Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-100752/5/Bi/Fb

Linz, 14.10.1992

VwSen - 100752/5/Bi/Fb Linz, am 14. Oktober 1992 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch seine 3. Kammer unter dem Vorsitz Dr. Fragner, sowie durch Mag. Gallnbrunner als Beisitzer und Mag. Bissenberger als Berichterin über die Berufung des H B, B, L, vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. J G und Dr. W D. P, S, L, vom 7. August 1992 gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 20. Juli 1992, VU/P/4663/91W, zu Recht:

Der Berufung wird keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid vollinhaltlich bestätigt.

Rechtsgrundlage: §§ 66 Abs.4, 69 Abs.1 Z.2 und Abs.2 AVG i.V.m. §§ 24 und 51 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit rechtskräftigem Straferkenntnis vom 17. März 1992, VU/P/4663/91W, über Herrn H B, B, L, u.a. wegen der Verwaltungsübertretung gemäß § 5 Abs.4 lit.c i.V.m. § 99 Abs.1 lit.b StVO 1960 eine Geldstrafe von 15.000 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von zwei Wochen verhängt.

Mit Schriftsatz vom 15. Juni 1992 stellte Herr H B einen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens, der seitens der Bundespolizeidirektion Linz mit dem nun angefochtenen Bescheid vom 20. Juni 1992, VU/P/4663/91W, gemäß § 69 Abs.2 AVG in Zusammenhalt mit § 24 VStG als verspätet zurückgewiesen wurde.

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber hinsichtlich des Vorwurfs der Verwaltungsübertretung gemäß § 5 Abs.4 lit.c i.V.m. § 99 Abs.1 lit.b StVO 1960 Berufung erhoben. Eine Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht erlassen. Damit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben, der, da im betreffenden Punkt des Straferkenntnisses eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch eine Kammer zu entscheiden hat. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung konnte deshalb unterbleiben, weil im Rechtsmittel ausdrücklich eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet und eine Verhandlung nicht ausdrücklich verlangt wurde (§ 51e Abs.2 VStG).

3. Der Rechtsmittelwerber macht im wesentlichen geltend, die Erstinstanz meine, die zweiwöchige Frist des § 69 Abs.2 AVG beginne mit dem Tag der Verhandlung, weil das Urteil dort mündlich verkündet wurde, sodaß der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens außerhalb dieser Frist gestellt und daher verspätet sei. Er vertrete hingegen die Auffassung, daß maßgebend jener Zeitpunkt sei, an dem er nachweislich vom Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt habe. Mit dem Zeitpunkt der Verurteilung am 12. Mai 1992 habe sich nur die Möglichkeit des Vorbringens eines Wiederaufnahmegrundes angebahnt, jedoch habe der öffentliche Ankläger keine Erklärung zum Urteilsspruch abgegeben, sodaß das Urteil noch nicht in Rechtskraft erwachsen sei. Erst mit Zustellung der Urkunde über die bedingte Strafnachsicht am 3. Juni 1992 sei es für ihn gewiß gewesen, daß er vom Vorwurf der Alkoholisierung tatsächlich freigesprochen worden sei. Der Wiederaufnahmeantrag, eingebracht am 16. Juni 1992, sei jedenfalls rechtzeitig gewesen. Er habe sich zwar geweigert, einer Alkoholuntersuchung Folge zu leisten, habe jedoch den Verdacht auf Alkoholisierung einwandfrei entkräften können. Der zugrundeliegende Sachverhalt erweise sich somit im nachhinein als unvollständig und unrichtig und sei daher neu zu beurteilen. Er sei außerdem nicht über die Rechtsfolgen der Verweigerung aufgeklärt worden. Warum aufgrund des durch das Strafverfahren sich ergebenden geänderten Sachverhaltes kein Grund für eine amtswegige Wiederaufnahme vorliegen solle, sei nicht nachvollziehbar. Er beantrage daher, das Verfahren wiederaufzunehmen und ihn hinsichtlich des Vorwurfes nach § 5 Abs.4 lit.c StVO nicht zu verurteilen; in eventu das Verfahren von Amts wegen wiederaufzunehmen.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Am 12. Mai 1992 fand vor dem Landesgericht Linz eine Hauptverhandlung im Strafverfahren gegen H B wegen 1) des Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung nach § 88 Abs.1 und 4 zweiter Fall (§ 81 Z.2) StGB und 2) des Vergehens des Im-Stich-Lassens eines Verletzten nach § 94 Abs.1 StGB statt.

Am 12. Mai 1992 wurde der Rechtsmittelwerber wegen § 88 Abs.1 und 4 erster Fall und § 94 Abs.1 StGB zu einer bedingten Geldstrafe verurteilt. Während dieser auf ein Rechtsmittel verzichtete, gab der öffentliche Ankläger keine Erklärung ab. Laut der Urkunde über die bedingte Strafnachsicht ist der Rechtsmittelwerber mit dem Urteil des Landesgerichtes Linz vom 12. Mai 1992, rechtskräftig seit 15. Mai 1992, wegen §§ 88 Abs.1 und 4 erster Fall und 94 Abs.1 StGB zu einer bedingten Geldstrafe verurteilt worden.

In rechtlicher Hinsicht vermag der unabhängige Verwaltungssenat der Auffassung des Rechtsmittelwerbers deshalb nicht zu folgen, weil ihm am 12. Mai 1992 das in Rede stehende Gerichtsurteil (und ein damit verbundener Wiederaufnahmsgrund gemäß § 69 Abs.1 AVG) nachweislich zur Kenntnis gelangt ist. Wohl aus diesem Grund hat der Rechtsmittelwerber auch im Wiederaufnahmeantrag vom 15. Juni 1992 den 12. Mai 1992 (Datum der Hauptverhandlung mit Urteilsverkündung) als maßgeblichen Zeitpunkt angeführt.

Die Frage der Rechtskraft ist im gegenständlichen Fall deshalb ohne Belang, weil die Verkündung des Urteils nicht als Bekanntmachung einer Rechtsansicht anzusehen ist, sondern es sich dabei um einen definitiven Akt der Rechtsprechung handelt, der bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 69 Abs.1 AVG dem Beschuldigten im Verwaltungsstrafverfahren nicht nur die abstrakte Möglichkeit, sondern die effektive Grundlage für einen Wiederaufnahmeantrag gibt, dessen tatsächliches Vorliegen die zur Entscheidung darüber berufene Instanz zu prüfen hat. Abgesehen davon ist das Gerichtsurteil im Hinblick auf § 88 Abs.1 und 4 erster Fall StGB im Gegensatz zum Strafantrag lautend auf § 88 Abs.1 und 4 zweiter Fall (§ 81 Z.2) StGB keine als Vorfrage gemäß § 69 Abs.1 Z.3 AVG anzusehende Entscheidung, sodaß die Geltendmachung des Wiederaufnahmegrundes nicht von der Rechtskraft dieser Entscheidung abhängig war.

Der unabhängige Verwaltungssenat vertritt somit die Auffassung, daß mit der nachweislichen Kenntniserlangung des behaupteten, im Gerichtsurteil liegenden Wiederaufnahmegrundes am 12. Mai 1992 die zweiwöchige Frist für die Antragstellung gemäß § 69 Abs.2 AVG zu laufen begonnen und der am 16. Juni 1992 zur Post gebrachte Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens als verspätet anzusehen war. Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Der Vollständigkeit halber wird bemerkt, daß dem Rechtsmittelwerber im Verwaltungsstrafverfahren zur Last gelegt wurde, die Vorführung zum Polizeiarzt zwecks Feststellung des Grades der Alkoholeinwirkung verweigert zu haben, wobei gerade diese Untersuchung dazu gedient hätte, eine eventuelle Alkoholisierung festzustellen. Ein tatsächlicher Vorwurf einer Alkoholisierung ist dem Rechtsmittelwerber nie gemacht worden. Wenn daher im Gerichtsverfahren das Vorliegen einer Alkoholisierung verneint wurde, vermag dies am verwaltungsstrafrechtlichen Tatbestand der Verweigerung der klinischen Untersuchung nichts zu ändern, sodaß dem Wiederaufnahmegrund auch meritorisch kein Erfolg beschieden gewesen sein dürfte. Wohl aus diesem Grund ist auch keine amtswegige Wiederaufnahme des Verfahrens erfolgt.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. F r a g n e r

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