Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-100748/2/Br/La

Linz, 05.08.1992

VwSen - 100748/2/Br/La Linz, am 5. August 1992 DVR.0690392

B e s c h e i d

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung der Frau Dr. G G, wh. S , G, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. R B, P, G vom 14. Juli 1992, gegen das Ausmaß der mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf a.d. Krems vom 25. Juni 1992, VerkR-96/4218/1991/Bi/St, wegen Übertretung des § 52a Z.10a StVO iVm § 99 Abs.3a (Straßenverkehrsordnung 1960 idgF) verhängten Strafe, zu Recht:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben. Die mit dem Straferkenntnis verhängte Strafe wird bestätigt.

II. Die Berufungswerberin hat zusätzlich zu den Verfahrenskosten erster Instanz für das Berufungsverfahren einen Kostenbeitrag in Höhe von 440 S (20% der verhängten Geldstrafe) zu entrichten.

Rechtsgrundlage: Zu I.: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl.Nr. 51/1991 i.V.m. § 19, § 24, § 51 Abs.1 und § 51 e Abs.2, Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991.

Zu II.: § 64 VStG.

Entscheidungsgründe:

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf a.d. Krems hat mit Straferkenntnis vom 25. Juni 1992 über die Berufungswerberin wegen der ihr angelasteten Übertretung des § 52a Z.10a StVO eine Geldstrafe von 2.200 S und für den Nichteinbringungsfall 36 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe verhängt, weil sie am 19.5.1991 um 8.00 Uhr den PKW mit dem Kennzeichen auf der P A, bei Bau-km 83,160 im Gemeindegebiet von R in Richtung L gelenkt habe und die Vorschriftszeichen "Geschwindigkeitsbeschränkung" mißachtet hätte, weil sie die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h um 56 km/h überschritten gehabt habe.

I.2. Dagegen hat die Rechtsmittelwerberin durch ihren ausgewiesenen Rechtsfreund rechtzeitig Berufung gegen das Ausmaß der verhängten Strafe erhoben. Sie führt hiezu sinngemäß aus: "Ihr sei aufgrund der Breite und Übersichtlichkeit des Straßenstücks die Geschwindigkeitsbeschränkung nicht aufgefallen. Der Straßenzug sei darüber hinaus auch verkehrsarm gewesen. Diese Situation dürfe die Rechtsmittelwerberin als amtsbekannt voraussetzen und sei sie der Meinung, da ihr schon unter den mildernden Umständen zugutezuhalten sei, daß dieser Eindruck jedenfalls einem Ortsfremden gegenüber entstehen konnte, zumal das Übersehen der Geschwindigkeitsbeschränkung als solche, natürlich eine Verwaltungsübertretung darstelle, jedoch vom Verschuldensgehalt her gesehen, jedenfalls wesentlich geringfügiger sei. Ferner wolle sie keinesfalls polemisieren, sie dürfe aber doch zu bedenken geben, daß mit der Verbreiterung der Straße, mit besseren Belägen, mit der Tatsache, daß Straßenstücke, die wie im gegenständlichen Fall von Geschwindigkeitsbeschränkungen belegt sind, die durch zumindestens für den Beifahrenden erkennbar, unbebautes Gebiet, für generell zu höheren Fahrgeschwindigkeiten geführt hätten, wobei die von ihr eingehaltene Geschwindigkeit durchaus im Bereich des außerstädtischen Verkehrs gelegen habe, also erkennen habe lassen, daß sie durchaus bereit gewesen sei, die auf Überlandstraßen erlaubte Geschwindigkeit einzuhalten. Nur wäre eben für sie diese Verringerung der Geschwindigkeit (gemeint wohl die "Beschränkung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit) vom Straßenbild her gesehen, nicht zu erkennen gewesen und habe sie die Geschwindigkeitsbeschränkungstafel aus nicht rekonstruierbaren Gründen übersehen. Unter Berücksichtigung dieser, wie ihr scheine, doch gravierenden Einwände, erschiene ihr die verhängte Geldstrafe im Zusammenhalt mit den von ihr aufgezeigten Milderungsgründen, ihren Einkommens- und Vermögensverhältnissen, überhöhte und beantrage sie daher, der Strafberufung Folge zu geben und die ausgemessene Geldstrafe schuldangemessen herabzusetzen". Die Erstbehörde hat vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung nicht Gebrauch gemacht. Es ist somit die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser hat, da keine 10.000 S übersteigende Strafe verhängt worden ist, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung erwies sich als nicht erforderlich, da sich die Berufung nur gegen die Höhe der Strafe richtet (§ 51e Abs.2 VStG). Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde von der Rechtsmittelwerberin nicht gesondert beantragt.

I.3. Hiezu hat der Verwaltungssenat erwogen:

Grundsätzlich muß von einem Fahrzeuglenker erwartet werden können, daß dieser die Vorschriften des Straßenverkehrs zu beachten in der Lage ist und diese auch beachtet. Wie immer nun die von der Rechtsmittelwerberin vorgebrachten Umstände verstanden werden könnten, finden sich darin keine Anhaltspunkte, welche eine Entschuldigung für "das Übersehen" des Verkehrszeichens gemäß § 52a Z.10 a StVO erkennen lassen könnten. Weder der Umstand, daß durch den guten Ausbauzustand, die Breite und Übersichtlichkeit, noch jener, daß zum Zeitpunkt des Vorfalles nur geringes Verkehrsaufkommen geherrscht haben mag, vermag den objektiven, aber auch nicht den subjektiven Unrechtsgehalt der Übertretung in anderem Lichte erscheinen lassen. Geschwindigkeitsbeschränkungen sind von Verkehrsteilnehmern auch dann einzuhalten, wenn zum Zeitpunkt des Befahrens eines derartigen Straßenzuges keine Umstände erkennbar sind (zB. Bauarbeiten) welche zur Erlassung der Beschränkung geführt haben (OGH 9.9.1979, 12 Os 15/75, ZVR 1976/91). Das Ausmaß an Sorgfaltsübung im Straßenverkehr muß auf jeden Verkehrsteilnehmer in gleichem Ausmaß anzuwenden sein. Es hat gleichsam an einen "objektiv-normativen" Maßsta b beurteilt zu werden. Die hiezu von der Lehre entwickelte "Maßfigur" symbolisiert einen "einsichtigen, besonnenen Menschen in der Lage des Täters (hier der Rechtsmittelwerberin), den man sich in die Lage des Täters versetzt zu denken hat. Sorgfaltswidriges Verhalten liegt demzufolge dann vor, wenn von dieser "Maßfigur" eben ein anderes Verhalten zu erwarten ist (VwGH 12.6.1989, 88/10/0169, auch "Die Fahrlässigkeitsdelikte im Strafrecht" von Manfred Burgstaller, Ausgabe Manz 1974, Seite 36 ff., sowie Hauer-Leukauf, Handbuch des österr. Verwaltungsrechtes; 4. Auflage, Prugg Verlag Eisenstadt).

I.4. Zur Strafzumessung ist anzumerken, daß die von der Erstbehörde verhängte Strafe keinesfalls zu hoch bemessen wurde. Selbst wenn bei dieser Entscheidung davon ausgegangen wird, daß die Geschwindigkeitsüberschreitung nicht bewußt begangen wurde (siehe Ausführungen zu I.3.) und das Verkehrszeichen übersehen wurde, ist das Ausmaß der fahrlässig begangenen Geschwindigkeitsüberschreitung als eklatant zu erachten. Ist es doch gerade diese Art der Mißachtung von Verkehrsvorschriften, welche die häufigste Unfallursache ist und wohl im Falle dieser hohen Fahrgeschwindigkeit auch die schwersten Folgen nach sich zu ziehen pflegt. Unter Bedachtnahme auf die bereits einschlägige Vormerkung ist bei einem bis zu 10.000 S reichenden Strafrahmen bei selbst ungünstigen Einkommensund allseitigen Verhältnissen, das von der Erstbehörde verhängte Strafausmaß eher als gering zu bezeichnen. Im übrigen ist bei der Strafzumessung gemäß § 19 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwiegen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 - 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden. Diese Strafe erscheint nicht zuletzt auch aus Gründen der Spezialprävention erforderlich zu sein und möge sie als solche von derartigen Übertretungen künftighin abhalten und einen Impuls zu einer höheren Aufmerksamkeit im Straßenverkehr bei der Rechtsmittelwerberin bewirken.

Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden.

II. Der Anspruch auf den Verfahrenkostenbeitrag gründet in der bezogenen Gesetzesstelle.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.Ö. Verwaltungssenat:

Dr. B l e i e r

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