Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-301017/2/BP/Ga

Linz, 25.03.2011

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Dr. Bernhard Pree über die Berufung der X, vertreten durch X, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes des Bezirks Ried im Innkreis vom
10. Februar 2011, GZ.: Pol96-10-2011, wegen einer Beschlagnahme nach dem Glücksspielgesetz zu Recht erkannt:

Der Berufung wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.

Rechtsgrundlagen:

§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes des Bezirks Ried im Innkreis vom
10. Februar 2011, GZ.: Pol96-10-2011,
wurde zwecks Sicherung der Einziehung gemäß § 53 Abs. 1 Z. 1 lit. a des Glücksspielgesetzes, BGBl.Nr. 620/1989, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. I 73/2010 (im Folgenden: GSpG), zur Sicherung der Einziehung die Beschlagnahme eines, am 23. Jänner 2011 um 13:50 Uhr zunächst von Aufsichtsorganen des Finanzamtes Braunau – Ried - Schärding, in X, im Lokal mit der Bezeichnung "X", vorläufig beschlagnahmten Glückspielgerätes,

Type: WETT Terminal X, Gerätebezeichnung: X, Seriennummer: X, FA-Nr. X, Versiegelungsplakette X bis X, 7 Stück,

nunmehr behördlich angeordnet und ein Antrag auf Ausfolgung des in Rede stehenden Glückspielautomaten vom 28. Jänner 2011 abgewiesen. Gleichgehend wurde wegen Gefahr in Verzug die aufschiebende Wirkung einer allfälligen Berufung ausgeschlossen.

 

Begründend führt die belangte Behörde dazu im Wesentlichen aus, dass bei einer oa. Kontrolle am 23. Jänner 2011 durch Organe des Finanzamtes Braunau – Ried – Schärding im oben näher bezeichneten Lokal der oa. X betriebsbereit und eingeschaltet vorgefunden worden sei, mit welchem seit 13. November 2010, zumindest aber am 23. Jänner 2011 wiederholt Glückspiele in Form von Hunde- bzw. Pferdewetten durchgeführt worden seien. Aufgrund der in Aussicht gestellten Gewinne (Höchstgewinn laut Quotenplan siehe Foto Nr. 22) und der möglichen Einsätze in Höhe von mindestens 0,50 Euro, habe der Verdacht bestanden, dass mit dem Gerät durch das Veranstalten von verbotenen Ausspielungen in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen worden sei, weil weder die dafür erforderliche Konzession des Bundesministeriums für Finanzen vorgelegen habe, noch das Gerät nach den Bestimmungen des § 4 GSpG vom Glückspielmonopol des Bundes ausgenommen gewesen sei.

 

Auf dem in Rede stehenden Gerät wären sowohl Hunde- als auch Pferdewetten ("X" und "X") angeboten worden. Dabei habe die Möglichkeit bestanden, Wetten auf den Ausgang von – bereits in der Vergangenheit stattgefundenen – virtuellen Hunde- bzw. Pferderennen abzuschließen. Die Wettkunden könnten lediglich einen Einsatzbetrag und einen oder mehrere vermutete Endergebnisse auswählen und nach Eingabe von Geld eine Wette darauf abschließen. Danach sei der in kurzen Abständen regelmäßig erfolgende Rennstart und das 30 Sekunden dauernde Rennereignis abzuwarten, wonach der Verlust des Einsatzes oder ein Gewinn feststünden. Die Wettkunden hätten keinerlei Einfluss auf das Zustandekommen bestimmter Rennergebnisse.

 

Jede Wette stelle zweifelsfrei ein Glückspiel dar. Wetten aus Anlass sportlicher Veranstaltungen könnten durch einen landesrechtlichen Bescheid gedeckt sein. Diese durch Bescheid gedeckten Wetten würden ein bewilligtes Glückspiel darstellen, wenn sie aus Anlass sportlicher Veranstaltungen abgeschlossen würden. Die Wiedergabe aufgezeichneter virtueller Rennabläufe stelle hingegen eine Abfolge elektronischer Funktionen dar nicht aber eine sportliche Veranstaltung. Eine derartige Wette sei als verbotene Ausspielung im Sinne des § 2 Abs. 4 GSpG einzustufen.

