Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-400968/15/SR/Sta VwSen-400970/12/SR/Sta VwSen-400982/12/SR/Sta

Linz, 28.02.2011

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Stierschneider über die Beschwerde des x, geboren am x, Staatsangehöriger von x, alias x, geb. am x in x, Staatsangehöriger von x, alias x, geb. am x in x, Staatsangehöriger von x, alias x, geb. am x in x, Staatsangehöriger der x, alias x, geb. am x in x, Staatsangehöriger von x, alias x, geb. am x in x, Staatsangehöriger von x, alias x, geb. am x in x, Staatsangehöriger des x, alias x, geb. am x in x, Staatsangehöriger von x, vertreten durch x, Rechtsanwalt in x, x, wegen Rechtswidrigkeit der Festnahme, des Schubhaftbescheides und der Anhaltung in Schubhaft vom 14. Mai 2008 bis 17. Februar 2009 im Polizeianhaltezentrum Wels durch den Bezirkshauptmann von Vöcklabruck nach Aufhebung der h. Erkenntnisse vom 27. Oktober 2008, 14. November 2008 und 14. Jänner 2009 durch den Verwaltungsgerichtshof (Erkenntnis vom 27. Jänner 2011, Zl. 2008/21/0595, 2008/21/0670 und 2009/21/0049) zu Recht erkannt:

 

I.                  Die Beschwerde gegen den Schubhaftbescheid, die Festnahme und die Anhaltung in Schubhaft in der Zeit vom 14. Mai bis zum 6. August 2008 wird als unbegründet abgewiesen. Die weitere Anhaltung des Beschwerdeführers bis zum 17. Februar 2009 wird als rechtswidrig festgestellt.

II.              Der Bund (Verfahrenspartei: Bezirkshauptmann von Vöcklabruck) hat dem Beschwerdeführer den notwendigen Verfahrensaufwand in der Höhe von 750,80 Euro (darin enthalten 13,20 Euro Eingabegebühr) binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

 

Rechtsgrundlagen:

 

§§ 82 und 83 Fremdenpolizeigesetz 2005 – FPG (BGBl I Nr. 100/2005, zuletzt geändert mit Bundesgesetz BGBl I Nr. 135/2009) iVm §§ 67c und 79a Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG iVm UVS-Aufwandersatzverordnung 2008 (BGBl II Nr. 456/2008).

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck vom 14. Mai 2008, Sich40-1606-2008, wurde über den Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) die Schubhaft zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes sowie zur Sicherung der Abschiebung gemäß § 76 Abs. 1 iVm. § 80 Abs. 5 FPG angeordnet. Der Bescheid wurde dem Bf am 14. Mai 2008 durch persönliche Ausfolgung zu eigenen Handen zugestellt. Die Bestätigung der Ausfolgung wurde vom Bf ohne Angabe von Gründen verweigert.   

 

In der Begründung nahm die genannte Behörde eine ausführliche Sachverhaltsfeststellung vor. Diese deckt sich im Wesentlichen mit der folgenden Sachverhaltsdarstellung. Anschaulich zeigte die belangte Behörde auf, wie der zumindest seit April 2001 großteils in Österreich aufhältige Bf seine Identität und seine Reisebewegungen zu verschleiern und seinen Unterhalt zu bestreiten versuchte.

 

Im Anschluss daran setzte sich die belangte Behörde umfassend mit dem widersprüchlichen Vorbringen des Bf auseinander und begründete klar und schlüssig die Notwendigkeit der Schubhaftverhängung. Herauszugreifen ist beispielsweise die ungeklärte Identität, die mangelnde Mitwirkung an der Identitätsfeststellung, die mangelnde berufliche und soziale Verankerung im Inland, der illegale Aufenthalt, Obdachlosigkeit, falsche Angaben zur Person, die Verwendung kopierter Identitätspapiere dritter Personen um sich Unterkunft und Verpflegung zu erschleichen und Aufgriffen zu entgehen. Im Hinblick auf das bisherige Verhalten des Bf, die anschaulich dargelegten Gründe, das abgeschlossene Asylverfahren und die beabsichtigte Abschiebung in den Herkunftsstaat nahm die belangte Behörde von der Anordnung gelinderer Mittel Abstand. 

 

1.2. Mit Schriftsatz vom 20. Oktober 2008 (übermittelt per Fax, Faxkennung: 20/10 2008 14:43), eingelangt am 20. Oktober 2008, erhob der Bf durch seinen rechtsfreundlichen Vertreter Beschwerde gemäß § 82 FPG (Schubhaft­beschwerde) an den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich und stellte die Anträge,

"der Unabhängige Verwaltungssenat möge die Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides sowie die Rechtswidrigkeit seiner Festnahme und seiner Anhaltung in Schubhaft ab Beginn feststellen. Der UVS möge ferner erkennen, dass zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen nicht vorliegen."

 

Unter Hinweis auf § 79a AVG wurde die Erstattung der Stempelgebühren und des pauschalierten Schriftsatzaufwandes beantragt.

 

Zum Sachverhalt brachte der Bf vor, dass er sich bereits seit dem 14. April 2001 in Österreich aufhalte. Nach der Einreise habe er in Österreich einen Asylantrag gestellt. Die Antragsstellung habe er über Anweisung des Schleppers unter falschen Personenangaben und unter dem Namen "x" vorgenommen.

 

Nach dem rechtskräftigen negativen Abschluss des Asylverfahrens habe er in der Folge ergebnislos einen Asylantrag in Italien gestellt. Am 11. September 2001 sei er neuerlich in Österreich eingereist und habe nunmehr unter seinem richtigen Namen (x) und dem richtigen Geburtsdatum (x) einen neuen Asylantrag gestellt, der wieder rechtskräftig abgewiesen worden wäre. Seit dieser Einreise halte er sich durchgehend illegal in Österreich auf. Da er nicht wisse, wohin er gehen könne, wäre ihm ein Verlassen des Landes nicht möglich. In seinem Heimatland Kamerun sei im Oktober 2007 neuerlich ein Haftbefehl gegen ihn erlassen worden und daher sei er dort einer Verfolgung ausgesetzt.

 

Während des illegalen Aufenthaltes in Österreich sei er immer wieder von der Behörde festgenommen worden. Dabei seien bei ihm Kopien diverser Dokumente gefunden worden, die ihm Bekannte in der Hoffnung überlassen hätten, dass er bei Kontrollen nicht festgenommen werde. Die Behörden hätten ihn dann unter diesen Namen registriert, sodass er zu den vielen "Alias-Namen" gekommen wäre. Aus den mehrmals verhängten Schubhaften sei er jedes Mal nach längerer Zeit entlassen worden, weil es den Schubhaft verhängenden Behörden offenbar nicht möglich gewesen ist, für ihn ein Heimreisezertifikat zu erhalten.

 

Die belangte Behörde gehe davon aus, dass sein richtiger Name "x" sei und er aus x stamme. Auch unter dieser Identität habe sich die Behörde bereits seit dem Jahr 2003 erfolglos bemüht, von Nigeria ein Heimreisezertifikat zu erhalten. Inwieweit die Behörden dies auch unter "seinen anderen Namen" versucht haben, sei ihm nicht mitgeteilt worden. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit sei davon auszugehen, dass es auch diesmal nicht möglich sein werde für ihn eine Heimreiseerlaubnis zu erhalten und er daher nirgendwohin abgeschoben werden könne. Der Zweck der derzeitigen Inschubhaftnahme sei daher völlig verfehlt. Dies hätte der belangten Behörde schon bei der Verhängung der Schubhaft auffallen müssen und sie hätte zur Erkenntnis gelangen müssen, dass seine Abschiebung nicht erreichbar sein werde. Daher sei sowohl die Verhängung als auch die Aufrechterhaltung der Schubhaft rechtswidrig.

 

Vor der Inschubhaftnahme habe er sich in einer betreuten Unterkunft des Bundes aufgehalten und sich auch nach der rechtskräftigen Zurückweisung seines Asylantrages dem Zugriff der Behörden nicht entzogen. Als voraussichtlich nicht abschiebbaren Fremden hätte er in die Grundversorgung des Landes übernommen werden müssen. Er wäre froh gewesen, ein Quartier zu bekommen, um ein einigermaßen geregeltes Leben führen zu können. In dem Quartier wäre er "sicherlich geblieben und nicht wieder in die Illegalität abgetaucht" und somit jederzeit für die Behörden erreichbar gewesen. Zusätzlich hätte man auch über ihn im Rahmen des gelinderen Mittels Auflagen zur Verfahrenssicherung verhängen können.

 

Ebenso wie die Verhängung der Schubhaft erscheine auch die Aufrechterhaltung der Schubhaft aus den genannten Gründen nicht rechtsrichtig.

 

1.3. Die Fremdenpolizeibehörde hat den Verwaltungsakt fristgerecht vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet.

 

Einleitend teilte sie mit, dass der Bf seit dem 14. Mai 2008 im PAZ Wels angehalten werde und die Beschwerde kostenpflichtig als unbegründet abgewiesen werden möge. 

 

Begründend wies die Fremdenpolizeibehörde auf die Gefahr eines neuerlichen Abtauchens in die Illegalität und das Fehlen eines polizeilichen Wohnsitzes vor der Schubhaftverhängung hin. Der Bf habe Jahre hindurch polizeilich unangemeldet Unterkunft bei Freunden genommen oder Unterkünfte von betreuten Asylwerbern durch Vorlage fremder Ausweise genutzt. Indem er deren Ausweise nutzte, sei er bei fremdenpolizeilichen Kontrollen sicher gewesen und habe auch einer Beschäftigung als Zeitungsausträger nachgehen können.

