Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-252697/2/Py/Hu

Linz, 30.03.2011

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Andrea Panny über die Berufung des Herrn x, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 27. Dezember 2010, GZ: 0051017/2010, wegen einer Verwaltungsübertretungen nach dem Ausländerbeschäftigungs­gesetz (AuslBG),  zu Recht erkannt:

 

 

I.       Das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.     Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung von Verfahrenskostenbeiträgen.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu  I.:  § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 44a, 45 Abs.1 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.:  §§ 65 und 66 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 27. Dezember 2010, GZ: 0051017/2010, wurde über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) wegen Verwaltungsübertretung nach § 18 Abs.12 iVm § 28 Abs.1 Z5 lit.a Ausländerbeschäftigungsgesetz – AuslBG 1975 eine Geldstrafe in Höhe von 1.000 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe in Höhe von 33 Stunden verhängt. Gleichzeitig wurde ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 100 Euro vorgeschrieben.

 

Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

 

"Sie haben als Geschäftsführer/in und somit als gemäß § 9 VStG nach außen zur Vertretung berufene Person der Firma x, mit dem Sitz in x auch bekannt laut Kreditschutzverband x verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten, dass von dieser Firma, die keinen Betriebsstandort in Österreich hat, als Arbeitgeber zumindest am 02.11.2010 ausgehend vom Betriebsstandort auf die Baustelle x in x der kroatische Staatsbürger Herr x, geboren x, wohnhaft x als Arbeiter – Trockenbauarbeiten – gegen Entgelt nach Österreich zur Arbeitsleistung entsendet wurde, obwohl für diesen keine EU-Entsendebestätigung ausgestellt und auch die Beschäftigung nicht der zentralen Koordinationsstelle beim Bundesministerium für Finanzen angezeigt worden war."

 

In der Begründung führt die belangte Behörde unter Wiedergabe des Verfahrensganges und der Rechtsgrundlagen aus, dass für die erkennende Behörde der im Spruch dargestellte Sachverhalt aufgrund der Aktenlage erwiesen ist, da der Ausländer ohne entsprechende Bewilligungen nach Österreich zur Arbeitsleistung entsandt wurde, obwohl die Bestimmungen des § 18 Abs.1 AuslBG nicht erfüllt waren.

 

Zur verhängten Strafhöhe wird angeführt, dass die Mindeststrafe tatangemessen erscheint, da weder Milderungs- noch Erschwerungsgründe im Verfahren hervorgekommen sind.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig vom Bw eingebrachte Berufung vom     26. Jänner 2011. Darin bringt der Bw vor, dass der kontrollierte Arbeiter x nicht im Unternehmen des Bw beschäftigt war und auch nicht dessen Weisungsrecht unterlag.

 

3. Mit Schreiben vom 31. Jänner 2011 legte die belangte Behörde die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vor. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist dieser zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Einzelmitglied berufen (§ 51c VStG).

 

Weil bereits aus der Aktenlage ersichtlich ist, dass der angefochtene Bescheid zu beheben ist, entfiel gemäß § 51e Abs.2 Z1 VStG die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

Gemäß § 44a VStG hat der Spruch, wenn er nicht auf Einstellung lautet, zu enthalten:

  1. die als erwiesen angenommene Tat;
  2. die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist;
  1. die verhängte Strafe und die angewendete Gesetzesbestimmung;
  2. den etwaigen Ausspruch über privatrechtliche Ansprüche;
  3. im Fall eines Straferkenntnisses die Entscheidung über die Kosten.

 

Sowohl in der im Akt einliegenden Aufforderung zur Rechtfertigung vom          30. November 2010, als auch im Spruch des gegenständlichen Straferkenntnisses wird dem Bw zusammenfassend zur Last gelegt, den kroatischen Staatsangehörigen x zumindest am 2. November 2010 ausgehend vom Betriebsstandort x, als Arbeiter für Trockenbauarbeiten gegen Entgelt nach Österreich zur Arbeitsleistung entsandt zu haben, obwohl für diesen keine EU-Entsendebestätigung ausgestellt wurde und auch die Beschäftigung nicht der Zentralen Koordinationsstelle beim Bundesministerium für Finanzen angezeigt worden war.

 

Dieser dem Bw zur Last gelegte Tatvorwurf entspricht jedoch nicht den Anforderungen des § 44a Z1 VStG. Dem § 44a Z1 VStG ist dann entsprochen, wenn im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen wird, dass er in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten (Bestraften) rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

 

Gemäß § 18 Abs.12 Ausländerbeschäftigungsgesetz 1975 (AuslBG), BGBl.Nr. 218/1975 idgF, ist für Ausländer, die von einem Unternehmen mit Betriebssitz in einem anderen Mitgliedsstaat des Europäischen Wirtschaftsraumes zur Erbringung einer vorübergehenden Arbeitsleistung nach Österreich entsandt werden, keine Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebewilligung erforderlich, wenn

  1. sie ordnungsgemäß zu einer Beschäftigung im Staat des Betriebssitzes über die Dauer der Entsendung nach Österreich hinaus zugelassen und beim entsendenden Unternehmen rechtmäßig beschäftigt sind und
  2. die österreichischen Lohn- und Arbeitsbedingungen gemäß § 7b Abs.1 Z1 bis 3 und Abs.2 des Arbeitsvertragsrecht-Anpassungsgesetzes (AVRAG), BGBl.Nr. 459/1993, sowie die sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen eingehalten werden.

