Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-252769/2/Gf/Mu

Linz, 04.04.2011

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Grof über die Berufung der x gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Steyr vom 11. März 2011, Zl. SV-14/10, wegen zwei Übertretungen des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird insoweit stattgegeben, als die Geldstrafe mit 730 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe mit 112 Stunden festgesetzt werden; im Übrigen wird diese hingegen abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

II. Der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde ermäßigt sich auf 73 Euro; für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat ist kein Kostenbeitrag zu leisten.

Rechtsgrundlage:

§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 64 Abs. 1 und 2 VStG; § 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Steyr vom 11. März 2011, Zl. SV-14/10, wurden über die Beschwerdeführerin zwei Geldstrafen in einer Höhe von jeweils 750 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: jeweils 146 Stunden; Verfahrenskostenbeitrag: jeweils 75 Euro) verhängt, weil sie es als handelsrechtliche Geschäftsführerin einer GmbH zu vertreten habe, dass diese am 11. Jänner 2010 in ihrem Betrieb zwei ausländische Staatsbürger als Dienstnehmer beschäftigt gehabt habe, ohne dass diese zur Sozialversicherung angemeldet gewesen seien. Dadurch habe sie jeweils eine Übertretung des § 33 Abs. 1 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes, BGBl.Nr. 189/1955 in der im gegenständlichen Fall maßgeblichen Fassung BGBl.Nr. I 111/2010 (im Folgenden: ASVG), begangen, weshalb sie in beiden Fällen nach § 111 Abs. 1 Z. 1 ASVG zu bestrafen gewesen sei.

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass dieses der Rechtsmittelwerberin angelastete deliktische Verhalten von Aufsichtsorganen des Finanzamtes Kirchdorf-Perg-Steyr während einer amtlichen Kontrolle festgestellt worden und daher als erwiesen anzusehen sei.

Im Zuge der Strafbemessung seien weder Milderungs- noch Erschwerungsgründe hervorgekommen; die von ihr angegebenen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse seien entsprechend berücksichtigt worden.

1.2. Gegen dieses ihr am 16. März 2011 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 28. März 2011 – und damit rechtzeitig – unmittelbar bei der belangten Behörde eingebrachte Berufung.

Darin bringt die Rechtsmittelwerberin vor, dass beide Dienstnehmer noch vor Weihnachten 2009 gekündigt worden seien. Nach dem Ende der Weihnachtsferien hätten sich beide Ausländer schon vor Arbeitsbeginn in der Werkstatt befunden und die Beschwerdeführerin inständig darum gebeten, in ihrem Betrieb wieder eingestellt zu werden. Darauf habe sie ihre Sekretärin angewiesen, die Versicherungsdaten an eine externe Lohnverrechnerin weiterzugeben, damit jene die Anmeldung beim Sozialversicherungsträger durchführen möge. Dazu sei es jedoch erst um 13.57 Uhr, also ca. 1/2 Stunde nach der Kontrolle, gekommen.

Außerdem sei die GmbH im Dezember 2010 in Konkurs gegangen, wobei die Rechtsmittelwerberin seit Herbst 2010 kein Gehalt mehr bezogen habe, weshalb sie gegenwärtig über keine Einkünfte verfüge.

Daher wird – erschließbar die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens, in eventu eine Herabsetzung der Strafhöhe beantragt.

2.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt des Magistrates der Stadt Steyr zu Zl. SV-14/10; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ und die Verfahrensparteien – weil im Berufungsverfahren lediglich Rechtsfragen zu klären waren – darauf verzichtet haben, konnte im Übrigen gemäß § 51e VStG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

2.2. Im Rahmen dieser Beweisaufnahme wurde folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt:

2.2.1. Am 11. Jänner 2010 haben Aufsichtsorgane des Finanzamtes Steyr einer um 13.20 Uhr durchgeführten Kontrolle des Betriebes der Beschwerdeführerin festgestellt, dass dort zwei Ausländer, die nicht zur Sozialversicherung angemeldete waren, Tischlertätigkeiten ausgeführt haben.

Eine entsprechende Anmeldung erfolgte erst um 13.57 Uhr dieses Tages.

2.2.2. Mit Schriftsatz vom 13. Jänner 2010, Zl. 051/12003/25/2010, hat das Finanzamt Kirchdorf-Perg-Steyr eine entsprechende Anzeige an den Bürgermeister von Steyr erstattet und in dieser die Bestrafung der Rechtsmittelwerberin begehrt.

2.2.3. Mit diesen Ermittlungsergebnissen konfrontiert hat die Beschwerdeführerin im Zuge ihrer persönlichen Einvernahme dagegen eingewendet, dass ihr Betrieb wegen Weihnachtsurlaubes bis einschließlich 10. Jänner 2010 geschlossen gewesen und die beiden Ausländer vorsorglich gekündigt worden seien; ihnen sei jedoch in Aussicht gestellt worden, am 11. Jänner 2011 wieder eingestellt zu werden. Da auch beide Dienstnehmer nach dem Ende des Betriebsurlaubes wieder zur Arbeit erschienen seien, habe die Rechtsmittelwerberin ihre externe Lohnverrechnerin angewiesen, bei der OöGKK anzumelden. Tatsächlich erfolgte diese Anmeldung jedoch nicht umgehend, sondern erst gegen Mittag dieses Tages.

