Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-252760/6/Gf/Mu

Linz, 15.04.2011

 

Die 11. Kammer des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich hat durch ihren Vorsitzenden Dr. Weiß, den Berichter Dr. Grof und den
Beisitzer Dr. Pree über die Berufung des x gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Gmunden vom 9. März 2011, Zl. SV96-4-2011, wegen einer Übertretung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes zu Recht
erkannt:

I. Der Berufung wird insoweit stattgegeben, als die Geldstrafe mit 730 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe mit 112 Stunden festgesetzt werden; im Übrigen wird diese hingegen abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

II. Der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde ermäßigt sich auf 73 Euro; für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat ist kein Kostenbeitrag zu leisten.

Rechtsgrundlage:

§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 64 Abs. 1 und 2 VStG; § 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Gmunden vom 9. März 2011, Zl. SV96-4-2011, wurde gegen den Beschwerdeführer eine Geldstrafe in Höhe von 2.180 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 146 Stunden; Verfahrenskostenbeitrag: 218 Euro) verhängt, weil er es als Inhaber eines Gastronomiebetriebes zu vertreten habe, dass er am 12. Dezember 2010 in seinem Lokal in Gmunden eine Person als Dienstnehmer beschäftigt habe, ohne dass diese zur Sozialversicherung angemeldet gewesen sei. Dadurch habe er eine Übertretung des § 33 Abs. 1 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes, BGBl.Nr. 189/1955 in der im gegenständlichen Fall maßgeblichen Fassung BGBl.Nr. I 111/2010 (im Folgenden: ASVG), begangen, weshalb er nach § 111 Abs. 1 Z. 1 ASVG zu bestrafen gewesen sei.

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass dieses dem Rechtsmittelwerber angelastete deliktische Verhalten von Aufsichtsorganen des Finanzamtes Gmunden-Vöcklabruck während einer amtlichen Kontrolle festgestellt worden und daher als erwiesen anzusehen sei.

Im Zuge der Strafbemessung seien Milderungsgründe nicht hervorgekommen; da jedoch bereits eine einschlägige Vormerkung vorliege, sei von einer Wiederholungstat auszugehen und daher der erhöhte Strafrahmen des § 111 Abs. 2 ASVG anzuwenden gewesen. Die vom Beschwerdeführer angegebenen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse seien entsprechend berücksichtigt worden.

1.2. Gegen dieses ihm am 15. März 2011 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 21. März 2011 – und damit rechtzeitig – zur Post gegebene Berufung.

Zu deren Begründung bringt der Rechtsmittelwerber vor, dass er seinen Dienstnehmer schon vor dem Tatzeitpunkt, nämlich bis zum 30. September 2010 beschäftigt gehabt habe und jener bis zu dahin auch zur Sozialversicherung angemeldet gewesen sei. Allerdings sei er in den letzten Septembertagen vereinbarungswidrig nicht mehr zur Arbeit erschienen, obwohl ihm damals der Lohn bereits bis zum Monatsende ausbezahlt worden sei. Nach einer klärenden Aussprache sei dann vereinbart worden, dass der Dienstnehmer die dem Beschwerdeführer noch geschuldeten Arbeitsstunden in einem Gesamtausmaß von 17 Stunden nach Bedarf und ohne Entgelt bis Jahresende 2010 abarbeiten werde. Am Vorfallstag habe er daher 21/2 dieser insgesamt 17 Stunden im Lokal des Beschwerdeführers nachgeleistet, hierfür jedoch kein Entgelt erhalten.

Da sohin kein sozialversicherungspflichtiges Dienstverhältnis und somit auch kein tatbestandsmäßiges Verhalten vorgelegen sei, wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt.

2.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der BH Gmunden zu Zl. Zl. SV96-4-2011; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ und die Verfahrensparteien – weil im Berufungsverfahren lediglich Rechtsfragen zu klären waren – darauf verzichtet haben, konnte im Übrigen gemäß § 51e VStG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

2.2. Im Rahmen dieser Beweisaufnahme wurde folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt:

2.2.1. Am 12. Dezember 2010 haben Aufsichtsorgane des Finanzamtes Gmunden-Vöcklabruck im Zuge einer Kontrolle des Lokales des Beschwerdeführers  festgestellt, dass dort um 16.45 Uhr eine mit einer Kellnerbrieftasche ausgestattete, jedoch nicht zur Sozialversicherung angemeldete Person den anwesenden Gästen Getränke servierte und das hierfür zu entrichtende Entgelt einkassierte. Zur Rede gestellt habe der Bedienstete angegeben, dass er bloß für ca. 1 Stunde den Chef vertrete, hierfür jedoch kein Entgelt, sondern lediglich etwas zum Essen erhalte.

2.2.2. Mit Schriftsatz vom 17. Jänner 2011, Zl. 053/73002/6/2011, hat das
Finanzamt Gmunden-Vöcklabruck eine entsprechende Anzeige an den Bezirkshauptmann von Gmunden erstattet und in dieser die Bestrafung des Rechtsmittelwerbers begehrt.

2.2.3. Mit diesen Ermittlungsergebnissen konfrontiert hat der Beschwerdeführer im Zuge seiner persönlichen Einvernahme dagegen eingewendet, dass der am 12. Dezember 2010 in seinem Lokal angetroffene Dienstnehmer bis Ende September 2010 von ihm beschäftigt, entlohnt und auch zur Sozialversicherung angemeldet gewesen, in den letzten Septembertagen jedoch nicht mehr zur Arbeit erschienen sei. Daher sei vereinbart worden, dass er die dem Rechtsmittelwerber noch geschuldeten Arbeitsstunden in einem Gesamtausmaß von 17 Stunden nach Bedarf und ohne Entgelt abarbeiten solle. Am Vorfallstag habe er sohin einige von diesen 17 Stunden im Lokal des Beschwerdeführers geleistet, hierfür jedoch kein Entgelt erhalten. Unter einem hat der Rechtsmittelwerber eine vom Dienstnehmer unterfertigte Aufstellung vorgelegt, aus der hervorgehe, an welchen Tagen und in welchem Ausmaß jener diese Reststunden jeweils abgearbeitet habe (vgl. die Niederschrift der BH Gmunden vom 27. Jänner 2011, Zl. SV96-4-2011).

2.2.4. In seiner Stellungnahme vom 3. Februar 2011, Zl. 053/73002/8/2011, hat sich das Finanzamt Gmunden-Vöcklabruck dahin geäußert, dass der Dienstnehmer im Zuge der am 12. Dezember 2010 durchgeführten Kontrolle das Bestehen eines Beschäftigungsverhältnisses gänzlich bestritten habe, sodass der Einwand, dass es sich insoweit bloß um nachzuarbeitende Stunden gehandelt hätte, als äußerst unglaubwürdig erscheine; vielmehr müsse davon ausgegangen werden, dass jenes Schreiben, in dem der Dienstnehmer seine Nachleistungen aufgelistet habe, entsprechend rückdatiert worden sei. Von all dem abgesehen nehme aber die Meldeverpflichtung des ASVG auf eine derartige nachträgliche Abarbeitung offener Stunden ohnehin keine Rücksicht: Mangels erforderlicher Anmeldung sowie davon ausgehend, dass die Rechtfertigung des Beschwerdeführers bloß als eine Schutzbehauptung anzusehen sei, liege somit ein entsprechender Verstoß gegen das ASVG vor, weshalb der Strafantrag vom 17. Jänner 2011 weiter aufrecht erhalten werde.

 

2.3. Nach § 51c VStG hatte der Oö. Verwaltungssenat im gegenständlichen Fall – weil mit dem angefochtenen Straferkenntnis eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde – durch eine aus drei Mitgliedern bestehende Kammer zu entscheiden.

 

 

3. Über die vorliegende Beschwerde hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

 

3.1. Gemäß § 33 Abs. 1 ASVG haben die Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach dem ASVG in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden.

 

Nach § 35 Abs. 1 ASVG gilt als Dienstgeber i.S.d. des ASVG u.a. derjenige, für dessen Rechnung jener Betrieb geführt wird, in dem der Dienstnehmer in einem Beschäftigungsverhältnis steht, auch wenn der Dienstgeber den Dienstnehmer durch Mittelspersonen in Dienst genommen hat oder ihn ganz oder teilweise auf Leistungen Dritter an Stelle des Entgeltes verweist. Dies gilt entsprechend auch für die gemäß § 4 Abs. 1 Z 3 pflichtversicherten, nicht als Dienstnehmer beschäftigten Personen.

 

Als Dienstnehmer i.S.d. ASVG ist nach § 4 Abs. 2 leg.cit. anzusehen, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen.

 

Gemäß § 111 Abs. 1 Z. 1 ASVG handelt u.a. derjenige ordnungswidrig, der als Dienstgeber entgegen den Vorschriften des ASVG Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet. Eine solche Ordnungswidrigkeit ist nach § 111 Abs. 2 ASVG von der Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen, und zwar mit Geldstrafe von 730 € bis zu 2.180 €, im Wiederholungsfall von 2.180 € bis zu 5.000 €, bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen, sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist.

 

In diesem Zusammenhang ist gemäß § 539a Abs. 1 ASVG für die Beurteilung von Sachverhalten nach diesem Bundesgesetz in wirtschaftlicher Betrachtungsweise der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes (zB Werkvertrag, Dienstvertrag) maßgebend.

 

3.2. Im gegenständlichen Fall ist das Faktum, dass der Dienstnehmer am Vorfallstag kein Entgelt i.S.d. § 4 Abs. 2 ASVG erhalten hat, objektiv besehen nicht zweifelhaft; Gegenteiliges konnte nämlich insbesondere auch nicht im Zuge der am 12. Dezember 2010 durchgeführten Lokalkontrolle erwiesen werden, weil die einschreitenden Aufsichtsorgane selbst keine dementsprechenden Wahrnehmungen gemacht haben.

 

3.2.1. Strittig ist allerdings zunächst die Rechtsfrage, ob – die durch eine entsprechende Bestätigung seines Dienstnehmers untermauerte Verantwortung des Beschwerdeführers dahin, dass jener an diesem Tag noch offene Reststunden abgeleistet hat, als zutreffend unterstellt – der schon zu einem früheren Zeitpunkt, nämlich im September 2010, für diese Nachleistung entrichtete Lohn als ein derartiges Entgelt angesehen werden kann.

 

Dies ist nach Auffassung des Oö. Verwaltungssenates deshalb zu bejahen, weil § 4 Abs. 2 ASVG schon seiner Textierung nach lediglich darauf abstellt, dass die Beschäftigung überhaupt "gegen Entgelt" erfolgte; ob die tatsächliche Bezahlung des Entgelts schon vor dem Beginn der Beschäftigung, erst nach deren Ende oder gleichzeitig bzw. in einem engen zeitlichen Naheverhältnis zu dieser erfolgt, ist hingegen – insbesondere auch unter dem Aspekt einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise i.S.d. § 539a Abs. 1 ASVG – ebenso ohne Belang wie das Motiv der Vertragspartner, das zu einem allfälligen zeitlichen Auseinanderfallen zwischen der Leistung des Entgelts einerseits und der Dienstleistung andererseits führt bzw. geführt hat.

 

Davon ausgehend war daher die Beschäftigung des Dienstnehmers am Vorfallstag (12. Dezember 2010) als entgeltlich und sohin auch als sozialversicherungs- und damit meldepflichtig i.S.d. § 33 Abs. 1 ASVG zu qualifizieren.

 

3.2.2. Somit erhebt sich aber unter einem die Frage, ob auch die vom Beschwerdeführer unstrittig bis zum 30. September 2010 vorgenommene Anmeldung seines Dienstnehmers zur Sozialversicherung in analoger Weise "nachwirkt".

 

Diesbezüglich legt allerdings der Normtext des § 33 Abs. 1 ASVG einerseits fest, dass die Dienstgeber die von ihnen beschäftigten Personen vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden, sie darüber hinaus diese aber andererseits auch binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden haben. Als Beginn der Pflichtversicherung sieht § 10 Abs. 1 ASVG – unabhängig von der Erstattung der gebotenen Anmeldung – grundsätzlich den Tag des Beginnes der Beschäftigung vor. Andererseits erlischt die Pflichtversicherung nach § 11 Abs. 1 ASVG im Allgemeinen mit dem Ende des Beschäftigungsverhältnisses; fällt jedoch der Zeitpunkt, zu dem der (gemeint offensichtlich: aus dem Beschäftigungsvertrag resultierende) Anspruch auf Entgelt endet, nicht mit dem Zeitpunkt des Endes des Beschäftigungsverhältnisses zusammen, so erlischt die Pflichtversicherung mit dem Ende des Entgeltanspruches (der entweder vor oder nach dem Ende des Beschäftigungsverhältnisses liegen kann).

 

Daraus ergibt sich insgesamt, dass das Bestehen der Sozialversicherung – und damit auch die sich daran knüpfende Meldepflicht – ebenso wie die Frage der Dienstnehmereigenschaft in gleicher Weise eng an den Entgeltanspruch gebunden ist: Fallen das Ende der Beschäftigung und das Ende des Entgeltanspruches auseinander, so ist nämlich allein letzterer Zeitpunkt für die Beendigung des Versicherungsverhältnisses maßgebend. Somit kann also zwischen Dienstgeber und Dienstnehmer – mit der Wirkung einer weiterhin bestehenden (allerdings auch dementsprechend beitragspflichtigen) Sozialversicherung – beispielsweise vereinbart werden, dass das Entgelt erst bis zu einem bestimmten, nach dem Ende der tatsächlichen Beschäftigung liegenden Zeitpunkt zu leisten ist. Weil aber die Pflichtversicherung mit dem Ende der tatsächlichen Beschäftigung, spätestens aber mit einem allenfalls danach eintretenden Ende des vertraglichen Entgeltanspruches erlischt, ist es auf Grund dieser so ausgestalteten Rechtslage dem gegenüber umgekehrt nicht möglich, – wie im vorliegenden Fall – für einen vor der tatsächlichen Dienstleistung liegenden Zeitraum in vollem Umfang sowohl das entsprechende Entgelt als auch die fälligen Sozialversicherungsbeiträge mit der Wirkung zu entrichten, dass diese für eine erst ex post zu erbringende Arbeitsleistung gelten (bzw. angerechnet werden) sollen: In dieser Konstellation würden nämlich sowohl das Ende des Entgeltanspruches als auch das Ende der Beschäftigung vor der neu aufgenommenen Tätigkeit liegen, sodass die darauf bezügliche Pflichtversicherung gemäß § 11 Abs. 1 ASVG endet, womit die neue Tätigkeit  wiederum eine eigenständige Sozialversicherungspflicht begründet.

 

Während die faktische Entgeltlichkeit somit bloß ein Tatbestandsmerkmal (neben mehreren anderen) darstellt, damit eine Beschäftigung auch als eine solche i.S.d. § 4 Abs. 2 ASVG zu qualifizieren ist, bilden dem gegenüber die Beschäftigung bzw. das Bestehen eines aus dem Dienstvertrag resultierenden Entgeltanspruches jeweils ein konstitutives Element für den Versicherungsschutz, sodass auf Grund dieser jeweils unterschiedlichen rechtsystematischen Funktionen auch deren Ungleichbehandlung dahin, dass eine spätere Dienstnehmerschaft zwar als von einem zuvor vereinbarten und auch bereits geleisteten Entgelt, nicht aber auch als von einer bereits zuvor ergangenen Meldung und Beitragsleistung des Dienstgebers zur Sozialversicherung getragen angesehen werden kann, im Ergebnis als sachlich gerechtfertigt erscheint.  

 

Da im gegenständlichen Fall sowohl das Dienstverhältnis als auch der damit im Zusammenhang stehende vertragliche Entgeltanspruch des Beschäftigten allseits unbestritten bereits am 30. September 2010 geendet hatten, wäre sohin die am 12. Dezember 2010 ausgeübte Tätigkeit – ungeachtet des Umstandes, dass es sich hierbei um eine Leistung handelte, für die der Beschwerdeführer das gebührende Entgelt bereits vorab entrichtet gehabt hatte – (von Neuem) sozialversicherungspflichtig und damit auch gemäß § 33 Abs. 1 ASVG meldepflichtig gewesen.

 

3.2.3. Indem es der Rechtsmittelwerber jedoch – was von ihm selbst auch gar nicht in Abrede gestellt wird – unterlassen hat, eine entsprechende Meldung an den zuständigen Sozialversicherungsträger zu erstatten, hat er also tatbestandsmäßig i.S.d. § 111 Abs. 1 Z. 1 i.V.m. § 33 Abs. 1 ASVG und jedenfalls insoweit, als er trotz mangelhafter Kenntnis in Bezug auf einen Rechtsbereich, hinsichtlich dessen ihn als Unternehmer die gesetzliche Pflicht trifft, sich damit ausreichend vertraut zu machen, dennoch keinerlei Erkundigungen bei der zuständigen Behörde eingeholt hat, zumindest auch fahrlässig und damit schuldhaft gehandelt.

Seine Strafbarkeit ist daher gegeben.

3.3. Im Zuge der Strafbemessung hat die belangte Behörde die Behauptung, dass bezüglich des Rechtsmittelwerbers bereits eine einschlägige Vormerkung vorliegen würde, aus der Anzeige des Finanzamtes Gmunden-Vöcklabruck vom  17. Jänner 2011 (s.o., 2.2.2.) offensichtlich übernommen, ohne diesbezüglich eigenständige Erhebungen durchzuführen. Denn in dem von der BH Gmunden dem Oö. Verwaltungssenat vorgelegten Akt findet sich kein dementsprechender Beleg. Dass daher gegen den Beschwerdeführer tatsächlich schon eine einschlägige Vorstrafe verhängt wurde und diese zudem gegenwärtig auch bereits in Rechtskraft erwachsen ist, lässt sich somit objektiv nicht nachvollziehen.