 

Nach Anführung der relevanten Rechtsgrundlagen kommt die belangte Behörde zu dem Schluss, dass Herr X als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als das zur Vertretung nach außen berufene Organ seines Unternehmens "X" seit 13. November 2010, zumindest jedoch am 23. Jänner 2011 (Tag der Kontrolle) den im Spruch näher bezeichneten Glückspielapparat selbständig zur Erzielung von Einnahmen betrieben habe. Er habe Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 1 GSpG veranstaltet.

 

Herr X stehe daher in Verdacht als Unternehmer mit dem angeführten Glückspielautomaten zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 4 GSpG veranstaltet und somit eine Verwaltungsübertretung gemäß § 52 Abs. 1 Z. 1 GSpG begangen zu haben.

 

Es sei eindeutig der Verdacht gegeben, dass mit dem beschlagnahmten Glückspielgerät in das Glückspielmonopol des Bundes eingegriffen worden sei.

 

1.2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, rechtzeitige Berufung vom 22. Februar 2011.

 

Darin wird – auf das Wesentliche zusammengefasst – ausgeführt, dass grundsätzlich zwischen dem Glückspielbereich einerseits und Sportwetten andererseits zu unterscheiden sei, denn letztere unterlägen nicht den glückspielrechtlichen Bestimmungen.

 

Für die Unterscheidung zwischen Spiel und Wette sei es völlig irrelevant, ob der Spiel- oder Wettteilnehmer für einen allfälligen Sieg wenig oder viel oder gar ausschließlich Glück benötige. Die Zufallsabhängigkeit sei kein relevantes Unterscheidungskriterium. Eine Wette bleibe auch dann eine Wette, wenn sie vorwiegend oder ausschließlich vom Zufall abhänge.

 

Im vorliegenden Fall handle es sich um eine Wette aus Anlass einer sportlichen Veranstaltung, wobei aber die Frage, ob es sich um eine Sportwette oder um eine sonstige Wette handle, dahingestellt bleiben könne, da auch sogenannte Gesellschaftswetten zulässig seien.

 

Bei einer Wette stünden sich ein Wettkunde und ein Buchmacher gegenüber. Beide Teile hätten auf den Ablauf und den Ausgang der Rennen keinerlei Einfluss. Dieses Kriterium unterscheide das ggst. Wettprodukt von anderen - möglicherweise am Markt in Erscheinung getretenen - ähnlichen Wettprodukten, bei welchen keine klare Trennung zwischen Buchmacher und Veranstalter vorliege und bei welchen allenfalls die eine oder andere Seite unzulässigerweise Einfluss auf Ablauf und Ausgang der Rennen nehmen könne.

 

Die Bw stellt abschließend den Antrag auf ersatzlose Behebung des angefochtenen Bescheides.

 

 

2.1. Mit Schreiben vom 15. März 2011 übermittelte die belangte Behörde den bezughabenden Verwaltungsakt dem Oö. Verwaltungssenat.

 

2.2. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde. Da sich bereits aus diesen der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ, mit dem angefochtenen Straferkenntnis eine 500 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde und die Verfahrensparteien einen entsprechenden Antrag nicht gestellt haben, konnte im Übrigen gemäß
§ 51e Abs. 3 VStG von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

2.3. Der Oö. Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung grundsätzlich von dem unter Punkt 1.1. dieses Erkenntnisses dargestellten wesentlichen Sachverhalt aus.

 

Insbesondere ist auf das in der – im Akt befindlichen - Fotodokumentation unter Nr. 22 angeführte Foto zu verweisen. Dabei ist unbestreitbar abzulesen, dass der höchstmögliche Einsatz beim aufgerufenen Spiel 100,00 Euro beträgt. Korrespondierend findet sich auch explizit ein entsprechender Hinweis bei diesem Foto, wodurch jeder Zweifel ausgeräumt ist.