2.2.4. In seiner Stellungnahme vom 4. März 2010, Zl. 051/12003/28/2010, hat sich das Finanzamt Kirchdorf-Perg-Steyr im Wesentlichen dahin geäußert, dass auch von der Beschwerdeführerin nicht bestritten werde, dass die Anmeldung erst nach Arbeitsbeginn erfolgt sei, weshalb ein entsprechender Verstoß gegen das ASVG vorliege, sodass der Strafantrag vom 13. Jänner 2010 weiter aufrecht erhalten werde.

 

2.3. Nach § 51c VStG hatte der Oö. Verwaltungssenat im gegenständlichen Fall – weil mit dem angefochtenen Straferkenntnis eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde – nicht durch eine Kammer, sondern durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

 

 

3. Über die vorliegende Beschwerde hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

 

3.1. Gemäß § 33 Abs. 1 ASVG haben die Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach dem ASVG in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden.

 

Nach § 35 Abs. 1 ASVG gilt als Dienstgeber i.S.d. des ASVG u.a. derjenige, für dessen Rechnung jener Betrieb geführt wird, in dem der Dienstnehmer in einem Beschäftigungsverhältnis steht, auch wenn der Dienstgeber den Dienstnehmer durch Mittelspersonen in Dienst genommen hat oder ihn ganz oder teilweise auf Leistungen Dritter an Stelle des Entgeltes verweist. Dies gilt entsprechend auch für die gemäß § 4 Abs. 1 Z 3 pflichtversicherten, nicht als Dienstnehmer beschäftigten Personen.

 

Als Dienstnehmer i.S.d. ASVG ist nach § 4 Abs. 2 leg.cit. anzusehen, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen.

 

Gemäß § 111 Abs. 1 Z. 1 ASVG handelt u.a. derjenige ordnungswidrig, der als Dienstgeber entgegen den Vorschriften des ASVG Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet. Eine solche Ordnungswidrigkeit ist nach § 111 Abs. 2 ASVG von der Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen, und zwar mit Geldstrafe von 730 € bis zu 2.180 €, im Wiederholungsfall von 2.180 € bis zu 5.000 €, bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen, sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist.

 

In diesem Zusammenhang ist gemäß § 539a Abs. 1 ASVG für die Beurteilung von Sachverhalten nach diesem Bundesgesetz in wirtschaftlicher Betrachtungsweise der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes (zB Werkvertrag, Dienstvertrag) maßgebend.

 

3.2. Im gegenständlichen Fall wird das Faktum, dass die beiden Dienstnehmer vor Arbeitsbeginn jeweils nicht zur Sozialversicherung angemeldet waren, auch von der Beschwerdeführerin selbst gar nicht bestritten.

 

Sie hat sohin tatbestandsmäßig und indem sie – davon ausgehend, dass sie im Zuge ihrer Einvernahme durch Organe des Finanzamtes Kirchdorf-Perg-Steyr am Kontrolltag auch eingestanden hat, dass ihr die Verpflichtung, Dienstnehmer bereits vor Arbeitsbeginn zur Sozialversicherung anmelden zu müssen, bekannt ist – dennoch nicht ausreichend dafür Sorge getragen hat, dass die beiden Ausländer erst nach tatsächlich erfolgter Anmeldung mit der Arbeit beginnen, zumindest fahrlässig und damit auch schuldhaft gehandelt.

Ihre Strafbarkeit ist daher gegeben.

 

3.3. Im Zuge der Strafbemessung ist jedoch zunächst darauf hinzuweisen, dass der Oö. Verwaltungssenat in ständiger Rechtsprechung auf dem Standpunkt steht, dass bei der Betretung mehrerer Arbeiter bloß eine einmalige (Gesamt‑)Strafe verhängt werden darf, wenn die Nichtmeldung objektiv besehen eine Einheit darstellt (ein und derselbe Kontrollzeitpunkt bzw. Tatzeitraum, derselbe Dienstgeber, gleichartige bzw. notwendig aufeinander abgestimmte Tätigkeiten), wobei die Beschäftigung mehrerer Arbeiter im Zuge der Strafbemessung als erschwerend berücksichtigt werden kann (vgl. z.B. VwSen-252287 vom 27. November 2009).

Diese Kriterien treffen im gegenständlichen Fall zu, wobei weiters zu berücksichtigen ist, dass sich die Einkommensverhältnisse der Beschwerdeführerin infolge des Konkurses ihrer GmbH massiv verschlechtert haben (keine Entlohnung seit Herbst 2010, kein Privatvermögen).

Davon ausgehend findet es der Oö. Verwaltungssenat mit Blick darauf, dass die Anmeldung hier noch während der Kontrolle erfolgte, als in gleicher Weise tat- und schuldangemessen, bloß die Mindeststrafe zu verhängen.  

3.4. Der vorliegenden Berufung war daher gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG insoweit stattzugeben, als die Geldstrafe auf 730 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 112 Stunden herabgesetzt wird; im Übrigen war diese hingegen abzuweisen und das angefochtene Straferkenntnis zu bestätigen.

4. Bei diesem Verfahrensergebnis ermäßigt sich der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde nach § 64 Abs. 1 und 2 AVG auf 73 Euro; für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat war der Berufungs­werberin hingegen gemäß § 65 VStG kein Kostenbeitrag vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

Dr.  G r o f

 

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