Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-165756/2/Fra/Gr

Linz, 07.03.2011

 

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Johann Fragner über die Berufung des Herrn X, X, vertreten durch Herrn X, X, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 13. Jänner 2011, VerkR96-7435-2010-Dg, betreffend Übertretung des § 99 Abs.1a iVm § 5 Abs.1 StVO 1960, zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt; der Berufungswerber hat keine Verfahrenskostenbeiträge zu entrichten.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24 und 45 Abs.1 Z.1 VStG; § 66 Abs.1 VStG

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn hat mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis über den Berufungswerber (Bw) wegen Übertretung des § 99 Abs.1a iVm § 5 Abs.1 StVO 1960 eine Geldstrafe von 1300 Euro (EFS 13 Tage) verhängt, weil er am 12. September 2010 um 03:55 Uhr das Fahrzeug mit dem Kennzeichen: X, PKW, X, weiß, in einem durch Alkohol beeinträchtigtem Zustand gelenkt hat. Der Test am geeichten Alkomaten ergab einen Alkoholgehalt der Atemluft von 0,56 mg/l.

Tatort: Gemeinde Braunau am Inn, Bauhofstraße, B 147, B 148 X lenkte seinen PKW von der Jettankstelle auf die Bauhofstraße und in weiterer Folge über die B 147, B 148 und B 156 nach N nach zu sich nach Hause in die X-Straße. Auf den Lenkzeitpunkt um 03:55 Uhr zurückgerechnet ergibt sich ein Atemluftalkogehalt von mindestens 0,61 mg/l.

 

Ferner wurde gemäß § 64 VStG ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 10 Prozent der verhängten Geldstrafe vorgeschrieben.

 

1.2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig durch den ausgewiesenen Vertreter eingebrachte Berufung. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn – als nunmehr belangte Behörde – legte das Rechtsmittel samt bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigem Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vor, der, weil eine 2000 Euro nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51 c erster Satz VStG).

 

1.3. Der Bw bringt im Wesentlichen vor, dass bereits mit Straferkenntnis vom selben Tag, VerkR96-7434-2010-Dg, die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn als zuständige Verwaltungsstrafbehörde über ihn wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs.1b StVO 1960 eine Geldstrafe in Höhe von 1300 Euro verhängt habe, weil er am 12. September 2010 um 03:00 den PKW Audi 80 mit dem Kennzeichen: BR auf den genannten Straßenzügen in einem durch Alkohol beeinträchtigtem Zustand gelenkt habe. Im gegenständlichen Straferkenntnis werde eine weitere Geldstrafe in derselben Höhe wegen desselben Deliktes mit der Begründung verhängt, dass er um 03:55 Uhr den bezeichneten PKW in einem durch Alkohol beeinträchtigtem Zustand gelenkt und dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs.1b StVO 1960 begangen habe. Die zweite Bestrafung sei deshalb nicht rechtmäßig, weil es sich um eine einzige Fahrt gehandelt habe, welche lediglich über einen Zeitraum von rund einer Viertelstunde auf der JET-Tankstelle in Braunau unterbrochen wurde, weil seine damaligen Beifahrer Hunger hatten und sich dort etwas zu essen gekauft haben. In seiner Berufungsergänzung vom 28. Jänner 2011 verweist der Bw vorerst darauf, dass das parallel ergangene Straferkenntnis, VerkR96-7434-2010-Dg rechtskräftig ist. Der gegenständliche Fall sei nicht mit jenem vergleichbar, welcher dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. September 2010, 2010/02/0155, zu Grunde lag, welcher im Oktober des Vorjahres durch die Medien ging. Es war ein Fehler trotz des vorangegangenen Alkoholkonsums seinen PKW noch in Betrieb zu nehmen und mit diesem nach Hause zu fahren. Er sei der Ansicht gewesen, rechtlich relevant nicht alkoholisiert zu sein. Auf Grund seines geringen Körpergewichtes von 60 kg hätte er aber wie er jetzt auf Grund des Alkomatmessergebnisses wisse, diesbezüglich aber Bedenken haben müssen. Er hatte noch beabsichtigt, nach Braunau zum Oktoberfest zu fahren, dort keine alkoholischen Getränke mehr zu konsumieren und dann nach Hause nach Neukirchen zu fahren. Da seine Beifahrer Hunger hatten, seien sie in Braunau zur JET-Tankstelle beim Kreisverkehr an der B 147 gefahren, wo die beiden Beifahrer etwas gegessen haben. In der Folge seien sie zu ihm nach Hause gefahren, wo in weiterer Folge die PI Neukirchen mit ihm den Alkotest mit dem Ergebnis von 0,56 mg/l durchgeführt habe. Der gegenständliche Fall unterscheidet sich vom Zitierten in den wesentlichsten Aspekten:

-Keine Verkehrskontrolle auf der Fahrt B-B-N.

-Kein Alkotest im Zuge dieser Fahrt

-Keine Führerscheinabnahme im Zuge der Fahrt.

