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des Landes Oberösterreich
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VwSen-100747/7/Fra/Ka

Linz, 22.02.1993

VwSen - 100747/7/Fra/Ka Linz, am 22. Februar 1993 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Fragner über die Berufung des F M, S, K, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Krems vom 1. Juli 1992, VerkR96/20/1992/Bi/Sö, zu Recht erkannt:

I. Die Berufung wird mit der Maßgabe Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe auf 1.000 S und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 24 Stunden herabgesetzt werden.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 19, 24 und 51 VStG.

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung eines Kostenbeitrages sowohl zum Strafverfahren erster Instanz als auch zum Berufungsverfahren.

Rechtsgrundlage: §§ 64 und 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Krems hat mit Strafverfügung vom 1. April 1992, VerkR96/20/1992, über den Berufungswerber wegen der Verwaltungsübertretung nach § 52 lit.a Z10a StVO 1960 gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 Geldstrafe in Höhe von 1.400 S (36 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt, weil er am 10. Oktober 1991 um 10.21 Uhr in R, A, bei Strkm. 83,16 (Richtungsfahrbahn S) den PKW, gelenkt hat und er das Vorschriftszeichen "Geschwindigkeitsbeschränkung (erlaubte Höchstgeschwindigkeit)" mißachtet hat. Er hat die erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h um 37 km/h überschritten.

I.2. Gegen diese Strafverfügung hatte der Beschuldigte am 10. April 1992 Einspruch erhoben. Dieser Einspruch bezog sich auf die Strafhöhe.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde dem Einspruch gegen das Strafausmaß vom 10. April 1992 gemäß § 49 Abs.2 VStG keine Folge gegeben. Gemäß § 64 Abs.2 VStG wurde der Beschuldigte zur Leistung eines Kostenbeitrages zum Verwaltungsstrafverfahren in erster Instanz in Höhe von 140 S verpflichtet.

I.3. Gegen diesen Bescheid hat der Beschuldigte Berufung erhoben. Im Rechtsmittel führt er im wesentlichen aus, daß die Formulierung "die Behörde gelangte zur Ansicht" keine konkrete Schuldzuweisung sei. Es werde in der Begründung des angefochtenen Bescheides auch angeführt, daß derart hohe Geschwindigkeitsüberschreitungen schwere Verwaltungsübertretungen bilden. Er ersuche, eine genaue gesetzliche Definition über schwere Verwaltungsübertretungen zu erhalten. Im übrigen sei ihm nicht bekannt, daß für einen einmaligen ihm zustehenden Einspruch Verfahrenskosten in Höhe von 140 S verrechnet werden.

I.4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Zur Rechtzeitigkeit der Berufung:

Laut dem im Akt befindlichen Zustellnachweis (Rückschein) wurde dem Beschuldigten der angefochtene Bescheid am 10. Juli 1992 durch Hinterlegung zugestellt. Die zweiwöchige Berufungsfrist ist somit laut ordnungsgemäßer Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Bescheides am 24. Juli 1992 abgelaufen. Das Rechtsmittel enthält einerseits das Datum 25. Juli 1992 und andererseits das Datum 27. Juli 1992. Um das Vorliegen eines allfälligen Zustellmangels überprüfen zu können, wurde der Beschuldigte um Angaben darüber ersucht, ob er zum Zeitpunkt des Zustellversuches bzw. der Hinterlegung des gegenständlichen Bescheides allenfalls vorübergehend ortsabwesend war. Für den Fall einer allfälligen Ortsabwesenheit wurde er gebeten, entsprechende Bescheinigungsmittel vorzulegen. Der Berufungswerber konnte glaubhaft machen, daß er sowohl zum Zeitpunkt des ersten Zustellversuches am 9. Juli 1992 als auch zum Zeitpunkt der Hinterlegung am 10. Juli 1992 ortsabwesend war, sodaß sein mittels Telefax am 25. Juli 1992 eingebrachtes Rechtsmittel als rechtzeitig anzusehen ist. Der unabhängige Verwaltungssenat entscheidet daher in der Sache.

I.5. Zu überprüfen ist, ob der Bescheid, mit dem der Einspruch des Beschuldigten gegen das Ausmaß der mit Strafverfügung vom 1. April 1992 verhängten Strafe, abgewiesen wurde, zu Recht ergangen ist.

I.6.1. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Gemäß § 19 Abs.2 leg.cit. sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

I.6.2. Laut ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist die Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens eine Ermessensentscheidung. Gemäß Artikel 130 Abs.2 B-VG liegt im Bereich des verwaltungsbehördlichen Ermessens Rechtswidrigkeit dann nicht vor, wenn die Behörde von diesem im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht hat. Demgemäß obliegt es der Behörde, in Befolgung der Anordnung des § 60 AVG 1950 (§ 24 VStG 1950) in der Begründung ihres Bescheides die für die Ermessensübung maßgebenden Umstände und Erwägungen insoweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes in Richtung auf seine Übereinstimmung mit dem Sinn des Gesetzes erforderlich ist.

I.6.3. Grundsätzlich ist vorerst festzuhalten, daß Geschwindigkeitsüberschreitungen zu den gravierendsten Verstößen gegen die Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung zählen. Es darf als bekannt vorausgesetzt werden, daß derartige Übertretungen zu den häufigsten Unfallursachen zählen, weshalb ihnen ein erheblicher Unrechtsgehalt anhaftet, denn das Unfallrisiko führt zu einer erhöhten Gefährdung der Sicherheit und körperlichen Integrität anderer Straßenverkehrsteilnehmer. Es kann daher unter dem Aspekt des Unrechtsgehaltes der Erstbehörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie bei einem Strafrahmen bis zu 10.000 S eine Geldstrafe in Höhe von 1.400 S verhängt hat. Zum Verschuldensgehalt ist zu konstatieren, daß die erlaubte Höchstgeschwindigkeit um mehr als 50 % überschritten wurde. Derartige Geschwindigkeitsüberschreitungen passieren nicht versehentlich, sondern werden bewußt in Kauf genommen, sodaß auch von keinem geringfügigen Verschulden auszugehen ist. Es kann auch nicht gefunden werden, daß die verhängte Strafe in bezug auf die ohnehin berücksichtigte soziale und wirtschaftliche Situation des Beschuldigten überhöht wäre.

Da aufgrund der unterschiedlichen Mitteilungen der Bundespolizeidirektion Klagenfurt im Zweifel davon auszugehen ist, daß der Berufungswerber verwaltungsstrafrechtlich unbescholten ist - dieser Umstand wird als mildernd gewertet - war die Strafe diesem Umstand entsprechend herabzusetzen.

I.7. Zur Information an den Beschuldigten sei mitgeteilt, daß sich das Erfordernis über die Rechtsmittelbelehrung aus dem gemäß § 24 VStG auch im Verwaltungsstrafverfahren anzuwendenden § 61 AVG ergibt.

zu II. Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen. Der O.ö. Verwaltungssenat erkennt in ständiger Judikatur (vgl. ua VwSen-100505/2/Weg/Ri vom 21.7.1992, VwSen-100620/2/Fra/Ka ua), daß nach einem nur gegen die Strafhöhe gerichteten Einspruch, über welchen mittels Bescheid abgesprochen wird, ein Kostenbeitrag zum Strafverfahren nicht vorzuschreiben ist.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. F r a g n e r

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