 

Die von anderen Behörden vorgenommenen Anfragen an die Konsularabteilungen von Nigeria, Elfenbeinküste und Senegal seien negativ verlaufen. Anfragen an das Konsulat der Republik Kamerun in Bonn seien bis dato ergebnislos geblieben. Dies dürfte daran liegen, dass die Anfragen "nur mit sehr geringen Identitätsangaben und Angaben zu den persönlichen Verhältnissen im Herkunftsland" versehen worden wären. Mittlerweile gehe auch die belangte Behörde davon aus, dass der Bf aus Kamerun stamme. Um eine erfolgversprechende Anfrage durchführen zu können, werde versucht, verwertbare persönliche Daten des Bf zu erlangen. Aufgrund der mangelnden Mitwirkungsbereitschaft des Bf sei die belangte Behörde bisher nicht in die Lage versetzt worden, eine erfolgversprechende Anfrage vorzubereiten. Wie die Aktenlage zeige, habe der Bf bisher bewusst eine Irreführung der involvierten Behörden betrieben. Beispielsweise habe er vorgebracht, dass die gewünschten Dokumente von Kamerun übermittelt würden. Da diese nicht eintrafen habe er sogar telefonische Urgenzen vorgenommen, die jedoch nur vorgetäuscht worden seien. Aufgrund der Angaben des Bf habe die belangte Behörde vorerst mit der Erlangung weiterer verwertbarer Angaben zugewartet. Als die Hinhaltetaktik offenkundig wurde, seien zahlreiche Erhebungen gepflogen worden. Entgegen den Ausführungen des Rechtsvertreters sei die Erlangung eines Ersatzreisedokumentes nicht völlig ausgeschlossen. Der Versuch vor vier Jahren sei deshalb fehlgeschlagen, weil dieser in einer "nicht sehr aussichtsreichen Art und Weise mit mangelnden Identitätsangaben, mangelnden Bezugsangaben und vor allem unter Angabe zahlreicher Identitäten" vorgenommen worden sei und daher eine positive Erledigung nur mit sehr geringer Aussicht zu erwarten gewesen war.

 

Die vorliegende Beschwerde dürfte wahrscheinlich deshalb zu diesem Zeitpunkt erstattet worden sein, da sich der Bf vermutlich der bevorstehenden neuerlichen Befragung über seine Identität durch vorzeitige Entlassung aus der Schubhaft entziehen wollte.

 

Ergänzend zu den bisherigen Ausführungen und der Schubhaftbegründung wies die Fremdenpolizeibehörde auf die unabdingbare Notwendigkeit der Schubhaft hin, da nur so der derart lange illegale Aufenthalt in der Anonymität beendet werden konnte. Weiters sei die Verfügbarkeit des Bf im Falle der Kommunikation mit der Vertretungsbehörde bei einer allfällig gewünschten Vorführung zum Zwecke der Identitätsprüfung erforderlich. In Anbetracht aller Umstände werde daher die kostenpflichtige Abweisung der Schubhaftbeschwerde beantragt.

 

1.4. Mit Erkenntnis vom 27. Oktober 2008, VwSen-400968/6/SR/Sta wurde die Beschwerde des Fremden gegen den Schubhaftbescheid, die Festnahme und die Anhaltung in Schubhaft in der Zeit vom 14. Mai 2008 bis zum 7. September 2008 als verspätet zurückgewiesen. Im Übrigen wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und festgestellt, dass zum Entscheidungszeitpunkt die Gründe für die weitere Anhaltung des Bf in Schubhaft vorliegen.

 

Gegen das dem Vertreter des Bf am 27. Oktober 2008 per Fax zugestellte Erkenntnis hat dieser am 27. Oktober 2008 Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben. Der Bf wird darin als "x" bezeichnet.

 

Mit Schreiben vom 30.10.2008, Zlen. 2008/21/0595-2, AW 2008/21/0306-2 wurde der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich aufgefordert, binnen vier Wochen die Verwaltungsakten vorzulegen und eine Gegenschrift zu erstatten.   

 

1.5. Mit Erkenntnis vom 14. November 2008, VwSen-400970/3/SR/Sta hat der Oö. Verwaltungssenat festgestellt, dass die maßgeblichen Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft auch über die Dauer von sechs Monaten hinaus vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt dieser Entscheidung verhältnismäßig ist.  

 

Gegen das dem Vertreter des Bf am 14. November 2008 per Fax zugestellte Erkenntnis hat dieser am 30. Dezember 2008 Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben.

 

Mit Schreiben vom 5. Jänner 2009, Zlen. 2008/21/0670-2, AW 2008/21/0337-2 wurde der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich aufgefordert, binnen zwei Wochen die Verwaltungsakten vorzulegen und eine Gegenschrift zu erstatten.   

 

1.6. Mit Erkenntnis vom 14. Jänner 2009, VwSen-400982/2/SR/Sta hat der Oö. Verwaltungssenat festgestellt, dass die maßgeblichen Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft auch über die Dauer von acht Monaten hinaus vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt dieser Entscheidung verhältnismäßig ist.  

 

Gegen das dem Vertreter des Bf am 14. Jänner 2009 per Fax zugestellte Erkenntnis hat dieser am 16. Februar 2009 Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben.

 

Mit Schreiben vom 19. Februar 2009, Zl. 2009/21/0049-2 wurde der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich aufgefordert, binnen acht Wochen die Verwaltungsakten vorzulegen und eine Gegenschrift zu erstatten.

 

Mit Beschluss vom 19. Februar 2009, AW 2009/21/0013-3, wurde der erhobenen Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

 

1.7. Aufgrund der angeführten drei Beschwerden hat der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 27. Jänner 2011, Zlen 2008/21/0595, 2008/21/0670 und 2009/21/0049, die angefochtenen Bescheide wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben.

 

Begründend führte der Verwaltungsgerichtshof aus, dass der belangten Behörde nicht entgegen getreten werden könne, wenn sie im Hinblick auf das vom Bf bisher an den Tag gelegte Verhalten (insbesondere die Verwendung mehrerer Identitäten) vom Vorliegen eines die Schubhaft grundsätzlich rechtfertigenden Sicherungsbedarfes ausgegangen ist. Weiters sei der belangten Behörde auch darin beizupflichten, dass eine verlässliche Feststellung der Identität und der Staatsangehörigkeit des Bf an den unterschiedlichen Angaben zu seinen Personaldaten gescheitert ist.

 

"Ausgehend von der neuerlich zutage getretenen mangelnden Kooperation des Beschwerdeführers, die am 6. August 2008 in der Verweigerung jeglicher Angaben gipfelte, muss in dem weiteren Zuwarten der Schubhaftbehörde bis zu einem neuerlichen Einnahmeversuch am 28. Oktober 2008, ohne zwischenzeitig auf Basis der vorhandenen Daten zwecks Erstellung eines Heimreisezertifikates an die Botschaft von Kamerun heranzutreten oder sonst erkennbare Schritte in Richtung Bewerkstelligung einer Abschiebung zu setzen, nämlich eine unangemessene Verzögerung erblickt werden. In diesem Zusammenhang ist zunächst klarzustellen, dass der Schubhaft nicht der Charakter einer Straf- und Beugehaft zukommt, weshalb ohne besondere Anhaltspunkte für eine absehbare Änderung der Einstellung des Beschwerdeführers – solche sind fallbezogen auf Basis seines bisherigen Verhaltens nicht erkennbar – die Haft nicht allein im Hinblick darauf aufrechterhalten werden durfte, diese Einstellungsänderung durch Haftdauer zu erwirken."

 

Die nicht gerechtfertigte Untätigkeit der Schubhaftbehörde über knapp drei Monate hinweg widerstreite der im § 80 Abs. 1 FPG festgehaltenen behördlichen Verpflichtung, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz als möglich dauere. Dies sei ein Gesichtspunkt, dem bei der Beurteilung der Frage, ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entspreche, nicht unwesentliche Bedeutung zukomme.

 

Im vorliegenden Fall sei unter dem Aspekt der Verhältnismäßigkeit der Aufrechterhaltung der Haft weiter zu berücksichtigen, dass der Bf bereits mehrfach in Schubhaft gewesen sei, und zwar zuletzt 2004 über einen Zeitraum von mehr als fünf Monaten, und dass die letzte Haftentlassung erfolgte, weil die Ausstellung eines Heimreisezertifikates nicht zu erwarten gewesen sei.

 

Die von der belangten Behörde beurteilte Haft erweise sich als unverhältnismäßig.

 

2. Aus der Aktenlage ergibt sich der folgende wesentliche Sachverhalt:

 

Der Bf, der neben den in der Präambel angeführten personenbezogenen Angaben auch unter x, geb. am x in x, Staatangehöriger von x, alias x, geb. am x in x, Staatsangehöriger der x, alias x, geb. x in x, Staatangehöriger der x, alias x, alias x aufgetreten ist, reiste laut seinen Angaben im Asylverfahren erstmals am 14. April 2001 über eine unbekannte Reiseroute in das Bundesgebiet ein.

 

Am 14. April 2001 stellte der Bf beim Bundesasylamt in Traiskirchen unter dem Namen x, geb. am x in x in x zu    Zl. 01 09.017 einen Asylantrag. Nach der Antragsstellung wurde ihm eine bundesbetreute Unterkunft zugewiesen. Ohne Abmeldung hat der Bf diese Unterkunft verlassen. Mangels bekannten Aufenthaltsortes wurde das Asylverfahren eingestellt.

 

Bei einer Fremdenkontrolle wurde der Bf am 19. Juni 2001 in Wien aufgegriffen und über ihn die Schubhaft verhängt. In Schubhaft stellte der Bf am 20. Juni 2001 neuerlich einen Asylantrag. Den Behörden gegenüber gab er an, dass er x heiße und am x in x in x geboren sei. Die Einreise in das Bundesgebiet sei im Jahr 2001 von Holland kommend erfolgt.

 

Das Verfahren wurde vom Bundesasylamt, Außenstelle Wien, unter der Zl. 01 14.342 geführt. Nachdem mit der Asylantragstellung das Ziel, Entlassung aus der Schubhaft nicht erreicht wurde, zog der Bf den Asylantrag zurück.

 

Im Stande der Schubhaft brachte der Bf am 27. Juli 2001 neuerlich einen Asylantrag ein. Dabei gab er an, dass die Einreise am 13. Juni 2001 "über unbekannt" von Holland kommend erfolgt sei.

 

Das Verfahren wurde vom Bundesasylamt, Außenstelle Wien, unter der Zl. 01 17.231 geführt. Nach der Entlassung aus der Schubhaft tauchte der Bf unter. Da der Bf bei der Ersteinvernahme zu den Asylgründen und der Einreiseroute befragt worden war, konnte das Asylverfahren trotz seiner Abwesenheit abgeschlossen werden.

 

Mit Bescheid des Bundesasylamtes, Außenstelle Wien, zu Zahl 01 17.231 wurde der Asylantrag gemäß § 7 AsylG abgewiesen und gemäß § 8 AsylG die Zulässigkeit der Abschiebung nach Kamerun festgestellt. Der Bescheid erwuchs am 27. September 2001 in Rechtskraft. Abgesehen von der Religionsgemeinschaft (vormals x und nunmehr x wurde das Verfahren unter den bisherigen Personenangaben (x, geb. x in x in x) geführt. 

 

Am 11. September 2001 reiste der Bf von Italien kommend illegal in das Bundesgebiet ein und wurde unmittelbar danach einer Fremdenkontrolle unterzogen. Da er sich illegal im Bundesgebiet aufhielt, verhängte der Bezirkshauptmann von Villach die Schubhaft über ihn. In dieser stellte der Bf einen weiteren Asylantrag, der vom Bundesasylamt, Außenstelle Graz, unter der Zahl 01 22.127 geführt wurde. Nach der Entlassung aus der Schubhaft am 5. November 2001 tauchte der Bf erneut unter.

 

Mit Bescheid des Bundesasylamtes, Außenstelle Graz, vom 7. Jänner 2002, Zl. 01 22.127 wurde der Asylantrag gemäß § 68 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Die dagegen eingebrachte Berufung hat der Unabhängige Bundesasylsenat mit Bescheid vom 27. Juli 2004, Zahl 225.866/0-III/12/02 abgewiesen.

 

In diesem Asylverfahren hat der Bf angegeben, dass er x heiße, am x in Nsou-x in x geboren und am 11. September 2001 von Italien gekommen sei.

 

Im Zuge einer Amtshandlung (mehrere Vergehen nach dem StGB) am 5. Juli 2003 hat sich der Bf mit einem Ausweis lautend auf ausgewiesen. Da dem einschreitenden Polizeibeamten die Person, für die der Aktivpass ausgestellt worden ist, persönlich bekannt war, wurde der Bf vorläufig festgenommen. Bei der körperlichen Visitierung wurde ein "Ausweis des Bundesasylamtes Zl. 02 15620 ausgestellt auf " vorgefunden. Gegenüber den befragenden Beamten gab der Bf an, dass er heiße und aus Nigeria stamme. Weiters schilderte er ausführlich seine Verfolgungssituation in Nigeria. Im Anschluss an die Befragung wurde über den Bf die Schubhaft verhängt. Bei der neuerlichen Einvernahme am 7. Juli 2003 teilte der Bf mit, dass er tatsächlich heiße und Staatsbürger von sei. Den bei ihm vorgefundenen Ausweis habe er nicht gestohlen, sondern vom Inhaber erhalten, damit er als Zeitungsausträger arbeiten konnte.

 

Bei einer Personenkontrolle am 21. Juli 2004 in Linz verwickelte sich der Bf bezüglich seiner Identität in Widersprüche. Obwohl er sich mit einem Aktivpass des Magistrates Linz, lautend auf, ausgewiesen hatte, konnte er keine näheren Angaben zur Person machen. Nach der vorläufigen Festnahme verhängte der Polizeidirektor der Landeshauptstadt Linz mit Bescheid vom 21. Juli 2004 über den Bf die Schubhaft. Im Zuge der Befragung gab der Bf an, dass er aus x stamme und seine Identität nicht nachweisen könne. Sein Asylverfahren würde derzeit beim Bundesasylamt, Außenstelle Graz geführt.

 

Während der Anhaltung in Schubhaft versuchte die BPD Linz die Ausstellung eines Heimreisezertifikates für den Bf zu erwirken. Aufgrund seiner fehlenden Mitwirkungsbereitschaft und den dadurch bedingt unzureichenden Angaben zu seiner Person verliefen die Anfragen bei den Vertretungsbehörden von Elfenbeinküste, Nigeria und Senegal negativ.

 

Da die Erlangung eines Heimreisezertifikates nicht absehbar war, wurde der Bf am 27. Dezember 2004 aus der Schubhaft entlassen.  

 

Am 31. März 2008 stellte der Bf unter dem Namen x, geb. am x in x in x, beim Bundesasylamt, EAST-West einen neuerlichen Asylantrag. Im Zuge der Befragung gab der Bf an, dass er 2001 über eine unbekannte Reiseroute illegal in Österreich eingereist sei. Da er weder in Österreich noch in der europäischen Union eine Bezugsperson habe, ersuche er um staatliche Unterstützung. Aufgrund seines Vorbringens wurde dem Bf vorübergehend eine bundesbetreute Unterkunft des Bundesasylamtes in der Erstaufnahmestelle West für die Dauer des Asylverfahrens zugewiesen.

 

Bei der Überprüfung der Fingerabdrücke stellte sich heraus, dass der Bf bereits mehrmals in Österreich aufgegriffen worden ist und er dabei die verschiedensten Personenangaben gemacht hat. U.a. kam hervor, dass er vom BG Linz wegen des Verdachtes des Vergehens nach den §§ 127, 229 Abs. 1 und 231 Abs. 1 StGB zu Zahl 17u 301/03k zur Aufenthaltsermittlung ausgeschrieben ist. Weiters wurde festgestellt, dass er bereits vier Asylanträge eingebracht hatte. 

 

Mit Bescheid des Bundesasylamtes, EAST-West, vom 18. April 2008, AI 08 02.956 wurde der Asylantrag gemäß § 68 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen und die Ausweisung gemäß § 10 AsylG verfügt. Die dagegen erhobene Berufung wurde mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 9. Mai 2008, Zl. 225.866-2/2E-V/14/08, zugestellt am 13. Mai 2008, abgewiesen.

 

Im fremdenpolizeilichen Verfahren wurde der Bf von der zuständigen Fremdenpolizeibehörde (im Folgenden: Fremdenpolizeibehörde) am 14. Mai 2008 niederschriftlich befragt. Dabei gab er an, dass ihm (vom verfahrensführenden Referenten des Bundesasylamtes) gesagt worden sei, dass er "Dokumente" nachreichen müsse. Aufgrund dessen habe er mit seiner Familie Kontakt in Kamerun aufgenommen und diese um Übermittlung der Geburtsurkunde, der Parteimitgliedskarte, der Gerichtsladung und eines medizinischen Gutachtens (daraus erschließbarer Hinweis auf die Teilnahme an einer Demonstration) ersucht. Diese Dokumente seien bereits seit 3 Tagen am Postweg und würden per EMS dem Bundesasylamt übermittelt. Die angesprochene Demonstration habe im Jahr 2000 stattgefunden und der "Suchbefehl" sei im Oktober 2007 erneuert worden. Seine Personalien würden wie folgt lauten: x, geb. am x in x in x.

 

Nach Vorhalt des relevanten Sachverhaltes, der sich für die Fremdenpolizeibehörde aus den ihr vorliegenden Aktenteilen ergeben hat (der gesamte Fremdenakt setzt sich aus Akten der jeweils befassten Fremden- und Asylbehörden zusammen) wurde der Bf mit seinen bisherigen widersprüchlichen Angaben konfrontiert.

 

Zum Vorfall im Cafe x in Linz befragt, brachte der Bf vor, dass er von der Polizei zwar festgenommen, aber nach der Befragung wieder entlassen worden sei. Bei der Anhaltung habe er die Kopie eines Dokumentes, das auf den Namen x gelautet habe, bei sich gehabt. Entgegen den behördlichen Vorhaltungen habe er nicht behauptet, die namentlich genannte Person zu sein. Die Kopie habe er lediglich mitgeführt, damit er im Falle einer Kontrolle nicht wieder in Schubhaft genommen werde. Er habe auch unter diesem Namen keinen Asylantrag gestellt und nie in x gewohnt.   

 

Auf den Vorhalt, dass er sich mit einem Originalreisepass, lautend auf x vor dem Bundesasylamt, Außenstelle Linz, ausgewiesen habe und ihm dieser Reisepass wieder ausgefolgt worden wäre, sagte der Bf, dass er aus Angst gelogen habe, weil er dachte, dass er HIV positiv sei. Die belangte Behörde könne überprüfen und würde dabei feststellen, dass er nie ein Dokument vorgelegt habe. Hätte er Dokumente gehabt, hätte er wegen seiner HIV Infektion ein Aufenthaltsrecht erhalten. Darauf hingewiesen, dass bei ihm eine derartige Infektion nicht vorliege, sagte der Bf, dass er wegen dieser Aussage sieben Jahre gelitten und keine Unterkunft erhalten habe.

 

Von den Personen mit den Namen x, x und x habe er sich Kopien von deren Dokumenten besorgt und sich für diese Personen ausgegeben. Den Namen x habe er selbst geführt. Unter dem Namen x habe er nie einen Asylantrag gestellt und er komme auch nicht aus x. Die Vorführung zur nigerianischen Botschaft sei ergebnislos verlaufen.

 

Trotz des behördlichen Hinweises auf den Gebrauch der unterschiedlichsten Namen im Verkehr mit Behördenorganen blieb der Bf bei seiner Behauptung und  ergänzte, dass er nie behauptet habe, aus x zu stammen und auch nie Einrichtungen unter diesen Namen "bezogen" habe.

 

Von der beabsichtigten Erlassung eines Aufenthaltsverbotes habe er keine Kenntnis. Nach Vorlage der Übernahmebestätigung gab der Bf an, dass er ein behördliches Schreiben erhalten, jedoch den Inhalt nicht verstanden habe.

 

Nach Beendigung der niederschriftlichen Befragung wurde der Bf am
14. Mai 2008 in das PAZ Wels überstellt und bis zum 17. Februar 2009 in Schubhaft angehalten.

 

Unmittelbar nach der Schubhaftverhängung nahm die Fremdenpolizeibehörde weitere Erhebungen zur Feststellung der Identität des Bf vor.

 

Im Aktenvermerk vom 16. Mai 2008 wurde festgehalten, dass durch die Überprüfung der Fingerabdrücke festgestellt werden konnte, dass es sich bei den unter den AIS-Zahlen 08 02.956 (x – Identität nicht gesichert), 02 15.620 (x) und 02 08.499 (x) erkennungsdienstlich behandelten Personen um drei verschiedene afrikanische Asylwerber handelt. Durch den Tausch der verschiedenen Dokumente (Verfahrenskarten, Lagerkarten, …) seien die einschreitenden Behördenorgane getäuscht und aufgrund der unzutreffenden Personenangaben Zusammenführungen in den einzelnen Datensystemen (FI, AIS, KPA, ..) vorgenommen worden.

 

Noch am 16. Mai 2008 ersuchte die Fremdenpolizeibehörde eine Vertreterin des Vereins x – Schubhaftbetreuung um ein Gespräch mit dem Bf. Dabei teilte der Behördenvertreter mit, dass es sich bei dem Bf wahrscheinlich um einen Staatsangehörigen von x handeln dürfte und ihm nahe gelegt werden sollte, an der Identitätsfeststellung mitzuwirken.

 

Nach Rücksprache gab die Vertreterin des Vereins x bekannt, dass der Bf bestätigt habe, nicht aus x oder aus x sondern aus x zu stammen. Der Bf hätte sich entschuldigt, dass er immer wieder ausgeborgte Dokumente verwendet habe. Dies habe er gemacht, damit er bei fremdenpolizeilichen Kontrollen Festnahmen entgehen konnte. Da der Bf mehrmals nach x telefoniert hatte, gehe auch die Vereinsmitarbeiterin davon aus, dass er aus x stamme. Die angewählte Rufnummer würde nicht bekannt gegeben werden. Gesprächsinhalte könnten mangels Sprachverständnis (Gespräche in einem unverständlichen Dialekt) nicht wiedergegeben werden. Gegenüber der Vereinsmitarbeiterin habe der Bf ausgeführt, dass er sich zu Hause nach dem Stand der Übersendung der Dokumente erkundigt hätte und diese jederzeit eintreffen würden. Mit den Dokumenten wolle er seine Glaubwürdigkeit vor dem Bundesasylamt untermauern. Neue Erkenntnisse würde die Vereinsmitarbeiterin der Fremdenpolizeibehörde bekanntgeben. Der Gesprächsinhalt wurde von der Fremdenpolizeibehörde im Aktenvermerk vom 19. Mai 2008 festgehalten.

 

Laut Aktenvermerk vom 8. Juli 2008 teilte die Vereinsmitarbeiterin mit, dass der Bf mehrmals mit x telefoniert habe und wissen wolle, ob seine Dokumente bereits eingetroffen sind.

 

Nachdem dieser mitgeteilt worden war, dass bis dato noch keine Identitätspapiere übermittelt worden sind, äußerte die Vereinsmitarbeiterin die Vermutung, dass die Angaben des Bf offensichtlich der Irreführung dienten, da die angeforderten Dokumente längst eingelangt sein müssten. Im Hinblick auf die Vertraulichkeit könne die angerufene Nummer nicht bekannt gegeben werden. Sicher sei, dass die Anrufe nach x erfolgt wären. 

 

Mit Schreiben vom 8. Juli 2008 ersuchte die Fremdenpolizeibehörde um Bekanntgabe, ob die angekündigten Identitätspapiere bereits eingetroffen sind. Unverzüglich teilte das Bundesasylamt mit, dass für den Bf keinerlei Dokumente übermittelt worden sind.

 

Über Ersuchen der Fremdenpolizeibehörde wurde der Bf im Amtshilfeweg am 14. Juli 2008 niederschriftlich befragt. Einleitend wurde ihm zur Kenntnis gebracht, dass er weiterhin in Schubhaft angehalten werde, da er die erforderliche Bewilligung eines anderen Staates für die Einreise nicht besitze.

 

Auf den Vorhalt, dass er laut seinen Angaben bereits eine Übermittlung von Dokumenten aus seinem Heimatland an das Bundesasylamt veranlasst habe, diese jedoch nicht eingetroffen seien und die ihm von der Fremdenpolizeibehörde eingeräumte Frist von sechs Wochen zur Beschaffung von Identitätsdokumenten ungenützt verstrichen sei, gab der Bf an, dass er von niemanden ersucht worden sei, Dokumente aus seiner Heimat beizubringen.

 

Den Hinweis auf sein bisheriges Vorbringen und seine Ankündigungen kommentierte der Bf damit, dass er noch nie gelogen habe.

 

Trotz der äußerlichen Ähnlichkeiten (mit den Personen, deren Dokumente bzw. Dokumentkopien er gebraucht hatte) sei er noch nie mit einem Reisepass kontrolliert oder festgenommen worden, in dem sein Lichtbild tatsächlich mit seiner Person übereingestimmt habe. Er komme aus Kamerun und die Angaben im Asylverfahren seien richtig. Der Vater heiße „x“, die Mutter „x“ und die Adresse laute „x, Bezirk Nord-West“. Die Kontaktaufnahme wäre nur über ein Callcenter in x möglich, eine telefonisch erreichbare Person in x könne er nicht nennen.

 

Zur Schulbildung befragt, sagte der Bf, dass er die „KTHS im x –
5 Jahre Secondry Scool“ besucht habe, die Namen der Mitschüler kenne, aber nicht nennen wolle. Weitere Fragen zur Lage seines Heimatortes beantwortete der Bf äußerst allgemein gehalten.

 

Am 16. Juli 2008 nahm die Fremdenpolizeibehörde neuerlich Kontakt mit der Mitarbeiterin des Vereins x auf, um Lösungswege zu suchen, die zu einer Klärung der Identität des Bf führen könnten. Der Vorschlag an den Bf, ein überwachtes Telefonat nach x zu führen, damit er seinen Angaben Glaubwürdigkeit verleihen könne, wurde vom ihm sofort abgelehnt. Er ließ im Anschluss an die Unterredung der Fremdenpolizeibehörde von der Vereinsmitarbeiterin ausrichten, dass es ihm gleichgültig sei, ob man ihm Glauben schenke oder nicht.

 

Nach einer neuerlichen Rücksprache mit dem Bf gestand dieser der Vereinsmitarbeiterin ein, dass er „in Wahrheit eine zugesicherte Übermittlung NICHT beauftragt oder veranlasst“ habe (AV vom 16. Juli 2008). In x habe er mit einem Vermittlungsbüro gesprochen, das Nachrichten an Personen, deren Namen er nicht bekannt geben werde, weitergeleitet habe. Er wolle keinesfalls in den x zurück und werde dazu auch nichts beitragen.

 

Ein am 30. Juli 2008 von der Fremdenpolizeibehörde mit der Vereinsmitarbeiterin geführtes Telefonat bestätigte, dass der Bf weiterhin nicht an der Identitätsfeststellung mitwirken werde, keine Dokumente in x angefordert habe und die Kontaktpersonen nicht nennen werde.

 

Am 6. August 2008 wurde der Bf der Fremdenpolizeibehörde zur niederschriftlichen Befragung vorgeführt. Zu diesem Zweck hatte diese ein ausführliches Fragenprogramm vorbereitet, das der Feststellung der persönlichen Daten zur Erlangung eines Heimreisezertifikates dienen sollte. Der Bf nahm zu keiner Frage Stellung und verweigerte alle Angaben. Nachdem er eine Stunde lang nicht zur Mitwirkung bewegt werden konnte, wurde er dahingehend informiert, dass ihm eine Bedenkzeit von 4 Wochen eingeräumt werde. Danach werde er erneut zur Befragung vorgeführt.

 

Eine Besprechung mit Vertretern des Vereins für x ergab, dass die weiteren Versuche, den Bf zur Mitwirkung an der Identitätsklärung zu bewegen, bisher erfolglos verlaufen sind. Der Bf gab bekannt, dass er die Fragen der Fremdenpolizeibehörde kenne, jedoch solange keine Angaben machen werde, solange die belangte Behörde seinen Angaben keinen Glauben schenke.

 

Im Hinblick auf diese Aussagen wurde von einer Vorführung des Bf Abstand genommen. Das Gesprächsprotokoll wurde im AV vom 3. September 2008 festgehalten.

 

Abgesehen von weiteren informellen Gesprächen mit dem angesprochenen Verein wurden von der Fremdenpolizeibehörde bis zur Beschwerdeerhebung keine weiteren Befragungen des Bf durchgeführt. Eine neuerliche niederschriftliche Einvernahme mit dem Bf wurde für Ende Oktober 2008 vorgesehen. Dieser Termin war dem Bf bereits Anfang September 2008 bekannt gegeben worden. 

 

Am 28. Oktober 2008 wurde der Bf im Beisein einer Dolmetscherin für die englische Sprache niederschriftlich befragt.

 

Einleitend wurde dem Bf zur Kenntnis gebracht, dass seine Identität nach wie vor nicht geklärt sei und das Identitätsprüfungsverfahren noch zu keinem konkreten Ergebnis geführt habe. Die Information, dass die Schubhaftbeschwerde abgewiesen und die weitere Anhaltung für rechtmäßig erachtet worden wäre, kommentierte der Bf damit, dass er von niemanden vertreten werde und auch keine Beschwerde gegen die Schubhaft eingebracht habe. Nach Vorlage der Beschwerdeschrift habe sich der Bf verwundert gezeigt und ausgeführt, dass er den angeblichen Vertreter nicht kenne, von einer Schubhaftbeschwerde nichts wisse und sich das alles nicht erklären könne.

 

Auf den Vorhalt, dass er den österreichischen Behörden versichert habe, sich um die Beschaffung von Dokumenten zu bemühen, die seine Identität belegen würden, und dass ihm zu diesem Zweck Telefonate zugestanden worden sind, brachte der Bf vor, dass er keine neuen Information habe und eingestehe, dass er sich in den letzten 5 Monaten auch kein einziges Mal darum bemüht habe.

 

Den folgenden Versuch der Fremdenpolizeibehörde, nähere Angaben zur Person des Bf zu erhalten, vereitelte er dadurch, dass er auf die Frage nach dem Familiennamen folgende Aussage machte:

"Ich kann heute keine Fragen beantworten, ich fühle mich verwirrt. Ich fühle mich nicht dazu in der Lage, Angaben, die meine Person betreffen, zu tätigen. Es ist mir völlig bewusst, dass ich weiter in Schubhaft angehalten werde. Ich ersuche jedoch um eine ständige ärztliche Betreuung."

 

Vor Abschluss der niederschriftlichen Befragung erklärte sich der Bf dazu bereit, ein Gespräch mit ihm aufzeichnen zu lassen, damit im Anschluss daran ein Sprachanalyse-Gutachten erstellt werden könne.

 

Die Unterfertigung der Niederschrift wurde vom Bf ohne Angabe von Gründen verweigert.

 

Mit Schreiben vom 28. Oktober 2008 ersuchte die Fremdenpolizeibehörde die Bundespolizeidirektion Wels um Anfertigung einer Tonbandaufzeichnung zur Erstellung eines Sprachanalyse-Gutachtens.

 

Das in englischer Sprache verfasste Schreiben des Bf vom
3. November 2008, gerichtet an die
Fremdenpolizeibehörde, hat er neben der eigenhändigen Unterschrift mit "x" unterfertigt. Darin ersucht er die Fremdenpolizeibehörde u.a. um einen Gesprächstermin, damit er sie über die kriminelle Tätigkeit verschiedener Personen aufklären könne. Diese würden beispielsweise in der Lage sein, die europäischen Behörden auf die falsche Spur zu bringen, könnten somit auch leicht eine Familie in Afrika bestechen, damit er falsch identifiziert und abgeschoben werden könne.

 

Im Aktenvermerk vom 6. November 2008 hielt die Fremdenpolizeibehörde u.a. fest, dass die Rücksprache mit der Schubhaftbetreuung im PAZ Wels ergeben habe, dass auch die Schubhaftbetreuerin nicht in Kenntnis sei, ob der Bf rechtsfreundlich vertreten werde. Bei der folgenden Rücksprache mit dem Bf habe dieser bestätigt, dass er nicht vertreten werde. Die Betreuerin habe jedoch den Eindruck gehabt, dass der Bf sehr wohl genau in Kenntnis seiner Verfahrensstände und der Verfahrensabläufe sei und entgegen seinen Behauptungen eine Vollmachtserklärung für die Einbringung der Schubhaftbeschwerde abgeben habe. 

 

Die von der Fremdenpolizeibehörde unverzüglich veranlasste Übersetzung des Schreiben vom 3. November 2008 langte bei ihr am 7. November 2008 ein.

 

Aufgrund der neuerlichen Asylantragstellung (6. Asylantrag) am
5. November 2008 unter dem Namen "x" wurde mit dem Bf am 6. November 2008 von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes eine "Erstbefragung nach dem Asylgesetz 2005" durchgeführt. Den Namen des Vater bezeichnete er mit "x" und den Namen der Mutter mit "x".

Zu den Fluchtgründen befragt, gab der Bf an, dass im Februar dieses Jahres der Onkel bei einer Demonstration umgebracht worden sei, er daher in sein Heimatland nicht mehr zurückkehren könne und im Falle einer Rückkehr am Flughafen sofort verhaftet und hingerichtet würde.

 

Mit Schreiben vom 7. November 2008 teilte das PAZ Wels der Fremdenpolizeibehörde mit, dass der Bf am 4. November 2008 einem Lungenröntgen zugeführt worden sei. Dabei wäre vom Lungenfacharzt festgestellt worden, dass eine weitere Untersuchung notwendig sei. Trotz entsprechender Erklärungen habe sich der Bf zur weitergehenden Untersuchung am 7. November 2008 nicht bereit erklärt. Nach einem Gespräch mit dem Chefarzt des Magistrates der Stadt Wels habe der Bf einer Untersuchung zugestimmt. Die Vornahme des Lungenfunktionstestes erbrachte kein verwertbares Ergebnis, da der Bf sich nicht an die Anweisungen des untersuchenden Arztes hielt. Im Anschluss daran verweigerte der Bf die Röntgenuntersuchung.

 

Da eine Ansteckungsgefahr nicht ausgeschlossen werden konnte, wurde der Bf nach der Rückkehr im PAZ Wels in einer Einzelzelle untergebracht.   

 

Aufgrund des sechsten Asylantrages wurde der Bf am 13. November 2008 zur niederschriftlichen Befragung zum Bundesasylamt, EAST-West geladen. Zu Beginn der Einvernahme äußerte der Bf den Wunsch in Wien befragt zu werden. Im Bundesasylamt, EAST-West, werde er nichts sagen. Nach mehrmaliger Rechtsbelehrung beantwortete der Bf die Fragen zu seinem Nationale und verweigerte in der Folge die weitere Aussage.

 

Laut Aktenvermerk vom 13. November 2008 ging das Bundesasylamt von entschiedener Sache aus und folgte dem Bf die Mitteilung gemäß § 29 Abs. 3 AsylG aus.

 

Über Begehren der Fremdenpolizeibehörde wurde der Bf am
14. November 2008 von Organen der Bundespolizeidirektion Wels ersucht, an der Erstellung einer Tonbandaufzeichung zwecks Erstellung eines Sprachanalysegutachtens mitzuwirken. Mit Hinweis auf die Verletzung seiner Menschenrechte verweigerte der Bf die Aufzeichnung. Abschließend erklärte er, dass er dies bereits dem Referenten der Fremdenpolizeibehörde mitgeteilt habe. 

 

Nach der Beratung durch den Rechtsberater am 20. November 2008 in der Zeit von 08.00 Uhr bis 08.50 Uhr gab der Bf gegenüber dem Bundesasylamt an, dass er in x geboren und Staatsangehöriger der x sei, der Volksgruppe x angehöre, jedoch die Staatsbürgerschaft nicht nachweisen könne.

 

Seine wahre Identität habe er bereits früher bekanntgegeben, aber es hätte ihm niemand glauben wollen. An der Identitätsfeststellung habe er nicht mitgewirkt, da er Angst gehabe habe, zurückgebracht und umgebracht zu werden.

 

Die Sprachanalyse habe er verweigert, da er eingesperrt sei und ihm falsche Identitäten aufgezwungen worden seien. Er werde sicher auf kein Band sprechen. Außerdem könne in Österreich niemand sagen, woher er genau sei. Auch nachdem dem Bf der genaue Ablauf der Sprachanalyse zur Kenntnis gebracht worden war, verweigerte er die Mitwirkung.

 

Auf den Vorhalt der zahlreichen Asylantragstellungen brachte der Bf vor, dass er viel gelitten habe, weil ihm eine andere Identität gegeben worden sei. Den neuerlichen Asylantrag habe er gestellt, da er Schutz brauchen würde. Unter Heimat verstehe er die x. In den früheren Asylanträgen habe er verschwiegen, Staatsangehöriger der x zu sein, da er Angst gehabt habe, dorthin zurückgeschickt zu werden.

 

Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 27. November 2008, AZ 08 10.950, EAST-West, wurde der Asylantrag des Bf gemäß § 68 AVG zurückgewiesen. Die dagegen am 10. Dezember 2008 durch den Vertreter des Bf erhobene Beschwerde hat der Asylgerichtshof mit Erkenntnis vom 15. Dezember 2008, GZ A5 225.866-3/2008/2E, gemäß § 68 Abs. 1 AVG und § 10 Abs. 1 Z. 1 AsylG 2005 abgewiesen.

 

Mit Schreiben vom 15. Dezember 2008 hat die Fremdenpolizeibehörde die Botschaft der Republik x um die Ausstellung eines Heimreisezertifikates ersucht.

 

Am 17. Februar 2009 wurde der Bf aus der Schubhaft entlassen.

 

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis aufgenommen durch Einsicht in den vorliegenden Fremdenakt und dabei einen vollständig geklärten Sachverhalt vorgefunden.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 82 Abs. 1 FPG hat der Fremde das Recht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung den unabhängigen Verwaltungssenat anzurufen,

 

  1. wenn er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist;
  2. wenn er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz oder das Asylgesetz 2005 angehalten wird oder wurde oder
  3. wenn gegen ihn die Schubhaft angeordnet wurde.

 

Nach § 83 Abs. 1 FPG idF BGBl I Nr. 122/2009 ist zur Entscheidung über eine Beschwerde gemäß § 82 Abs. 1 Z 2 oder 3 der unabhängige Verwaltungssenat zuständig, in dessen Sprengel die Behörde ihren Sitz hat, welche die Anhaltung oder die Schubhaft angeordnet hat. In den Fällen des § 82 Abs. 1 Z 1 richtet sich die Zuständigkeit nach dem Ort der Festnahme.

 

Gemäß § 83 Abs. 2 FPG gelten die §§ 67c bis 67g sowie 79a AVG mit der Maßgabe, dass

  1. eine mündliche Verhandlung unterbleiben kann, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint, und
  2. die Entscheidung des unabhängigen Verwaltungssenates über die Fortsetzung der Schubhaft binnen einer Woche zu ergehen hat, es sei denn, die Anhaltung des fremden hätte vorher geendet.

 

Nach § 83 Abs. 4 FPG hat der unabhängige Verwaltungssenat, sofern die Anhaltung noch andauert, jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im Übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden.

 

4.2. Es ist unbestritten, dass der Bf aufgrund des Bescheides der belangten Behörde vom 14. Mai 2008, Sich40-1606-2008, vom 14. Mai 2008 bis zum 17. Februar 2009 in Schubhaft angehalten wurde. Daher ist der Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung berufen.

 

Die Beschwerde ist zulässig und teilweise begründet.

 

4.3. Gemäß § 76 Abs. 1 FPG können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern. Über Fremde, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, darf Schubhaft nur verhängt werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, sie würden sich dem Verfahren entziehen.

