Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-252696/7/Py/Hu

Linz, 07.04.2011

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 5. Kammer (Vorsitzende: Mag. Michaela Bismaier, Berichterin: Dr. Andrea Panny, Beisitzer: Mag. Thomas Kühberger) über die Berufung des Herrn x, vertreten durch x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 27. Dezember 2010, GZ: SV96-79-2008, wegen Verwaltungsübertretungen nach dem Ausländerbeschäftigungs­gesetz (AuslBG), nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 9. März 2011 zu Recht erkannt:

 

 

I.       Das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.     Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung von Verfahrenskostenbeiträgen.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu  I.:  § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.:  §§ 65 und  66 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 27. Dezember 2010, GZ: SV96-79-2008, wurden über den Berufungswerber (in der Folge: Bw)  wegen Verwaltungsübertretungen nach § 9 VStG iVm § 3 Abs.1 iVm § 28 Abs.1 Z1 lit.a Ausländerbeschäftigungsgesetz idgF drei Geldstrafen in Höhe von je 3.000 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von je 108 Stunden verhängt. Gleichzeitig wurde ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 900 Euro vorgeschrieben.

 

Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

 

"Sie haben es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit Außenvertretungsbefugter und Arbeitgeber der Firma x mit Sitz in x, strafrechtlich zu verantworten, dass Sie zumindest im Zeitraum von Mai 2007 bis 06.05.2008, um 08.30 Uhr (Kontrollzeitpunkt) die kroatischen Staatsangehörigen

1. x, geb. am x,

2. x, geb. x, und

3. x, geb. am x,

indem diese für die Firma "x", auf der Baustelle in x, bei Maurerarbeiten im Zuge der Errichtung eines Einfamilienhauses betreten wurden, im Sinne des § 1152 ABGB entgeltlich beschäftigten, obwohl für diese Ausländer weder eine Beschäftigungsbewilligung, eine Zulassung als Schlüsselkraft oder eine Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde noch diese Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein oder eine "Niederlassungsbewilligung – unbeschränkt" oder einen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt-EG" oder einen Niederlassungsnachweis besaßen."

 

In der Begründung führt die belangte Behörde unter Wiedergabe des Verfahrensganges und der Rechtsgrundlagen aus, dass die im Strafantrag vom 19. Mai 2008 angeführten Indizien für ein arbeitnehmerähnliches Verhältnis und eine Arbeitskräfteüberlassung durch die Firma x sprechen. Die Arbeiter wurden von einem Mitarbeiter der Firma x abgeholt und zum Firmengelände der Firma x gebracht. Hier erfolgte die Aufteilung der Arbeiter auf die einzelnen Baustellen. Die Arbeiter wurden von einem Mitarbeiter der Firma x auf die Baustelle gefahren. Das Material und die Maschinen (Mischmaschine, Kreissäge etc.) wurden von der Firma x bereitgestellt. Der Jausencontainer und der Container für das Werkzeug und Material gehörten der Firma x. Des weiteren bestätigte einer der beschäftigten Ausländer im Zuge einer am 6. Mai 2008 aufgenommenen Niederschrift, dass er seit Mai 2007 mit einer kurzen Unterbrechung bis zum Zeitraum der Kontrolle ausschließlich auf Baustellen der Firma x aus x gearbeitet hat.

 

Aufgrund dieser Ausführungen kommt die belangte Behörde zur Ansicht, dass es sich bei den genannten kroatischen Staatsbürgern um von der Firma x an die vom Bw vertretene Firma überlassene Arbeitskräfte handelt, ohne dass für deren Beschäftigung arbeitsmarktrechtliche Dokumente vorlagen.

 

Zur verhängten Strafhöhe wird festgehalten, dass als straferschwerend die überaus lange Dauer des illegalen Beschäftigungsverhältnisses gewertet wird, strafmildernd ist die bisherige Unbescholtenheit und die verhältnismäßig lange Verfahrensdauer zu werten. Hinsichtlich der Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisses des Bw geht die belangte Behörde von einem geschätzten Monatseinkommen von 2.000 Euro netto, keinem Vermögen und keinen Sorgepflichten aus.

 

2. Dagegen wurde rechtzeitig vom Bw im Wege seiner rechtsfreundlichen Vertretung mit Schreiben vom 21. Jänner 2011 Berufung erhoben.

 

In dieser wird zunächst zusammengefasst in verfahrensrechtlicher Hinsicht vorgebracht, dass Verfolgungsverjährung eingetreten ist, da die belangte Behörde mit Aufforderung vom 23. Juli 2008 dem Bw vorgehalten habe, als Arbeitgeber eine Übertretung des § 3 Abs.1 iVm § 18 Abs.1 und § 28 Abs.1 Z1 lit.b Ausländerbeschäftigungsgesetz begangen zu haben. Innerhalb der 6-monatigen Verfolgungsverjährungsfrist wurde dem Bw eine Übertretung nach     § 28 Abs.1 Z1 lit.a Ausländerbeschäftigungsgesetz jedoch nicht zur Last gelegt .