 

2.4. Nach § 51c VStG hatte der Oö. Verwaltungssenat im gegenständlichen Fall – weil eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde – durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden.

 

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1. Hinsichtlich der Zuständigkeit der belangten Behörde ergibt sich aus § 50 Abs. 1 GSpG, dass (u.a.) für die Durchführung von Strafverfahren – hierzu zählen auch Beschlagnahmen zum Zweck der Sicherung des Verfalls oder der Einziehung (vgl. ua. VwGH v. 26. Jänner 2009, Zl. 2005/17/0223) – im örtlichen Wirkungsbereich einer Bezirksverwaltungsbehörde diese zuständig ist.

Im vorliegenden Fall wurden die Kontrolle und Beschlagnahme im örtlichen Wirkungsbereich des Bezirkshauptmannes von Ried im Innkreis von Beamten des Finanzamtes Braunau – Ried - Schärding vorgenommen. Der angefochtene Bescheid wurde daher von der nach § 50 Abs. 1 GSpG sachlich und örtlich zuständigen Behörde erlassen und sowohl der Bw als auch dem nach § 51 Abs. 5 GSpG i.V.m. § 12 Abs. 2 AVOG zuständigen Finanzamt zugestellt, sodass sich hier hinsichtlich der verfahrensmäßigen Einbeziehung der Amtspartei offenkundig auch die Frage einer übergangenen Partei nicht stellt.

 

3.2.1. Wie sich aus dem Akt ergibt, boten die am in Rede stehenden Wettterminal installierten Spiele die Möglichkeit einen Einsatz bis zu 100 Euro zu wählen. Es ist nun zu erwägen, ob, aufgrund strafgerichtlicher Zuständigkeit, im vorliegenden Fall sowohl die vorläufige Beschlagnahme als auch deren erstinstanzliche Bestätigung wegen Unzuständigkeit der Verwaltungsbehörden rechtswidrig erfolgte.

Dazu ist auszuführen, dass mit der Novelle BGBl.Nr. I 73/2010 das Glücksspielwesen einem grundsätzlich neuen System unterstellt wurde, und zwar derart, dass neben den dem Monopol des Bundes unterliegenden Ausspielungen in Form von Lotterien und Spielbanken nunmehr auch das für vergleichsweise geringere Einsätze und Gewinne konzipierte sog. "kleine Glücksspiel" mittels Automaten explizit einer Konzessionspflicht unterstellt und damit für zulässig erklärt ist, wobei die darauf bezüglichen Vorschriften vom Landesgesetzgeber zu erlassen sind; hinsichtlich derartiger "Landesausspielungen" besteht sohin (mangels eines entsprechenden Kompetenztatbestandes in Art. 12 B-VG) eine ergänzende, inhaltlich allerdings auf jener des Bundes notwendig aufbauende Regelungszuständigkeit der Länder (die jedoch – im Gegensatz zum Verhältnis zwischen Grundsatz- und Ausführungsgesetz gemäß Art. 12 B-VG – von Letzteren nicht in Anspruch genommen werden muss, also auch ungenutzt bleiben kann). Dies ist zum relevanten Zeitpunkt für Oberösterreich auch der Fall.

Im Besonderen gilt nunmehr Folgendes:

3.2.2. Gemäß § 53 Abs. 1 Z. 1 lit. a GSpG kann die Behörde u.a. dann die Beschlagnahme eines Glücksspielautomaten anordnen, wenn entweder dessen Verfall oder dessen Einziehung vorgesehen ist und der Verdacht besteht, dass mit diesem fortgesetzt gegen eine oder mehrere Bestimmungen des § 52 Abs. 1 GSpG verstoßen wird.

Nach § 52 Abs. 1 Z. 1 GSpG begeht u.a. derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist hierfür mit einer Geldstrafe bis zu 22.000 Euro zu bestrafen, der verbotene Ausspielungen i.S.d. § 2 Abs. 4 GSpG veranstaltet, organisiert, anbietet oder unternehmerisch zugänglich macht.

Gemäß § 2 Abs. 4 GSpG sind solche Ausspielungen verboten, für die einerseits eine Konzession oder Bewilligung nach dem GSpG nicht erteilt wurde und die andererseits auch nicht i.S.d § 4 GSpG vom Glücksspielmonopol des Bundes ausgenommen sind.

3.2.3. Daneben bleibt jedoch die Strafbarkeit nach § 168 StGB weiterhin bestehen. Wer gemäß § 168 Abs. 1 StGB ein Spiel, bei dem Gewinn und Verlust ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängen oder das ausdrücklich verboten ist, veranstaltet oder eine zur Abhaltung eines solchen Spieles veranstaltete Zusammenkunft fördert, um aus dieser Veranstaltung oder Zusammenkunft sich oder einem anderen einen Vermögensvorteil zuzuwenden, ist mit Freiheitsstrafe bis zu 6 Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen, es sei denn, dass bloß zu gemeinnützigen Zwecken oder bloß zum Zeitvertreib und um geringe Beträge gespielt wird.

3.2.4. Zur Abgrenzung zwischen Verwaltungsübertretung und strafrechtlichem Delikt ist übereinstimmend zwischen der Judikatur des OGH und den erläuternden Bemerkungen zur Glückspielnovelle (vgl. EB zur RV 658BlgNR XXIV. GP, 8) die Strafzuständigkeit der Verwaltungsbehörden ausschließlich bei Einsätzen pro Spiel bis zu 10 Euro gegeben.

Im Hinblick auf die Subsidiarität von Verwaltungsdelikten gegenüber Strafdelikten und insbesondere in Berücksichtigung des verfassungsrechtlich verankerten Prinzips der Gewaltentrennung (Art. 94 B-VG) sind die Bestimmungen des Glückspielgesetzes jedenfalls derart zu interpretieren, dass Verletzungen letzteren  Prinzips vermieden werden.

Dies bedeutet im Ergebnis, dass ein – dem Verwaltungsstrafverfahren vorgelagertes – Beschlagnahmeverfahren hinsichtlich der Zuständigkeit an dieses geknüpft ist und nicht etwa im Zuge einer strafgerichtlichen Verfolgung auf verwaltungsrechtliche Normen gestützt werden kann.

3.3. Wie sich aus dem Sachverhalt ergibt bestand auch nach Feststellung der einschreitenden Organe die Möglichkeit zu einem Höchsteinsatz von 100 Euro pro Spiel.

Es bestand also eindeutig die Verdachtslage dahingehend, dass im vorliegenden Fall ein potentieller Verstoß gegen § 168 StGB anzunehmen war und ein Verwaltungsstrafverfahren daher in den Hintergrund zu treten haben würde.  

Ohne auf die weiteren Argumente in der Berufung einzugehen, ist also festzuhalten, dass im vorliegenden Fall jedenfalls ein hinreichend begründeter Verdacht auf einen Eingriff in das Glücksspielmonopol des Bundes nach den Bestimmungen des GSpG (§ 52) nicht vorlag. Aus der Formulierung "hinreichend begründet" ist zu schließen, dass ein Verdacht ausreichend substantiiert und nicht in wesentlichen Punkten in Frage gestellt bestehen muss, um in § 53 GSpG Deckung zu finden.

Die im vorliegenden Fall auf § 53 GSpG gegründete Beschlagnahme des - entgegen dem Berufungsvorbringen jedenfalls als Glücksspielautomaten einzustufenden – in Rede stehenden Apparates erweist sich daher als rechtswidrig.

3.4. Der gegenständlichen Berufung war daher gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG stattzugeben und der angefochtene Bescheid aufzuheben.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

Bernhard Pree

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum