Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-165658/31/Bi/Kr

Linz, 28.03.2011

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn X, vertreten durch Herrn RA X, vom 30. Dezember 2010 gegen das Strafer­kenntnis des Polizeidirektors von Linz vom 20. Dezember 2010, S-41872/10 VS1, wegen Übertretung der StVO 1960, aufgrund des Ergebnisses der am
15. Februar 2011 und am 17. März 2011 durchgeführten öffentlichen münd­lichen Berufungs­­verhandlung (samt mündlicher Verkündung der Berufungs­entschei­dung) zu Recht erkannt:

 

I.  Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

 

II. Der Rechtsmittelwerber hat zusätzlich zu den Verfahrenskosten der Erstinstanz den Betrag von 360 Euro, ds 20 % der verhängten Strafe, als Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren zu leisten.

 

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51i und 19 VStG

zu II.: § 64 VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über den Beschuldigten wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 99 Abs.1 lit.a iVm 5 Abs.1 StVO 1960 eine Geldstrafe von 1.800 Euro (14 Tagen EFS) verhängt, weil er am
12. September 2010, 22.10 Uhr, in Edt bei Lambach, Wiener Straße B1 bei km 218.8 aus Richtung Wels kommend in Richtung Lambach in einem durch Alkohol beein­trächtigten und fahruntüchtigen Zustand gelenkt habe, da bei einer Messung mittels Atemluftalkoholmessgerätes und anschließender Rückrechnung mittels eines medizinischen Sachverständigen-Gutachtens ein Alkoholgehalt der Atemluft von 0,847 mg/l festgestellt werden habe können.

Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 180 Euro auferlegt.

 

2. Dagegen hat der Berufungswerber (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro über­steigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Am 15. Februar 2011 und am 17. März 2011 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsver­handlung in Anwesenheit des Bw, seiner rechtsfreundlichen Vertreter Herrn Mag. X sowie Herrn Mag. X, der Vertreterin der BPD Linz Frau X und der Zeugen Meldungsleger X (Ml), X (GI P), X (A), X (S), X (G) und X (B) durchgeführt.

 

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, er sei nicht der Lenker gewesen und habe ab dem späten Nachmittag des 12. September 2010 überhaupt kein Fahr­zeug mehr gelenkt. Er sei an diesem Abend in einigen Lokalen gewesen, zuletzt im Lokal "xx" in x, wo er Alkohol getrunken habe. Dort habe er einen Bekann­ten getroffen und zwei männliche Personen kennengelernt; sie hätten  zusammen nach Lambach zu einer Party fahren wollen, aber er selbst habe nicht mehr fahren dürfen. Einer der unbekannten Personen habe angeboten zu fahren, sein Bekannter sei aber doch nicht mitgefahren. Er habe dieser Person den Schlüssel ausgehändigt und sich auf die Rückbank gesetzt. Der Lenker dürfte die Kontrolle über das Fahrzeug verloren haben und sei in den Straßengraben gefahren. Er habe durch den Unfall das Bewusstsein verloren und sei erst wieder zu sich gekommen, als eine Ersthelferin an das Fenster geklopft habe; diese habe ihn auf der Rückbank vorgefunden. Deren Daten seien ihm nicht bekannt, da er unter beträchtlichem Schock gestanden sei. Die Staatsanwaltschaft habe das Verfahren gegen ihn gemäß § 190 Abs.1 StPO eingestellt. Beantragt wird die Zeugeneinvernahme dieser zu eruierenden Ersthelferin, der sowie des Herrn X zum Beweis dafür, dass er den Pkw nicht gelenkt, sondern diesen unbe­kannten Personen überlassen habe. Im Übrigen wird pauschal mangelhafte Bescheidbegründung und überhöhe Strafbemessung geltend gemacht; beantragt wird Verfahrenseinstellung nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung.   


 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer öffentlichen münd­­­lichen Berufungsverhandlung, bei der beide Parteien gehört und die genannten Zeugen unter Hinweis auf die Wahrheitspflicht des § 289 StGB einver­nommen wurden.

 

Folgender Sachverhalt ist entscheidungswesentlich:

Der Bw verbrachte den Abend des 12. September 2010 zuletzt im Lokal "xx" in x, x. Er beabsichtigte, in der Wohnung eines Bekannten in Wels zu übernachten und hatte den ihm vom Zulassungsbesitzer X über­lassenen Pkw X in der Nähe des Lokals geparkt. Nach eigenen Angaben lernte er dort zwei männliche Personen kennen, die ihm vorschlugen, noch zu einer Party nach Lambach zu fahren. Einer davon habe schwarze Haare gehabt und sich X genannt, der andere sei blond gewesen. Er habe dann noch vor dem Lokal den Zeugen B getroffen, was dieser bestätigt hat. Allerdings sprachen sie nur kurz miteinander und B lehnte das Angebot zum Mitfahren zur Party ab. Er bestätigte aber, er habe den Bw mit zwei männlichen ihm unbekannten Personen gesehen und sie seien auch in Richtung Lokal-Parkplatz gegangen, wo er schon vorher den ihm bereits bekannten Pkw stehen gesehen habe. Er habe aber anderes vorgehabt und sei in eine andere Richtung gegangen. Der Zeuge B konnte nichts darüber aussagen, ob der Bw tatsächlich mit den beiden Personen ins Auto gestiegen ist. Er bestätigte, der Bw sei bei ihrem Zusammentreffen nach 21.00 Uhr bereits erkennbar alkoholisiert gewesen.  

Der Bw gab in der Verhandlung an, X sei der Lenker des Pkw gewesen. Er habe später versucht, diesen X, der angeblich aus der Nähe von Wels stamme, zu finden, jedoch sei das Lokal "xx" inzwischen geschlossen worden und es sei niemand zu finden gewesen, der X kenne.

 

Der Bw gab an, er sei auf dieser Fahrt in Richtung Lambach hinten auf der Rückbank gesessen und vermutlich wegen der Alkoholisierung eingedöst. Wie es zum Unfall bei km 218.8 der B1 gekommen sei, wisse er nicht; es habe auf einmal gescheppert. Er habe hinten im Pkw Material und Werkzeug für seine Arbeit als Fliesenleger gelagert gehabt und beim Umräumen die Abdeckung entfernt. Vermutlich sei ihm beim Unfall der Fliesenschneider auf den Kopf gefallen, weil er eine Gehirner­schütterung und am Hinterkopf Hämatome erlitten habe. Er glaube, dass er nach dem Unfall bewusstlos gewesen sei und einen Schock gehabt habe. Als er zu sich gekommen sei, seien die beiden Personen nicht mehr da gewesen. Er habe mitbekommen, dass beim Pkw jemand geklopft, mit ihm geredet und ihm schließlich aus dem Fahrzeug heraus­ge­holfen habe. Er sei auf eine Bahre gelegt worden, die Polizei sei gekommen und er sei mit der Rettung ins Krankenhaus eingeliefert worden. Er wisse noch, dass er mit der Polizei geredet habe, wisse aber nicht mehr, was konkret gesagt worden sei, außer dass er sicher nicht selbst gefahren sei, sondern dass zwei Personen vorne gesessen seien und er hinten. Er sei sicher mit beiden Flip Flops im Lokal in x gewesen; warum der eine dann vorne beim Lenkersitz einge­klemmt war, könne er nicht sagen. Er habe erst im Krankenhaus bemerkt, dass er nur mehr einen Flip Flop angehabt habe. Er könne sich nur an den einen Alkotest im Krankenhaus erinnern, nicht aber an einen Vortest.

