Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-165799/7/Br/Th

Linz, 29.03.2011

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn X, geb. X, X, X, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 15.02.2011, Zl.: S-17801/10-3, nach der am 29.3.2011 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung und Verkündung, zu Recht erkannt:

 

 

I.       Der Berufung wird stattgegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.

 

II.     Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 111/2010 - AVG iVm § 24, § 45 Abs.1Z1, § 51 Abs.1, § 51e Abs.1 Z1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 111/2010 – VStG.

zu II.: § 66 Abs.1 VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

Zu I.:

1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis über den Berufungswerber wegen Übertretung nach § 1 Abs.3 iVm § 37 Abs.1 u. Abs.3 Z1 FSG eine Geldstrafe von 365 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von sieben Tagen verhängt, weil er am 15.3.2010 um 18:10 Uhr, den PKW X in X, X, auf dem Hofer-Parkplatz, ohne im Besitz einer von der Behörde erteilten Lenkberechtigung zu sein, gelenkt habe.

 

1.1. Die Behörde erster Instanz führte begründend aus:

“Der dem Spruch zugrundeliegende Sachverhalt ist durch die der ho Behörde vorliegenden Aktenlage zweifelsfrei erwiesen. Es steht daher fest, dass Sie die im Spruch angeführte Verwaltungsübertretung begangen haben.

Gegen die Strafverfügung der BPD Linz vom 28.4.2010 erhoben Sie fristgerecht Einspruch, ais Sie in der ho Behörde am 10.5.2010 niederschriftlich einvernommen wurden, und begründeten diesen sinngemäß damit, dass Sie nicht - wie Ihnen angelastet wird - mit dem Auto gefahren seien, sondern dass Ihr Freund X gefahren sei.

Im weiteren Gang des gern § 49 Abs.2 VStG eingeleiteten ordentlichen Verwaltungsverfahrens wurden vom BG Linz die Unterlagen sowie die Urteilsschrift betreffend das Strafverfahren 18 U 197/10h angefordert.

Der Ausgang dieses Strafverfahrens, in dem Sie als Beschuldigter wegen § 83 StGB zur Verantwortung gezogen wurden, war für die ho Behörde für die Fällung des gegenständlichen Straferkenntnisses insofern von größter Bedeutung, weil Sie das Opfer der Körperverletzung eindeutig als Fahrer des Autos (VW Golf, rot, X) identifizierte.

Dieses Ermittlungsergebnis wurde Ihnen im Schreiben v. 24.1.2011 mitgeteilt (Anzeige vom 23.3.2010, Niederschrift vom 14.7.2010, Hauptverhandlungsschrift vom 27.8.2010, Zeugenvernehmung vom 15.3.2010, Zeugenvernehmung vom 20.3.2010). Mit diesem Schreiben wurde Ihnen die Möglichkeit eingeräumt, zum Ergebnis der Beweisaufnahme innerhalb von 2 Wochen ab Zustellung dieser Verständigung eine Stellungnahme abzugeben. Am 8.2.2011 brachten Sie persönlich eine Stellungnahme in die ho Behörde, in der Sie abermals darlegen, dass Sie den PKW zum Tatzeitpunkt nicht gelenkt hätten und gar kein Auto fahren könnten. X sei selbst gefahren und Sie seien Beifahrer gewesen. Auch hätten Sie niemanden geschlagen.

 

Gemäß § 1 Abs. 3 FSG ist das Lenken eines Kraftfahrzeuges und das Ziehen eines Anhängers, ausgenommen in den Fällen des Abs. 5, nur zulässig mit von der Behörde erteilten, gültigen Lenkberechtigung für die Klasse oder Unterklasse (§ 2) in die das Kfz fällt.

Gemäß § 37 Abs. 1 FSG begeht eine Verwaltungsübertretung wer diesem Bundesgesetz, den aufgrund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen, Bescheiden oder sonstigen Anordnungen zuwiderhandelt und ist, sofern in den folgenden Absätzen nichts anderes bestimmt ist, mit einer Geldstrafe von € 36,- bis € 2.180,-, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Ersatzfreiheitsstrafe bis zu 6 Wochen, zu bestrafen.

Gemäß § 37 Abs. 3 Zif. 1 FSG ist eine Mindeststrafe von € 363,-- zu verhängen, für das Lenken eines Kraftfahrzeuges entgegen der Bestimmung des § 1 Abs. 3 Führerscheingesetz.

Die Behörde hat dazu erwogen:

In der Sache selbst bestand für die erkennende Behörde keinerlei Anlass, an der Richtigkeit des zugrundeliegenden Sachverhaltes zu zweifeln, da sich dieser aus der Aktenlage eindeutig ergibt. Somit war für die Behörde erwiesen, dass Sie tatsächlich gegen die angeführte Bestimmung des Führerscheingesetzes schuldhaft verstoßen haben, weshalb nun spruchgemäß zu entscheiden war.

Zu der Ihnen angelasteten Übertretung gem. § 1 Abs 3 FSG ist auf die Begleitumstände der begangenen Verwaltungsübertretung näher einzugehen:

Sie lenkten am 15.3.2010 um 18:10 Uhr den PKW X in X, X auf dem Hofer-Parkplatz, als Sie mit dem Fahrzeuglenker X (unterwegs mit einem BMW 3er, KZ X) eine verbale Auseinandersetzung hatten, bevor Sie diesem einen Faustschlag ins Gesicht versetzten. In dem wegen dieser Körperverletzung anhängigen Strafverfahren des BG Linz gegen Sie ergaben sich auch die für die ho Behörde ausschlaggebenden Beweise des Verwaltungsstrafverfahrens, die Sie der Täterschaft als erwiesen ansehen lassen.

So wird die Glaubwürdigkeit des Inhaltes der von Ihnen in der ho Behörde am 10.5.2010 aufgenommenen Niederschrift, in der Sie angeben, zum Tatzeitpunkt nicht mit dem Auto gefahren zu sein, erstens durch das Protokoll der Hauptverhandlung des BG Linz vom 27.8.2010, 09:45 Uhr, und zweitens durch den Urteilsspruch herabgesetzt:

X als Opfer der Körperverletzung, wegen der Sie vom BG Linz als schuldig gesprochen wurden, sagte bei der Hauptverhandlung am BG Linz am 27.8.2010 nach Wahrheitserinnerung und

Belehrung über die strafrechtlichen Folgen einer falschen Beweissaussage aus, dass Sie es als Angeklagter waren, der Sie geschlagen und das Auto gelenkt hat. Auf die Frage des Richters, ob es dann auch der Angeklagte, der das Auto gelenkt hat gewesen sei, mit dem X den vorhergehenden Autofahrerstreit hatte, antwortete der Zeuge mit: „Ja, genau".

Zudem verwies der Zeuge X am 21.6.2010 bei der zeugenschaftlichen Einvernahme auf der ho Behörde auf seine Angaben in der Anzeige und wiederholte, dass er vom Lenker und nicht vom Beifahrer einen Schlag auf den linken Augenbereich bekommen hätte. Das Auseinanderhalten von Fahrer und Beifahrer sei X nicht schwer gefallen, weil der Fahrer eine Stoffkappe trug und der Beifahrer keine Kopfbedeckung hatte.

Das Grundrecht ne bis in idem des Art. 4 7. ZPMRK (Doppelbestrafungsverbot) kann im gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren insofern nicht zur Anwendung gelangen, weil hierzu eine Strafdrohung einen wesentlichen Gesichtspunkt eines Straftatbestandes, der bereits Teil eines von einem Gericht oder einer Verwaltungsbehörde zu ahndenden Straftatbestandes sein muss. Unter dieser Voraussetzung wäre eine neuerliche Beurteilung und Bestrafung durch eine Verwaltungsbehörde verboten. Da jedoch die Strafrechtsnorm des § 83 Abs 1 StGB und die Verwaltungsstrafrechtsnorm des § 1 Abs 3 FSG völlig verschiedene Unrechtsgehälter und Gesichtspunkte der Strafbarkeit aufweisen, wird mit dem ggst. Straferkenntnis das oa Grundrecht nicht verletzt.

Die Glaubwürdigkeit Ihrer Angaben als Beschuldigter wird von der ho Behörde insofern angezweifelt, zumal Sie in Ihrer Stellungnahme vom 8.2.2011 angeben, dass Sie auch niemanden geschlagen hätten, obwohl Sie zum Zeitpunkt der Stellungnahme wegen der Körperverletzung gern § 83 Abs 1 StGB bereits verurteilt waren.

Festgehalten muss von der Behörde werden, dass es sich gerade beim Lenken eines Kraftfahrzeuges ohne im Besitz der entsprechenden Lenkberechtigung zu sein, um die schwerste Übertretung des Führerscheingesetzes handelt. Es muss daher alleine schon im Interesse der Sicherheit aller Verkehrsteilnehmer und darüber hinaus aus general- und spezialpräventiven Grunde mit einer strengen Bestrafung vorgegangen werden.

Bei der Bemessung der Strafe wurde das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat, berücksichtigt.

Die verhängte Geldstrafe entspricht somit dem Unrechts- und Schuldgehalt der Tat und erscheint der Behörde notwendig, Sie in Hinkunft von der Begehung derartiger Übertretungen abzuhalten.

