Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-301013/3/Gf/Mu

Linz, 31.03.2011

 

 

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Grof über die Berufung des x, vertreten durch RAe x, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Gmunden vom 22. Februar 2011, Zl. Pol96-151-2010, wegen zwei Übertretungen des Tierschutzgesetzes zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird insoweit stattgegeben, als

 

a) die zu Spruchpunkt 1. verhängte Geldstrafe auf 500 Euro herabgesetzt und

 

b) Spruchpunkt 2. des angefochtenen Straferkenntnisses aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren insoweit eingestellt wird;

 

im Übrigen wird diese hingegen abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

II. Der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde ermäßigt sich auf 50 Euro; für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat hat der Berufungswerber keinen Kostenbeitrag zu leisten.

Rechtsgrundlage:

§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 64 Abs. 1 und 2 VStG; § 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

 

 

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Gmunden vom 22. Februar 2011, Zl. Pol96-151-2010, wurden über den Beschwerdeführer zwei Geldstrafen in einer Höhe von jeweils 750 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: jeweils 36 Stunden; Verfahrenskostenbeitrag: insgesamt 150 Euro) verhängt, weil er am 1. Juni 2010 einerseits drei Schweine im Anlieferungsbereich eines Schlachthauses mindestens 12 Stunden eingesperrt und diese Tiere andererseits während dieses Zeitraumes ohne Futter gelassen habe, wodurch ihnen jeweils unnötige Schmerzen und Leiden zugefügt worden seien. Dadurch habe er zum einen eine Übertretung des § 32 Abs. 6 des Tierschutzgesetzes, BGBl.Nr. I 118/2004, in der hier maßgeblichen Fassung BGBl.Nr. I 35/2008 (im Folgenden: TierSchG), i.V.m. § 5 Z. 1 Anh. A I. Teil Pkt. 6 der Tierschutz-Schlachtverordnung, BGBl.Nr. II 488/2004, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. II 31/2006 (im Folgenden: TierSchlV), und zum anderen eine Übertretung des § 32 Abs. 6 TierSchG i.V.m. § 5 Z. 1 Anh. A II. Teil Pkt. 10 TierSchlV begangen, weshalb er jeweils nach § 38 Abs. 3 TierSchG zu bestrafen gewesen sei.

 

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass der dem Rechtsmittelwerber angelastete Sachverhalt auf Grund entsprechender Wahrnehmungen eines Zeugen sowie eines Tierarztes im Rahmen der Schlachttieruntersuchung festgestellt worden und daher als erwiesen anzusehen sei.

 

Im Zuge der Strafbemessung sei eine einschlägige Vormerkung als erschwerend zu werten gewesen, während Milderungsgründe nicht hervorgekommen seien; seine Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse seien mangels entsprechender Mitwirkung von Amts wegen zu schätzen gewesen.

 

1.2. Gegen dieses ihm am 23. Februar 2011 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 8. März 2011 – und damit rechtzeitig – zur Post gegebene Berufung.

 

Darin bringt der Rechtsmittelwerber vor, dass die Tiere entgegen der von der belangten Behörde herangezogenen Indizien nicht bereits um 18.00 Uhr, sondern erst um 19.00 Uhr im Schlachtbetrieb angeliefert worden seien und somit der Zwölf-Stunden-Zeitraum nicht überschritten worden sei. Außerdem treffe nicht ihn, sondern den Transporteur die Verantwortung dafür, dass die Tiere über einen derart langen Zeitraum eingesperrt und nicht mit Futter versorgt wurden.

 

Daher wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Strafverfahrens beantragt.

2.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der Bezirkshauptmannschaft Gmunden zu Zl. Pol96-151-2010; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ, konnte im Übrigen gemäß § 51e VStG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

2.2. Nach § 51c VStG hatte der Oö. Verwaltungssenat im gegenständlichen Fall – weil hier eine den Betrag von 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde – nicht durch eine Kammer, sondern durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

3. Über die vorliegende Berufung hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

3.1. Gemäß § 38 Abs. 3 TierSchG begeht u.a. derjenige, der gegen eine auf § 32 TierSchG gegründete Verordnung verstößt, eine Verwaltungsübertretung und ist hierfür mit einer Geldstrafe bis zu 3.750 Euro, im Wiederholungsfall mit einer Geldstrafe bis zu 7.500 Euro zu bestrafen.

 

Nach § 32 Abs. 6 TierSchG hat der Bundesminister für Gesundheit, Familie und Jugend durch Verordnung nähere Vorschriften über das Töten oder Schlachten von Tieren zu erlassen und dabei insbesondere Regelungen über die Anforderungen an Schlachthöfe (Z. 1) sowie das Verbringen und Unterbringen von Tieren in Schlachthöfen (Z. 2) zu treffen.

 

Gemäß § 5 Abs. 1 Z. 1 der nach ihrer Präambel explizit auf § 32 Abs. 6 TierSchG gegründeten TierSchlV i.V.m. Anhang A I. Teil Punkt 6 TierSchlV sind u.a. Schweine, die zur Schlachtung in Schlachthöfe gebracht werden und während des Transportes bzw. nach ihrer Ankunft im Schlachthof leiden oder Schmerzen erdulden mussten, unverzüglich, längstens jedoch binnen zwei Stunden zu schlachten.

 

Nach § 5 Abs. 1 Z. 1 TierSchlV i.V.m. Anhang A II. Teil Punkt 10 TierSchlV sind Tiere, die nicht in Transportbehältern angeliefert und nicht binnen zwölf Stunden nach ihrer Anlieferung geschlachtet wurden, zu füttern und dann mindestens einmal täglich weiter mit Futter zu versorgen.

 

Aus diesem Zusammenhang zwischen § 38 Abs. 3 TierSchG, § 32 Abs. 6 TierSchG und § 5 TierSchlV samt Anhang hierzu ergibt sich, dass Adressat der vorstehenden Strafbestimmungen und damit verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher der Betreiber (und allenfalls das angestellte Personal) eines Schlachthofes ist; besonders deutlich kommt dies in den in § 2 TierSchlV normierten Begriffsbestimmungen zum Ausdruck.

 

3.3. Im gegenständlichen Fall hat der Beschwerdeführer zwar seine Verantwortlichkeit nicht in Abrede gestellt, allerdings bestritten, dass die Tiere zwölf Stunden lang eingesperrt und während dieser Zeit nicht mit Futter versorgt waren.

 

3.3.1. In diesem Zusammenhang ergibt sich aus dem von der belangten Behörde vorgelegten Akt, dass der Transporteur ursprünglich angegeben hat, am 1. Juni 2010 "ca. um 16.00 Uhr" (vgl. den Aktenvermerk der BH Gmunden vom 9. September 2010, Zl. Pol96-151-2010) bzw. in der Folge an diesem Tag "ca. um 19 Uhr" (vgl. sein dementsprechendes e-mail vom 12. September 2010) drei Schweine im Schlachtbetrieb des Rechtsmittelwerbers angeliefert zu haben, von denen eines an einem Organaustritt (Scheiden- und Mastdarmprolaps) erkrankt war.

 

Da es sich hierbei jeweils nicht um eine unter Wahrheitspflicht abgelegte Zeugenaussage handelt, konnte die belangte Behörde mangels sonstiger stichhaltiger Belege mit der für ein Verwaltungsstrafverfahren erforderlichen Sicherheit sohin weder davon ausgehen, dass die Anlieferung schon vor 19.00 Uhr erfolgte, noch davon, dass diese zumindest um 19.00 Uhr – und nicht später – vorgenommen wurde.

 

Andererseits ergibt sich aus den entsprechenden Protokollen der Österreichischen Fleischkontrolle GmbH, dass die Körper der beiden gesunden Schweine nach ihrer Schlachtung am 2. Juni 2010 um 8.45 Uhr bzw. um 8.50 Uhr gewogen wurden. Die Auskunft des Landesverbandes für Leistungsprüfung und Qualitätssicherung in Oberösterreich dahin, dass dieser Vorgang "ca. 35 bis 40 Minuten nach der eigentlichen Schlachtung geschieht" (vgl. den entsprechenden Aktenvermerk der belangten Behörde vom 9. November 2010, Zl. Pol96-151-2010), stellt aber offensichtlich bloß einen durchschnittlichen Richtwert dar. In gleicher Weise war es sohin nicht zulässig, mit der für ein Verwaltungsstrafverfahren erforderlichen Sicherheit davon auszugehen, dass die Schlachtung dieser beiden Tiere erst wenige Minuten nach 8.00 Uhr erfolgte.

