Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-110980/2/Wim/Rd/Bu

Linz, 12.04.2011

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Leopold Wimmer über die Berufung des Herrn X, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. X, X, X, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 19. Oktober 2010, VerkGe96-1750-2010, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Gelegenheitsverkehrsgesetz zu Recht erkannt:

 

I.     Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.   Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrens­kosten­beiträge.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z2 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG.

zu II: § 66 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 19. Oktober 2010, VerkR96-1750-2010, wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 365 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 202 Stunden, wegen einer Verwaltungs­übertretung gemäß § 15 Abs.1 Z1 der Betriebsordnung für den nichtlinien­mäßigen Personenverkehr iVm § 15 Abs.1 Z5 Gelegenheitsverkehrs­gesetz, ver­hängt.

 

Nachstehender Tatvorwurf wurde im Spruch des angefochtenen Straferkennt­nisses dem Berufungswerber zur Last gelegt:

 

"Tatort:       Gemeinde Traun, B1 bei km 193.800 in Fahrtrichtung Wels, Höhe             Kreuzung Gärtnerstraße

Tatzeit:       11.01.2010, 13:20 Uhr

Fahrzeug:   PKW, X

 

Sie haben als Geschäftsführer und somit gemäß § 9 VStG als zur Vertretung nach außen Berufener des Vereines X, Gruppe X' mit dem Gewerbestandort in X, X, welcher Zulassungsbesitzer des angeführten Fahrzeuges ist, strafrechtlich zu verant­worten, dass Sie zum angeführten Zeitpunkt, am angeführten Ort einen Schülertransport im Sinne des § 106 Abs.6 zweiter Satz KFG vom Lenker X durchführen ließen, obwohl dieser nicht im Besitz eines Ausweises gemäß § 16 Abs.1 nach dem Muster der Anlage 2 ist, oder eine Lenkbe­rechtigung für die Klasse D besitzt. Noch ist das Wort Berufskraftfahrer oder der Code 112 gemäß § 16 Abs. 2 oder die Worte Gewerbeprüfung Personal­beförderung oder der Code 113 gemäß § 16 Abs.3 in seinem Führerschein eingetragen und es besteht auch keine Eintragung gemäß § 16 Abs.6,  obwohl nur Personen im Fahrdienst verwendet werden dürfen, die die oben genannten Voraussetzungen erfüllen".   

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht. Begründend wurde ausgeführt, dass es sich beim X – Gruppe X um eine öffentlich-rechtlich anerkannte Rettungsgesellschaft handle, die Rettungs-, Kranken- und Behindertentransporte durchführe. Der X transportiere physisch und psychisch beeinträchtige Personen oder kranke Personen, manche davon auch von zu Hause in die Schule/Kindergarten und zurück. Auf diese Transporte seien als lex specialis ausschließlich die Vorschriften für die Rettungs-, Kranken- und Behindertentransporte anzuwenden, nicht jedoch jene für Schülertransporte oder Transporte im Linien- oder Gelegenheitsverkehr. Die gegenständliche Beförderung sei nicht im Rahmen des Gelegenheitsverkehrs oder Taxi- oder Mietwagenverkehrs erfolgt, sondern von einer anerkannten Rettungsgesellschaft in einem Krankentransportfahrzeug durchgeführt worden, weshalb die Vor­schriften der Betriebsordnung für den nichtlinienmäßigen Personenverkehr nicht anzuwenden seien. Es werde daher die Aufhebung des angefochtenen Strafer­kenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt.

 


3.1. Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme.

Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung konnte gemäß § 51e Abs.2 Z1 VStG Abstand genommen werden, zumal bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist.

 

3.2. Folgender Sachverhalt liegt der Entscheidung zugrunde:

Anlässlich einer Lenker- und Fahrzeugkontrolle am 11. Jänner 2010 um 13.20 Uhr wurde vom Meldungsleger festgestellt, dass durch den Lenker X ein Schülertransport durchgeführt wurde. Zum Zeitpunkt der Anhaltung befand sich im Fahrzeug X, ein fünfjähriges Kindergartenkind,  welches vom Kindergarten für Hör- und Sehbehinderte nach Hause befördert werden sollte. Aus dem bei der Anhaltung vorgewiesenen Tages-Wageneinsatz­plan für das konkrete Fahrzeug geht hervor, dass es sich bei den transportierten Kindern ausschließlich um solche mit besonderen Bedürfnissen handelt. Dies geht aus den aufgelisteten Abholorten hervor. So wurden Kinder zB vom Kindergarten X in X und vom Kindergarten bzw von der Sonderschule für Hör- und Sehbehinderte, X in X, verbracht.  Der X, Gruppe X, verfügt laut Auszug des zentralen Gewerberegisters vom 15.10.2010 eine Konzession für das Mietwagengewerbe mit fünfundsechzig (65) PKW, davon dreißig (30) PKW eingeschränkt auf die Beförderung von behinderten Personen.    

  

Der Lenker war nicht im Besitz eines Ausweises gemäß § 16 Abs.1 der Betriebsordnung für den nichtlinienmäßigen Personenverkehr nach dem Muster der Anlage 2 oder einer Lenkberechtigung für die Klasse D. In seinem Führerschein befanden sich keine Eintragungen gemäß § 16 Abs.2, § 16 Abs.3 und § 16 Abs.6 der oben zitierten Verordnung, die ihn berechtigen, Schülertransporte durchzuführen.

 

3.3. Der festgestellt Sachverhalt ergibt sich aus dem erstinstanzlichen Akt und wurde nicht bestritten.

 

4. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 15 Abs.1 Z1 der Verordnung des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr, mit der gewerbepolizeiliche Regelungen für die nicht­linienmäßige Beförderung von Personen mit Fahrzeugen des Straßenverkehrs getroffen werden (Betriebsordnung für den nichtlinienmäßigen Personenverkehr – BO 1994), dürfen bei Schülertransporten im Sinne des § 106 Abs.6 zweiter Satz KFG 1967 nur Personen im Fahrdienst tätig sein und verwendet werden, die einen Ausweis gemäß § 16 Abs.1 nach dem Muster der Anlage 2 besitzen.

 

Gemäß § 25 Abs.1 BO 1994 sind Übertretungen von Bestimmungen dieser Verordnung als Verwaltungsübertretungen nach § 15 Abs.1 Z6 des Gelegenheits­verkehrs-Gesetzes von der Behörde zu bestrafen.

 

Gemäß § 15 Abs.1 Z6 Gelegenheitsverkehrs-Gesetz – GelVerkG begeht, abge­sehen von gemäß dem V. Hauptstück der GewO 1994 zu ahndenden Verwal­tungs­übertretungen eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe bis zu 7.267 Euro zu ahnden ist, wer als Unternehmer nicht dafür sorgt, dass die gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 684/92 oder der Verordnung (EG) Nr. 12/98 erforderliche beglaubigte Abschrift der Gemeinschaftslizenz oder das Fahrtenblatt mitgeführt wird.

 

4.2. Bei der Beurteilung des relevanten Sachverhaltes ist von entscheidender Bedeutung, ob beim gegenständlichen Vorgang ein Schülertransport durchge­führt wurde oder nicht.

 

§ 106 Abs.10 KFG 1967 enthält eine Legaldefinition dieses Begriffes. Dort heißt es:

"…. Als Schülertransporte gelten Beförderungen von

1.                Schülern, die ihre allgemeine Schulpflicht durch den Besuch einer der im § 5 des Schulpflichtgesetzes 1985, BGBl. Nr. 76/1985, angeführten Schule erfüllen, von und zu dieser Schule und zu ihren Schulveran­staltungen sowie von und zu Schülerhorten,

2.                schulpflichtigen Zöglingen von Jugendwohlfahrtanstalten, die ihre Schulpflicht nicht erfüllen, von und zu Veranstaltungen dieser Anstalten oder

3.                Kindern, die einen Kindergarten besuchen, von und zu diesem Kindergarten und seinen Kindergartenveranstaltungen." 

 

Unstrittig ist, dass der hier relevante Personentransport ausschließlich Kinder mit besonderen Bedürfnissen umfasst hat. Bei solchen Personen ist es nicht damit abgetan, dass diese bloß vor der Schule bzw dem Kindergarten abgeholt werden, also sie selbständig in das Fahrzeug gelangen und in der Folge am Zielort dieses wieder verlassen, sondern umfassen derartige Transporte einen darüber hinausgehenden Aufwand seitens des Fahrpersonals, aber auch müssen im Regelfall die verwendeten Fahrzeuge speziell ausgerüstet sein, etwa um rollstuhlgebundene Personen befördern zu können. In diesem Sinne unterscheiden sich solche Fahrten von jenen im Rahmen des klassischen Taxi- und Mietwagengewerbes bzw des Schülertransportes. Im Vordergrund bei Transporten von Kindern wie im gegenständlichen Fall steht dem gegenüber, dass der Transport in erster Linie als "Krankentransport" im weiteren Sinne anzusehen ist. Die transportierten Kinder werden sohin nicht den "lauernden Gefahren", wie etwa beim selbständigen Aus- und Einsteigen -  Einklemmen  der Oberbekleidung in der Tür -, beim Halten auf der Strecke usw., ausgesetzt. Vielmehr werden diese – gegenteilig zum klassischen Schülertransport - sogar in der Regel bis in die Klassen- bzw Kindergartengruppenräume gebracht bzw abgeholt. 

 

Es kann daher zusammenfassend gesagt werden, dass es sich bei dem gegenständlichen Transport um einen spezielleren als um einen Schülertransport gehandelt hat und sohin die Bestimmungen der BO 1994 nicht zum Tragen kommen. Überdies ist mit der Erlangung des Schülertransportausweises kein Besuch einer speziellen Lehrveranstaltung hinsichtlich der Pflichten des Lenkers und seines besonderen Verhaltens bei Schülertransporten damit verbunden, sondern ist dieser Ausweis auf Antrag auszustellen, wenn neben dem Besitz der Lenkberechtigung der Klasse B, einer gewissen Fahrpraxis sowie dem Vorliegen der Vertrauenswürdigkeit dem Antragsteller noch zusätzlich amtsärztlicherseits die gesundheit­liche Eignung attestiert wird.

 

Ob und inwieweit hingegen das Fahrpersonal von den Rettungs­organisationen selbst speziell geschult wird, ist nicht Gegenstand dieses Berufungsverfahrens.      

 

Unbeschadet dessen werden – wie der Homepage des X zu entnehmen ist – ua auch Arzt- und Therapiefahrten von Menschen mit Beeinträchtigungen durchgeführt. Dies hat wohl auch für Kinder und Schüler zu gelten, ohne dass bei solchen Fahrten, ein Schülertransportausweis mitgeführt werden muss.   

 

4.3. Gemäß § 45 Abs.1 Z2 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat.

 

Es besteht sohin für den Berufungswerber im gegenständlichen Fall keine Sorgfaltspflicht hinsichtlich des Mitführens eines Schülertransportausweises durch den Lenker nach der BO 1994, zumal es sich hier um einen Transport von Kindern mit besonderen Bedürfnissen gehandelt hat und nicht um einen Schülertransport. 

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge­richtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevoll­mächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Leopold Wimmer

 

 

 

 

 

 

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