 

Inhaltlich wird vorgebracht, dass entgegen den Ausführungen der belangten Behörde  und nach Überprüfung der x, zwischen den Unternehmen ein Werkvertrag zur Ausführung von Baumeisterarbeiten abgeschlossen wurde, wobei die Arbeiten in einem Leistungsverzeichnis festgelegt waren und die Abrechnung nach tatsächlichem Aufmaß (wie bei allen Subunternehmerverträgen) vom jeweils verantwortlichen Bauleiter erfolgte. Dieser hatte auch die Einhaltung der Werkverträge zu überwachen. Die beauftragten Subunternehmer hatten ihre Werkleistung ausschließlich mit eigenem Personal zu erbringen und musste von diesen auch das eingesetzte Personal überwacht und angewiesen werden. Eine Überlassung von Arbeitskräften lag nicht vor und liegen dafür auch keine Beweisergebnisse vor. Aufgrund der nunmehrigen Löschung der Firma x aus dem Firmenbuch infolge Vermögenslosigkeit ist es für den Bw schwer, konkrete Beweismittel beizubringen, aus denen auf das Vorliegen eines Werkvertrages geschlossen werden kann. Für das Vorliegen der von der Behörde angeführten Indizien ergeben sich dagegen nicht einmal aus dem Strafantrag konkrete Beweismittel, für diese Indizien liegen vielmehr bloße Behauptungen vor. Diese Behauptungen finden zum allergrößten Teil nicht einmal in den angeschlossenen Personenblättern oder in der – nicht unterfertigten – Niederschrift vom 6. Mai 2008 Deckung. Aufgrund welcher Umstände die belangte Behörde von einem Tatzeitraum beginnend mit Mai 2007 ausgeht, kann weder dem Bescheid selbst noch dem Strafantrag konkret entnommen werden. Diesbezüglich liegt kein wie immer geartetes Beweisergebnis vor.  

 

Zur verhängten Strafhöhe wird angeführt, dass jedenfalls mit der Verhängung der Mindeststrafe das Auslangen hätte gefunden werden müssen.

 

3. Mit Schreiben vom 26. Jänner 2011 legte die belangte Behörde die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vor. Da eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist dieser zur Entscheidung durch seine nach der Geschäftsverteilung zuständige Kammer berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

4.1. Zum Berufungsvorbringen, wonach bereits Verfolgungsverjährung eingetreten ist, ist der Bw auf die im Akt einliegende Aufforderung zur Rechtfertigung vom 23. Juli 2008, SV96-79-2008 hinzuweisen. Darin werden dem Bw übereinstimmend mit dem nunmehrigen Straferkenntnis Verwaltungsübertretungen nach § 9 VStG iVm § 3 Abs.1 und § 28 Abs.1 Z1 lit.a AuslBG durch die Beschäftigung der drei kroatischen Staatsangehörigen von Mai 2007 bis 6. Mai 2008 vorgeworfen. Aus dem eindeutigen Wortlaut des § 32 Abs.2 VStG geht hervor, dass eine Verfolgungshandlung u.a. auch dann vorliegt, wenn der Beschuldigte von einer stattgefundenen Verfolgungshandlung keine Kenntnis erlangt hat. Eine Verfolgungshandlung unterbricht die Frist der Verfolgungsverjährung bereits in dem Zeitpunkt, zu dem sie nach außen zu Tage getreten ist (vgl. VwGH vom 30. März 2006, Zl. 2004/09/0128). Auch in der vom Rechtsvertreter des Bw in der mündlichen Berufungsverhandlung vom 9. März 2011 vorgelegten Aufforderung zur Rechtfertigung (ebenfalls datiert mit 23. Juli 2008 unter der Geschäftszahl SV96-79-2008) wird gegen den Bw dieser Tatvorwurf erhoben, allerdings wird sein Verhalten (fälschlicherweise) unter § 3 Abs.1 iVm § 28 Abs.1 Z1 lit.b AuslBG subsumiert. Nach ständiger Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes wäre es der Berufungsbehörde nicht verwehrt, die Strafbestimmung auch außerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist zu berichtigen bzw. zu ergänzen (vgl. z.B. VwGH vom 15. September 1999, Zl. 98/03/0332). Die belangte Behörde hat daher innerhalb der für die gegenständliche Übertretung geltende Verjährungsfrist von einem Jahr (vgl. § 28 Abs.2 AuslBG iVm § 31 Abs.2 VStG) eine Verfolgungshandlung gesetzt, die sich auf alle der Bestrafung zugrunde liegenden Sachverhaltselemente bezieht.

 

4.2. Allerdings war es dem Unabhängigen Verwaltungssenat - trotz Anberaumung und Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung unmittelbar nach Vorlage der Berufung durch die belangte Behörde - nicht möglich, innerhalb der bis zum Eintritt der Strafbarkeitsverjährung gemäß § 31 Abs.3 liegenden Frist eine für einen Schuldspruch des Bw ausreichende Klärung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes herbeizuführen.

