlichen Stelle befand sich aber eine Betonsäule. Der Maurer wollte eine Schnur spannen. Da dies von der Decke aus nicht funktionierte, hat er die Schnur vom Gerüst aus gespannt. Obwohl man ihm gesagt hat, dass das Gerüst nicht betreten werden soll und nicht für Arbeiten verwendet werden darf, hat er dieses zum Spannen der Schnur betreten. Er ist in der Folge abgestützt. Es ist daher der objektive Tatbestand der Verwaltungsübertretung erfüllt, zumal das hergestellte Gerüst in dieser Höhe nicht als Fanggerüst geeignet ist und daher noch nicht fertig gestellt ist. Auch wurde es nicht der Prüfung gemäß § 61 Abs.1 BauV unterzogen und eine Mängelbeseitigung nicht vorgenommen. Es waren daher die Voraussetzungen für eine Benützung noch nicht gegeben. Die Spruchberichtigung durch Ergänzung der verba legalia war erforderlich und zulässig.

 

5.4. Der Bw hat sein Verhalten aber auch in subjektiver Hinsicht zu verantworten. Der Einwand, dass sämtlichen Arbeitnehmern genau bekannt war, dass es sich um kein Arbeitsgerüst gehandelt hätte und daher der Bw nicht damit rechnen musste, dass Mitarbeiter sich auf dem Gerüst aufhalten würden, um dort Arbeiten auszuführen, kann ihn nicht entlasten. Auch konnte der Bw nicht gänzlich darauf vertrauen, dass Dienstnehmer erst nach Fertigstellung des Gerüstes dieses Betreten würden.

 

Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Auch die gegenständlichen Verwaltungsübertretungen stellen jeweils ein Ungehorsamsdelikt dar, wobei zur Strafbarkeit bereits Fahrlässigkeit ausreicht und Fahrlässigkeit im Sinn der zitierten Bestimmung ohne weiteres anzunehmen ist, sofern vom Bw kein Entlastungsnachweis erbracht wird. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Bw initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringen von Beweismittel oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die Glaubhaftmachung nicht aus.

Im Sinne der Arbeitnehmerschutzbestimmungen und der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Arbeitgeber dafür Sorge zu tragen, dass die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes sowie der dazu erlassenen Verordnungen eingehalten werden. Ist er selbst nicht anwesend, hat er einen geeigneten Arbeitnehmer zu bestimmen, der auf die Durchführung und Einhaltung der zum Schutz der Arbeitnehmer notwendigen Maßnahmen zu achten hat. Es wird zwar darauf Bedacht genommen, dass die im heutigen Wirtschaftsleben notwendige Arbeitsteilung es nicht zulässt, dass sich der Unternehmer aller Belange und Angelegenheiten persönlich annimmt, es ist ihm vielmehr zuzubilligen, die Besorgung einzelner Angelegenheiten anderen Personen selbstverantwortlich zu überlassen und die eigene Tätigkeit in diesen Belangen auf eine angemessene Kontrolle zu beschränken. Es ist der Unternehmer dann persönlich von der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung befreit, wenn er den Nachweis zu erbringen vermag, dass er Maßnahmen getroffen hat, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen. Der dem Berufungswerber nach § 5 Abs.1 VStG obliegende Entlastungsnachweis kann aber nicht allein dadurch erbracht werden, dass die ihn betreffende Verantwortung auf eine hiezu taugliche Person übertragen wird. Es bedarf vielmehr des weiteren Beweises, dass auch für eine geeignete Kontrolle der mit der Wahrnehmung dieser Aufgaben beauftragten Person Vorsorge getroffen worden ist (VwGH vom 18.9.1991, 90/19/0177, sowie vom 13.12.1990, 90/09/0141). Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes reichen die bloße Erteilung von Weisungen und die Wahrnehmung einer „Oberaufsicht“ nicht aus (VwGH 30.6.1994, 94/09/0049). Entscheidend ist, ob auch eine wirksame Kontrolle über die Einhaltung der vom Verantwortlichen erteilten Weisungen erfolgte. In diesem Sinne führt der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 20.12.2002, 99/02/0220, aus, dass der Hinweis auf die Betrauung Dritter mit Kontrollaufgaben, auf die Erteilung entsprechender Weisungen und auf stichprobenartige Überprüfungen nicht den Anforderungen an ein wirksames Kontrollsystem genügt (vgl. auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichteshofes vom 23.5.2006, 2005/02/0248). Insbesondere bemängelt der Verwaltungsgerichtshof, dass der Beschwerdeführer nicht geltend gemacht hat, dass er etwa die Einhaltung der erteilten Aufträge und Weisungen während deren Ausführung überprüft hätte. „Gerade für den Fall, dass die Arbeitnehmer aus eigenem Antrieb aufgrund eigenmächtiger Handlungen gegen die Arbeitnehmerschutzvorschriften verstoßen, hat das entsprechende, vom Arbeitgeber eingerichtete Kontrollsystem Platz zu greifen. Im Beschwerdefall zeigt jedoch das eigenmächtige Verhalten des verunfallten Arbeitnehmers zum Tatzeitpunkt, dass kein wirksames Kontrollsystem im Sinn der hg. Judikatur vorhanden war“.

