Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-165891/2/Zo/Jo

Linz, 12.04.2011

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung der X, vertreten durch X, vom 24.03.2011, gegen den Bescheid des Polizeidirektors von Wels vom 01.03.2011, Zl. S-608/11, wegen einer Übertretung der StVO, zu Recht erkannt:

 

 

Aus Anlass der Berufung wird der angefochtene Bescheid aufgehoben.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 und 49 Abs.2 VStG

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die BPD Wels hat mit dem angefochtenen Bescheid dem Einspruch der Berufungswerberin gegen das Strafausmaß der mit Strafverfügung vom 18.01.2011 verhängten Geldstrafe (teilweise) Folge gegeben und die Geldstrafe auf 90 Euro sowie die Ersatzfreiheitsstrafe auf 48 Stunden herabgesetzt.

 

2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung führte der Berufungswerber aus, dass sich die Behörde auf Punkt 2 des Einspruches beziehe und zum selben Ergebnis komme, wie die Berufungswerberin. Der Bescheid beinhalte keine Feststellungen, dass bei dem Unfall eine Person verletzt worden sei. Die Auffahrgeschwindigkeit sei so gering gewesen, dass eine Verletzung ausgeschlossen werden könne. Es seien daher alle Voraussetzungen für die Anwendung des § 99 Abs.6 lit.a StVO gegeben.

 

3. Der Polizeidirektor von Wels hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die

Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat        (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt. Bereits aus diesem ergibt sich, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, weshalb eine öffentliche mündliche Verhandlung nicht erforderlich ist (§ 51e Abs.2 Z1 VStG).

 

4.1. Folgender Sachverhalt steht fest:

 

Die BPD Wels hat der Berufungswerberin in der Strafverfügung vom 18.01.2011 eine Übertretung des § 18 Abs.1 StVO 1960 vorgehalten und eine Geldstrafe in Höhe von 150 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 72 Stunden) verhängt.

 

Die Berufungswerberin hat dagegen rechtzeitig zusammengefasst folgenden Einspruch eingebracht:

 

Die Entscheidung wird aus folgenden Gründen zur Gänze angefochten:

 

Die Beschuldigte bekennt sich nicht schuldig, sie bestreitet den ihr zur Last gelegten Sachverhalt:

 

Das vor ihr befindliche Fahrzeug habe sich zum Zeitpunkt des Auffahrens bereits im Stillstand befunden. Es sei nicht zu entnehmen, weshalb der Lenker des vorausfahrenden Fahrzeuges plötzlich stark abgebremst habe. Es sei daher zumindest ein erhebliches Mitverschulden des Vordermannes gegeben.

 

Die Behörde habe die Bestimmung des § 99 Abs.6 lit.a StVO nicht beachtet. Es handle sich um einen Verkehrsunfall, bei dem lediglich Sachschaden vorliege, weshalb das Verwaltungsstrafverfahren gar nicht durchgeführt hätte werden dürfen.

 

Im Übrigen sei die verhängte Strafe zu hoch, sie entspreche weder den Einkommensverhältnissen der Beschuldigten, noch werde ihre bisherige Unbescholtenheit und das reumütige Geständnis sowie das Mitverschulden des Vordermannes berücksichtigt.

 

5. Darüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

 

5.1. Gemäß § 49 Abs.2 VStG ist, wenn der Einspruch rechtzeitig eingebracht wird, das ordentliche Verfahren einzuleiten. Wenn im Einspruch ausdrücklich nur das Ausmaß der verhängten Strafe oder die Entscheidung über die Kosten angefochten wird, dann hat die Behörde, die die Strafverfügung erlassen hat, darüber zu entscheiden. In allen anderen Fällen tritt durch den Einspruch die gesamte Strafverfügung außer Kraft.

 

5.2. Für die Beurteilung der Frage, ob sich ein Einspruch tatsächlich nur gegen die Strafhöhe richtet, kommt es auf den gesamten Inhalt des Einspruches an. Maßgebend ist, ob bei objektiver Betrachtungsweise der Einspruchswerber tatsächlich ausdrücklich nur die Höhe der verhängten Strafe bekämpfen wollte oder ob er den Schuldspruch (entweder betreffend den Sachverhalt, die rechtliche Beurteilung oder sein Verschulden) bekämpft hat. Bestehen darüber Zweifel, so hat die Erstinstanz diese zu klären, bevor sie einen Einspruch als solchen "ausdrücklich nur gegen das Ausmaß der verhängten Strafe" (§ 49 Abs.2 VStG) wertet.

 

Im konkreten Fall ist aufgrund der Formulierung des Einspruches klar, dass die Strafverfügung zur Gänze angefochten wird. Die anwaltlich vertretene Berufungswerberin bekämpfte sowohl den Sachverhalt als auch die rechtliche Beurteilung und machte zusätzlich (offenbar nur hilfsweise) auch Ausführungen zur Strafhöhe.

 

Die Strafverfügung ist daher gemäß § 49 Abs.2 VStG außer Kraft getreten, weshalb die Erstinstanz über diesen inhaltlich hätte entscheiden müssen. Dadurch, dass sie lediglich eine (niedrigere) Geldstrafe festgesetzt hat, ohne einen Schuldspruch auszusprechen, hat sie im Ergebnis eine Strafe verhängt, ohne klarzustellen, für welche Übertretung diese ausgesprochen wurde. Dies deshalb, weil der Schuldspruch der Strafverfügung aufgrund der gesetzlichen Anordnung des § 49 Abs.2 VStG bereits außer Kraft getreten war.

 

Es war daher der angefochtene Bescheid aufzuheben, das Verwaltungsstrafverfahren aber nicht einzustellen, weil vorerst die Erstinstanz eine inhaltliche Entscheidung zu treffen hat.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

 

Mag. Gottfried  Z ö b l

 

 

 

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