Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-522795/6/Br/Th

Linz, 07.03.2011

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch  sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung  des Herrn Ing. X, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Perg, vom 28.12.2010, AZ.: VerkR21-235-2010, zu Recht:

 

 

Der Berufung wird Folge gegeben; der Bescheid mit dem die Lenkberechtigung entzogen und Fahrverbote ausgesprochen wurden wird ersatzlos behoben.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51/1991 idF BGBl. I Nr. 111/2010 – AVG, § 24 Abs.1 Z2 u. § 24 Abs.4 iVm § 3 Abs.1 Z3, § 8 Abs.1 und 2 Führerscheingesetz – FSG, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 117/2010.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Die Behörde I. Instanz entzog mit dem o.a. Bescheid dem Berufungswerber  die von ihr als Organ der mittelbaren Bundesverwaltung erster Instanz erteilte Lenkberechtigung der Klassen A und B bis zum Nachweis dessen gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen. Gleichzeitig wurde ein Fahrverbot für nicht führerscheinpflichtige Kraftfahrzeuge und die unverzügliche Vorlage des Führerscheines bei der Behörde erster Instanz ausgesprochen.

Gestützt wurde dieser Bescheid auf  §§ 8 und 24 Abs.4 des Führerscheingesetzes – FSG.

 

 

1.1 Begründend wurde im Aufforderungsbescheid vom 21.10.2010 ausgeführt, dass Kraftfahrzeuglenker die für ihre Lenkberechtigung erforderlichen gesundheitlichen Voraussetzungen gemäß den Bestimmungen der FSG-GV erfüllen müssten. Um die gesundheitliche Eignung nachzuweisen sei der Behörde ein ärztliches Gutachten gemäß § 8 FSG vorzulegen.

Als zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer bestimmten Fahrzeugklasse gesundheitlich geeignet, gelte gemäß § 3 Abs. 1 FSG-GV, wer für das sichere Beherrschen dieser Kraftfahrzeuge und das Einhalten der für das Lenken dieser Kraftfahrzeuge geltenden Vorschriften

1. die nötige körperliche und psychische Gesundheit besitzt,

2. die nötige Körpergröße besitzt,

3. ausreichend frei von Behinderungen ist und

4. aus ärztlicher Sicht über die nötige kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit verfügt.

Bestehen Bedenken, ob die Voraussetzungen der gesundheitlichen Eignung noch gegeben sind, sei gemäß § 24 Abs.4 FSG ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten gemäß § 8 FSG einzuholen und gegebenenfalls die Lenkberechtigung einzuschränken oder zu entziehen.

Die Behörde erster Instanz erachtete diese Grundlage im Bericht der Polizeiinspektion Perg vom 18.10.2010 begründet, worin angeführt worden sei, dass der Berufungswerber auf dieser Dienststelle mehrmals angegeben habe schwer Herzkrank zu sein. Weiters sei er laut seinen eigenen Angaben nicht haft- bzw. vernehmungsfähig gewesen, sodass er in Folge dieser gesundheitlichen Probleme ins AKH Linz überstellt worden sei.

Aufgrund dieser Vorkommnisse und der sich daraus ergebenden Bedenken hinsichtlich seiner gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen sei eine amtsärztliche Untersuchung erforderlich.

 

Da er den rechtskräftigen Aufforderungsbescheid nicht befolgt habe sei die Lenkberechtigung zu entziehen gewesen.

 

 

1.2.  Da der Aufforderungsbescheid bis zur Erlassung des Entzugsbescheides nicht zugestellt bzw. am 9.11.2010 an die Behörde erster Instanz als nicht behoben von der Post zurück geleitet wurde, konnte der Entzug der Lenkberechtigung darin keine Rechtsgrundlage finden.

 

 

2. Der Berufungswerber tritt dem Entzug der Lenkberechtigung mit seiner fristgerecht am 9.2.2011 handschriftlich verfassten Berufung entgegen. Der Entzugsbescheid wurde ihm am 28.01.2011 in der Strafvollzugsanstalt Josefstadt in Wien zugestellt. Darin weist er eingangs darauf hin, dass ihm der in diesem Zusammenhang an ihn ergangene Aufforderungsbescheid vom 21.10.2010 erst am 31.1.2011 (gemeint wohl am 28.01.2011) zugestellt worden sei.