 

Gemäß § 31 Abs.3 erster Satz VStG darf ein Straferkenntnis nicht mehr gefällt werden, wenn seit dem im Abs.2 bezeichneten Zeitpunkt (das ist der Zeitpunkt, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen wurde oder das strafbare Verhalten aufgehört hat) drei Jahre vergangen sind.

 

Der gegenständliche Verfahrensakt langte beim Unabhängigen Verwaltungssenat am 3. Februar 2011 ein. Der dem Bw im gegenständlichen Verfahren vorgeworfenen Tatzeitraum endete am 6. Mai 2008. Für die Durchführung des Berufungsverfahrens verblieben daher lediglich rd. drei Monate bis zum Eintritt der Strafbarkeitsverjährung mit Ablauf des 6. Mai 2011. Da sich die Anberaumung einer mündlichen Berufungsverhandlung für die Ermittlung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes als unabdingbar erwies, ordnete der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich umgehend nach Einlangen des Berufungsaktes die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung für 9. März 2011 an.

 

In dieser Berufungsverhandlung legte der Vertreter des Finanzamtes Linz einen anlässlich der Kontrolle von der Firma x der Organpartei vorgelegten Auftrag samt Leistungsverzeichnis vor. In diesem mit 12. Februar 2008 datierten Vertrag beauftragt die Firma x die Firma x mit  Baumeisterarbeiten beim Bauvorhaben x im Rahmen eines definierten Leistungszeitraumes auf Grundlage des (angefügten) Leistungsverzeichnisses und anhand von Ausführungs- und Detailplänen zu einem Pauschalpreis in Höhe von insgesamt 14.118,12 Euro. Der Bw, der selbst nicht mit der Abwicklung von Baustelle im Unternehmen betraut war, konnte bei seiner Einvernahme keine ausreichende Klärung des Sachverhaltes über das tatsächliche Geschehen auf der Baustelle herbeiführen. Auch aus den Angaben der Ausländer in den mit ihnen bei der Kontrolle aufgenommenen Personenblätter bzw. in der mit Herrn x aufgenommenen Niederschrift auf der Polizeiinspektion Ansfelden gehen die rechtserheblichen und in der Anzeige angeführten Sachverhaltsmerkmale nicht ausreichend hervor. Eine abschließende Beurteilung dieser Frage konnte auch durch die Einvernahme einer an der Kontrolle beteiligten Beamtin der KIAB in der mündlichen Verhandlung nicht erreicht werden. Zum Beweis dafür, dass die Arbeiten mit eigenem Werkzeug der Firma x durchgeführt wurden und keine fachliche oder organisatorische Eingliederung der ausländischen Arbeiter in die Firma x vorlag, beantragte der Rechtsvertreter des Berufungswerbers in der mündlichen Berufungsverhandlung – unter Bekanntgabe ihrer ausländischen Zustelladressen – die Einvernahme der drei verfahrensgegenständlichen Ausländer sowie eines Vertreters der Firma x.  

 

Die erkennende Kammer des Unabhängigen Verwaltungssenates gelangt zur Ansicht, dass ohne weitere Beweismittel, insbesondere die Einvernahme der vom Bw beantragten Zeugen, der rechtserhebliche Sachverhalt nicht in ausreichendem, einem fairen Verfahren entsprechenden Ausmaß ermittelt werden kann.

 

Im Hinblick auf den für das weitere Beweisverfahren erforderlichen Zeitaufwand (Terminkoordination der zuständigen Kammermitglieder für die Fortsetzungsverhandlung, zeitgerechte Ladung der im Ausland wohnhaften Zeugen, Beiziehung eines/einer Dolmetschers/Dolmetscherin für die Einvernahme der ausländischen Zeugen in der Fortsetzungsverhandlung) ist es dem Unabhängigen Verwaltungssenat jedoch nicht möglich, innerhalb der Strafbarkeitsverjährung - wie bereits angeführt endet die in § 31 Abs.3 VStG festgelegte Frist mit Ablauf des 6. Mai 2011 – diese weiteren Beweismittel beizuschaffen.

 

4.3. Gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet.

 

Im Hinblick auf die Unschuldsvermutung des Art. 6 Abs.2 EMRK, wonach bis zum gesetzlichen Nachweis seiner Schuld vermutet wird, dass der wegen einer strafbaren Handlung Angeklagte unschuldig ist, war daher mangels ausreichender Beweise für einen Schuldspruch des Bw spruchgemäß zu entscheiden.

 

5. Da die Berufung Erfolg hatte, waren die Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat dem Bw gemäß § 65 VStG nicht aufzuerlegen. Aufgrund der Aufhebung der verhängten Strafe entfällt gemäß § 66 Abs.1 VStG auch die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Michaela Bismaier

 

 

 

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