 

Die zentrale Koordinationsstelle für die Kontrolle der illegalen Beschäftigung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz und dem Arbeitsvertragsrecht-Anpassungsgesetz des Bundesministeriums für Finanzen hat die Meldung über die Beschäftigung betriebsentsandter Ausländer gemäß § 7b Abs.3 und 4 AVRAG unverzüglich der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservices zu übermitteln. Die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservices hat binnen zwei Wochen ab Einlangen der Meldung dem Unternehmen und dem Auftraggeber, der die Arbeitsleistung in Anspruch nimmt, das Vorliegen der Voraussetzungen zu bestätigen (EU-Entsendebestätigung) oder bei Nichtvorliegen die Entsendung zu untersagen. Unbeschadet der Meldepflicht gemäß § 7b Abs.3 und 4 AVRAG darf die Beschäftigung bei Vorliegen der Voraussetzungen auch ohne EU-Entsendebestätigung begonnen werden.

 

Gemäß § 28 Abs.1 Z5 lit.a begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen, wer entgegen § 18 Abs.12 als Unternehmen mit Betriebssitz in einem anderen Mitgliedsstaat des Europäischen Wirtschaftsraumes einen Ausländer im Inland beschäftigt obwohl § 18 Abs.1 Z1 oder 2 nicht erfüllt ist und – im Fall der lit.b – auch keine EU-Entsendebestätigung ausgestellt wurde, und zwar bei unberechtigter Beschäftigung von höchstens drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 1.000 Euro bis 10.000 Euro, im Fall der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 2.000 Euro bis 20.000 Euro, bei unberechtigter Beschäftigung von mehr als drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 2.000 Euro bis 20.000 Euro, im Fall der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 4.000 Euro bis 50.000 Euro.

 

Weder aus der an den Bw gerichteten Aufforderung zur Rechtfertigung der belangten Behörde, noch aus dem Spruch des gegenständlichen Straferkenntnisses ist erkennbar, aufgrund welcher Tatbestandsmerkmale die belangte Behörde vom Vorliegen einer Übertretung der Bestimmungen des § 18 Abs.12 iVm § 28 Abs1 Z5 lit. a AuslBG ausgeht. Die Behörde wäre gehalten gewesen, alle die Tat betreffenden Sachverhaltselemente, nämlich auch dahingehend, inwieweit die Voraussetzungen des 18 Abs.12 Z 1 und 2 AuslBG zum Tatzeitpunkt nicht erfüllt waren, in den Spruch aufzunehmen. Aufgrund des eindeutigen Gesetzeswortlautes ist das Vorliegen einer EU-Entsendebestätigung bei Beginn der Beschäftigung nicht (mehr) erforderlich, sofern die gesetzlichen Vorraussetzung erfüllt sind. Aufgrund welcher Umstände das Nichtvorliegen  dieser Voraussetzungen angenommen wird, ist dem dem Bw vorgeworfenen Tatverhalten jedoch nicht zu entnehmen. Die dem Bw im Spruch zur Last gelegte mangelnde Unterlassung der Meldung der Entsendung bei der zentralen Koordinationsstelle des Bundesministeriums für Finanzen bildet hingegen keine Tatbestandsvoraussetzung für die gegenständliche Verwaltungsübertretung, sondern ist im Rahmen des Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz (AVRAG), BGBl. Nr. 459/1993 idgF zu beurteilen (vgl. § 7b Abs.9 AVRAG).

 

Gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

5. Da die Berufung Erfolg hatte, waren die Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat dem Bw gemäß § 65 VStG nicht aufzuerlegen. Aufgrund der Aufhebung der verhängten Strafe entfällt gemäß § 66 Abs.1 VStG auch die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Andrea Panny

 

 

 VwSen-252697/2/Py/Hu vom 30. März 2011

 

Erkenntnis

 

AuslBG §§ 18 Abs12;

VStG §44a

 

Im Sinne des § 44a VStG ist die Behörde gehalten, alle die Tat betreffenden Sachverhaltselemente, nämlich auch dahingehend, inwieweit die Voraussetzungen des § 18 Abs12 Z1 und 2 AuslBG zum Tatzeitpunkt nicht erfüllt waren, in den Spruch aufzunehmen.

Aufgrund des eindeutigen Gesetzeswortlautes ist das Vorliegen einer EU-Entsendebestätigung bei Beginn der Beschäftigung nicht (mehr) erforderlich, sofern die gesetzlichen Vorraussetzung erfüllt sind.

Die mangelnde Unterlassung der Meldung der Entsendung bei der zentralen Koordinationsstelle des Bundesministeriums für Finanzen bildet hingegen keine Tatbestandsvoraussetzung des § 18 Abs12 iVm § 28 Abs1 Z5 AuslBG, sondern ist im Rahmen des Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz (AVRAG), BGBl Nr 459/1993 idgF zu beurteilen (vgl §7b Abs9 AVRAG).

 

 

 

 

 

 

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