Im Ergebnis bestreitet der Berufungswerber die in der Meldung zitierten Angaben über seine angebliche Krankheit gemacht zu haben. Er räumt jedoch eine medizinische Behandlung wegen im AKH Linz wegen einer Herzerkrankung ein.

Bei seiner Anwältin habe er sich seiner Fähigkeit zum Lenken von KFZ versichert, was ihm auch vom Leiter der Kardiologie des AKH Linz bestätigt worden sei. Demnach erfülle er sämtliche Voraussetzungen zum Lenken von Kraftfahrzeugen.

Er beantragt die Behebung des Entzugsbescheides und die Verfahrenseinstellung. Auf die weiteren Ausführungen ist mit Blick auf die niederschriftliche Erklärung des Berufungswerbers am 2.3.2011 vor der Berufungsbehörde nicht weiter einzugehen.

 

 

3. Der Berufungsakt wurde von der Behörde I. Instanz dem Oö. Verwaltungssenat vorgelegt. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oö. ist durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen (§ 67a Abs.1 2 Absatz AVG).

Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung konnte mit Blick auf die Aktenlage unterbleiben (§ 67d Abs.2 Z1 AVG).

 

 

3.1. Beweis erhoben wurde durch Einsicht in den Verfahrensakt, sowie durch ein niederschriftliches Parteiengehör zur Frage der Rechtzeitigkeit des Rechtsmittels gegenüber dem Berufungswerber am 2.3.2011 (siehe ON 2).

An die Strafvollzugsanstalt wurde eine Anfrage betreffend die Übergabe des Schreibens vom 9.2.2011 (Berufung an die Behörde erster Instanz) an die Organe der Anstalt gestellt.

Auch mit einem Vertreter der Behörde erster Instanz wurde betreffend die Faktenlage Rücksprache gehalten.

 

 

4.  Die Faktenlage:

Laut Bericht der Polizeiinspektion Perg vom 18.2.2010 wurde der Berufungswerber wegen des Verdachtes der Begehung verschiedener Betrugsdelikte im Auftrag der StA Linz, Geschäftszahl, am 17.10.2010 festgenommen.

Auf Seite 2 dieses Berichtes findet sich der Hinweis, wonach der Berufungswerber mehrfach gegenüber den Polizeibeamten angegeben habe schwer herzkrank zu sein. Wegen seiner gesundheitlichen Probleme musste er im Stande der Haft in das Krankenhaus überstellt werden.

Im vorliegenden Führerscheinakt befinden sich einerseits die hier nicht verfahrensgegenständlichen Akteninhalte des gerichtlichen Strafverfahrens. Auf Seite 26 ist ein Auszug aus dem Führerscheinregister und auf Seite 27 schließlich ein sogenannter Aufforderungsbescheid vom 21.10.2010 angeschlossen. Dieser mit dem Inhalt, wonach sich der Berufungswerber wegen seiner Angaben betreffend seiner Herzerkrankung binnen zwei Monaten einer amtsärztlichen Untersuchung unterziehen müsse.

Dieser Aufforderungsbescheid wurde dem Berufungswerber offenbar erst gemeinsam mit dem Entzugsbescheid am 28.1.2011 in der Justizanstalt Wien-Josefstadt zugestellt. Ein früherer Zustellversuch des Aufforderungsbescheids ging ins Leere weil sich der Berufungswerber zu diesem Zeitpunkt bereits in Haft befand. Die Sendung mit dem Aufforderungsbescheid wurde am 9.11.2010 mit dem Hinweis "nicht behoben" an die Behörde erster Instanz zurück geleitet.

Vor diesem Hintergrund erweist sich der ohne weitere Feststellungen erlassene Entzugsbescheid als rechtswidrig.

 

 

4.1. Der gesundheitliche Status des Berufungswerbers lässt sich dahingehend zusammenfassen, dass die offenkundig bestehende Herzerkrankung als ausreichendes Indiz für die Vorgehensweise iSd § 24 Abs.4 FSG zur Feststellung der gesundheitlichen Eignung bildet.

Dem tritt der Berufungswerber letztlich auch nicht entgegen.

 

 

4.2. Die Berufungsbehörde hat Beweis erhoben durch Anhörung des Berufungswerbers. Dies im Rahmen einer Niederschrift am 2.3.2011 im Inquisitentrakt des Allgemeinen Krankenhauses Linz, wo sich der Berufungswerber am 1.3.2011 einem chirurgischen Eingriff am Herzen zu unterziehen hatte.

Dabei stellte der Berufungswerber klar, dass sich einerseits sein Rechtsmittel nicht gegen den Aufforderungsbescheid sondern nur gegen den Entzugsbescheid richtet. Es wäre im klar, dass er im Zusammenhang mit seinem Herzleiden nach seiner Haftentlassung über seine gesundheitliche Eignung den Amtsarzt aufsuchen bzw. diesem Befunde vorlegen müsse. Dies werde er vor der im Jahr 2013 zu erwartenden Haftentlassung auch tun.

Das Rechtsmittel gegen den Entzugsbescheid verfasste er am 9.2.2011. Dieses leitete er noch an diesem Tag im internen Postweg der Strafvollzugsanstalt an die Bezirkshauptmannschaft Perg. Sollte dieses erst verspätet zur Post gelangt sein würde er einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand stellen. Jedenfalls habe er das Rechtsmittel fristgerecht verfasst.

 

 

4.2.1. Diese Darstellung ist glaubwürdig. Es wäre geradezu unlogisch, dass der Berufungswerber das Rechtsmittel gegen den Entzug der Lenkberechtigung noch innerhalb der offenen Frist verfasst und dieses dann aber in seiner Haftzelle liegen gelassen hätte. Er versicherte der Berufungsbehörde durchaus glaubhaft, dass er dieses Schreiben noch am Tag als dieses schrieb den Organen der Strafvollzugsanstalt zwecks Weitergabe an die Post übergeben hatte. Trotz telefonischer Rückmeldung seitens der Haftanstalt Wien-Josefstadt am 2.3.2011 erfolgte bislang letztlich keine schriftliche Rückmeldung ob das Schreiben vom 9.2.2011 auch in das Postbuch der Haftanstalt eingetragen wurde.

 

 

5. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

Zur Rechtzeitigkeit des Rechtsmittels:

Die Anstaltsorgane der Gefangenenhausleitung sind hinsichtlich der Übergabe von Briefsendungen von Häftlingen als Absender als verlängerter Arm der Post anzusehen. Hiebei ist für das Einlangen des Rechtsmittels eines Anstaltshäftlings der Tag der Abgabe an die Gefangenenhausleitung oder die Anstaltsorgane maßgebend, dies jedoch nur unter der Voraussetzung, dass die Eingabe überhaupt bei der Behörde einlangt.

Geht etwa die Sendung nach Übergabe an die Gefangenhausleitung oder die Anstaltsorgane verloren und langt sie daher nicht bei der Behörde ein, ist dies ein unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis, das zur Wiedereinsetzung berechtigt (VwGH 26.02.1997, 96/01/0699 mit Hinweis auf VwGH 18.6.1984, 1293/80, VwSlg 11573 A/1984 u. 25.9.1978, 1855/75).

Da letztlich von einer fristgerechten Beförderung auszugehen war erübrigen sich Feststellungen zum Eventualantrag auf Wiedereinsetzung.

 

 

5.1. In der Sache selbst ist nach § 24 Abs.1 FSG Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs.1 Z2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit

1)    die Lenkberechtigung zu entziehen oder

2)    die Gültigkeit der Lenkberechtigung durch Auflagen, Befristungen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen einzuschränken.

 

Gemäß § 24 Abs.4 FSG ist, wenn Bedenken bestehen, ob die Voraussetzungen der gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen noch gegeben sind, ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten gemäß § 8 einzuholen und gegebenenfalls die Lenkberechtigung einzuschränken oder zu entziehen.

Gemäß § 8 Abs.1 FSG hat vor der Erteilung einer Lenkberechtigung  der Antragsteller der Behörde ein ärztliches Gutachten vorzulegen, dass er zum Lenken von Kraftfahrzeugen gesundheitlich geeignet ist.  

….

Mangels Vorliegen beweistauglicher Ergebnisse für die Nichteignung zum gegenwärtigen Zeitpunkt war der Entzugsbescheid als Rechtswidrig zu beheben.

 

Der Berufungswerber wird letztlich ehest nach seiner Haftentlassung dem Aufforderungsbescheid nachzukommen haben um die Führerscheinbehörde in die Lage zu versetzen Gesundheitszustand des Berufungswerbers und damit dessen Eignungsvoraussetzungen  festzustellen.

 

 

6. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13,20 Euro angefallen.

                                                           

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

H i n w e i s

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­gerichts­hof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220  Euro zu entrichten.

 

                                                           

 

Dr. B l e i e r

                                                                                                                       

 

 

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