Als mildernd bei der Strafbemessung war das Fehlen ha. verwaltungsstrafrechtlicher Vormerkungen zu werten; erschwerende Umstände lagen keine vor.

Weiters wird bei der Strafbemessung davon ausgegangen, dass Sie kein hierfür relevantes Vermögen besitzen, keine ins Gewicht fallenden Sorgepflichten haben und ein Einkommen von € 1000,-- monatlich beziehen.

 

Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet.“

 

 

2. In der dagegen fristgerecht bei der Behörde erster Instanz protokollarisch angebrachten Berufung bestreitet der Berufungswerber einmal mehr die Lenkeigenschaft. Nicht er, sondern X (der Fahrzeugbesitzer bzw. Zulassungsbesitzer), habe den Pkw gelenkt. Er selbst könne einen Pkw gar nicht lenken. Ebenso sei niemand geschlagen worden. Dies habe er auch den Polizisten gesagt.

 

 

3. Die Bundespolizeidirektion Linz hat die Berufung samt Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Damit wurde die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates begründet, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

 

3.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch die Einsichtnahme und auszugsweise Verlesung des erstinstanzlichen Verfahrensaktes.

Anlässlich der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung wurden sowohl der Anzeiger (X) als auch der Fahrzeughalter (X) als Zeugen und der Berufungswerber als Beschuldigter einvernommen. Auch ein Vertreter der Behörde erster Instanz nahm an der Berufungsverhandlung teil.

 

 

4. Die Zeugenaussagen lassen sich dahingehend zusammenfassen, dass jedenfalls der Anzeiger X in der Unterscheidung der beiden sich sehr ähnlich sehenden Fahrzeuginsassen ganz und gar nicht sicher schien. Seine Angaben blieben vage, wobei er den vermeintlichen Lenker mit einer nicht näher beschreibbaren Kappe (handgefertigt) bekleidet bezeichnete. Auf einem am Handy vorgezeigten Foto von X erklärte X im Ergebnis diesen vom Berufungswerber nicht unterscheiden zu können. Von einer eindeutigen Identifizierung des Fahrers durch diesen Zeugen kann daher keineswegs ausgegangen werden.

Aus diesem Grunde wurde die Verhandlung zur Anhörung des X unterbrochen und nach dessen Erscheinen fortgesetzt.

Dieser gab zur Sache befragt durch spontane Antworten überzeugend und insbesondere im Einklang mit seiner Aussage vor der Polizei am 20.3.2010 glaubwürdig an, damals selbst der Lenker seines Autos gewesen sei. Ebenso überzeugend und stimmig wurde nebenbei auch die verneinende Darstellung über den angeblichen Faustschlag dargelegt. Insbesondere erklärte der Zeuge zu wissen, dass sein Freund (der Berufungswerber) gar nicht mächtig sei ein Fahrzeug zu lenken. Er habe und hätte ihm dieses daher nie zum Lenken überlassen.

Selbst die Schilderung der zur gerichtlichen Verurteilung des Berufungswerbers führenden Behauptung des X ("…'Laut meinen Augen' hat der Angeklagte das Auto gelenkt") konnte vom Zeugen X glaubhaft in Frage gestellt werden. Letzter wurde im Gerichtsverfahren offenbar nicht gehört. Darüber ist aber im Rahmen dieses Verfahrens nicht zu würdigen, wohl jedoch, dass die Lenkeigenschaft nicht nur als nicht erwiesen, sondern ob der Glaubwürdigkeit dieses Zeugen vielmehr als unwahrscheinlich  gelten kann.

Da diese letztlich im Detail mit der ursprünglichen Aussage in Einklang steht, wobei sich der Zeuge darauf unmöglich vorbereiten hätte können, folgt die Berufungsbehörde dessen Sachdarstellung. Der Berufungswerber kann demnach jedenfalls nicht als Lenker überführt gelten.

Dem Berufungswerber war demnach in seiner im Übrigen von Anbeginn gleich lautenden Verantwortung zu folgen.

Der Vertreter der Behörde erster Instanz erklärte abschließend im Ergebnis seine Beweisannahme im Ausgang des Gerichtsverfahrens bestätigt gesehen zu haben.

 

 

5. In rechtlicher Hinsicht folgt demnach, dass hier der zur Last gelegte Regelverstoß nicht begangen wurde. Das Verwaltungsstrafverfahren ist demnach nach § 45 Abs.1 Z1 VStG einzustellen war.

 

Zu II.:

Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von € 220,-- zu entrichten.

 

 

 

Dr. B l e i e r

 

 

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