 

Da sich deren von der belangten Behörde angenommenes fütterungsloses  Versperrthalten über mehr als zwölf Stunden, nämlich von 19.00 Uhr des Vortages bis um 8.00 Uhr des Schlachttages, nicht auf konkrete Beweise, sondern lediglich auf vage Indizien, nämlich nicht näher verifizierte bzw. verifizierbare Zirkaangaben und allgemeine Erfahrungswerte, gründet, war im Ergebnis gemäß Art. 7 Abs. 2 EMRK im Zweifel zugunsten des Beschwerdeführers davon auszugehen, dass sich der ihm angelastete Tatbestand des § 38 Abs. 3 TierSchG i.V.m. § 5 Abs. 1 Z. 1 TierSchlV und i.V.m. Anhang A II. Teil Punkt 10 TierSchlV nicht erweisen lässt.

 

3.3.2.1. Dem gegenüber wird auch vom Rechtsmittelwerber selbst nicht in Abrede gestellt, dass das offensichtlich erkrankte Tier nicht i.S.d. § 5 Abs. 1 Z. 1 TierSchlV i.V.m. Anhang A I. Teil Punkt 6 TierSchlV unverzüglich bzw. längstens binnen zwei Stunden nach seiner Anlieferung geschlachtet wurde.

 

3.3.2.2. Auf der Ebene des Verschuldens wendet er jedoch in diesem Zusammenhang ein, dass sich der Transporteur vor der Abgabe des Tieres hätte vergewissern müssen, ob dessen unverzügliche Schlachtung überhaupt möglich ist, zumal diesem hätte bekannt sein müssen, dass im Betrieb des Beschwerdeführers kein Bereitschaftsdienst eingerichtet sei.

 

Selbst wenn den Transporteur tatsächlich eine strafrechtliche Verantwortung treffen sollte, vermag dies die davon unabhängige und eigenständige Haftung des Rechtsmittelwerbers nicht auszuschließen. Denn er hätte zumindest eine entsprechende Vorsorge dafür treffen müssen, dass außerhalb der Betriebszeit seines Schlachthofes Tiere, hinsichtlich derer eine unverzügliche Schlachtung erforderlich ist, faktisch nicht angeliefert werden können. Indem er derartige Vorkehrungen jedoch offensichtlich unterlassen hat, hat er jedenfalls fahrlässig und damit auch schuldhaft gehandelt.

 

Seine Strafbarkeit ist daher insoweit gegeben.

 

3.3.2.3. Wenn die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides im Zuge der Strafbemessung ohne weitere Hinweise ausführt, dass der Beschwerdeführer "bereits wegen eines einschlägigen Delikts verwaltungsstrafrechtlich bestraft" worden sei und sich diesbezüglich auch keinerlei Belege in dem von ihr vorgelegten Akt finden, sodass erst recht nicht beurteilt werden kann, ob sich die einschlägige Vormerkung auf eine Übertretung des § 5 Z. 1 Anh. A I. Teil Pkt. 6 TierSchlV oder des § 5 Z. 1 Anh. A II. Teil Pkt. 10 TierSchlV bezieht, kann im Ergebnis nicht von einer Wiederholungstat i.S.d. § 38 Abs. 3 TierSchG ausgegangen werden; vielmehr war sohin lediglich ein bis zu 3.750 Euro reichender Strafrahmen zu Grunde zu legen.

 

Mit Blick auf die von der belangten Behörde angenommenen und vom Rechtsmittelwerber selbst auch nicht bestrittenen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse (monatliches Nettoeinkommen in Höhe von 1.700 Euro; Sorgepflicht für drei Kinder) findet es der Oö. Verwaltungssenat daher in gleicher Weise als tat- und schuldangemessen, die Geldstrafe mit 500 Euro festzusetzen.

 

3.4. Der gegenständlichen Berufung war daher gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG insoweit stattzugeben; im Übrigen war diese hingegen abzuweisen und das bekämpfte Straferkenntnis zu bestätigen.

4. Bei diesem Verfahrensergebnis ermäßigt sich der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde gemäß § 64 Abs. 1 und 2 VStG auf 50 Euro; für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat war dem Berufungswerber hingegen nach § 65 VStG kein Kostenbeitrag vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Dr.  G r o f

 

 

VwSen-301013/3/Gf/Mu vom 31. März 2011

Erkenntnis

 

TierSchG § 32 Abs6;

TierSchG § 36 Abs3;

TierSchlV § 2;

TierSchlV § 5

 

Aus dem Zusammenhang zwischen § 38 Abs3 TierSchG, § 32 Abs6 TierSchG und § 5 TierSchlV samt Anhang hierzu ergibt sich, dass Adressat der vorstehenden Strafbestimmungen und damit verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher der Betreiber (und allenfalls das angestellte Personal) eines Schlachthofes ist; besonders deutlich wird dies zudem in den in § 2 TierSchlV normierten Begriffsbestimmungen.

 

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