Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-401106/5/BMa/Kr

Linz, 06.04.2011

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Mag. Gerda Bergmayr-Mann über die Beschwerde des X, geb. X, russischer Staatsangehöriger, vertreten durch Mag. X, pA. Asyl in Not, X, X, wegen Schubhaftverhängung und Anhaltung in Schubhaft durch den Polizeidirektor der Bundespolizeidirektion Linz zu Recht erkannt:

 

 

Die Beschwerde des X gegen den Bescheid des Polizeidirektors der Bundespolizeidirektion Linz vom 10. März 2011, AZ: 1070216/FRB, wird als unbegründet abgewiesen.

 

Gleichzeitig wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich die Voraussetzungen für die Aufrechterhaltung der Schubhaft vorliegen.

 

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Verfahrenspartei: Polizeidirektor der Bundespolizeidirektion Linz) Kosten in Höhe von 450,20 Euro (57,40 Euro Vorlageaufwand, 368,80 Euro Schriftsatzaufwand und 24 Euro Eingebegebühr) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Rechtsgrundlagen:

§§ 82 und 83 Fremdenpolizeigesetz 2005 – FPG (BGBl. I Nr. 100/2005 zuletzt geändert mit BGBl. I Nr. 135/2009) iVm. §§ 67c bis 67g und 79a Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz – AVG, BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 135/2009 und UVS-Aufwandersatz-verordnung (BGBl. II Nr. 456/2008)

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Bescheid des Polizeidirektors der Bundespolizeidirektion Linz vom 10.03.2011, AZ: 1070216/FRB, wurde über X (im Folgenden: Bf), geb. X, Staatsangehöriger von Russland, gemäß § 76 Abs.1 FPG die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung verhängt und durch Überstellung in das PAZ Linz vollzogen. In der Folge wurde der Bf vom PAZ Linz in das PAZ Wien-Hernals überstellt.

 

1.2. Begründend wurde dazu nach Darlegung der relevanten Gesetzesbestimmungen und des Sachverhalts ausgeführt, der Bf sei seit 16. Februar 2011 nicht mehr gemeldet und lebe offensichtlich als "U-Boot" in Österreich. Er sei in Österreich weder sozial noch in sonstiger Weise integriert. Vielmehr sei er bereits zweimal wegen Eigentumsdelikten gerichtlich verurteilt worden. Eine soziale Verankerung in Österreich könne allein schon aus diesem Grund nicht als gegeben angesehen werden.

 

Zwar würden Verwandte in Wien leben, dennoch könne die tägliche Meldepflicht im Rahmen eines gelinderen Mittels nicht angeordnet werden, da dies nicht sicher genug erscheine, dass sich der Bf auch tatsächlich zu seiner beabsichtigten Abschiebung zur Verfügung halten werde.

 

1.3. Mit Eingabe vom 1. April 2011 (eingelangt beim Verwaltungssenat am selben Tag) brachte der Beschwerdeführer, vertreten durch Mag. X, pA. Asyl in Not, eine Schubhaftbeschwerde ein und beantragte die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Anhaltung des Bf, in eventu die Feststellung, dass die Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft nicht vorliegen würden.

 

1.4. Die Beschwerde bringt im Wesentlichen vor, der Bf habe das Erkenntnis im Asylverfahren zur Kenntnis genommen und habe sich nach Wien begeben wollen, wo sich sein Cousin befinde, damit dieser ihm bei der Ergreifung eines Rechtsmittels behilflich sei. Jedermann stehe in einem Rechtsstaat die Möglichkeit zu, auf ein behördliches Schriftstück zu reagieren. Er beabsichtige jeden rechtlich möglichen Weg zu gehen, um seinen Aufenthalt in Österreich legalisieren zu können.

 

Es werde darauf hingewiesen, dass nach seiner Haftentlassung am 21. Februar 2011 die zuständige Fremdenpolizeibehörde es nicht für erforderlich erachtet habe, ihn in Schubhaft zu nehmen, obwohl zu diesem Zeitpunkt bereits bekannt gewesen sei, dass sein Verfahren durch den Asylgerichtshof negativ entschieden worden sei.

 

Die Verhängung der Schubhaft sei nach dem ultima-ratio-Prinzip zu handhaben. Der Bf sei nicht vor Erhalt seiner negativen Entscheidung im Asylverfahren untergetaucht, er sei aber gegen seinen Willen nicht mehr in der Pension, in der er gewohnt habe, aufgenommen worden.

Es bestehe sehr wohl eine soziale Verankerung in Österreich, da sich zahlreiche Verwandte in Österreich aufhalten würden. Dazu würden auch seine Cousine X zählen, die eine Verpflichtungserklärung für ihn abgegeben habe und im Fall seiner Haftentlassung für seinen Unterhalt aufkommen werde. Weitere Cousins des Bf würden sich auch in Wien befinden, die Asylwerber, subsidiär Schutzberechtigte bzw. anerkannte Flüchtlinge seien. Es sei keine hinreichende Verhältnismäßigkeitsprüfung bei der Schubhaftverhängung durchgeführt worden. Es hätte mit gelinderen Mittel gemäß § 77 FPG das Auslangen gefunden werden können. Zum Beispiel hätte ihm aufgetragen werden können, sich gemäß § 77 Abs.3 FPG in periodischen Abständen beim Polizeikommando zu melden oder an einer bestimmten Adresse Unterkunft zu beziehen.

 

So habe er eine Wohnmöglichkeit bei seiner Verwandten. Die UNHCR-Richtlinie vom Februar 1999 über anwendbare Kriterien und Standards betreffend die Haft von Asylsuchenden, wonach alle möglichen Alternativen vor Haftverhängung ausgeschöpft werden müssen, seien nicht beachtet worden.

 

Der Beschwerde angeschlossen ist eine Kopie der Verpflichtungserklärung der X vom 30.03.2011, eine Kopie ihres Reisepasses und die Erklärung, Mag. X zu bevollmächtigen.

 

2. Der erkennende Verwaltungssenat hat unter Berücksichtigung der Beschwerde auf Grundlage der vorgelegten Verwaltungsakten festgestellt, dass bereits aus der Aktenlage iVm der eingebrachten Beschwerde der entscheidungswesentliche Sachverhalt hinreichend geklärt erscheint, weshalb von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden konnte.

 

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

3.1. Folgender rechtlich relevante Sachverhalt wird festgestellt:

 

Der Bf ist am 24. Jänner 2006 illegal nach Österreich eingereist und hat am
25. Jänner 2006 einen Asylantrag gestellt. Im Jahr 2009 wurde das Asylverfahren zweimal gemäß § 24 Asylgesetz 2005 (wegen ungerechtfertigen Entfernens aus der Erstaufnahmestelle) eingestellt. Der erwähnte Asylantrag wurde mit Bescheid des Asylgerichtshofs vom 17.02.2011, Zl.: D3314355-1/2008/22E (in Rechtskraft erwachsen am 21.02.2011), negativ entschieden.

 

Ebenfalls am 21.02.2011 erwuchs die im selben Bescheid ausgesprochene Ausweisung des Bf in II. Instanz in Rechtskraft.

Dass ein außerordentliches Rechtsmittel dagegen erhoben worden wäre, ist weder aus dem Akt ersichtlich, noch hat die Beschwerde dies behauptet.

 

Auch am 21. 02.2011 wurde der Bf nach einer einwöchigen Verbüßung einer Freiheitsstrafe aus der Haft entlassen. Er hatte keine Unterkunft mehr, weil er keinen Anspruch auf Bundesbetreuung mehr hatte, war doch sein Asylverfahren rechtskräftig negativ erledigt worden. Danach war er unsteten Aufenthalts.

 

Gleichzeitig mit Zustellung des Erkenntnisses des Asylgerichtshofs am 21. Februar 2011, wurde dem Bf ein Ladungsbescheid der Bezirkshauptmannschaft Zell am See vom 21.02.2011, Zl.: 6/353-58/1/1-2007, eigenhändig zugestellt. Die im Akt befindliche Kopie des Ladungsbescheides enthält die Unterschrift des Bf ebenso wie der Zustellschein, der die Zustellung des asylgerichtlichen Erkenntnisses dokumentiert. Gemäß diesem Ladungsbescheid hätte sich der Bf am 28. Februar 2011 um 09.30 Uhr bei der Bezirkshauptmannschaft Zell am See einzufinden gehabt, zur Bearbeitung des Themas: "Rechtskräftig abgeschlossenes Asylverfahren, Durchsetzung der rechtskräftigen Ausweisung."

 

Am 28. Februar 2011 erging ein Festnahmeauftrag gemäß § 74 Abs.2 Z.1 und 2 FPG 2005 vom Bezirkshauptmann von Zell am See, weil der Bf dem vorgenannten Ladungsbescheid nicht Folge geleistet hat und seiner Verpflichtung zur Ausreise nicht nachgekommen ist. Gemäß dem polizeilichen Bericht vom 28. Februar 2011, GZ: E1/4001/2011, wurde der Bf an seiner ehemaligen Adresse nicht angetroffen und sein Aufenthaltsort war damals unbekannt.

 

Anlässlich einer fremdenpolizeilichen Kontrolle am 09.03.2011 wurde in einem Reisezug Richtung Wien der Festnahmeauftrag vollzogen und am 10.03.2011 die Schubhaft gemäß § 76 Abs.1 FPG 2005 angeordnet. Nach seinen eigenen Angaben wollte der Bf seine in Wien lebenden Cousins besuchen. Die Vorlage des Antrags auf Ausstellung eines russischen Heimreisezertifikats lehnte er ab, indem er angab, dass er diesen Antrag weder ausfülle noch unterschreibe, das interessiere ihn nicht.

Gemäß einer Meldung des Landespolizeikommandos für Wien vom 14. März 2011, GZ: E1/91157/2011, hat der Bf bei einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes der oa. Polizeiinspektion einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt.

Mit Verfahrensanordnung gemäß § 29 Abs.3 Asylgesetz 2005 wurde dem Bf am 17.03.2011 mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, seinen Antrag auf internationalen Schutz zurückzuweisen (§§ 4, 5 Asylgesetz und § 68 Abs.1 AVG)
(§ 29 Abs.3 Z.4 Asylgesetz 2005). Diese Mitteilung gemäß § 29 Abs.3 Asylgesetz 2005 gilt auch als eingeleitetes Ausweisungsverfahren. In einem Aktenvermerk vom 21.03.2011 wurde festgehalten, dass auf Grund des eingebrachten Asylantrages die Schubhaft nunmehr als gemäß § 76 Abs.2 Z.2 FPG verhängt gilt. In seiner niederschriftlichen Einvernahme am 23.03.2011 gab der Bf an, er habe bereits versucht, das Asylverfahren einstellen zu lassen und er würde nach Hause reisen wollen. Er hoffe aber dennoch, dass sein 2. Asylantrag positiv entschieden werde.

Nach einer fremdenpolizeilichen Information des Bundesasylamtes vom 29.03.2011, Zl.: 11 02.432 EAST Ost, wurde der Bescheid des Bundesasylamtes gemäß § 68 AVG am selben Tag erlassen. Dieser Bescheid sei durchsetzbar. Die Beantragung des Heimreisezertifikats wurde daraufhin fortgesetzt (Mail der BPD Linz an das BM.I vom 31. März 2011).

 

Aus dem vorgelegten Akt ist ersichtlich, dass der Bf in Österreich bereits zweimal rechtskräftig wegen Eigentumsdelikten (§§ 15, 127 StGB – versuchter Diebstahl) rechtskräftig verurteilt wurde. Nach seinen eigenen Angaben im Asylverfahren vom 22.03.2011 ist er in Österreich bis dato keiner legalen Beschäftigung nachgegangen und hat er großteils von Leistungen aus der Grundversorgung gelebt. Er wurde aber auch von seinen Cousins unterstützt. Er gab an, ledig zu sein und keine Sorgepflichten zu haben, jedoch familiäre Bindungen zu seinen Cousins in Österreich. Aus dem Akt ergibt sich weiters, dass er telefonischen Kontakt mit seinen Verwandten in Tschetschenien hatte. Aus dem DGA zu Asylverfahren EDV 06 01.197, Seite 6 und Seite 9 geht hervor, dass das Asylverfahren des Bf vom Asylgerichtshof bereits zweimal im Jahr 2009 gemäß § 24 Asylgesetz 2005 eingestellt wurde. Das Verfahren wurde jedoch jeweils wieder aufgenommen.

 

Anlässlich der Erhebung der Schubhaftbeschwerde wurde eine Verpflichtungserklärung seiner Cousine X vom 30.03.2011 vorgelegt, wonach diese ihm Unterkunft und Verpflegung sowie allfällige notwendige sonstige alltägliche Aufwendungen gewähren würde.

 

3.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat in rechtlicher Hinsicht erwogen:

 

3.2.1. Gemäß § 82 Abs 1 FPG hat der Fremde das Recht, mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung den unabhängigen Verwaltungssenat anzurufen,

wenn er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist;

wenn er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz oder das Asylgesetz 2005 angehalten wird oder wurde oder

wenn gegen ihn die Schubhaft angeordnet wurde.

 

Gemäß § 83 Abs 1 FPG idF BGBl I Nr. 122/2009 ist zur Entscheidung über eine Beschwerde gemäß § 82 Abs 1 Z 2 oder 3 der Unabhängige Verwaltungssenat zuständig, in dessen Sprengel die Behörde ihren Sitz hat, welche die Anhaltung oder die Schubhaft angeordnet hat. In den Fällen des § 82 Abs 1 Z 1 richtet sich die Zuständigkeit nach dem Ort der Festnahme.

 

Nach § 83 Abs 2 FPG gelten die §§ 67c bis 67g sowie 79a AVG mit der Maßgabe, dass

eine mündliche Verhandlung unterbleiben kann, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint, und

die Entscheidung des unabhängigen Verwaltungssenates über die Fortsetzung der Schubhaft binnen einer Woche zu ergehen hat, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet.

 

Gemäß § 83 Abs 4 FPG hat der Unabhängige Verwaltungssenat, sofern die Anhaltung noch andauert, jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im Übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden.

 

3.2.2. Im vorliegenden Fall hat der Polizeidirektor der Bundespolizeidirektion Linz den Schubhaftbescheid erlassen und die Schubhaft angeordnet. Der Oö. Verwaltungssenat ist daher örtlich zuständig.

 

Der Bf wurde am 10. März 2011 in Schubhaft genommen und wird seit diesem Zeitpunkt zuerst im PAZ Linz und dann im PAZ Wien-Hernals angehalten. Die Beschwerde gegen die Schubhaft ist damit zulässig.

 

3.2.3. Gemäß § 76 Abs 1 FPG können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern. Über Fremde, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, darf Schubhaft nur verhängt werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, sie würden sich dem Verfahren entziehen.

 

Gemäß 76 Abs.2 FPG kann die örtlich zuständige Fremdenpolizeibehörde über einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 Asylgesetz 2005 oder zur Sicherung der Abschiebung anordnen, wenn unter anderem gemäß Ziffer 2 gegen ihn nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 ein Ausweisungsverfahren eingeleitet wurde.

 

Nach § 76 Abs 3 FPG ist die Schubhaft mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft.

 

Die Behörde kann gem. § 77 Abs.1 FPG von der Anordnung der Schubhaft Abstand nehmen, wenn sie Grund zur Annahme hat, dass deren Zweck durch Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden kann.

 

Nach Abs. 3 leg.cit. kommt als gelinderes Mittel insbesondere die Anordnung in Betracht, in von der Behörde bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen oder sich in periodischen Abständen bei dem dem Fremden bekannt gegebenen Polizeikommando zu melden.

 

Gemäß § 80 Abs 1 FPG ist die Behörde verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Sie darf gemäß § 80 Abs 2 FPG nur so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann. Mit Ausnahme der Fälle des § 80 Abs 3 und 4 FPG darf die Schubhaft nicht länger als 2 Monate dauern.

 

3.2.4 Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Russland und daher Fremder im Sinne des § 76 Abs.1 FPG. Nach rechtskräftigem Abschluss seines Asylverfahrens und der rechtskräftigen Ausweisung war er nicht mehr zum Aufenthalt in Österreich berechtigt. Die belangte Behörde hat damit zunächst zu Recht die Schubhaft auf der Grundlage des § 76 Abs.1 FPG verhängt.

 

Der Beschwerdeführer hat im Stande der Schubhaft einen Folgeantrag gestellt und die Schubhaft wurde ebenfalls zu Recht gemäß § 76 Abs.2 Z.2 FPG weitergeführt.

 

Das zweite Asylverfahren des Bf wurde ebenfalls negativ abgeschlossen und die Ausweisung ist durchsetzbar, sodass sich der Beschwerdeführer nunmehr wieder unrechtmäßig in Österreich aufhält.

Die Schubhaft wird wieder auf der Grundlage des § 76 Abs. 1 FPG fortgesetzt.

 

3.2.5. Aus den obigen Feststellungen ist ersichtlich, dass der Beschwerdeführer behördliche Anordnungen im Rahmen seines Asylverfahrens aber auch im Verfahren zur Durchsetzung der rechtskräftigen Ausweisung nicht befolgt. Hervorzuheben ist das zweimalige ungerechtfertigte Entfernen aus der Erstaufnahmestelle, sein unsteter Aufenthalt und die Missachtung des Ladungsbescheids.

 

3.2.6. Die belangte Behörde hat auf Grund des Verhaltens des Bf zu Recht bei der Verhängung der Schubhaft Fluchtgefahr angenommen und die Verhängung der Schubhaft ist zu Recht erfolgt. Durch sein Verhalten hat der Bf dargelegt, dass es ihm darum geht, in Österreich zu bleiben, und er hat es auch in Kauf genommen, einen Ladungsbescheid nicht zu befolgen und in die Anonymität abzutauchen.

Dieses Verhalten wird durch die Aussage des Bf in der Vernehmung vom 10.03.2011 noch gestützt, wonach er angegeben hatte, dass er den Antrag zur Ausstellung eines russischen Heimreisezertifikats weder ausfüllen würde, noch unterschreibe. Die Aussage vom 23.03.2011, wonach er angegeben hatte, er habe bereits versucht, das Asylverfahren einstellen zu lassen und er würde nach Hause reisen wollen, hoffe aber dennoch, dass der 2. Asylantrag positiv entschieden werde, ist in sich widersprüchlich und widerspricht seinen bisherigen Angaben und seinem Gesamtverhalten. Diese Angabe wird daher als Schutzbehauptung gewertet.

 

Fluchtgefahr besteht auch weiterhin, ist der Bf doch mittellos, geht keiner Beschäftigung nach und ist nur auf Grund seines Kontaktes zu seinen Cousins in Wien in Österreich sozial integriert.

 

3.2.7. Die belangte Behörde konnte auch nicht gemäß § 77 Abs.1 FPG von der Anordnung der Schubhaft Abstand nehmen, weil bei einem obdachlosen Beschwerdeführer ein gelinderes Mittel, wie in bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen, nicht anwendbar war. Zur Prüfung des Sicherungserfordernisses ist auf alle Umstände des konkreten Falls Bedacht zu nehmen, um die Befürchtung, es besteht das Risiko des Untertauchens, als schlüssig anzunehmen (VwGH 2006/21/0027).

 

Dieses Sicherungsbedürfnis besteht auch zum Zeitpunkt der Entscheidung des Oö. Verwaltungssenates. Gerade das Wissen, dass sein Asylverfahren in Österreich rechtskräftig negativ abgeschlossen wurde, er keiner Beschäftigung in Österreich nachgehen kann und die Behörde bereits ein Heimreisezertifikat für ihn beantragt hat, begründen im konkreten Fall ein hohes Maß an Sicherungsbedürfnis. Dies auch deshalb, weil der Beschwerdeführer gerade im Wissen, der Durchsetzung der rechtskräftigen Ausweisung sich nicht bei der zur Verfahrensführung zuständigen Behörde, der Bezirkshauptmannschaft Zell am See, zu dem Zeitpunkt, zu dem er vorgeladen war, eingefunden hat, sondern in die Anonymität abgetaucht ist. Die Verpflichtungserklärung der Cousine vermag daran nichts zu ändern, ist doch anzunehmen, dass der Bf in Freiheit befindlich wieder in die Anonymität abtauchen wird. So hat er sich, als er keine Unterkunft mehr hatte, auch nicht unverzüglich zu seiner Cousine begeben, um bei ihr zu wohnen, sondern war für einige Tage unauffindbar, bis er aufgrund eines Haftbefehls in Schubhaft genommen wurde.

 

3.2.8. Die Verhängung und Aufrechterhaltung der Schubhaft ist auch verhältnismäßig, weil das Ziel der Schubhaft, das Verfahren zur Abschiebung nach Russland, mit gelinderen Mitteln, etwa einer regelmäßigen Meldung bei den Behörden nicht erreicht werden kann, hat der Bf doch bereits in der Vergangenheit durch sein Verhalten gezeigt, dass er behördliche Anordnungen zu bestimmten Zeiten bei der Behörde zu erscheinen, missachtet. Auch ist das Interesse an einem geregelten Fremdenwesen in Österreich und in europäischen Staaten höher zu bewerten, als der Wunsch des Beschwerdeführers, nicht nach Russland verbracht zu werden.

 

3.2.9. Weil sofort nach Inschubhaftnahme die Erlangung eines Heimreisezertifikates für den Bf betrieben wurde, und dies nach Erlassung des
§ 68 AVG-Bescheids des Bundesasylamtes EAST Ost am 29.03.2011 bereits am 31.03.2011 fortgesetzt wurde, hat die belangte Behörde auch unverzüglich alle nötigen Schritte gesetzt, um die Schubhaft so kurz wie möglich zu halten. Die Anhaltung des Beschwerdeführers erfolgte innerhalb des zeitlichen Rahmens des § 80 FPG. Es ist auch nicht ersichtlich, dass das Ziel der Schubhaft nicht realisierbar ist, daher ist deren weitere Aufrechterhaltung zum gegenwärtigen Zeitpunkt zulässig.

 

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

 

4. Gemäß § 79a AVG iVm. § 83 Abs.2 FPG hat die im Verfahren nach § 67c AVG obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Wird die Beschwerde zurückgewiesen, abgewiesen oder zurückgezogen, dann ist die belangte Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei (§ 79a Abs.3 AVG).

 

Beim vorliegenden Verfahrensergebnis war dem Bund als dem zuständigen Rechtsträger auf Antrag der belangten Behörde der Vorlage- und Schriftsatzaufwand nach den Pauschalbeträgen und der geltenden UVS-Aufwandersatzverordnung (BGBl. II Nr. 456/2008) und damit ein Verfahrensaufwand in Höhe von insgesamt 426,20 Euro zuzusprechen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

2. Im gegenständlichen Beschwerdeverfahren sind Stempelgebühren für die Beschwerde von 20,40 Euro angefallen.

 

 

 

Mag. Bergmayr-Mann

 

 

VwSen-401106/5/BMa/Kr vom 6. April 2011

 

Erkenntnis

 

FPG 2005 §76 Abs1;

FPG 2005 §77 Abs1

 

 

 

Die belangte Behörde hat auf Grund des Verhaltens des Bf zu Recht bei der Verhängung der Schubhaft Fluchtgefahr angenommen, sodass die Verhängung der Schubhaft zu Recht erfolgte. Durch sein Verhalten (hervorzuheben ist das zweimalige ungerechtfertigte Entfernen aus der Erstaufnahmestelle, sein unsteter Aufenthalt, die Missachtung des Ladungsbescheids und die Nichtmitwirkung bei der Erlangung des Heimreisezertifikats) hat der Bf dargelegt, dass es ihm darum geht, in Österreich zu bleiben, und er hat es auch in Kauf genommen, in die Anonymität abzutauchen.

 

 

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