 

Im Sinn dieser Judikatur reicht daher das Vorbringen des Bw nicht aus, ihn von seinem Verschulden zu befreien. Insbesondere reicht es nicht aus, dass vor Ort ein Vorarbeiter anwesend ist, dieser jährliche Schulungen im Betrieb erhält und auf die Gefahren hingewiesen wird. Auch reicht es nicht aus, dass die Baustelle zur Arbeitsvorbereitung genau besprochen wird. Vielmehr war zu berücksichtigten, dass es eine konkrete Unterweisung für die Baustelle nicht gegeben hat und auch keine Anweisung hinsichtlich der Errichtung des Konsolgerüstes gegeben wurde. Auch wurde nicht angewiesen, dass dieses vor Betreten abgenommen werden müsse. Es gab auch keine konkrete Anweisung, dass es nicht benutzt werden dürfe. Auch gab der Bw selbst an, dass er sich einmal pro Woche auf der Baustelle aufhält, wo alle anfallenden Angelegenheiten besprochen werden. Darüber hinausgehende Kontrollen gab es nicht, sondern ist der Vorarbeiter alleine auf der Baustelle. Lediglich bei auftretenden Problemen hat sich der Vorarbeiter telefonisch zu melden. Auch hat der Bw sich nicht selbst um das Gerüst gekümmert, sondern die Veranlassungen der Vorarbeiter mit Mitarbeitern der Firma x auf einer anderen Baustelle getroffen. Das Gerüst wurde nicht vom Bw beschafft und auch die Montage nicht kontrolliert. Auch hat sich der Bw nicht danach gerichtet, ob und dass der Vorarbeiter für das konkret verwendete System noch keine Unterweisungen und Erfahrungen hatte. Es gab keine Anweisung hinsichtlich der Abnahme der Gerüste. Vielmehr hat der Bw selbst die Sichtkontrolle des Gerüstes vorgenommen und keine Mängel festgestellt, wobei bei der Sichtabnahme nur kontrolliert wird, dass sämtliche Scheuchen, Wehren und Beläge montiert sind, eine Belastungsprobe wird aber nicht durchgeführt. Auch wurde hierüber kein Vermerk aufgenommen. Es wurde daher vom Bw nicht kontrolliert, ob eine ordnungsgemäße Aufstellung durchgeführt wurde, ob das Gerüst anordnungsgemäß fertig gestellt wurde, überprüft wurde und auch widmungsgemäß verwendet wurde.

Es ist dem Bw vielmehr entgegenzuhalten, dass der Verwaltungsgerichtshof auch in seiner jüngeren Judikatur darauf hingewiesen hat, dass es für ein wirksames Kontrollsystem nicht ausreicht, dass auf den einzelnen Baustellen Vorarbeiter und Poliere mit der Überwachung und Einhaltung an Ort und Stelle verantwortlich sind (VwGH vom 26.9.2008, Zl. 2007/02/0317). Das lückenlose Kontrollsystem hat insbesondere für den Fall auch Platz zu greifen, dass die Arbeitnehmer aus eigenem Antrieb auf Grund eigenmächtiger Handlungen gegen Arbeitnehmerschutzvorschriften verstoßen. Genau dazu dient das Kontrollsystem, dass eigenmächtige Vorgangsweisen der Arbeitnehmer nicht eintreffen und es soll das Kontrollsystem verhindern, dass gegen das Wissen und gegen den Willen des Arbeitgebers Arbeitnehmer Handlungen setzen und Arbeitnehmerschutzvorschriften außer Acht lassen. Dagegen ist der Kausalzusammenhang des Unfalles nicht zu überprüfen und nicht für die Tatbestandsmäßigkeit erforderlich. Vielmehr ist auch ohne Unfall die Nichteinhaltung als bloßes Ungehorsamsdelikt verwaltungsstrafrechtlich strafbar. Schon deshalb kann es kein Vertrauen darauf geben, dass die eingewiesenen, laufend geschulten und ordnungsgemäß ausgerüsteten Arbeitnehmer die Arbeitnehmerschutzvorschriften einhalten (VwGH vom 5.8.2008, Zl. 2008/02/0127-9), wobei dies im konkreten Fall ohnedies nicht zutraf.