 

Die Zeugen A und S kamen gegen 22.10 Uhr zufällig mit dem Pkw aus Richtung Lambach an der Unfallstelle vorbei, die unbeleuchtet auf einem fast geraden Abschnitt der B1 an einem Waldrand gelegen ist. Dem Zeugen S fiel im Vorbeifahren ein unbeleuch­teter schwarzer Pkw im Straßengraben auf, sodass er umkehrte, um nachzusehen. Seine Freundin, die Zeugin A, blieb im Pkw und sprach nach eigenen Angaben nie mit dem Bw. Der Zeuge S fand den Bw auf der Rückbank. Dieser habe an der Stirn geblutet, sei wach und erkennbar alkoholisiert gewesen und habe auch gleich mit ihm gesprochen. Die Rücken­lehne der Rückbank sei umgeklappt gewesen und der Bw sei auf der umge­klappten Rückenlehne gesessen. Auf seine Frage, ob ihm etwas passiert sei, habe der Bw geantwortet, dass ihm eigentlich nichts fehle. Der Zeuge S verstän­digte die Polizei und inzwischen blieben mehrere Pkw stehen, ua auch der des Zeugen G, der bei der Rettung in Lambach Sanitäter ist und mittels seines mitgeführten Notfallsets den Bw erstversorgte. Der Zeuge G gab an, eine Ver­letzung beim Bw sei für ihn nicht offensichtlich gewesen, allerdings habe man bemerkt, dass er etwas getrunken hatte. Der Bw sei beim Fahrzeug gestanden und habe gleich gesagt, er sei nicht selbst gefahren. Er habe ihn vom Unfall­fahrzeug weggebracht, in seinen Pkw gesetzt und seinen Blut­druck gemessen. Er erinnerte sich, dass der Bw gesagt habe, sie sollten den 2. Flip Flop holen; er habe nur einen angehabt. Da er immer von einer 2. Person als Lenker des Pkw gesprochen habe, sei dann von den anwesenden Personen am Waldrand und auch im Wald nach einem 2. Fahrzeuginsassen gesucht worden, wobei sich aber herausgestellt habe, dass niemand eine Taschenlampe mitgehabe habe. Dann seien Rettung und Polizei gekommen und dann habe sich die Alkoholi­sierung des Bw ergeben, der immer wieder gesagt habe, er sei nicht selbst gefahren. Es sei aber niemand anderer gefunden worden; der Zeuge S hat bestätigt, ihnen sei niemand vor der Unfallstelle aufgefallen und er habe auch von den aus der  Gegen­richtung kommenden Personen nichts anderes gehört. Der Bw habe ihm gegenüber nur von einer einzigen weiteren Person im Fahrzeug gesprochen.

          

Der Ml erfuhr um 22.15 Uhr über die Bezirksleitstelle vom Unfall an der B1 und kam dort um 22.25 Uhr an. Es seien bereits zwei oder drei Pkw dort gewesen und der Bw sei in einem Pkw vom Ersthelfer versorgt worden. Der Ml führte mit dem Bw einen Alkoholvortest durch, der um 22.39 Uhr mit 0,84 mg/l positiv war; da aber kein Alkomat mitgeführt wurde, wurde über die Bezirksleitstelle X von der PI Thalheim ersucht, ins Krankenhaus nach Wels zu fahren und dort mit dem Bw einen Alkomattest durchzuführen. Der Ml erfuhr von den Rettungsleuten, dass der Bw gesagt habe, er sei nicht selbst mit dem Pkw gefahren. Er habe dann selbst mit dem Bw gesprochen und dieser habe unter­schiedliche Angaben gemacht, insbesondere habe er von einer 2. bzw 3. Person gesprochen, einmal mit blonden, dann wieder mit schwarzen Haaren. Als der Bw von der Rettung liegend abtransportiert wurde, sei ihm aufgefallen, dass dieser nur einen Flip Flop anhatte, was er auch fotografiert hat. Der 2. Flip Flop wurde unter dem Fahrer­sitz eingeklemmt vorgefunden. Auffällig sei auch gewesen, dass hinter dem Fahrersitz die Rückenlehne umgeklappt war; er habe aber nicht ausprobiert, ob das hinten im Fahrzeug mitgeführte Material ein Aufstellen blockiert hätte.  Seiner Erinnerung nach sei der Fahrzeugschlüssel gesteckt.

Aus der Fotobeilage – der Ml hat die Fotos 7 bis 13 gleich an der Unfallstelle gemacht, die anderen von der Unfallstelle am nächsten Morgen bei Tageslicht und die vom beschädigten Pkw in der Werkstätte, in die dieser abgeschleppt worden war – ist ersichtlich, dass das Unfallfahrzeug ein Zweitürer war, der beim Unfall hauptsächlich rechts vorne, also an der Beifahrerseite, beschädigt wurde. Das Fenster auf der Beifahrerseite war offen, unklar ist, ob es geöffnet oder kaputt war. Der Bw wurde nach den Angaben an der Unfallstelle auf der Rückbank hinter dem Lenker­sitz vorgefunden, genau dort, wo die Rückenlehne umgeklappt war, also auf dem ungünstigsten Platz. Um den 2. Flip Flop heraus­zubekommen, habe man laut Ml den Lenkersitz zurückschieben müssen. Aufgrund der Angaben des Bw von einer 2. Person habe sich die Frage nach Einleitung einer Suchaktion ergeben, jedoch sei niemand namentlich genannt worden und es habe auch kein Hinweis auf eine oder mehrere  beim Unfall im Fahrzeug noch anwesende Person/en ergeben.  Der Bw habe an der Unfallstelle schon gesagt, er sei nicht der Lenker gewesen.  Der Ml führte in der Verhandlung aus, nach seinem persönlichen Eindruck habe der Bw an der Unfallstelle genau gewusst, was er sagen bzw machen könne und was nicht. Seine Antworten seien logisch in der Denkabfolge gewesen und hätten zu den ihm gestellten Fragen gepasst; er habe beim Bw nicht den Eindruck gehabt, dieser wüsste infolge eines Schockzustandes nicht, was los sei.

 

X führte mit dem Bw im Krankenhaus Wels über Ersuchen einen Alkotest durch, der um 23.30 Uhr einen günstigsten AAG von 0,76 mg/l ergab. Der Bw gab ihm gegen­über gleich an, er sei nicht der Lenker des Pkw gewesen. Medizinische Einwände gegen die Durchführung des Alkotests habe es nicht gegeben. Der Bw habe ihm gegenüber von drei im Fahrzeug befindlichen Per­sonen gesprochen, allerdings gleichzeitig darauf hingewiesen, er stehe unter Schock.

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 5 Abs.1 StVO 1960 darf, wer sich in einem durch Alkohol oder Suchtgift beeinträchtigten Zustand befindet, ein Fahrzeug weder lenken noch in Betrieb nehmen. Bei einem Alkoholgehalt des Blutes von 0,8 g/l (0,8 Promille) oder darüber oder bei einem Alkoholgehalt der Atemluft von 0,4 mg/l oder darüber gilt der Zustand einer Person jedenfalls als von Alkohol beeinträchtigt.

Gemäß § 99 Abs.1 lit.a StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist zu bestrafen, wer ein Fahrzeug lenkt oder in Betrieb nimmt, obwohl der Alkohol­gehalt seines Blutes 1,6 g/l (1,6 %o) oder mehr oder der Alkoholgehalt seiner Atemluft 0,8 mg/l oder mehr beträgt.

 

Die Voraussetzungen für eine Aufforderung zum Alkotest durch den entsprechend geschulten und behördlich ermächtigten X mittels geeichten und einwandfrei funktionieren­den Atemluftalkoholuntersuchungsgerätes Dräger Alkomat, ARLL-0081, waren ohne Zweifel gegeben (vgl VwGH 20.10.2010, 2010/02/0173 mit Hinweis auf Vorjudikatur; 26.7.2002, 2002/02/0170; 23.5.2002, 2002/02/0041, uva).

 

Der Bw hat ausdrücklich die Alkoholisierung nicht bestritten und die vom Polizei­arzt Dr. X in der Stellungnahme vom 30. September 2010 vorge­nommene Rückrechnung auf eine Unfallzeit 22.10 Uhr ausdrücklich als richtig zugestanden. Der um 23.30 Uhr festgestellte günstigste AAG von 0,76 mg/l ergibt auf 22.10 Uhr rückgerechnet selbst unter der günstigsten Prämisse eines stündlichen Abbauwertes von 0,05 mg/l einen AAG von zweifelsfrei über 0,8 mg/l.

Zur Unfall­zeit selbst gibt es keine konkreten Angaben und den Unfall selbst hat niemand beobachtet. Nach der Unfallmeldung durch den Zeugen S bei der Bezirks­leitstelle um 22.10 Uhr wurde diese Zeit vom Ml als Lenkzeit in die Anzeige und später den Tatvorwurf aufgenommen. Tat­sächlich wurde an der Unfallstelle und in deren Umgebung niemand sonst angetroffen. Im Bereich der Unfallstelle auf der B1 fiel niemand auf, obwohl es nach der allgemeinen Lebenserfahrung nahe­liegend wäre gewesen, dass eine Person, die sich nach dem Unfall von der Unfallstelle entfernt, auf der B1 bleibt, um gegebenenfalls ein vorbeikommendes Fahrzeug anzuhalten. Die Unfallstelle liegt am Rand eines Waldes und gegenüber sind Felder, aber Häuser erst in größerer Entfernung. Nach den Aussagen der Zeugen S und B kommt für den Unfall ein Zeitraum zwischen 21.30 Uhr und 22.10 Uhr in Frage. Dabei ist aber die Fahrtstrecke von der Innenstadt von Wels zur Unfallstelle zu berück­sichtigen, das sind ca 15 km oder ca 20 Minuten Fahrzeit, dh als mögliche Unfallzeit ist der Zeitraum von ca 21.45 Uhr bis 22.10 Uhr realistisch. Daraus ergibt sich mit 22.10 Uhr im Schuldvorwurf eine im Sinne des § 44a Z1 VStG ausreichend konkretisierte Tatzeit.

 

Für die Existenz eines als Lenker in Frage kommenden Mannes mit Namen X und schwarzen Haaren gibt es ebenso wenig einen Hinweis, wie für einen Unbekannten mit blonden Haaren. Da der Zeuge B zwar zwei Personen mit dem Bw in Wels vor dem Lokal "xx" sah, jedoch diese nicht beschreiben und auch keine Aussage dazu machen konnte, ob diese tatsächlich mit dem Bw gemeinsam wegfuhren und wer gegebenenfalls den Pkw lenkte, sind die Angaben des Bw lediglich als unbewiesene Behauptungen zu sehen. Auch weil das Unfallfahrzeug auf der Lenkerseite wesentlich weniger beschädigt war als auf der Beifahrerseite, ist nicht anzunehmen, dass ein angeblicher Lenker derart massive Verletzungen erlitten haben könnte, dass er im Schock irgendwohin gelaufen wäre – im übrigen ist auch das eine Vermutung des Bw, wie er in der Berufungsver­handlung angab. Der Bw hat auch, als er von den am Unfallort anwesenden Personen sowie der Polizei eindringlich befragt wurde, wer wo gesucht werden sollte, nichts konkretes geantwortet, sondern blieb nur dabei, er sei nicht gefahren und berief sich im Übrigen auf einen Schockzustand. Einen solchen konnten die vernommenen Zeugen unabhängig voneinander nicht nachvoll­ziehen, obwohl der Zeuge G als Sanitäter und der Ml aufgrund seiner Berufs­erfahrung diesbezüglich am ehesten in der Lage gewesen wären, einen solchen beim Bw zu erkennen. Gerade diese Zeugen haben aber bestätigt, der Bw habe nur ständig gesagt, er sei selbst nicht gefahren, und bei Hinweis auf Wider­sprüche in seinen Angaben darauf hingewiesen, er habe einen Schock. Gerade für den behaupteten Schockzustand, der im medizinischen Sinn ein Kreislauf­versagen darstellt, liegen aber keinerlei Anhaltspunkte vor. Der Zeuge S, der den Bw offensichtlich als Erster nach dem Unfall antraf, bestätigte, der Bw habe gleich mit ihm geredet, habe sicher nicht geschlafen gehabt und ihm erzählt, dass er auf einer Party die Person, die den Pkw gelenkt habe, kennengelernt habe. Der Zeuge G bestätigte, dem Bw sei selbst aufgefallen, dass ihm ein Flip Flop fehlte, und er habe die anwesenden Helfer gebeten, ihm den Zweiten zu holen. Der Bw hat auf Verlangen des Ml anstandslos einen Alkoholvortest durchgeführt, dh zielgerichtet mitgewirkt, was voraussetzt, dass er Anweisungen verstanden und befolgt hat. Auch wenn er in der Berufungs­verhandlung angab, er wisse nicht, was ein Vortest sei, und habe gemeint, er habe in Wels einen Alkotest gemacht, so bestehen keine Zweifel an seiner Zurechnungsfähigkeit zum Zeitpunkt des Vor­tests ebenso wie beim Alkotest. Laut GI P hatte vom anwesen­den medizini­schen Personal des Krankenhauses Wels niemand Bedenken wegen einer eventuell verletzungs­bedingten Nichtdurch­führbarkeit eines Alkomattests. Nicht zuletzt bestätigte der Ml glaubwürdig, der Bw habe seinem Eindruck nach an der Unfallstelle sehr wohl gewusst, was er tun bzw sagen könne und was nicht.       

 

Dazu kommt, dass der Bw, der auch nicht der Eigentümer bzw Zulassungs­besitzer des Pkw ist, sodass die Entscheidung, einem völlig Fremden ohne besonderen Anlass den Pkw zum Lenken zu überlassen, auch im Zustand einer Alkoholisierung von über 0,8 mg/l AAG bedenklich anmutet, beim Eintreffen des Zeugen S hinter dem Lenkersitz auf dem Teil der Rückbank mit der umge­klappten Rückenlehne saß, hinter der sich, wie aus der Foto­beilage hervorgeht, Kübeln und Arbeitsmaterial befanden, also auf dem zum Sitzen ungünstigsten Platz. Der Bw bestätigte in der Verhandlung, er sei mit beiden Flip Flops im Lokal in Wels gewesen. Als er aus dem Fahrzeug geholt wurde, hatte er nur einen an und der zweite war unter dem Fahrersitz eingeklemmt, dh der Sitz musste zurück­geschoben werden, um den Flip Flop herauszubekommen. Wenn der Bw, wie er selbst angab, hinten eingestiegen ist und dazu beim zweitürigen Pkw die Lehne des Lenkersitzes umgelegt werden muss, ist nicht erklärbar, wie der Flip Flop unter den Fahrersitz kam – es sei denn, der Bw saß zuerst (als Lenker) vorne, kletterte nach dem Unfall nach hinten und verlor dabei den Flip Flop, der beim Vorschieben des Lenkersitzes zur Schaffung von Platz zum Sitzen unter dem Lenkersitz eingeklemmt wurde. Auch wenn der Bw von den Helfern auf der Fahrerseite aus dem Pkw herausgeholt wurde, wäre der Flip Flop nicht unter den Fahrersitz geraten. Hätte der Bw tatsächlich einen Schock (im medizinischen Sinn) gehabt, wäre ihm das Fehlen des Flip Flops sicher nicht aufge­fallen. Seine diesbe­züglichen Aussagen in der Berufungsverhandlung sind unter Bedacht­nahme auf die glaub­hafte Aussage des Zeugen G, der ebenso wie die Zeugen A und S, der Ml und der Zeuge GI P in der Verhandlung einen sehr guten, korrekten und besonnenen persönlichen Eindruck hinterlassen hat, ebenso unglaub­würdig wie seine Behauptung, nicht zu wissen, was ein Alkoholvortest ist.

 

Der Bw, der nicht zur Berufungsverhandlung am 15. Februar 2011, sondern erst (nach Über­sendung des diesbezüglichen Verhandlungsprotokolls mit den Aussagen der Polizeibeamten und der Zeugen A und S) zur Verhand­lung am
17. März 2011 erschien, versuchte, sein Verhalten nach dem Unfall mit einem Schockzustand zu erklären. Auffällig ist aber, dass er sich andererseits sofort erinnern konnte, dass er nicht der Lenker gewesen sei; außerdem erzählte er dem Zeugen S sogar, wie er diesen angeblichen Lenker kennengelernt habe. Dass er dem Zeugen S gegenüber angegeben hatte, ihm fehle eigentlich nichts, und er keine für den Zeugen G offensichtlichen, eine Wund­versorgung notwendig machende Ver­letzungen aufwies – dass ihm der Fliesenschneider auf den Hinter­kopf gefallen sei, hat der Bw in der Berufungsverhandlung lediglich vermutet – lässt den Schluss zu, dass er vom Unfall sicher "weiche Knie" hatte, sich aber ansons­ten entschlossen hatte, sicherheitshalber beim Fahrzeug zu bleiben, zumal der Pkw nicht mehr fahrtüchtig war und abgeschleppt werden musste und es außerdem in der Nacht regnete, wie sich aus den Fotos, die der Ml am nächsten Morgen von der Unfallstelle machte, ersehen lässt.           

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat gelangt unter Bedachtnahme auf all diese zusammengefassten Überlegungen zur Auffassung, dass der Bw selbst den auf  seinen Bekannten in Deutschland zugelassenen Pkw von Wels bis zur Unfallstelle im Gemeindegebiet Edt bei Lambach gelenkt hat, wobei er sich ohne jeden Zweifel in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand im Ausmaß von jeden­falls über 0,8 mg/l AAG befand. Er hat daher den ihm zur Last gelegten Tatbestand zweifellos erfüllt und sein Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verantworten, zumal ihm die Glaubhaftmachung mangelnden Verschuldens im Sinne des § 5 Abs.1 VStG nicht gelungen ist.

 

Zur Strafbemessung ist zu sagen, dass der Strafrahmen des § 99 Abs.1 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von 1.600 Euro bis 5.900 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitstrafe von zwei bis sechs Wochen vorsieht.

Der Bw weist eine Vormerkung vom 24. November 2008 wegen § 5 Abs.1 StVO auf, die einschlägig und damit straferschwerend ist; mildernd war hingegen kein Umstand. Die Erstinstanz hat die finanziellen Verhältnisse des Bw in Erman­ge­lung jeglicher Angaben geschätzt und ein Einkommen von 800 Euro monatlich bei Fehlen von Vermögen und Sorgepflichten angenommen.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat kann nicht finden, dass die Erstinstanz damit den ihr bei der Strafbemessung zukommenden Ermessensspielraum in irgend einer Weise überschritten hätte. Die Überlegungen in der Berufung, es liege Ermessensüberschreitung vor und hätte "jedenfalls eine wesentlich geringere Strafe verhängt" werden müssen, entbehren jeder sachlichen Grund­lage, zumal eventuell übersehene Milderungsgründe nicht einmal behaup­tet wurden und sich auch in der Berufungsverhandlung nicht ergeben haben. Die verhängte Strafe liegt noch an der Untergrenze des gesetzlichen Strafrahmens – die Ersatzfrei­heits­­strafe stellt die gesetzliche Mindeststrafe dar – hält generalpräven­tiven Über­legungen stand und soll den Bw dazu bewegen, seine Einstellung zur Teilnahme am Straßenverkehr nach Alkoholkonsum, noch dazu mit einem geliehenen Pkw, gründlich zu überdenken. Es steht ihm frei, bei der Erst­instanz als Vollstreck­ungs­behörde unter Nachweis seines aktuellen Einkommens um die Möglichkeit der Bezahlung der Geld­strafe in Teilbeträgen anzusuchen.   

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

Zu II.:

Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet.


 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­ge­richtshof erhoben werden; diese ist - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt einzubringen. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Mag. Bissenberger

 

Beschlagwortung:

 

Bw als Lenker über 0,8 mg/l AAG -> bestätigt

 

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