 

Bereits in seiner Einvernahme am 17. September 2010 vor der PI Neukirchen habe er angegeben, es entspreche den Tatsachen, dass ihn die Tankstellenangestellte ersucht habe, nicht mehr weiterzufahren, ebenso zwei Tankstellenkunden, auf welche er aber nicht gehört und mit dem PKW nach Hause gefahren sei, wo er bis zum Eintreffen der Polizei nichts mehr getrunken habe. Naturgemäß sei es nach einem positiven Alkotest verboten, weiterzufahren, ebenso, wenn der Führerschein nach § 37 FSG vorläufig abgenommen wurde. All dies sei gegenständlich nicht der Fall gewesen, weswegen er nur eine und nicht zwei Verwaltungsübertretungen zu verantworten habe. Das Befahren der Strecke B-B-N sei von einem einzigen Willensentschluss getragen gewesen und es komme dazu, dass er im Zuge der Fahrtunterbrechung keinen Alkohol konsumiert habe. Er räume ein, dass es dumm war, überhaupt noch in das Fahrzeug zu steigen und dieses zu lenken und nicht auf die Tankstellenbedienstete und die – Kunden zu hören. Dies ändere aber nicht daran, dass er das ihm zu Last gelegte Delikt nur einmal verwirklicht habe. Er beantrage daher die Einstellung des gegen ihn geführten Verwaltungsstrafverfahren.

 

1.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

Im gegenständlichen Fall gilt es ausschließlich die Frage zu klären, ob der Bw den ihm zu Last gelegten Tatbestand einmal oder zweimal verwirklicht hat. Unstrittig ist die Lenkereigenschaft des Bw sowie der festgestellte Alkoholisierungsgrad. Zu der vom Bw aufgeworfenen Frage liegt eine Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes vor, die allerdings sehr kasuistisch ist. Aus dieser Judikatur lassen sich allerdings – siehe unten – einige Grundsätze ableiten.

 

So hat der VwGH in seinem Erkenntnis vom 23. September 1987, 87/03/0108, 0109, ausgesprochen, dass, wenn der Beschuldigte trotz positiven Ergebnisses des Alkotests, der klinischen Untersuchung und der vorläufigen Abnahme des Führerscheines das Fahrzeug nach mehr als eineinhalb Stunden neuerlich in Betrieb nimmt, von einer für die Annahme eines einheitlichen Tatvorsatzes vorausgesetzten Gleichartigkeit der äußeren Begleitumstände und somit auch von einem fortgesetzten Delikt nicht mehr die Rede sein kann.

 

In seinem Erkenntnis vom 13. März 1978, 2452/77, hat der VwGH ausgesprochen, dass wenn der Lenker des Fahrzeuges in alkoholbeeinträchtigtem Zustand eine Fahrt von A nach B unternimmt, nach Abkippen eines Ladegutes neuerlich Alkohol konsumiert und sodann eine weitere Fahrt durchführt, die einzelnen Fahrten nicht als unselbstständige Tathandlungen und somit nicht als ein fortgesetztes Delikt gewertet werden können. Die gleiche Rechtsansicht vertrat der VwGH in seinem Erkenntnis vom 22. Juni 1982, 82/03/0051, in Ansehung eines alkoholisierten Lenkers, der sich nach einer Fahrt mit seinem PKW einiger Zeit (30 bis 45 Minuten) bei einem Bekannten aufhält, dort neuerlich konsumiert und das Fahrzeug abermals in Betrieb nimmt.

 

 

In seinem Erkenntnis vom 13. März 1978, 2452/77 ZVR: 1979/193, sprach der VwGH aus, dass, wenn eine im alkoholbeeinträchtigen Zustand begonnene Fahrt mehrfach unterbrochen wird, wobei noch zusätzlich alkoholische Getränke konsumiert werden, dies kein fortgesetztes Delikt darstellt, sondern eine Reihe von rechtlich selbstständigen Tathandlungen.

 

Aus diesen Erkenntnissen lassen sich zumindest zwei Kriterien ableiten, um von mehreren Übertretungen nach § 5 StVO 1960 ausgehen zu können, nämlich einerseits der Zeitfaktor und andererseits der Umstand, ob nach dem Beenden des Lenkes bzw. unter Unterbrechung der Fahrt zusätzlich alkoholische Getränke konsumiert werden. Ein weiterer zu berücksichtigender Aspekt ist auch der Umstand, ob ein Lenker trotz positiven Ergebnisses des Alkotestes und vorläufiger Abnahme eines Führerscheines das Fahrzeug neuerlich in Betrieb genommen bzw. gelenkt hat.

 

All diese Sachverhaltselemente liegen im gegenständlichen Fall nicht vor. Der Bw hat sohin nicht zwei Verwaltungsübertretungen nach § 5 Abs.1 StVO 1960, sondern ein fortgesetztes Delikt nach § 5 Abs.1 leg.cit zu verantworten.

 

Aus den genannten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

 

2. Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Johann Fragner

 

 

 

VwSen-165756/2/Fr/Gr vom 7. März 2011

 

Erkenntnis

 

StVO 1960 §5 Abs1

 

 

Unterbricht ein durch Alkohol beeinträchtigter Lenker freiwillig seine Fahrt und setzt diese nach einem kürzeren Zeitraum (ca 1/4 Stunde) wieder fort, ohne zusätzlich Alkohol zu konsumieren, ist von einem einheitlichen Tatvorsatz auszugehen und er hat nur einmal eine Übertretung nach §5 Abs1 StVO 1960 zu verantworten.

 

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