Es ist dem Bw daher nicht gelungen, aufzuzeigen, welche Maßnahmen im Einzelnen der unmittelbar Übergeordnete im Rahmen des Kontrollsystems zu ergreifen verpflichtet war, um durchzusetzen, dass jeder in dieses Kontrollsystem eingebundene Mitarbeiter die arbeitnehmerschutzrechtlichen Vorschriften auch tatsächlich befolgt und welche Maßnahmen schließlich der an der Spitze der Unternehmenshierarchie stehende Anordnungsbefugte vorgesehen hat, um das Funktionieren des Kontrollsystems insgesamt zu gewährleisten, das heißt sicherzustellen, dass die auf der jeweils übergeordneten Ebene erteilten Anordnungen (Weisungen) zur Einhaltung arbeitnehmerschutzrechtlicher Vorschriften auch an die jeweils untergeordnete, zuletzt also an die unterste Hierarchieebene gelangen und dort auch tatsächlich befolgt werden. Stichprobenartige Überprüfungen der Baustelle und die Erteilung von Weisungen für das geforderte Bestehen eines wirksamen Kontrollsystems zur Hintanhaltung von Verstößen gegen Arbeitnehmerschutzvorschriften reichen nicht aus.

Vor diesem Hintergrund, dass einerseits keine entsprechend konkreten und genauen Weisungen erteilt wurden und andererseits die Einhaltung von Anweisungen nicht kontrolliert wurde, war daher Verschulden, nämlich zumindest fahrlässige Verhaltensweise des Bw anzunehmen und erwiesen.

 

5.5. Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat (Abs.1).

Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Die belangte Behörde hat die persönlichen Verhältnisse geschätzt und keine strafmildernden Umstände berücksichtigt. Straferschwerend hat sie Verwaltungsvorstrafen gewertet.

Im Hinblick auf die vom Bw in der mündlichen Verhandlung bestätigten geschätzten Einkommensverhältnisse von monatlich 2.000 Euro und den angegebenen Sorgepflichten für zwei Kinder ist jedoch auszuführen, dass auch seitens des Oö. Verwaltungssenates nicht gefunden werden kann, dass die belangte Behörde von dem ihr bei der Strafbemessung zukommenden Ermessen in gesetzwidriger Weise Gebrauch gemacht hätte. Insbesondere lagen keine Milderungsgründe vor. Unbescholtenheit ist nicht gegeben. Vielmehr war aber auch im Hinblick auf den Unrechtsgehalt der Tat zu berücksichtigen, dass die geschützten Güter wie Leben und Gesundheit der Arbeitnehmer in erheblichem Maße beeinträchtigt wurden. Auch kam es zu nachteiligen Folgen. Die jeweils verhängten Geldstrafen liegen im unteren Bereich des gesetzlichen Strafrahmens bis zu 7.260 Euro und sind daher im Hinblick auf den Unrechts- und Schuldgehalt der Tat gerechtfertigt und nicht überhöht. Sie sind auch den persönlichen Verhältnissen angepasst. Im Hinblick auf die Verhängung von jeweils einer Geld- und Ersatzfreiheitsstrafe zum Faktum 1 im Hinblick auf jeden genannten Arbeitnehmer, ist jedoch die belangte Behörde zu bestätigen, weil die Unterweisungspflicht hinsichtlich jedes Arbeitnehmers vorliegt und daher die Tat hinsichtlich jedes nicht unterwiesenen Arbeitnehmers begangen wurde. Es ist daher die Verhängung von jeweils einer Geld- und Ersatzfreiheitsstrafe zu bestätigen, wobei die jeweils verhängte Einzelstrafe knapp über der gesetzlichen Mindeststrafe liegt.

Ein Überwiegen von Milderungsgründen war mangels Milderungsgründen nicht festzustellen und daher § 20 VStG nicht anzuwenden. Auch liegt nicht Geringfügigkeit des Verschuldens vor, weil das jeweilige tatbildmäßige Verhalten des Bw nicht weit hinter dem in der Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt der Tat zurückbleibt. Mangels dieser Voraussetzung war auch nicht gemäß § 21 VStG von einer Strafe abzusehen.

 

6. Weil die Berufung keinen Erfolg hatte, war ein Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat gemäß § 64 VStG in der Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafen, das sind insgesamt 500 Euro, festzusetzen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Ilse Klempt

 

 

 

Beschlagwortung: Kontrollsystem

 

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