 

Die Schubhaft ist nach dem § 76 Abs. 3 FPG grundsätzlich mit Mandatsbescheid gemäß § 57 AVG anzuordnen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zur Erlassung des Bescheides aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

 

Gemäß § 80 Abs. 1 FPG ist die Behörde verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Sie darf gemäß § 80 Abs. 2 FPG nur so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann. Mit Ausnahme der Fälle des § 80 Abs. 3, 4 oder 5 FPG darf die Schubhaft nicht länger als 2 Monate dauern.

 

§ 80 Abs. 4 und 5 FPG lauten:

 

"(4) Kann oder darf ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden,

1. weil die Feststellung seiner Identität und Staatsangehörigkeit nicht möglich ist oder

2. weil die für die Ein- oder Durchreise erforderliche Bewilligung eines anderen Staates nicht vorliegt oder

3. weil er die Abschiebung dadurch vereitelt, dass er sich der Zwangsgewalt

(§ 13) widersetzt,

kann die Schubhaft wegen desselben Sachverhalts innerhalb eines Zeitraumes von zwei Jahren nicht länger als sechs Monate aufrecht erhalten werden, es sei denn, die Nichtvornahme der Abschiebung ist dem Verhalten des Fremden zuzurechnen. In diesen Fällen darf der Fremde wegen desselben Sachverhalts innerhalb eines Zeitraumes von zwei Jahren nicht länger als zehn Monate in Schubhaft angehalten werden. Ebenso kann die Schubhaft, die gemäß § 76 Abs.º2 verhängt wurde, länger als sechs Monate in zwei Jahren, aber nicht länger als zehn Monate in zwei Jahren aufrechterhalten werden.

 

(5) In Fällen, in denen die Schubhaft gemäß § 76 Abs. 2 verhängt wurde, kann diese bis zum Ablauf der vierten Woche nach rechtskräftig negativer Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz aufrecht erhalten werden, es sei denn, es läge auch ein Fall des Abs. 4 Z 1 bis 3 vor. Wird der Berufung gegen eine Ausweisung, die mit einer zurückweisenden Entscheidung verbunden ist, die aufschiebende Wirkung gemäß § 37 AsylG 2005 zuerkannt, darf die Schubhaft bis zur Entscheidung des unabhängigen Bundesasylsenates aufrecht erhalten werden. Darüber hinaus darf die Schubhaft nur aufrechterhalten werden, wenn der unabhängige Bundesasylsenat eine zurück- oder abweisende Entscheidung erlässt."

 

4.4. Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs verlangt die Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit einer Schubhaft nach § 76 Abs. 1 FPG eine einzelfallbezogene Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Außerlandesschaffung und dem privaten Interesse an der Schonung der persönlichen Freiheit des Betroffenen. Dabei ist der Frage nach dem Sicherungsbedürfnis nachzugehen, was die gerechtfertigte Annahme voraussetzt, der Fremde werde sich dem Verfahren oder der Abschiebung durch Untertauchen entziehen oder diese Maßnahmen zumindest wesentlich erschweren.

 

In dem aus Anlass einer Amtsbeschwerde ergangenen Erkenntnis vom 17. März 2009, Zl. 2007/21/0542, hat der Verwaltungsgerichtshof zunächst wiederholt, dass die bloße Nichtbefolgung eines Ausreisebefehls die Schubhaft nicht zu rechtfertigen vermag, sondern der Sicherungsbedarf müsse in weiteren Umständen begründet sein, wofür etwa eine mangelnde soziale Verankerung in Österreich in Betracht komme (Hinweis auf VwGH vom 28.05.2008, Zl. 2007/21/0246). Für die Bejahung des Sicherungsbedarfs im Anwendungsbereich des § 76 Abs 1 FPG komme daher insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, welche das befürchtete Risiko des Untertauchens rechtfertigen können (Hinweis auf VwGH vom 28.05.2008, Zl. 2007/21/0162). Abgesehen von der Integration des Fremden sei bei Prüfung des Sicherungsbedarfs auch das bisherige Verhalten des Fremden in Betracht zu ziehen (Hinweis auf VwGH 27.02.2007, Zl. 2006/21/0311; VwGH je vom 28.06.2007, Zl. 2006/21/0091 und Zl. 2006/21/0051). Auch wenn Gründe der öffentlichen Ordnung und Sicherheit nach dem Gesetz keinen tauglichen Schubhaftzweck darstellen (vgl etwa VwGH 31.08.2006, Zl. 2006/21/0087; VwGH 27.02.2007, Zl. 2006/21/311) kann nach dem oben zitierten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 17. März 2009 der Verurteilung eines Fremden im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung Bedeutung zukommen. Eine erhebliche Delinquenz des Fremden kann das Gewicht des öffentlichen Interesses an der Effektivität seiner baldigen Abschiebung – in Abhängigkeit von der Schwere der Straftaten - maßgeblich vergrößern (siehe Erkenntnis des Oö. Verwaltungssenates vom 24. August 2010, VwSen-401082/5/Wei/Sta).

 

Zum Sicherungsbedarf hat der Oö. Verwaltungssenat im in Beschwerde gezogenen Erkenntnis vom 27. Oktober 2008 wie folgt ausgeführt:

 

4.3.1. Bei Vorliegen sämtlicher formeller Voraussetzungen für die konkret in Aussicht genommene aufenthaltsbeendende Maßnahme kann die Schubhaft auf § 76 Abs. 1 FPG gestützt werden. 

 

Dazu führte der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 24. Oktober 2007, Zl. 2006/21/0239, aus, dass sämtliche Schubhafttatbestände final determiniert sind und diese nur aus den in § 76 Abs. 1 und 2 FPG genannten Gründen verhängt werden darf (vgl. auch VwGH vom 20. Dezember 2007, 2006/21/359 und vom 24.Oktober 2007, 2006/21/0067).

 

Darüber hinaus stellte der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 15. Juni 2007, B 1330/06 und B 1331/06, klar, dass die Behörden  in allen Fällen des § 76 Abs. 2 FPG unter Bedachtnahme auf das verfassungsrechtliche Gebot der Verhältnismäßigkeit verpflichtet sind, eine einzelfallbezogene Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Sicherung des Verfahrens und der Schonung der persönlichen Freiheit des Betroffenen vorzunehmen. In der Folge kommt der Verfassungsgerichtshof zum Ergebnis, dass die Schubhaft auch dann, wenn sie auf einen der Tatbestände des § 76 Abs. 2 FPG gestützt werden soll, stets nur ultima ratio sein darf (siehe auch Erkenntnisse des VwGH vom 30. August 2007, Zl. 2007/21/0043, mwN und vom 20. Dezember 2007, Zl. 2007/21/0261). Daraus folgt, dass eine alternative Heranziehung gelinderer Mittel nur dann nicht zum Tragen kommt, wenn das Sicherungsbedürfnis anders nicht erreichbar ist (vgl. VwGH vom 24. Oktober 2007, 2007/21/0370). 

 

Bereits im Erkenntnis vom 29. Februar 2008, VwSen-400936/4/GF/Mu/Se, hat der Oö. Verwaltungssenat auf die geänderte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes Bezug genommen und wie folgt ausgeführt:

"Der Verwaltungsgerichtshof hat z.B. in seinem Erkenntnis vom 28. Juni 2007,
Zl. 2004/21/0003, einer Schubhaftbeschwerde unter Hinweis auf seine mit der dg. Entscheidung vom 22. Juni 2006, Zl. 2006/21/0081, geänderte Rechtsprechung, wonach allein das Vorliegen einer vollstreckbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme sowie von strafgerichtlichen Verurteilungen (weil die Inschubhaftnahme nicht der Aufdeckung, Verhinderung oder Sanktionierung von Straftaten dienen darf; vg. VfSlg 13715/1994 und VwGH vom 22. November 2007, Zl. 2006/21/0189) und einer fehlenden Ausreisewilligkeit (insbesondere, solange noch nicht feststeht, ob die Abschiebung zulässig und die Ausreise zu überwachen ist sowie ein konkreter Sicherungsbedarf besteht) für die Tragfähigkeit der Prognose, dass sich der Asylwerber dem weiteren fremdenpolizeilichen Verfahren entziehen werde, nicht mehr hinreichen, stattgegeben." 

 

Zur fehlenden Ausreisewilligkeit eines Fremden führt der Verwaltungsgerichtshof nunmehr in ständiger Rechtsprechung aus, dass diese für sich allein nicht die Verhängung der Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung rechtfertigt. Es ist nämlich in einem zweiten Schritt die Frage des Bestehens eines Sicherungsbedarfes zu prüfen (vgl ua. VwGH 8.9.2005, Zl. 2005/21/0301; VwGH 22.6.2006, Zl. 2006/21/0081; VwGH 27.3.2007, Zl. 2005/21/0381; VwGH 28.6.2007, Zl. 2005/21/0288; VwGH 30.8.2007, Zl. 2006/21/0107).

 

Ebenso darf die Schubhaft nicht als eine präventive Vorbereitungshandlung zu einer erfolgreichen Durchführung der Abschiebung (siehe VwGH vom 
26. September 2007, Zl. 2004/21/0150) zum Einsatz gebracht werden. 

 

Darüber hinaus ist eine generalisierende Betrachtungsweise von vornherein unzulässig. Beispielsweise darf aus dem Nichtvorhandensein von Bargeld nicht schon "unter Zugrundelegung allgemeiner Erfahrungssätze" (siehe VwGH vom 24. 10.2007, 2006/21/0067) a priori darauf geschlossen werden, dass sich der Fremde, würde er in Freiheit belassen, die erforderlichen Mittel durch illegale Arbeit beschaffen wird.

 

4.3.2. Hinsichtlich der im vorliegenden Fall gewählten aufenthaltsbeendenden Maßnahme (rechtskräftige Ausweisungsentscheidung) ist der Oö. Verwaltungssenat nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes an die vollstreckbaren Entscheidungen der zuständigen Behörden gebunden. Es ist daher davon auszugehen, dass diese dem Gesetz entspricht.

 

4.3.2.1. Gegenständlich wurde die Schubhaft sowohl „zur Sicherung eines Verfahrens zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes als auch zur Sicherung der Abschiebung" erlassen. Jedenfalls ist der Sicherungsbedarf im Hinblick auf die beabsichtigte Ausweisung zu prüfen. 

 

Ein solcher Sicherungsbedarf im Zusammenhang mit einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme ist offenkundig umso größer, je weiter fortgeschritten dieses Verfahren bereits ist und dabei einem negativen Ausgang zustrebt. Abstellend auf die besonderen Umstände des Einzelfalles (Verhalten und Verantwortung des Bf in Österreich und vor seiner illegalen Einreise, Schlüssigkeit des Vorbringens) wird der Sicherungsbedarf daher regelmäßig - d.h., wenn keine konkreten Umstände vorliegen, die eine gegenteilige Annahme rechtfertigen (wie z.B. eine amtsbekannt lang dauernde Übermittlung von Heimreisezertifikaten durch bestimmte Staaten) - dann zu bejahen sein, wenn dem Fremden ein aufenthaltsbeendender Bescheid zugestellt wird, weil ihm dann klar sein muss, dass er regelmäßig in kurzer Zeit zwangsweise außer Landes geschafft wird, wenn er das Bundesgebiet nicht freiwillig verlässt (bzw. verlassen kann). Aus dieser Zwangslage könnte er sich i.d.R. eben nur dadurch befreien, dass sich der Fremde dem behördlichen Zugriff entzieht, was gerade durch die Verhängung der Schubhaft verhindert werden soll.

 

Umgekehrt ist ein derartiges Sicherungsbedürfnis beispielsweise regelmäßig dann nicht gegeben, wenn ein Aufenthaltsverbotsverfahren noch nicht über das Stadium der persönlichen Einvernahme eines Fremden, der sich beispielsweise bisher legal in Österreich aufgehalten und hier über einen Wohnsitz und ein regelmäßiges Einkommen verfügt hat, hinausgekommen ist. Bei einer im Lichte des Art. 5 MRK und des PersFrSchG gebotenen verfassungskonformen Interpretation kann daher ein Bedürfnis zur "Sicherung des Verfahrens" in § 76 Abs. 2 FPG nicht allein schon deshalb, weil ein solches Verfahren zumindest bereits formell eingeleitet worden ist, angenommen werden, sondern es ist vielmehr davon auszugehen, dass die Notwendigkeit der Sicherung eines derartigen Verfahrens durch eine freiheitsentziehende Maßnahme umso größer ist, je näher sich dieses einem negativen Abschluss nähert bzw. umgekehrt aus grundrechtlicher Sicht umso weniger gerechtfertigt erscheint, je weiter es von einem derartigen Ergebnis noch entfernt bzw. dessen Ausgang überhaupt offen ist.

 

4.3.2.2. Noch vor der Schubhaftverhängung ist die o.a. Ausweisung in Rechtskraft erwachsen. Der Bf musste daher nach Klärung seiner Identität mit einer faktischen und allenfalls auch zwangsweisen Außerlandesschaffung rechnen. Daher besteht aber aus dessen subjektiver Sicht offenbar auch ein nachvollziehbarer Grund dafür, sich – wie bisher und in der Folge aufgezeigt - dem behördlichen Zugriff zu entziehen.

 

Ein aktueller objektiver Sicherungsbedarf ergab sich für die belangte Behörde nach der Begründung des Schubhaftbescheides daraus, dass einerseits eine rechtskräftige Ausweisungsentscheidung des Unabhängigen Bundesasylsenates vorgelegen ist und sich der Bf über Jahre hinweg durch Verwendung der unterschiedlichsten Identitäten fremdenpolizeilichen Maßnahmen entzogen hatte. Diese Vorgangsweise war deshalb so erfolgreich, weil sich der Bf teilweise Originaldokumente von Personen beschafft und verwendet hatte, die ein ähnliches Äußeres haben. Darüber hinaus geht aus dem von der belangten Behörde vorgelegten Akt hervor, dass er weder über einen ordnungsgemäß gemeldeten Wohnsitz im Bundesgebiet noch über familiäre oder sonstige soziale Bindungen in Österreich noch über die zur Bestreitung seines Lebensunterhalts erforderlichen finanziellen Mittel verfügt. Die zuletzt zugewiesene Unterkunft in einer bundesbetreuten Einrichtung erlangte der Bf nur durch die Stellung des 5. Asylantrages, der von ihm mit leicht veränderten Personendaten eingebracht worden ist.   

 

Die belangte Behörde hat in vorbildlicher Weise das Vorliegen der Voraussetzungen für die aufenthaltsbeendenden Maßnahmen und den aktuellen Sicherungsbedarf geprüft und konkret begründet, warum keine gelinderen Mittel in gleicher Weise zur Zielerreichung zum Tragen kommen können. Darüber hinaus ist aus dem behördlichen Handeln ableitbar, dass das gesamte Verhalten darauf gerichtet ist, eine Anhaltung des Bf in Schubhaft so kurz wie möglich zu gestalten. Die zahlreichen behördlichen Versuche zeigen auf, dass sie mit allen rechtlich zulässigen Mitteln versucht hat, die Identität des Bf zu klären. Dass ihr die Identitätsklärung bis dato nicht gelungen ist und der Bf mehr als fünf Monate in Schubhaft angehalten wird, muss ausschließlich dem Bf zugerechnet werden.

 

Zu Recht hat die belangte Behörde noch keine neuerliche bzw. ergänzende oder richtigstellende Anfrage an die Vertretungsbehörde von x vorgenommen. Die bisherigen Versuche der jeweils zuständigen Fremdenbehörden blieben deshalb erfolglos, weil sich die Anfragen nur auf die falschen, knappen und widersprüchlichen Aussagen des Bf gestützt haben. Um nicht von vornherein eine negative Auskunft der Vertretungsbehörde zu erhalten und damit die letzte Möglichkeit einer Abschiebung in den Herkunftsstaat zu verwirken, ist der belangten Behörde zuzustimmen, dass sie erst nach Erlangung umfassender personenbezogener Angaben eine ergänzende Anfrage an die Vertretungsbehörde von Kamerun zum Zwecke der Erlangung eines Heimreisezertifikates stellt.

 

Nach der Aktenlage ist eindeutig erkennbar, dass der Bf ständig seine Personenangaben leicht variiert, um damit eine zielgerichtete Anfrage zu unterbinden. Auch wenn er ständig bekundet, seine Angaben würden der Wahrheit entsprechen, zeigt der Vergleich der einzelnen Datensätze (Personenangaben in den Asylverfahren, niederschriftliche Befragungen), dass der Bf bei den behördlichen Kontakten ständig wesentliche Angaben verändert hat. Beispielsweise hat er immer wieder eine Abänderung bei der Schreibweise des nunmehr behaupteten Namens, Daten der Eltern, Namen der Eltern, der Schulzeiten, der Wohnadressen, des Berufes, der Religionszugehörigkeit und der Einreiserouten (Aufenthalt in Italien bzw. in Holland) vorgenommen. Geschickt hat er die einzelnen Behörden ausgespielt, indem er seine Mitwirkungsbereitschaft bekundet und das unmittelbar bevorstehende Eintreffen von Identitätsdokumenten angekündigt hat. Um angebliche Nachfragen durchführen zu können hat er die Unterstützung des in der Schubhaftbetreuung tätigen Vereins erwirkt und eine Telefonwertkarte erhalten. Zu welchen Zwecken die Telefonate tatsächlich geführt wurden, konnte nicht erhoben werden.  Nachdem er nach zwei Monaten nicht aus der Schubhaft entlassen wurde, hat er seine vorgetäuschte Mitwirkungsbereitschaft aufgegeben und allen Beteiligten zu erkennen gegeben, dass er nicht nach Kamerun zurückkehren wolle und auch nicht an der Identitätsfeststellung mitwirken werde. Zeitgleich gab er zu, dass er die Telefonwertkarte zu anderen Zwecken und nicht zur Nachfrage nach dem Verbleib der Dokumente genutzt habe. 

 

Die nach wie vor ungeklärte Identität ist auf das unkooperative Verhalten und die widersprüchlichen Angaben des Bf zurückzuführen. Mit den mehrmals wesentlich geänderten Personalien versucht der Bf seine Abschiebung in seinen Herkunftsstaat zu verhindern. Da der Bf auch Identitäten von tatsächlich existierenden Personen verwendet hat, wurde von den jeweils einschreitenden Behördenorganen Speicherungen in den einzelnen Datenbanken veranlasst, die bei nachfolgenden Anfragen kaum entwirrbare Ergebnisse erbrachten. So ging auch die belangte Behörde ursprünglich davon aus, dass der Bf auch aus x stammen könnte. Erst im fremdenpolizeilichen Verfahren ist nach einem peniblen Abgleich der Eintragungen und wiederholter Vergleiche der ED-Blätter hervorgekommen, dass durch das Verhalten des Bf die Daten von drei verschiedenen Asylwerbern miteinander verbunden worden sind. 

 

Trotz all dieser Verschleierungsversuche des Bf besteht derzeit noch die begründete Aussicht, dass die zutreffende Identität und die Staatsbürgerschaft des Bf in angemessener Zeit festgestellt werden kann.

 

Im Hinblick auf das Verhalten des Bf vor seiner letzten illegalen Einreise in Österreich (Asylverfahren in Italien, möglicher Aufenthalt in Holland, jeweils unter einem anderen Namen, Untertauchen in die Illegalität, illegale Weiterreise nach Österreich, wiederhole illegale Einreise in das Bundesgebiet), insgesamt fünf Asylanträge in Österreich, jedes Mal mit geänderten Personenangaben und mehrmals unter anderem Namen, großteils geändertes und widersprüchliches Vorbringen, mehrere Jahre in Österreich im Untergrund, wobei sich der Bf dabei der verschiedensten Namen bediente, um fremdenpolizeiliche Maßnahmen zu vereiteln, Inanspruchnahme staatlicher Unterstützung durch Vorspiegelung einer falschen Identität, keine sozialen Anknüpfungspunkte in Österreich und vollkommene Mittellosigkeit ist die belangte Behörde nach entsprechender Verhältnismäßigkeitsprüfung zu Recht von einem konkreten Sicherungsbedarf ausgegangen.