Im gegenständlichen Fall kann daher nicht mit der für ein Verwaltungsstrafverfahren erforderlichen Sicherheit davon ausgegangen werden, dass es sich insoweit bereits um eine Wiederholungstat handelt.

Dies zu Grunde legend und gleichzeitig der Ansicht der belangten Behörde dahin, dass hier die Verhängung der Mindeststrafe als tat- und schuldangemessen angesehen werden kann, folgend war daher die Geldstrafe gemäß § 111 Abs. 2 erste Alternative ASVG mit 730 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe mit 112 Stunden festzusetzen.

3.4. Insoweit war daher der vorliegenden Berufung gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG stattzugeben; im Übrigen war diese hingegen abzuweisen und das angefochtene Straferkenntnis zu bestätigen.

4. Bei diesem Verfahrensergebnis ermäßigt sich der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde nach § 64 Abs. 1 und 2 AVG auf 73 Euro; für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat war dem Berufungswerber hingegen gemäß § 65 VStG kein Kostenbeitrag vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

Dr.  W e i ß

 

Rechtssatz:

 

VwSen-252760/6/Gf/Mu vom 15. April 2011:

 

§ 4 Abs. 2 ASVG; § 10 Abs. 1 ASVG; § 11 Abs. 1 ASVG; § 33 Abs. 1 ASVG; § 111 Abs. 1 Z. 1 ASVG; § 539a Abs. 1 ASVG

 

* Dass ein schon zu einem früheren Zeitpunkt, nämlich im September 2010, für eine im Dezember 2010 erfolgte stundenweise "Nachleistung" entrichteter Lohn als "Entgelt" anzusehen ist, ist deshalb zu bejahen, weil § 4 Abs. 2 ASVG schon seiner Textierung nach lediglich darauf abstellt, dass die Beschäftigung überhaupt "gegen Entgelt" erfolgt; ob die Zahlung des Entgelts schon vor dem Beginn der Beschäftigung, erst nach deren Ende oder gleichzeitig bzw. in einem engen zeitlichen Naheverhältnis zu dieser erfolgt, ist hingegen – insbesondere auch unter dem Aspekt einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise i.S.d. § 539a Abs. 1 ASVG – ebenso ohne Belang wie das Motiv, das zu einem zeitlichen Auseinanderfallen der Leistung des Entgelts einerseits und der Dienstleistung andererseits führt bzw. geführt hat;

 

* Aus dem Zusammenhalt von § 33 Abs. 1, § 10 Abs. 1 und § 11 Abs. 1 ASVG ergibt sich insgesamt, dass das Bestehen der Sozialversicherung – und damit auch die sich daran knüpfende Meldepflicht – in gleicher Weise eng an den Entgeltanspruch gebunden ist: Fallen das Ende der Beschäftigung und das Ende des (vertraglichen) Entgeltanspruches auseinander, so ist allein letzterer Zeitpunk für die Beendigung des Versicherungsverhältnisses maßgebend. Somit kann also zwischen Dienstgeber und Dienstnehmer – mit der Wirkung einer weiterhin bestehenden (allerdings auch dementsprechend beitragspflichtigen) Sozialversicherung – beispielsweise vereinbart werden, dass das Entgelt erst bis zu einem bestimmten, nach dem Ende der tatsächlichen Beschäftigung liegenden Zeitpunkt zu leisten ist. Weil aber die Pflichtversicherung mit dem Ende der tatsächlichen Beschäftigung, spätestens aber mit einem allenfalls danach eintretenden Ende des vertraglichen Entgeltanspruches erlischt, ist es umgekehrt z.B. nicht möglich, für einen vor der tatsächlichen Dienstleistung liegenden Zeitraum in vollem Umfang sowohl das entsprechende Entgelt als auch die fälligen Sozialversicherungsbeiträge mit der Wirkung zu entrichten, dass diese für eine erst ex post zu erbringende Arbeitsleistung gelten (bzw. angerechnet werden) sollen;

 

* Während die faktische Entgeltlichkeit somit bloß ein Tatbestandsmerkmal (neben mehreren anderen) darstellt, damit eine Beschäftigung auch als eine solche i.S.d. § 4 Abs. 2 ASVG zu qualifizieren ist, bilden dem gegenüber die Beschäftigung bzw. das Bestehen eines Entgeltanspruches jeweils ein konstitutives Element für den Versicherungsschutz, sodass auf Grund dieser jeweils unterschiedlichen rechtsystematischen Funktionen auch deren Ungleichbehandlung dahin, dass eine spätere Dienstnehmerschaft zwar als von einem zuvor vereinbarten und auch bereits geleisteten Entgelt, nicht aber auch als von einer bereits zuvor ergangenen Meldung und Beitragsleistung des Dienstgebers zur Sozialversicherung getragen angesehen werden kann, im Ergebnis als sachlich gerechtfertigt erscheint.

 

VwSen-252760/6/Gf/Mu vom 15. April 2011

Erkenntnis

 

ASVG §4 Abs2;

ASVG §10 Abs1;

ASVG §11 Abs1;

ASVG §33 Abs1;

ASVG §111 Abs1 Z1;

ASVG §539a Abs1

 

Rechtssatz 1

Dass ein schon zu einem früheren Zeitpunkt, nämlich im September 2010, für eine im Dezember 2010 erfolgte stundenweise "Nachleistung" entrichteter Lohn als "Entgelt" anzusehen ist, ist deshalb zu bejahen, weil §4 Abs2 ASVG schon seiner Textierung nach lediglich darauf abstellt, dass die Beschäftigung überhaupt "gegen Entgelt" erfolgt; ob die Zahlung des Entgelts schon vor dem Beginn der Beschäftigung, erst nach deren Ende oder gleichzeitig bzw in einem engen zeitlichen Naheverhältnis zu dieser erfolgt, ist hingegen – insbesondere auch unter dem Aspekt einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise iSd §539a Abs1 ASVG – ebenso ohne Belang wie das Motiv, das zu einem zeitlichen Auseinanderfallen der Leistung des Entgelts einerseits und der Dienstleistung andererseits führt bzw geführt hat.

 

Rechtssatz 2

Aus dem Zusammenhalt von §33 Abs1, §10 Abs1 und §11 Abs1 ASVG ergibt sich insgesamt, dass das Bestehen der Sozialversicherung – und damit auch die sich daran knüpfende Meldepflicht – eng an den Entgeltanspruch gebunden ist: Fallen das Ende der Beschäftigung und das Ende des (vertraglichen) Entgeltanspruches auseinander, so ist allein letzterer Zeitpunk für die Beendigung des Versicherungsverhältnisses maßgebend. Somit kann also zwischen Dienstgeber und Dienstnehmer – mit der Wirkung einer weiterhin bestehenden (allerdings auch dementsprechend beitragspflichtigen) Sozialversicherung – beispielsweise vereinbart werden, dass das Entgelt erst bis zu einem bestimmten, nach dem Ende der tatsächlichen Beschäftigung liegenden Zeitpunkt zu leisten ist. Weil aber die Pflichtversicherung mit dem Ende der tatsächlichen Beschäftigung, spätestens aber mit einem allenfalls danach eintretenden Ende des vertraglichen Entgeltanspruches erlischt, ist es umgekehrt zB nicht möglich, für einen vor der tatsächlichen Dienstleistung liegenden Zeitraum in vollem Umfang sowohl das entsprechende Entgelt als auch die fälligen Sozialversicherungsbeiträge mit der Wirkung zu entrichten, dass diese für eine erst ex post zu erbringende Arbeitsleistung gelten (bzw angerechnet werden) sollen.

 

Rechtssatz 3

Während die faktische Entgeltlichkeit bloß ein Tatbestandsmerkmal (neben mehreren anderen) darstellt, damit eine Beschäftigung auch als eine solche iSd §4 Abs2 ASVG zu qualifizieren ist, bilden dem gegenüber die Beschäftigung bzw das Bestehen eines Entgeltanspruches jeweils ein konstitutives Element für den Versicherungsschutz, sodass auf Grund dieser jeweils unterschiedlichen rechtsystematischen Funktionen auch deren Ungleichbehandlung dahin, dass eine spätere Dienstnehmerschaft zwar als von einem zuvor vereinbarten und auch bereits geleisteten Entgelt, nicht aber auch als von einer bereits zuvor ergangenen Meldung und Beitragsleistung des Dienstgebers zur Sozialversicherung getragen angesehen werden kann, im Ergebnis als sachlich gerechtfertigt erscheint.

 

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