Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-100745/10/Weg/Ri

Linz, 12.01.1993

VwSen - 100745/10/Weg/Ri Linz, am 12. Jänner 1993 DVR.0690392 - &

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 1. Kammer unter dem Vorsitz des Dr. Guschlbauer, den Berichter Dr. Wegschaider und die Beisitzerin Mag. Bissenberger über die Berufung des E P, vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. O H und Dr. K S, vom 22. Juli 1992 gegen das Faktum 4 des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 7. Juli 1992, VerkR96/989/1992-Or/Sch, nach der am 18. Dezember 1992 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

I.: Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis sowohl hinsichtlich der Schuld als auch der Strafhöhe bestätigt.

II.: Der Berufungswerber hat zusätzlich zum Kostenbeitrag für das Strafverfahren erster Instanz (1.200 S) als Kostenbeitrag für das Berufungsverfahren 2.400 S (20% der verhängten Geldstrafe) binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu entrichten. Die gemäß § 5 Abs.9 StVO 1960 und § 64 Abs.3 VStG vorgeschriebenen Untersuchungskosten in der Höhe von S 1.393,60 sind nicht zu entrichten.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl.Nr. 51, i.d.F. BGBl.Nr. 866/1992 (AVG) i.V.m. § 19, § 24, § 51 Abs.1, § 51i, § 64 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl.Nr. 52, i.d.F. BGBl.Nr. 867/1991 (VStG); § 5 Abs.1, § 99 Abs.1 lit.a und § 5 Abs.9 Straßenverkehrsordnung 1960, BGBl.Nr. 159, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 615/1991 (StVO 1960).

Entscheidungsgründe:

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat mit dem in der Präambel zitierten Straferkenntnis über den Berufungswerber wegen der Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs.1 lit.a i.V.m. § 5 Abs.1 StVO 1960 eine Geldstrafe von 12.000 S (im NEF 288 Stunden) verhängt, weil dieser am 22. Jänner 1992 gegen 1.30 Uhr den PKW mit dem Kennzeichen 0 von Bad L, Richtung T, in der Kstraße sowie in der Folge auf der B-Bezirksstraße gelenkt und sich hiebei in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden hat. Außerdem wurde als Kostenbeitrag zum Strafverfahren ein Betrag von 1.200 S sowie für die Untersuchungskosten gemäß § 5 Abs.9 StVO 1960 und § 64 Abs.3 VStG ein Betrag von 1.393,60 S in Vorschreibung gebracht.

I.2. Auf Grund der rechtzeitig eingebrachten Berufung wurde in Befolgung des § 51e Abs.1 VStG für den 18.Dezember 1992 eine öffentliche mündliche Verhandlung anberaumt und an diesem Tage durchgeführt. Zu dieser erschienen der Berufungswerber, sein Rechtsfreund Dr. K S, als medizinischer Amtssachverständiger Dr.H G vom Amt der o.ö. Landesregierung, Abteilung Sanitätsdienst, sowie als Zeuge Rev.Insp. K J, Gendarmeriebeamter des Gendarmeriepostens Bad L. Nicht erschienen ist ein Vertreter der belangten Behörde.

Auf Grund des Ergebnisses dieser mündlichen Verhandlung, insbesondere auf Grund des Gutachtens des medizinischen Amtssachverständigen, wird nachstehender Sachverhalt als erwiesen angenommen:

Der Berufungswerber lenkte am 22.1.1992 gegen ca. 1.30 Uhr seinen PKW von Bad L in Richtung T. Dabei verursachte er zunächst in der Kurhausstraße in Bad L einen Verkehrsunfall mit Sachschaden. Der Beschuldigte fuhr, ohne die nächste Polizei- oder Gendarmeriediensstelle von diesem Unfall zu verständigen, mit seinem PKW weiter in Richtung T, wo er auf der B-Bezirksstraße bei Straßenkilometer von der Fahrbahn abkam und seinen PKW dort stehen ließ. Der eben geschilderte Sachverhalt ist unbestritten. Um 11.22 Uhr bzw. um 11.24 Uhr des 22. Jänner 1992 unterzog sich der Berufungswerber einer Untersuchung der Atemluft mittels Alkomat, wobei diese Messung als geringsten Wert eine Atemluftalkoholkonzentration von 0,46 mg/l ergab. Der Berufungswerber führt diese Atemluftalkoholkonzentration auf die Konsumation eines halben Liter Bier ca. 1 Stunde vor der gegenständlichen Fahrt sowie auf die Konsumation einer bei der Verhandlung konkretisierten Menge von Marillenschnaps knapp nach 2 Uhr zurück. Als dabei getrunkene Menge an Marillenschnaps zur angeführten Zeit wurden 6 cl (und zwar auf Grund der Angaben des Berufungswerbers selbst) als erwiesen angenommen.

Der medizinische Amtssachverständige gab zur gemessenen Atemluftalkoholkonzentration von 0,46 mg/l um 11.22 Uhr unter der Annahme der vom Beschuldigten selbst angegebenen Konsumation alkoholischer Getränke, nämlich knapp vor 1 Uhr eine Halbe Bier und um ca. 2.15 Uhr 6 cl Marillenbrand, zur Alkoholkonzentration während der Fahrt um 1.30 Uhr nachstehendes Gutachten ab:

"Der niedrigste Wert bei der Alkomatuntersuchung war 0,46 mg/l. Der Umrechnungsfaktor zwischen Atemluftalkoholgehalt und Blutalkoholgehalt liegt mit mittlerer Wahrscheinlichkeit bei 1:2,1, minimal bei 1:1,8, maximal bei 1:2,6. Unter Berücksichtigung eines Umrechnungsfaktors von 1:1,8 entspricht ein Atemluftalkoholgehalt von 0,46 mg/l einem Blutalkoholgehalt von 0,82 %o. Zwischen Tatzeit und Alkomatuntersuchung liegen rund 10 Stunden. Bei einem stündlichen Mindestabbau von 0,1 %o resultiert für die Tatzeit ein Wert von 1,82 %o. Von diesem theoretischen Wert ist noch jener Alkoholgehalt abzuziehen, der aus der Konsumation von 6 cl Marillenbrand um ca. 2.15 Uhr resultiert. Bei der Berechnung nach der Widmark-Formel wird eine Alkoholmenge für Marillenbrand nach Herbich und Meynhardt ein Wert von 30 g / 100 ml verwendet. Unter Berücksichtigung eines Körpergewichts von 80 kg (eigene Angaben des Berufungswerbers) ergibt die Konsumation von 6 cl Marillenschnaps eine Änderung des BAG um 0,32 %o. Dies ergibt zur Tatzeit einen Wert von 1,5 %o (1,82 0,32). Abzuziehen ist weiters jene Alkoholmenge, die aus der Konsumation von 1/2 l Bier resultiert, das sich bereits im Körper des Beschuldigten befand, jedoch noch nicht zur Gänze resorbiert war. Die Konsumation von einem halben Liter Bier ergibt eine Änderung des BAG um 0,35 Promille, wobei ein Alkoholgehalt für Bier von 4 g/100 ml berücksichtigt wird. Es ist anzunehmen, daß erst ein Teil des Bieres resorbiert war. Selbst wenn man die gesamte Menge abzieht (Anmerkung: für Beschuldigten günstigste Annahme), resultiert für die Tatzeit ein Wert von 1,15 %o (1,50 %o - 0,35 %o). Daraus ergibt sich, daß zum Tatzeitpunkt um 1.30 Uhr der Blutalkoholgehalt jedenfalls über 0,8 %o lag. Zur Frage, ob unter den gegebenen Umständen eine Rückrechnung trotz der langen Zeit zwischen Atemluftalkoholuntersuchung und Tatzeit möglich ist, wird ausgeführt: Die Anwendbarkeit der Rückrechenmethode wäre nur dann in Frage gestellt, wenn nicht gesichert wäre, daß durchgehend mit einer stündlichen Abbaurate von 0,1 Promille zu rechnen wäre. Dies wäre nur dann nicht möglich, wenn der Blutalkoholgehalt in die Nähe des physiologischen Wertes (ca. 0,015 Promille BAG) gelangt wäre, bzw. in die Nähe von Null Promille. Aus den vorangegangenen Berechnungen ist ersichtlich, daß sich der BAG zwischen Tatzeit und Atemluftalkoholgehaltuntersuchung immer über dem Wert bei der Atemluftalkoholuntersuchung befunden hat, somit ist eine Rückrechnung möglich." Soweit das Gutachten des medizinischen Amtssachverständigen, welches auch durch die Zusatzfragen des Beschuldigtenvertreters nicht entkräftet werden konnte. Im übrigen ist zur Berechnungsmethode des medizinischen Amtssachverständigen anzumerken, daß er sowohl beim stündlichen Abbau des Blutalkoholgehaltes (0,1 %o) als auch bei der Umrechnung von Atemluftalkohol auf Blutalkohol (Faktor 1,8) immer von den für den Beschuldigten günstigsten Werten ausgegangen ist. Desweiteren wurde dem Gutachten die vom Beschuldigten selbst angegebene Trinkverantwortung zugrundegelegt, was zu einem Abzug von 6 cl Schnaps (Nachtrunk) und einem Abzug von 1/2 l Bier (Schlußtrunk) führte.

Durch das oben zitierte medizinische Amtssachverständigengutachten, welches trotz einer teilweise anderen Berechnungsmethode mit dem von der Erstbehörde eingeholten Gutachten des Facharztes für Hygiene Dr. R B insofern übereinstimmt, als in beiden Fällen auf den Tatzeitpunkt bezogen ein Blutalkoholwert von mehr als 0,8 %o errechnet wurde ist nicht nur erwiesen, daß der Beschuldigte zum Tatzeitpunkt einen PKW in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt hat, sondern auch, daß eine Rückrechnung im konkreten Fall möglich war. Damit geht auch der Einwand des Beschuldigtenvertreters, daß eine derartige Rückrechnung nach 10 Stunden nicht mehr erfolgen könne, ins Leere.

Der Berufungswerber hat seinen eigenen Angaben nach keine Sorgepflichten, kein verwertbares Vermögen und verfügt über ein monatliches Einkommen von 11.000 S. Er ist verwaltungsstrafrechtlich wegen einer Übertretung nach § 99 Abs.2 lit.e StVO 1960 (29.9.1988) vorgemerkt.

I.3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Gemäß § 5 Abs. 1 StVO 1960 darf ein Fahrzeug nicht lenken, wer sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befindet. Bei einem Alkoholgehalt des Blutes von 0,8 %o oder darüber gilt der Zustand einer Person als von Alkohol beeinträchtigt.

Gemäß § 99 Abs.1 lit.a StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 8.000 S bis 50.000 S im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe von einer Woche bis sechs Wochen zu bestrafen, wer in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand ein Fahrzeug lenkt.

Durch den unter I.2. angeführten und als erwiesen angenommenen Sachverhalt steht fest, daß der Berufungswerber am 22. Jänner 1992 um ca. 1.30 Uhr durch das Lenken eines PKW's in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand eine Verwaltungsübertretung im Sinne der oben zitierten Gesetzesstellen zu verantworten hat. Das Tatbild des § 99 Abs.1 lit.a StVO 1960 ist somit objektiv und in Ermangelung von Schuldausschließungs- oder Rechtfertigungsgründen auch subjektiv verwirklicht.

Die Höhe der Geldstrafe bewegt sich im unteren Viertel des vorgegebenen Strafrahmens. Hinsichtlich der Strafbemessung wird auf die zutreffenden Ausführungen in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses verwiesen.

II. Die Kostenentscheidung ist, soweit der Kostenbeitrag zum Strafverfahren erster Instanz bestätigt und ein Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren auferlegt wurde, durch § 64 Abs.1 und 2 VStG begründet.

Die auf § 5 Abs.9 StVO 1960 und § 64 Abs.3 VStG gestützte Vorschreibung der Untersuchungskosten erfolgte rechtswidrig. Zum einen sind Kosten aus einer Gutachtenserstellung im erstinstanzlichen Verfahren keine Untersuchungskosten im Sinne des § 5 Abs.9 StVO 1960, zum anderen sind Kosten gemäß § 64 Abs.3 VStG dann nicht vorzuschreiben, wenn der Behörde Amtssachverständige zur Begutachtung des Grades der Alkoholwirkung zur Verfügung stehen, diese aber nichtamtliche Sachverständige beizieht, ohne daß dies mit Rücksicht auf die Besonderheit des Falles geboten erscheint. Weil eine derartige Besonderheit des Falles begründet werden müßte, dies aber nicht geschehen ist, dürfen die Kosten des nichtamtlichen Sachverständigen dem Bestraften nicht als Barauslagen im Sinne des § 64 Abs.3 VStG auferlegt werden (VwGH 24.2.1988, 87/03/0002).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig. Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Guschlbauer

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