 

Entgegen den Beschwerdebehauptungen geht die belangte Behörde derzeit nicht mehr davon aus, dass es sich beim Bf um „x“ handelt. Trotz der bewussten Irreführungen und der Verweigerung der Mitwirkung kann aus dem vorliegenden Verfahrenstand nicht abgeleitet werden, dass die Überprüfung der personenbezogenen Daten negativ verlaufen werde und die Ausstellung eines Heimreisezertifikates nicht zu erwarten wäre. Befremdlich ist, dass der Bf mit „an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit“ davon ausgeht, dass für ihn kein Heimreisezertifikat ausgestellt werde und er „nirgendwohin abgeschoben“ werden könne. Diese Sicherheit lässt nur den Schluss zu, dass der Bf weiß, dass die Angaben zu seiner Person nicht ausreichend für die Ausstellung eines Heimreisezertifikates sind und seine Vorgangsweise geeignet ist, die Bemühungen der belangten Behörde bestmöglich zu behindern.

 

4.3.3. Es bleibt somit zu prüfen, ob der mit der Schubhaft verfolgte Zweck in gleicher Weise nicht auch durch die Anordnung von vergleichsweise gelinderen Mitteln hätte erreicht werden können. In diesem Zusammenhang ist insbesondere an die Verpflichtung zur periodischen Meldung bei einer Sicherheitsdienststelle zu denken (vgl. § 77 Abs. 3 FPG).

 

Wie bereits aufgezeigt und auch von der belangten Behörde zutreffend geschildert kann aufgrund des bisherigen Verhaltens des Bf (mehrmalige illegale Einreise in Österreich, illegaler Aufenthalt in zumindest zwei Eu-Staaten, fünf Asylantragstellungen in Österreich mit geänderten Personenangaben, langjähriger illegaler Aufenthalt im Untergrund (vermutlich) in Österreich, teilweise soziale Absicherung durch den Gebrauch fremder Dokumente, dadurch Verhinderung fremdenpolizeilicher Maßnahmen, die dokumentierte "Mitwirkung" in den einzelnen Verfahren, mit der er ausschließlich das Ziel verfolgte, eine Abschiebung zu verhindern und eine Entlassung aus der Schubhaft zu erreichen) der mit der Sicherungsmaßnahme verfolgte Zweck nicht durch die Anordnung gelinderer Mittel erreicht werden.

Der konkrete Sicherungsbedarf ist somit gegeben und die Anwendung gelinderer Mittel ausgeschlossen. 

 

Unter Hinweis auf das Erkenntnis vom 30. April 2009, Zl. 2008/21/0565, hat der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt, dass mit der Beschwerde gemäß § 82 FPG auch noch innerhalb einer Frist von sechs Wochen ab Beendigung der Schubhaft sowohl der gesamte Anhaltezeitraum als auch, von einer hier nicht in Betracht kommenden Ausnahme abgesehen, Festnahme und Schubhaftbescheid wirksam bekämpft werden.

 

Im Hinblick auf den im Wesentlichen unstrittigen relevanten Sachverhalt konnte die Fremdenpolizeibehörde den Bf, gestützt auf das FPG, festnehmen und gegen ihn mit Bescheid vom 14. Mai 2008 die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung auf der Grundlage gemäß § 76 Abs. 1 FPG anordnen. Nach der 6. Asylantragsstellung, die nach der Schubhaftverhängung erfolgte, galt die Schubhaft als gemäß § 76 Abs. 2 verhängt, da die gesetzlichen Voraussetzungen vorlagen. Abgesehen davon, dass sich der Bf seit 2001 im Bundesgebiet überwiegend unrechtmäßig aufhält, besteht gegen ihn auch eine rechtskräftige asylrechtliche Ausweisung nach x. 

 

Abstellend auf den oben wiedergegebenen Begründungsteil des Erkenntnisses des Oö. Verwaltungssenates vom 27. Oktober 2008, VwSen-400968/6/SR/Sta, und das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. Jänner 2011, Zl. 2008/21/0595 u.a., ist von einer Rechtmäßigkeit der Festnahme, des Schubhaftbescheides der belangten Behörde und der Anhaltung bis zum 6. August 2008 auszugehen.

 

Wie der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes zu entnehmen ist, lag ab dem 6. August 2008 eine unangemessene Verfahrensverzögerung vor, die im Hinblick auf die Vorgeschichte (mehrfache Anhaltung in Schubhaft bis 2004) und eine nicht erkennbare Einstellungsänderung des Bf zur Unverhältnismäßigkeit der Schubhaft geführt hat.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat im angesprochenen Erkenntnis vom 27. Jänner 2011 wie folgt ausgeführt:

 

"Ausgehend von dieser - neuerlich - zutage getretenen mangelnden Kooperation des Beschwerdeführers, die am 6. August 2008 in der Verweigerung jeglicher Angaben gipfelte, muss in dem weiteren Zuwarten der Schubhaftbehörde bis zu einem neuerlichen Einnahmeversuch am 28. Oktober 2008, ohne zwischenzeitig auf Basis der vorhandenen Daten zwecks Erstellung eines Heimreisezertifikates an die Botschaft von x heranzutreten oder sonst erkennbare Schritte in Richtung Bewerkstelligung einer Abschiebung zu setzen, nämlich eine unangemessene Verzögerung erblickt werden. In diesem Zusammenhang ist zunächst klarzustellen, dass der Schubhaft nicht der Charakter einer Straf- und Beugehaft zukommt, weshalb ohne besondere Anhaltspunkte für eine absehbare Änderung der Einstellung des Beschwerdeführers – solche sind fallbezogen auf Basis seines bisherigen Verhaltens nicht erkennbar – die Haft nicht allein im Hinblick darauf aufrechterhalten werden durfte, diese Einstellungsänderung durch Haftdauer zu erwirken." (Hervorhebungen nicht im Original)

 

Weiters ist der Verwaltungsgerichtshof von einer "nicht gerechtfertigten Untätigkeit der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck über knapp drei Monate hinweg" ausgegangen und hat bereits daraus einen Verstoß gegen die im § 80 Abs. 1FPG festgehaltenen behördlichen Verpflichtung gesehen. In dem die Fremdenpolizeibehörde nicht darauf hingewirkt habe, die Schubhaft so kurz wie möglich zu gestalten, habe die Aufrechterhaltung der Schubhaft nicht dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entsprochen.

 

Darüber hinaus hat der Verwaltungsgerichtshof unter dem Aspekt der Verhältnismäßigkeit der Aufrechterhaltung der Schubhaft auch die Jahre zurückliegenden Schubhaften in die Beurteilung mit einbezogen, da die letzte Haftentlassung im Jahr 2004 nach einer fünfmonatigen Anhaltung erfolgte, weil die Ausstellung eines Heimreisezertifikates nicht zu erwarten gewesen sei.

 

Der Verwaltungsgerichtshof scheint allein deshalb von einer nicht gerechtfertigten Untätigkeit der Schubhaftbehörde auszugehen, weil im genannten Zeitraum keine Kontaktaufnahme mit der Botschaft von x gesucht wurde. Die Versuche der Schubhaftbehörde, über den Verein x umfassendere Personaldaten zu erlangen, dürften nach Meinung des Verwaltungsgerichtshofes in diesem Zusammenhang ebenso unbeachtlich sein wie die Überlegungen der zuständigen Schubhaftbehörde bei der Entlassung des Bf aus der Schubhaft im Jahr 2004.

 

4.5. In Bindung an die dargelegte Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtshofes ist daher davon auszugehen, dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft ab dem 6. August 2008 bis zum 17. Februar 2009 nicht dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entsprochen hat und daher rechtswidrig war. Der vorliegenden Beschwerde war in diesem Umfang Folge zu geben. Das Mehrbegehren war spruchgemäß abzuweisen.

 

5. Nach § 79a Abs. 1 AVG 1991 iVm § 83 Abs. 2 FPG hat die im Verfahren nach    § 67c AVG obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Wird die Beschwerde zurückgewiesen oder zurückgezogen oder abgewiesen, dann ist die belangte Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei (§ 79a Abs. 3 AVG). Nach § 79a Abs. 6 AVG ist Aufwandersatz nur auf Antrag der Partei zu leisten.

 

Gemäß § 79a Abs. 4 AVG gelten als Aufwendungen gemäß Abs. 1 neben Stempel- und Kommissionsgebühren sowie Barauslagen vor allem die durch Verordnung des Bundeskanzlers festgesetzten Pauschbeträge für den
Schriftsatz-, den Verhandlungs- und den Vorlageaufwand. Nach der geltenden UVS-Aufwandersatzverordnung 2008 (BGBl II Nr. 456/2008) betragen die Pauschbeträge für den Bf als obsiegender Partei für den Vorlageaufwand 737,60 Euro.

 

Im gegenständlichen Beschwerdeverfahren war der Verfahrensaufwand des Bf mit insgesamt 750,80 Euro (darin enthalten 13,20 Euro Eingabegebühr) festzusetzen und der belangten Behörde der Kostenersatz zugunsten des Bf aufzutragen.

 

Analog dem § 59 Abs. 4 VwGG 1985 war eine Leistungsfrist von 2 Wochen festzusetzen, zumal das Schweigen des § 79a AVG 1991 nur als planwidrige Lücke aufgefasst werden kann, sollte doch die Neuregelung idF BGBl Nr. 471/1995 im Wesentlichen eine Angleichung der Kostentragungsbestimmungen an das VwGG bringen (vgl Erl zur RV, 130 BlgNR 19. GP, 14 f).

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweise:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Bundesstempelgebühren für die Beschwerde von 13,20 Euro angefallen.

 

 

 

Mag. Stierschneider

 

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Enscheidung wurde abgelehnt.

VwGH vom 14. April 2011, Zl.: 2011/21/0039

 

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum