Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-240795/4/BP/Gr

Linz, 28.03.2011

 

E r k e n n t n i s

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Mag. Dr. Bernhard Pree über die Berufung des X, gegen das Straferkenntnis des Bezirks­hauptmanns des Bezirks Gmunden vom 2. März 2011, GZ.: VetR96-012-2011, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Tiermaterialiengesetz, zu Recht erkannt:

 

 

I.             Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

 

II.         Der Berufungswerber hat zusätzlich zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens vor der belangten Behörde einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungs­senat in Höhe von 60 Euro (das sind 20% der verhängten Geldstrafe) zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I: §§ 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm. § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungs­verfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: § 64 VStG.

 

 


Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmanns des Bezirks Gmunden vom 2. März 2011, GZ.: VetR96-012-2011, wurde über den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) eine Geldstrafe in Höhe von 300 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 36 Stunden) verhängt, weil er am 22. Dezember 2010 um 11:30 Uhr in X, mehrere, auf dem Gelände seines landwirtschaftlichen Betriebes liegende Kadaverteile von Straußenvögel nicht unverzüglich an einen geeigneten, von der zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde zugelassenen, Betrieb übergeben habe (§ 3 Tiermaterialiengesetz), oder – sofern hierfür die Zustimmung des Bestimmungslandes vorgelegen habe – an einen nach den Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 1774/2002 zugelassenen Betrieb in einem anderen Mitgliedsstaat abgeliefert habe, obwohl die Erzeuger von tierischen Nebenprodukten dazu verpflichtet seien. Im Zuge einer veterinärpolizeilichen Nachschau des Amtstierarztes, in Begleitung eines Polizeibeamten und eines Verwaltungsbeamten der belangten Behörde sei festgestellt worden, dass auf dem landwirtschaftlichen Anwesen des Bw mehrere teils halb verweste Kadaverteile von Straußenvögeln herumgelegen seien. Es seien Muskelteile zwischen dem Hauptgebäude und dem ehemaligen Schlachtraum gefunden worden. Im Schlachtraum selbst hätten sich sieben tote Straußenvögel befunden, davon fünf hängend, sowie einer in Teile auf dem Tisch zerlegt. Daneben hätten vier Kartonschachteln gestanden, welche vollständig, sowie zwei Kartonschachteln halb, mit Straußenfleisch gefüllt gewesen seien. Im Kühlraum seien Kisten mit vergammeltem Straußenfleisch sowie zwei grüne und ein blauer Plastikbehälter mit übel riechenden Straußenteilen im fortgeschrittenen Verwesungszustand vorgefunden worden. Der Boden sei mit fauligen Innereien und Hautteilen der Tiere übersäht gewesen. Im hinteren Bereich des ehemaligen Schlachtraums seien zwei verrostete Kühltruhen gestanden, auf denen vergammelte Schlachtabfälle sowie ein gefüllter Karton mit vergammeltem Straußenfleisch gelegen seien. Überall im Schlachtraum seien Knochen, Hautteile und innere Organe von Straußen verteilt gewesen.

 

Als verletzte Rechtsgrundlagen werden § 10 Abs.1 iVm § 3 Tiermaterialiengesetz, BGBl. I Nr. 141/2003 idF. BGBl. I. Nr.13/2006 genannt.

 

Nach Schilderung des bisherigen Verfahrensganges und nach Darstellung der einschlägigen Rechtsgrundlagen, kommt die belangte Behörde zu dem Schluss, dass sowohl die objektive als auch die subjektive Tatseite im vorliegenden Fall gegeben seien. Insbesondere werden die vom Bw vorgebrachten Einwände als für das Verfahren irrelevant bzw. als Schutzbehauptungen abgelehnt.

 

1.2. Mit Telefax vom 12. März 2011 erhob der Bw durch seinen Vertreter Berufung gegen das in Rede stehende Straferkenntnis.

 

Darin wendet sich der Bw zunächst gegen die Vorgangsweise im Rahmen der veterinärpolizeilichen Nachschau am 22. Dezember 2010. Er führt weiter aus, dass der im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses beschriebene Verwesungszustand der Kadaverteile nach wenigen Tagen angesichts der kalten Jahreszeit unwahrscheinlich und unglaubwürdig sei. Der Bw habe die Tiere gehäutet, die wertvollen Häute zur Gerberei gebracht und im Übrigen die Kadaverteile zur Tierkörperverwertung nach X gebracht.

 

Der Bw führt jedoch keinerlei Umstände ins Treffen, wonach das im angefochtenen Straferkenntnis beschriebene Vorhandensein der aufgefundenen Kadaverteile in Abrede gestellt wird.

 

 

2.1. Mit Schreiben vom März 2011 übermittelte die belangte Behörde die "Berufung" samt dem bezughabenden Verwaltungsakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Berufungsentscheidung.

 

2.2. Zur Klärung der Vertretungsmacht richtete sich ein Verbesserungsauftrag vom 24. März 2011 an den Einschreiter, der am 28. März 2011 (Einlangen beim Oö. Verwaltungssenat) eine entsprechende Vollmacht vorlegte.

 

2.3. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde. Nachdem sich daraus bereits der entscheidungswesentliche Sachverhalt – auch vom Bw unwidersprochen geblieben – ergibt, im Verfahren nur die Klärung einer Rechtsfrage vorzunehmen war, keine 500 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde und kein entsprechender Parteienantrag gestellt wurde, konnte auf die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung gemäß § 51e Abs. 3 VStG verzichtet werden.

 

2.4. Bei seiner Entscheidung geht der Oö. Verwaltungssenat von dem unter Punkt 1.1. dieses Erkenntnisses dargestellten relevanten Sachverhalt aus.

 

2.5. Da im angefochtenen Straferkenntnis keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (§ 51c VStG).

 

 

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1. Gemäß § 10 Abs.1 des Tiermaterialiengesetzes, BGBl. I Nr. 141/2003 in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung BGBl. I. Nr.13/2006, sind die Erzeuger von

1. tierischen Nebenprodukten oder Materialien der Kategorie 1 und 2 (ausgenommen Gülle, Magen- und Darminhalt) der Verordnung (EG) Nr. 1774/2002,

2. tierischen Nebenprodukten oder Materialien der Kategorie 3, welche nicht gemäß Artikel 6 Abs.2 lit.c bis e der Verordnung (EG) Nr. 1774/2002 anderweitig verwendet wurden, sowie sonstige Personen die solche Nebenprodukte und Materialien in Verwahrung haben, verpflichtet, diese unverzüglich an einen geeigneten, gemäß § 3 zugelassenen Betrieb oder, sofern hierfür die Zustimmung des Bestimmungsmitgliedsstaates vorliegt, an einen nach den Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 1774/2002 zugelassenen Betrieb in einem anderen Mitgliedsstaat abzuliefern.

 

Gemäß § 14 leg. cit. begeht, wer entgegen § 10 Abs.1 die tierischen Nebenprodukte oder Materialien nicht unverzüglich abliefert, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung erfüllt oder nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe bis zu 15.000 Euro zu bestrafen.

 

3.2. Im vorliegenden Fall ist – im Grunde auch vom Bw nicht bestritten – klargestellt, dass die im Spruch des angefochtenen Straferkenntnis geschilderte Situation im Rahmen der veterinärpolizeilichen Kontrolle den Tatsachen entsprach. Verschiedentlich und durchaus in großem Umfang befanden sich Kadaverteile und –rückstände auf dem Anwesen des Bw, die zumindest auch nach seinen eigenen Angaben mehrere Tage dort gelegen hatten. Alleine daher ist schon der in § 10 Abs. 1 Tiermaterialiengesetz umschriebene Tatbestand erfüllt, zumal die unverzügliche Verbringung der Materialien geboten gewesen wäre. Ein Zeitraum von einigen Tagen entspricht dabei fraglos den gesetzlichen Vorgaben nicht.

 

Völlig irrelevant ist hiebei, aus welchem Grund die Tiere zu Tode kamen oder, ob der Verwesungsprozess durch die winterliche Wetterlage verzögert war oder nicht.

 

Die belangte Behörde erhob zusätzlich in ihren Ermittlungen, dass der Bw – entgegen seiner Angaben – die Kadaverteile nicht nur zu spät, sondern überhaupt nicht bei der angegebenen Einrichtung entsorgte. Tatbildlich war aber schon die Tatsache, dass der Bw nicht unverzüglich gehandelt hatte.

 

Es ist somit die objektive Tatseite erfüllt.

 

3.3. § 10 Abs. 1 des Tiermaterialiengesetzes sieht keine eigene Regelung hinsichtlich des Verschuldens vor, weshalb § 5 Abs. 1 VStG zur Anwendung kommt, wonach zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzu­nehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft (Ungehorsamsdelikt).

 

Der Bw brachte keinerlei Gründe vor, die an der Annahme zweifeln lassen würden, dass er im vorliegenden Fall nicht sorgfaltswidrig handelte. Es ist hier sogar durchaus von einer groben Verletzung der Sorgfaltspflichten auszugehen. Nachdem dem Bw ein Schuldentlastungsbeweis nicht einmal ansatzweise gelungen ist und er offensichtlich das Unrecht seiner Tat auch gegenwärtig nicht erkennen will, muss sein Verhalten als grob fahrlässig eingestuft werden.

 

Auch die subjektive Tatseite ist somit gegeben.

 

3.4. Hinsichtlich der Strafbemessung folgt der Oö. Verwaltungssenat den Überlegungen der belangten Behörde, die angesichts der Massivität des Verstoßes eine ohnehin sehr maßvolle Strafzumessung vorgenommen hatte.

 

Ein Herabsetzen der Strafe oder gar ein Absehen von der Bestrafung gemäß § 21 VStG kam allein schon mit Blick auf das erhebliche Verschulden des Bw nicht in Betracht.

 

3.5. Es war daher die Berufung als unbegründet abzuweisen, das angefochtene Straferkenntnis zu bestätigen und spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

4. Bei diesem Ergebnis war dem Bw nach § 64 Abs. 1 und 2 VStG zusätzlich zum Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat in der Höhe von 60 Euro (das sind 20 Prozent der verhängten Strafe) vorzuschreiben.


 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Bernhard Pree

 

 

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