Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-165765/14/Fra/Gr

Linz, 21.04.2011

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Johann Fragner über die Berufung des Herrn X, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 19. November 2010, VerkR96-8595-2010, betreffend Übertretungen der StVO 1960, zu Recht erkannt:

 

I.      Hinsichtlich des Faktums 1 (§ 9 Abs.1 StVO 1960) wird der Berufung stattgegeben. Das angefochtene Straferkenntnis wird diesbezüglich behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

Hinsichtlich der Fakten 2 (§ 16 Abs.1 lit.a StVO 1960) und 3 (§ 16 Abs.1 lit.c StVO 1960) wird die Berufung abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass der Spruch wie folgt lautet:

 

"Sie lenkten am 22. September 2010 um 16:45 Uhr den PKW X auf der B 145 Salzkammergutbundesstraße von Altmünster kommend in Fahrtrichtung Gmunden, wobei Sie zwischen Straßenkilometer 26.800 und 26.600 auf dem sogenannten "Krankenhausberg" auf Höhe der Wirtschaftskammer Gmunden verbotenerweise

2.) überholt haben, obwohl andere Straßennützer gefährdet oder behindert werden konnten und

3.) überholt haben, obwohl Sie nicht einwandfrei erkennen konnten, ob Sie ihr Fahrzeug nach dem Überholvorgang ohne Gefährdung oder Behinderung anderer Straßenbenützer wieder in den Verkehr einordnen können, denn auf beiden bergwärts führenden Fahrstreifen herrschte Kolonnenverkehr".

 

Die angewendete Strafnorm wird auf § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 abgeändert.

 

II.     Der Berufungswerber hat zum Verfahren hinsichtlich des Faktums 1 (§ 9 Abs.1 StVO 1960) keine Verfahrenskostenbeiträge zu entrichten.

 

Der Berufungswerber hat zu den Verfahren hinsichtlich den Fakten 2 (§ 16 Abs.1 lit. StVO 1960) und 3 (§ 16 Abs.1 lit.c StVO 1960) jeweils einen Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 20 Prozent der verhängten Geldstrafe (insgesamt 40 Euro) zu entrichten.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I: § 66 Abs.4 Allgemeindes Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG iVm §§ 24 und 51 Abs.1 VStG; §§ 16 und 19 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG.

zu II: §§ 64,65 und 66 Abs.1 VStG

Entscheidungsgründe:

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden hat mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis über den Berufungswerber (Bw)

1. wegen Übertretung des § 9 Abs.1 StVO 1960 gemäß § 99 Abs.2 lit.c leg.cit. eine Geldstrafe von 70 Euro (EFS 23 Stunden),

2. wegen Übertretung des § 16 Abs.1 lit. a StVO 1960 gemäß § 99 Abs.2 lit.c leg.cit eine Geldstrafe von 100 Euro (32 Stunden) und

3. wegen Übertretung des § 16 Abs.1 lit.c 1960 gemäß § 99 Abs. 2 lit.c leg.cit eine Geldstrafe von 100 Euro (EFS 32 Stunden) verhängt,

 

weil er am 22. September 2010 um 16:45 Uhr den PKW X auf der B 145 Salzkammergutbundesstraße von Altmünster kommend in Fahrtrichtung Gmunden gelenkt hat, wobei er zwischen Straßenkilometer 26.800 und 26.600 auf dem sogenannten "Krankenhausberg" auf Höhe der Wirtschaftskammer Gmunden verbotenerweise

1.     eine Sperrlinie überfahren hat,

2.     überholt hat, obwohl andere Straßenbenützer gefährdet und behindert werden konnten, denn der Lenker des entgegenkommenden Fahrzeuges wurde zum Ablenken genötigt,

3.     überholt hat, obwohl er nicht einwandfrei erkennen konnte, ob er sein Fahrzeug nach dem Überholvorgang ohne Gefährdung oder Behinderung anderer Straßenbenützer wieder in den Verkehr einordnen werden könne, denn auf beiden bergwärts führenden Fahrstreifen herrschte Kolonnenverkehr.

 

Da zum Tatzeitpunkt starkes Verkehrsaufkommen (Kolonnenverkehr auf beiden bergwärts führenden Fahrstreifen) herrschte, er trotz Sperrlinie den bergabwärts führenden Fahrstreifen für das Überholmanöver verwendete und durch dieses Überholmanöver ein ihm entgegenkommendes Fahrzeug zum Ablenken genötigt wurde und dieser somit in seiner Sicherheit gefährdet wurde, hat er durch sein Verhalten besondere gefährliche Verhältnisse herbeigeführt.

 

I.2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig durch die ausgewiesenen Vertreter eingebrachte Berufung. Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden – als nunmehr belangte Behörde – legte das Rechtsmittel samt bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vor, der, weil jeweils 2000 Euro nicht übersteigende Geldstrafen verhängt wurden, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51 c erster Satz VStG).

 

I.3. Da die dem Straferkenntnis zugrundeliegenden Sachverhaltsfeststellungen des Meldungslegers X bestritten werden, war eine öffentliche mündliche Verhandlung erforderlich. An der am 14. April 2011 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung nahmen der Berufungswerber, ein Vertreter der belangten Behörde, der Zeuge X sowie der Amtssachverständige für Verkehrstechnik X teil. Der Meldungsleger X wurde zeugenschaftlich einvernommen. Der Amtssachverständige X erstattete ein Gutachten.

 

I.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

I.4.1. Rechtslage:

 

Gemäß § 9 Abs.1 StVO 1960 dürfen Sperrlinien (§ 55 Abs.2) nicht überfahren, Sperrflächen (§ 55 Abs.4) nicht befahren werden. Befinden sich eine Sperrlinie und eine Leitlinie nebeneinander, so hat der Lenker eines Fahrzeug die Sperrlinie dann zu beachten, wenn sie dem von ihm benützten Fahrstreifen näher liegt.

 

Gemäß § 16 Abs.1 lit.a StVO 1960 darf der Lenker eines Fahrzeuges nicht überholen, wenn andere Straßenbenützer, insbesondere entgegenkommende, gefährdet oder behindert werden könnten oder wenn nicht genügend Platz für ein gefahrloses Überholen vorhanden ist.

 

Gemäß § 16 Abs.1 lit.c StVO 1960 darf der Lenker eines Fahrzeuges nicht überholen, wenn er nicht einwandfrei erkennen kann, das er sein Fahrzeug nach dem Überholvorgang in den Verkehr einordnen kann, ohne andere Straßenbenützer zu gefährden oder zu behindern.

 

I.4.2 Sachverhalt und Beweiswürdigung:

 

Zum Faktum 1 (§ 9 Abs.1 StVO 1960):

 

Bei der Berufungsverhandlung konnte nicht geklärt werden, wo der Bw den Überholvorgang begonnen und dabei eine Sperrlinie überfahren hat. Jedenfalls war es vor dem Bereich des Beginnes des Überholvorganges (Straßenkilometer 26.800). Im Hinblick darauf äußerte sich auch der Vertreter der belangten Behörde in seiner abschließenden Stellungnahme dahingehend, diesen Tatvorwurf nicht aufrecht zu erhalten.

 

Da sohin diesbezüglich kein für ein Verwaltungsstrafverfahren erforderlicher Beweis vorliegt, war spruchgemäß zu entscheiden.

 

Zu den Fakten 2 (§ 16 Abs.1 lit.a StVO 1960) und 3 (§ 16 Abs.1 lit.c StVO 1960):

 

Aus dem Aktenvermerk der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 30. September 2010, unterfertigt von Herrn X, geht hervor, das anlässlich einer Vorsprache an diesem Tage der Bw über Befragung nach § 103 Abs.2 KFG 1967 bekannt gab, dass er sein Kraftfahrzeug am 22. September 2010 um 16:45 Uhr auf der B 145 auf dem sogenannten "Krankenhausberg" auf Höhe der Wirtschaftskammer gelenkt hat. Es ist sohin von der Lenkereigenschaft des Bw auszugehen. Auf Grund der ergänzenden Mitteilung des Zeugen X vom 16. März 2011 an den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich, welcher vier Fotos vom Straßenlauf der B 145 sowie ein DORIS-Ausdruck beigelegt waren - diese Unterlagen sowie die oa. Mitteilung wurden zu Beginn der Verhandlung an die teilnehmenden Parteien in Wahrung des Parteiengehörs ausgefolgt – sowie aufgrund der im Rahmen der Berufungsverhandlung als Zeuge getätigten Aussagen des Herrn X geht der Oö. Verwaltungssenat von folgendem wesentlichen Sachverhalten aus:

 

Herr X lenkte am 22. September 2010 um 16:45 Uhr auf der B 145, Salzkammergutbundesstraße von Altmünster kommend in Fahrtrichtung Gmunden seinen PKW, wobei er ab Straßenkilometer 26.800 vom Lenker des PKWs X (vom BW) überholt wurde. Ab diesem Straßenkilometer befand sich der Bw mit seinem Fahrzeug auf gleicher Höhe mit dem vom Zeugen gelenkten Fahrzeug. Wo der Bw zum Überholen angesetzt hat, konnte der Zeuge nicht angeben. Auf beiden in Fahrtrichtung des Bw bergwärts führenden Fahrstreifen herrschte Kolonnenverkehr. Der Zeuge schätzte seine Fahrgeschwindigkeit, als sich das vom Bw gelenkte Fahrzeug auf gleicher Höhe mit seinem Fahrzeug befand, auf ca. 50 bis 60 km/h ein.

 

Er befand sich in einer Kolonne, wobei die vor ihm fahrenden als auch die hinter ihm fahrenden Fahrzeuge ungefähr die gleiche Geschwindigkeit eingehalten haben wie er. Sowohl vor als auch hinter ihm befanden sich eher PKW-ähnliche Fahrzeuge. Auf Höhe des in seine Fahrtrichtung gesehen links der Straße befindlichen Parkplatzes, welcher bei km 26,6 beginnt, hat sich der Bw mit seinem Fahrzeug zwischen den Ein- und Ausfahrten (ca. auf Höhe des Strkm: 26,6 und 26,5) wieder auf den rechten Fahrstreifen eingereiht. Der Bw brauchte hiezu in etwa einen Zeitraum von 3 – 4 Sekunden.

 

Unter Zugrundelegung der Ausführungen dieses Zeugen hat der Amtssachverständige X bei der Berufungsverhandlung gutachtlich ausgeführt, dass der Zeuge in etwa auf Höhe des in seine Fahrtrichtung gesehen, rechts befindlichen Parkplatzes der Wirtschaftskammer überholt wurde – auf dieser Höhe (ca. bei Straßenkilometer: 26,7) war das überholende Fahrzeug neben ihm – und ca. 125 bis 135 m des in Fahrtrichtung links gelegenen Parkplatzes hat sich der Bw wieder auf dem rechten Fahrstreifen eingeordnet. Der Bw hat sohin überholend auf der Gegenfahrbahn ca. eine Wegstrecke von 125 – 135 m zurückgelegt. Ausgehend von den Angaben des Zeugen, der eine Geschwindigkeit von
50 – 60 km/h eingehalten und das Überholmanöver so in Erinnerung hat, dass, nachdem er überholt wurde, sich das überholende Fahrzeug ca. 3 – 4 Sekunden später auf den rechten Fahrstreifen eingereiht hat, hätte die Durchschnittsgeschwindigkeit des überholenden Fahrzeuges auf diesen 125 – 135 m rund 120 km/h und die Überholzeit für diese Strecke ca. 4 Sekunden betragen. Legt man für den bergabwärts fahrenden Gegenverkehr, der eine erlaubte Geschwindigkeit von 100 km/h fahren durfte, diese Zeit zu Grunde, hätte der Gegenverkehr in dieser Zeit rund 110 m zurücklegen können, sodass daraus eine Gesamtsichtweite von 235 – 245 m vorgelegen haben müsste. Legt man die Höhe des Parkplatzes der Wirtschaftskammer zu Grunde, ergibt sich unter Auswertung des vorliegenden Orthofotos auf Grund der Rechtskurve von diesem Standort aus in Fahrtrichtung des Überholers eine Sichtweite in der Größenordnung von 135 bis ca. 140 m. Die erforderliche Überholsicht unter Berücksichtigung des Gegenverkehrs, die im Bereich von 235 – 240 m einzuschätzen ist, wäre unter diesen Prämissen nicht vorhanden.

 

Die oa. Sacherverhaltsfeststellungen gründen auf die Aussagen des Zeugen
X. Dieser legte glaubwürdig bei der Berufungsverhandlung seine Wahrnehmungen dar. Er schickte vor der Vernehmung auch voraus, dass dies seine erste Anzeige wegen einer Verwaltungsübertretung nach der StVO war. Der Zeuge hinterließ beim Oö. Verwaltungssenat einen seriösen Eindruck und es besteht für den Oö. Verwaltungssenat kein Anhaltspunkt dafür, dass der Zeuge das von ihm geschilderte Fahrmanöver konstruiert hätte. Zudem ist zu berücksichtigen, dass der Zeuge unter Wahrheitspflicht stand, bei deren Verletzung er mit strafrechtlichen Folgen rechnen müsste. Der Beschuldigte konnte diesen Schilderungen nichts Substantielles entgegensetzen, zumal er lediglich pauschal behauptete, dass er sich an ein derartiges vom Zeugen geschildertes Fahrmanöver nicht erinnern könne. Der Amtssachverständige für Verkehrstechnik X erstattete unter Zugrundelegung der Zeugenaussagen sein Gutachten und ist in schlüssiger Weise zum Ergebnis gekommen, dass die erforderliche Überholsichtweite bei weitem nicht gegeben war.

 

I.4.3. Rechtlich beurteilend ist sohin festzustellen, dass der Bw die ihm zur Last gelegen Tatbestände von Verwaltungsübertretungen im Sinne des §§ 16 Abs.1 lit.a und 16 Abs.1 lit.c StVO 1960 erfüllt hat.

 

Der Lenker eines Fahrzeuges darf nämlich grundsätzlich nur dann überholen, wenn er in der Lage ist, die Überholstrecke zu überblicken und sich von der Möglichkeit eines gefahrlosen Überholens zu überzeugen.

 

Der Inhalt der Bestimmung der lit.a bezieht sich tatbestandsmäßig nicht auf eine am Ende des Überholvorganges eintretende Gefährdung oder Behinderung anderer Straßenbenützer, sondern auf ein dem Fahrzeuglenker erkennbares Gefährden- oder Behindernkönnen bzw. einen Platzmangel (VwGH v. 30.05.2001, 90/11/0221).

Für eine Übertretung des § 16 Abs.1 lit.c StVO 1960 ist eine konkrete Gefährdung oder Behinderung anderer Straßenbenützer nicht erforderlich, sondern es ist wesentlich, dass ein Überholvorgang begonnen wird, obwohl der Lenker des überholenden Fahrzeuges nicht erkennen kann, dass er sein Fahrzeug nach dem Überholvorgang in den Verkehr einordnen kann, ohne Straßenbenützer zu gefährden oder zu behindern. Die Bestrafung wegen Übertretung dieser Bestimmung kann sogar dann zu Recht erfolgen, wenn gar kein Gegenverkehr stattgefunden hat (VwGH v. 10.07.1981, 81/02/0108). Es entspricht der allgemeinen Lebenserfahrung, dass bei dichtem Kolonnenverkehr zu Beginn eines Überholvorganges eine Behinderung anderer Fahrzeuge bei späterem Einordnen nicht ausgeschlossen werden kann. Darauf, dass das Einordnen schließlich tatsächlich möglich war, kommt es nicht an (VwGH v. 23.10.1986, 86/02/0097). Der Bw hat sohin zweifellos auch diesen Tatbestand erfüllt, weil beim Überholen einerseits ein Gegenverkehr stattgefunden hat und andererseits auch in seine Fahrtrichtung Kolonnenverkehr herrschte. In diesem Zusammenhang ist nochmals festzustellen, dass das Überholen auch schon dann zu unterlassen ist, wenn die Möglichkeit einer Gefährdung oder Behinderung eines anderen Verkehrsteilnehmers gegeben ist. Auf eine konkrete Gefährdung kommt es nicht an.

 

Der Bw hat daher zweifellos die ihm zur Last gelegten Tatbestände des § 16 Abs.1 lit.a und des § 16 Abs.1 lit.c StVO 1960 erfüllt. Der Oö. Verwaltungssenat kann jedoch nicht mit der für ein Verwaltungsstrafverfahren erforderlichen Sicherheit feststellen, dass der Überholvorgang unter besonders gefährlichen Verhältnissen stattgefunden hat. Hier handelt es sich um einen sogenannten strafsatzändernden Umstand. Dieser Umstand bzw. diese Umstände müssen sachverhaltsmäßig feststehen und auch bei der Umschreibung der Tat im Sinne des § 44 a Z.1 VStG seinen Ausdruck finden. Die belangte Behörde hat die Annahme der besonders gefährlichen Verhältnisse damit begründet, dass der Bw durch sein Überholmanöver einen ihm entgegenkommenden Fahrzeuglenker zum Abbremsen genötigt hat. Der Oö. Verwaltungssenat folgt zwar dem Zeugen dahingehend, dass wegen des Überholmanövers des Bw ein Fahrzeuglenker im Gegenverkehr sein Fahrzeug abgelenkt hat. Ob dieser Fahrzeuglenker auch objektiv genötigt wurde, kann jedoch mit beweiskräftiger Sicherheit nicht festgestellt werden, da, auf Grund der Rechtskurve und der Entfernung des Bw zu dem vom Zeugen gelenkten Fahrzeug kein sicherer Schluss dahingehend abgeleitet werden kann, dass ein Fahrzeuglenker im Gegenverkehr tatsächlich auch objektiv genötigt bzw. konkret gefährdet wurde. Für die Annahme des Vorliegens besonderes gefährlicher Verhältnisse ist jedoch eine konkrete Gefährdung erforderlich. Zudem ist auch der formalrechtliche Aspekt dahingehend zu berücksichtigen, dass das Ablenken des Gegenverkehrs außerhalb der durch das angefochtene Straferkenntnis definierten Tatstrecke zwischen Strkm. 26,8 und 26,6 erfolgt ist. Der Zeuge hat sowohl bei der Berufungsverhandlung als auch in seinen ergänzenden Mitteilungen an den Oö. Verwaltungssenat eindeutig ausgesagt, dass es erst nach dem Strkm. 26,6 zu der gefährlichen Situation mit dem Gegenverkehr gekommen ist.

 

Die Berufung war daher mit der Maßgabe der Änderung des Schuldspruches in der Schuldfrage abzuweisen.

 

I.4.4. Strafbemessung:

Auch unter dem Blickwinkel, dass nunmehr ein anderer Strafrahmen anzuwenden ist, sind die verhängten Strafen angemessen.

 

Der Strafrahmen wegen Verwaltungsübertretungen gemäß § 99 Abs.3 lit.a beträgt bis zu 726 Euro. im Fall der Uneinbringlichkeit ist eine Arreststrafe bis zu zwei Wochen zu verhängen. Für beide Delikte wurde der Strafrahmen lediglich je zu 13,8 % ausgeschöpft. Was die sozialen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Bw anlangt, ist die belangte Behörde von einem Einkommen des Bw von ca. 1.400 Euro monatlich, keinem Vermögen und keinen Sorgepflichten ausgegangen. Der Bw ist verwaltungsstrafrechtlich nicht unbescholten. Laut Vormerkungsregister weist er Vormerkungen wegen Übertretungen des KFG 1967 und der StVO 1960 auf. Weiters hat der Vertreter der belangten Behörde bei der Berufungsverhandlung festgehalten, dass dem Bw seine Lenkberechtigung vom 28. April bis 28. Juli 2009 wegen Überschreitung des zulässigen Höchstgeschwindigkeit auf der Autobahn um mehr als 50 km/h entzogen wurde. Die Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land stammt vom 3. Dezember 2008. Der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit kommt sohin dem Bw nicht zugute. Sonstige Milderungs- und Erschwerungsgründe sind im Verfahren nicht hervorgekommen.

 

Die belangte Behörde hat im angefochtenen Straferkenntnis zutreffend ausgeführt, dass gefährliche Überholmanöver immer wieder Ursache von Frontalzusammenstößen mit unabsehbaren Folgen sind und sohin der Unrechtsgehalt der Übertretungen als erheblich zu qualifizieren ist, weshalb auch  aus general- sowie spezialpräventiven Überlegungen eine entsprechend strenge Bestrafung geboten ist. Der Oö. Verwaltungssenat teilt diese Einschätzung. Eine Herabsetzung der ohnehin relativ niedrig angesetzten Strafe kommt daher nicht in Betracht.

 

Aus den genannten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

 

II. Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet.

 


Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser

 

 

Dr. Johann Fragner

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum