Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-100738/2/Sch/Rd

Linz, 11.08.1992

VwSen - 100738/2/Sch/Rd Linz, am 11. August 1992 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch das Mitglied Dr. Gustav Schön über die Berufung des E S vom 15. Juni 1992 gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion L vom 18. Mai 1992, St-zu Recht:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren eingestellt.

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Strafkostenbeiträge.

Rechtsgrundlagen: Zu I.: § 66 Abs.4 AVG i.V.m. §§ 24, 51 und 45 Abs.1 Z.1 und Z.3 VStG. Zu II.: § 66 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.: 1. Die Bundespolizeidirektion L hat mit Straferkenntnis vom 18. Mai 1992, St-4.299/91-G, über Herrn E S, Dstraße, L, wegen der Verwaltungsübertretungen gemäß 1.) § 16 Abs.1 lit.c StVO 1960 und 2.) § 20 Abs.2 StVO 1960 Geldstrafen von 1.) 1.000 S und 2.) 800 S sowie Ersatzfreiheitsstrafen von 1.) 48 Stunden und 2.) 24 Stunden verhängt, weil er am 18. Mai 1991 um 6.55 Uhr in L, Lstraße, den PKW mit dem Kennzeichen L stadteinwärts gelenkt und 1.) mehrere Fahrzeuge überholt hat, ohne einwandfrei erkennen zu können, daß er sein Fahrzeug nach dem Überholvorgang in den Verkehr einordnen wird können, ohne andere Straßenbenützer zu gefährden oder zu behindern, und 2.) die im Ortsgebiet zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um ca. 20 km/h überschritten hat.

Überdies wurde er zu einem Kostenbeitrag zum Verfahren in der Höhe von insgesamt 180 S verpflichtet.

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht. Damit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser hat, da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Mitglied zu entscheiden. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erwies sich als nicht erforderlich (§ 51e Abs.1 VStG).

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat folgendes erwogen:

Zur Frage der Rechtzeitigkeit ist eingangs zu bemerken, daß auf dem Postrückschein betreffend das angefochtene Straferkenntnis das Übernahmedatum von "1.6.1992" auf "29.5.1992" abgeändert wurde. Nach Ansicht des unabhängigen Verwaltungssenates ist auch durch eine zeugenschaftliche Einvernahme des Postzustellers nicht zu erwarten, daß sich endgültig klären läßt, wann das angefochtene Straferkenntnis vom Berufungswerber tatsächlich übernommen wurde. Für das Datum "29.5.1992" spricht zwar der Stempel auf dem Rückschein, angebracht vom Zustellpostamt L, der ebenfalls dieses Datum aufweist. Andererseits bilden der Schriftzug des Datums und die Unterschrift ein einheitliches Bild, sodaß auch nicht ausgeschlossen werden kann, daß die Zustellung tatsächlich erst am 1.6.1992 erfolgte. Im Zweifel war von der Rechtzeitigkeit der Berufung auszugehen.

In der Sache selbst ist folgendes zu bemerken:

Zur Verwaltungsübertretung gemäß § 16 Abs.1 lit.c StVO 1960 (Faktum 1.): Im vorliegenden Verwaltungsstrafakt befinden sich zwei innerhalb der Frist des § 31 Abs.2 VStG getätigte Verfolgungshandlungen, nämlich die Niederschriften vom 9. Juli 1991 und vom 10. September 1991. Keine dieser beiden Niederschriften enthält unter der Rubrik "Gegenstand der Vernehmung (genaue Beschreibung der Tat)" einen von der Behörde formulierten Tatvorwurf. Dem Berufungswerber wurde zwar die Anzeige vom 18. April 1991 zur Kenntnis gebracht, aber auch aus der Anzeige kann nicht entnommen werden, daß dem Berufungswerber ein Delikt, wie es letztlich zu Faktum 1. im angefochtenen Straferkenntnis formuliert wurde, vorgehalten worden wäre. Insbesonders enthält die Anzeige keinerlei Angaben, daß der Berufungswerber zu Beginn seines Überholmanövers nicht erkennen konnte, daß er sich nach Beendigung desselben ohne Gefährdung oder Behinderung anderer Straßenbenützer wieder einordnen wird können.

Es steht also nicht fest, wo der Überholvorgang begonnen wurde und von wo aus daher der Berufungswerber nicht in der Lage war, sich von der Möglichkeit des gefahrlosen Wiedereinordnens zu überzeugen. Es muß daher dahingestellt bleiben, ob der Berufung mit ihrem inhaltlichen Vorbringen überhaupt ein Erfolg beschieden wäre oder nicht.

Zur Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs.2 StVO 1960 (Faktum 2.): Da im konkreten Falle keine Geschwindigkeitsmessung, sondern eine Schätzung vorlag, war auf die entsprechende Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes in diesem Punkt Bedacht zu nehmen. Insbesonders wird auf die Erkenntnisse vom 17.12.1982, 02/3361/80, vom 19.1.1983, 82/03/0134, vom 9.5.1984, 83/03/0310, u.a. hingewiesen. Es ist auch im Rahmen des Berufungsverfahrens nicht zu erwarten, daß noch jene Sachverhaltselemente erhoben werden können, die dieser relativ restriktiven Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes entsprechen.

Das angefochtene Straferkenntnis war daher auch in diesem Punkt zu beheben und das Verfahren einzustellen.

Zu II.: Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. S c h ö n

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum