Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-550576/4/Kl/Rd/Pe

Linz, 19.05.2011

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Ilse Klempt über den Antrag der x,  vertreten durch x,  vom 13. Mai 2011 auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung im Vergabe­verfahren der x betreffend das Vorhaben "Neue Schienen­achse x, Baugrunderkundung, geophysikalische Bohrlochunter­suchung, Pumpver­suche", zu Recht erkannt:

 

 

Dem Antrag wird stattgegeben und der Auftraggeberin  x die Erteilung des Zuschlags bis zur Entscheidung in diesem Nachprüfungsverfahren, längstens aber bis  13. Juli 2011, untersagt.

Rechtsgrundlagen:

§§ 1, 2, 8 und 11 Oö. Vergaberechtsschutzgesetz 2006 – Oö. VergRSG 2006, LGBl. Nr. 130/2006 idF LGBl. Nr. 68/2010.

 

Entscheidungsgründe:

1. Mit Eingabe vom  13. Mai 2011 hat die x (im Folgenden: Antragstellerin) einen Antrag auf Nichtigerklärung der Zuschlags­entscheidung sowie auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, der Auftraggeberin die Zuschlagserteilung bis zur Entscheidung im Nachprüfungs­verfahren, zu untersagen, gestellt. Im Übrigen wurde die Zuerkennung der entrichteten Pauschalgebühren in Höhe von 3.750 Euro beantragt.

 

Begründend führte die Antragstellerin eingangs hiezu aus, die Auftraggeberin habe mit Veröffentlichung vom 10.3.2011 in der Amtlichen Linzer Zeitung das konkrete Vorhaben im Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung im Unterschwellenbereich im Sektorenbereich eingeleitet. Das gegenständliche Verhandlungsverfahren ziele auf die Vergabe eines Bauauftrages mit Ausfüh­rungs­zeitraum Mai 2011 bis August 2011 ab. Die Auftraggeberin habe sich in den Teilnahmeunterlagen vorbehalten, die Teilnehmeranzahl auf 10 Unternehmen zu beschränken. Hinsichtlich der technischen Leistungsfähigkeit wurde in den Teilnahmeunterlagen festgelegt, dass die Bewerber Referenzen über die Abwicklung von facheinschlägigen Rahmenaufträgen in den letzten fünf Jahren vorzulegen haben. Als Mindestanforderung wurde definiert: 5 Projekte im dicht verbauten innerstädtischen Bereich; Leistungen: je Projekt mindestens 30 Erkundungsbohrungen mit Bohrlängen > 10 m, in Kombination mit geophysi­kalischen Bohrlochuntersuchungen und Pumpversuchen zur Bestimmung der Durchlässigkeitswerte. Abgabeschluss der Teilnahmeanträge war der 21.3.2011.

 

Die Antragstellerin wurde mit Schreiben vom 22.3.2011 unter Übermittlung der Ausschreibungsunterlagen zur Angebotsabgabe aufgefordert. Die Angebotsfrist – laut Angebotsdeckblatt der Ausschreibungsunterlagen – endete am 11.4.2011, 12.00 Uhr. 

In Teil B.5 Pos. 00B105 der Ausschreibungsunterlagen wurde als Zuschlagsprinzip das Bestbieterprinzip festgelegt und sollte der Zuschlag dem technisch und wirtschaftlich günstigsten Angebot erteilt werden.  In Teil B.5 Pos. 00B106 wurden als Zuschlagskriterium der Preis (mit einer Gewichtung von max. 95 von 100 möglichen Punkten) sowie die Qualität (mit einer Gewichtung von max. 5 von 100 möglichen Punkten) festgelegt. Im Kriterium Qualität wurde die Qualität des Schlüsselpersonals bewertet, wobei zwecks Bewertung max. 5 personenbezogene Referenzen (drei für den zu benennenden Bauleiter, zwei für den zu benennenden Bohrmeister) herangezogen wurden und zählte jede Referenz 1 Punkt.

Die Punkte für das Zuschlagskriterium Preis errechneten sich nach der Formel:

Punkte Preis = (Preis des Billigstbieters dividiert durch Preis des Bieters) x 95.

 

Am 6.5.2011 wurde der Antragstellerin mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, der x den Zuschlag zu erteilen. Die Zuschlagsentscheidung enthalte neben dem Namen der präsumtiven Zuschlagsempfängerin lediglich die Vergabesumme sowie die Punkteanzahl der Angebote der präsumtiven Zuschlagsempfängerin sowie der Antragstellerin. Der 13.5.2011 wurde als Ende der Stillhaltefrist angegeben.

Darüber hinaus wurde festgehalten:

Angaben über die Merkmale des erfolgreichen Angebotes: "JA, und zwar preisgünstigstes Angebot".

Weitere Informationen habe die Antragstellerin, insbesondere an welcher Stelle ihr Angebot gereiht wurde, nicht erhalten.

 

Von der Antragstellerin wurde ihr Interesse am Vertragsabschluss dargelegt und wurde zum drohenden Schaden ausgeführt, dass ihr bei Nichterteilung des Zuschlages ein Gewinn inklusive Deckungsbeitrag in Höhe von 34.500 Euro entgehen würde und ihr bereits Aufwandskosten in Höhe von 4.040 Euro sowie Kosten für die Rechtsvertretung in Höhe von 5.000 Euro entstanden seien. Zudem drohe auch der Verlust eines Referenzprojektes.

 

Die Antragstellerin erachte sich in ihrem Recht auf Durchführung eines vergaberechtskonformen Vergabeverfahrens sowie insbesondere auf

-                    vergaberechts- und ausschreibungskonforme sowie objektiv nachvollziehbare Angebotsprüfung und Bestbieterermittlung,

-                    Gleichbehandlung aller Bewerber und Bieter,

-                    für den Zuschlag in Aussicht genommen zu werden,

-                    Durchführung eines transparenten und dem freien und lauteren Wettbewerb entsprechenden Vergabeverfahrens,

-                    Nichtberücksichtigung des Angebots der in Aussicht genommenen Zuschlagsempfängerin,

-                    Ausscheiden von auszuscheidenden Angeboten,

-                    Ausschluss eines nicht geeigneten Unternehmens,

-                    Zuschlagsentscheidung und Zuschlagserteilung zu Gunsten ihres Angebots als Bestbieterin,

-                    gesetzeskonforme Bekanntgabe der Zuschlagsentscheidung,

-                    Teilnahme an einem gesetzmäßigen Vergabeverfahren,

-                    Teilnahme an einem neuerlichen Vergabeverfahren infolge eines allenfalls gebotenen Widerrufs,

verletzt.

 

Zu den Rechtswidrigkeiten der bekannt gegebenen Zuschlagsentscheidung führt die Antragstellerin zusammengefasst im Wesentlichen Nachstehendes aus:

Die Zuschlagsentscheidung erfülle nicht alle zwingenden gesetzlichen Anforderungen gemäß § 272 Abs.1 BVergG 2006, zumal verabsäumt wurde, der Antragstellerin die Gründe für die Ablehnung ihres Angebots sowie die Merkmale und Vorteile des erfolgreichen Angebots, die für eine Beurteilung der Recht­mäßigkeit der Zuschlagsentscheidung erforderlich sind, vollständig mitzuteilen. Die Zuschlagsentscheidung benenne weder die Punkteanzahl der beiden Angebote in den beiden Zuschlagskriterien Qualität und Preis noch eine Erläuterung, weshalb den beiden Angeboten in den jeweiligen Zuschlagskriterien die dort vergebene Punkteanzahl zuerkannt wurde. Des weiteren sei keine Reihung der Angebote bekannt gegeben worden; dies wiege umso schwerer, als aufgrund des gewählten Verhandlungsverfahrens keine öffentliche Angebotsverlesung stattgefunden habe.

 

Des weiteren liege der Zuschlagsentscheidung eine vergaberechtswidrige Best­bieterermittlung zugrunde. Nach der in der Zuschlagsentscheidung dargelegten Begründung, das Angebot der präsumtiven Zuschlags­empfängerin sei das preisgünstigste bzw das Angebot der Antragstellerin sei nicht das preisgünstigste, sei davon auszugehen, dass die Bewertung der Angebote lediglich nach dem Preis erfolgte. Dies widerspreche allerdings dem in den Ausschreibungsunterlagen festgelegten Bewertungssystem, nach dem die Qualität mit 5 % der Gesamtpunkte in die Gesamtbewertung einfließen müsse. Es sei nicht auszuschließen, dass bei Bewertung anhand des festgelegten Bewertungssystems das Angebot der Antragstellerin als Bestbieterin aus dem Bietervergleich hervorgegangen wäre.

 

Überdies wurde von der Antragstellerin die mangelnde Eignung der präsumtiven Zuschlagsempfängerin aufgezeigt. Begründend wurde hiezu ausgeführt, dass es sich bei der Antragstellerin um ein Unternehmen handle, das mittlerweile mehrere Jahrzehnte Markterfahrung im Bereich Umwelttechnik, insbesondere im Bereich Erkundungsbohrungen habe. Sie verfüge daher über ein sehr konkretes Wissen um den jeweiligen Stand der Nachfrage am Markt, um die Tätigkeiten der anderen am Markt tätigen Unternehmen und jeweils am Markt laufenden Projekten. Die nunmehr nachgefragten Leistungen finden im dicht verbauten innerstädtischen Gebiet statt. Bohrungen in dieser Umgebung stellen eine große Herausforderung dar, da hier eine hohe Dichte an Infrastruktur im Boden vorliegt (Gas-, Wasser-, Stromleitungen, etc). Auch müsse die Planung und Durchführung einen minimalinvasiven Ablauf derartiger Bohrungen ohne Verursachung übermäßiger Störungen im städtischen Verkehr bzw im Hinblick auf Lärm- und sonstiger Emissionen sicherstellen. Aufgrund der genannten Schwierigkeiten derartiger Arbeiten soll daher nur ein erfahrenes und mit der Abwicklung derartig komplexer Projekte bestens vertrautes Unternehmen für den Zuschlag in Frage kommen. Der über die umfangreichen Mindest­referenzen abgefragte hohe Stand der technischen Leistungsfähigkeit spiegle daher zu Recht diese hohen Anforderungen an den Zuschlagsempfänger wider. Die Anfor­derungen an die Mindestreferenzen erhöhen sich insbesondere dadurch, dass nur jene Projekte heranzuziehen sind, bei denen je Projekt mindestens 30 Bohrungen mit Bohrlängen von mehr als 10 m (je Bohrung) durchzuführen waren. Derartige Projekte, die Erkundungsbohrungen im dicht verbauten innerstädtischen Gebiet in derartigem Umfang erfordern, sind am Markt nicht sehr häufig.

 

Der Nachweis derartiger Referenzen sei auch für die Antragstellerin, die seit nunmehr über 20 Jahren eine der größten Anbieter in diesem Bereich ist, nicht einfach gewesen.

Nach der umfassenden und genauen Marktkenntnis der Antragstellerin betätige sich die präsumtive Zuschlagsempfängerin erst seit rund zwei Jahren in dem für den gegenständlichen Auftrag relevanten und mit den Referenzen abgefragten Tätigkeitsbereich. Aus diesem Grund sei die Antragstellerin davon überzeugt, dass die zum Nachweis der technischen Leistungsfähigkeit geforderten Referenzprojekte von der präsumtiven Zuschlagsempfängerin nicht nachge­wiesen werden können und daher deren Angebot auszuscheiden gewesen wäre.

 

Zum Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung verweist die Antrag­stellerin zunächst auf die Ausführungen zum Hauptantrag und führt weiters aus, dass ein großes öffentliches Interesse an der Erlassung einer einstweiligen Verfügung bestehe. Besondere öffentliche Interessen an der Fortführung des Vergabeverfahrens seien dem gegenüber nicht gegeben. Auftraggeberinteressen sowie allfällige Interessen von Mitbietern, die durch die Verzögerung des Vergabeverfahrens geschädigt werden könnten, seien nicht ersichtlich bzw zumindest unbeachtlich. Ein besonderes Dringlichkeits­interesse an der raschen Durchführung des Vergabeverfahrens sei jedenfalls nicht gegeben. Die Interessensabwägung habe daher zu Gunsten der Antragstellerin auszufallen, da nur ihre Interessen bei der Fortführung des Vergabeverfahrens bedroht seien.         

 

2. Der Oö. Verwaltungssenat hat die x als Auftraggeberin am Nachprüfungs­verfahren beteiligt. Eine Stellungnahme hinsichtlich der Erlassung einer einstweiligen Verfügung langte bis zum Entscheidungszeitpunkt nicht ein.

 

3.  Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

3.1. Gemäß § 1 Abs.1 Oö. Vergaberechtsschutzgesetz 2006 (Oö. VergRSG 2006) regelt dieses Landesgesetz den Rechtsschutz gegen Entscheidungen der Auftraggeber in Verfahren nach den bundesrechtlichen Vorschriften auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesen (Vergabeverfahren), die gemäß Art.14b Abs.2 Z2 B-VG in den Vollzugsbereich des Landes fallen.

 

Alleiniger Gesellschafter der "x" ist die "x", welche im 100 %igem Eigentum der x steht. Die Vergabe fällt daher in den Vollzugsbereich des Landes iSd Art.14b Abs.2 Z2 lit.c B-VG und unterliegt daher das gegenständliche Nachprüfungsverfahren den Bestimmungen des Oö. VergRSG 2006.

Gemäß § 2 Abs.1 Oö. VergRSG 2006 obliegt dem Unabhängigen Verwaltungs­senat die Gewährung von Rechtsschutz gemäß § 1 Abs.1 leg.cit.

 

3.2.  Gemäß § 2 Abs.3 Oö. VergRSG 2006 ist der Unabhängige Verwaltungssenat bis zur Zuschlagsentscheidung bzw. bis zum Widerruf eines Vergabeverfahrens zum Zweck der Beseitigung von Verstößen gegen die bundesgesetzlichen Vorschriften auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesens und die dazu ergangenen Verordnungen oder von Verstößen gegen unmittelbar anwendbares Gemeinschaftsrecht zuständig zur Erlassung einstweiliger Verfügungen sowie zur Nichtigerklärung gesondert anfechtbarer Entscheidungen (§ 2 Z16 lit.a BVergG 2006) des Auftraggebers bzw. der Auftraggeberin im Rahmen der vom Antragsteller bzw. der Antragstellerin geltend gemachten Beschwerdepunkte.

 

Der gegenständliche Antrag ist rechtzeitig und zulässig. Aufgrund der Höhe des Auftragswertes des ausgeschriebenen Bauauftrages sind die Bestimmungen für den Unterschwellenbereich anzuwenden.

 

3.3. Gemäß § 8 Abs.1 Oö. VergRSG 2006 hat der Unabhängige Verwaltungssenat auf Antrag durch einstweilige Verfügung unverzüglich vorläufige Maßnahmen anzuordnen, die nötig und geeignet scheinen, um eine durch die behauptete Rechtswidrigkeit einer gesondert anfechtbaren Entscheidung entstandene oder unmittelbar drohende Schädigung von Interessen des Antragstellers bzw. der Antragstellerin zu beseitigen oder zu verhindern.

 

Gemäß § 11 Abs.1 leg.cit. hat der Unabhängige Verwaltungssenat vor Erlassung einer einstweiligen Verfügung die voraussehbaren Folgen der zu treffenden Maßnahme für alle möglicherweise geschädigten Interessen des Antragstellers bzw. der Antragstellerin, der sonstigen Bewerber oder Bieter bzw. Bewerberinnen oder Bieterinnen und des Auftraggebers bzw. der Auftraggeberin sowie ein allfälliges besonderes öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens gegeneinander abzuwägen. Ergibt diese Abwägung ein Überwiegen der nachteiligen Folgen einer einstweiligen Verfügung, ist der Antrag auf ihre Erlassung abzuweisen.

 

Gemäß § 11 Abs.3 leg.cit. ist in einer einstweiligen Verfügung die Zeit, für welche diese Verfügung getroffen wird, zu bestimmen. Die einstweilige Verfügung tritt nach Ablauf der bestimmten Zeit, spätestens jedoch mit der Entscheidung über den Antrag auf Nichtigerklärung, in dem die betreffende Rechtswidrigkeit geltend gemacht wird, außer Kraft.

 

3.4.  Bereits zu der vorausgegangenen sinngemäßen Regelung des Bundes­vergabe­gesetzes 1997 führte Elsner, Vergaberecht (1999), auf Seite 86 aus: Die Entscheidung hängt von einer Abwägung der möglicherweise geschädigten Interessen des Antragstellers und einem allfälligen besonderen öffentlichen Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens ab. Dabei muss es sich um ein "besonderes" öffentliches Interesse handeln. Es wird nämlich (hoffentlich) bei jeder öffentlichen Auftragsvergabe ein öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens und Vergabe eines Auftrages bestehen. Aber auch daran, dass Vergabeverfahren fehlerfrei ablaufen, besteht öffentliches Interesse. Eine Nichterlassung einstweiliger Verfügungen wird daher nur bei sonstiger Gefahr für Leib und Leben und besonderer Dringlichkeit zulässig sein. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn besondere Interessen der Daseinsvorsorge gefährdet würden.

 

Art.2 Abs.4 Satz 1 (entspricht nunmehr Art.2 Abs.5) der Rechtsmittelrichtlinie darf nicht fälschlicherweise so ausgelegt werden, dass der vorläufige Rechtsschutz regelmäßig leerläuft. Mit diesem Interesse ist nicht das bei jeder Auftragsvergabe bestehende öffentliche Interesse an der zügigen Abwicklung gemeint. Nach der Beschlusspraxis des EuGH kommt es in der Interessens­abwägung maßgeblich darauf an, wer durch sein Verhalten die besondere Dringlichkeit der Auftragsvergabe verursacht hat. Für die öffentlichen Auftraggeber ergibt sich daraus eine echte Obliegenheit zu rechtzeitig geplanten und durchgeführten Beschaffungsvorgängen. Das Rechtsschutzinteresse des diskriminierten Bieters kann insoweit nur vom vorrangigen Schutz überragend wichtiger Rechtsgüter der Allgemeinheit zurückgedrängt werden (vgl. Schenk, Das neue Vergaberecht, 1. Auflage 2001, S. 172f).

 

Auch der Verfassungsgerichtshof hat insbesondere in seiner Entscheidung zu Zl. B 1369/01 vom 15.10.2001 ein öffentliches Interesse im Hinblick auf das Postulat effizienten Einsatzes öffentlicher Mittel in der Sicherstellung einer Auftragserteilung an den tatsächlichen Bestbieter gesehen, dem die Nachprüfung des Vergabe­verfahrens letztlich dienen soll.

 

3.5. In Anbetracht der Tatsache, dass es sich beim gegenständlichen Vorhaben nicht um eine vordringliche Leistungserbringung handelt, kann daraus geschlossen werden, dass eine Gefährdung von Leib und Leben nicht aktuell ist. Auch trifft die Auftraggeberin im Hinblick auf die Rechtsnatur des Provisorial­verfahrens und auf die allgemeine Mitwirkungspflicht der Parteien im Ver­waltungs­verfahren die Behauptungslast betreffend die gegen die Erlassung einer einstweiligen Verfügung sprechenden Interessen. Die Auftraggeberin hat im Verfahren konkrete, mit der Erlassung der beantragten einstweiligen Verfügung drohende Nachteile nicht dargelegt, sodass davon auszugehen ist, dass die nachteiligen Folgen des vorläufigen Zuschlagsverbotes nicht überwiegen und daher dem Antrag stattzugeben ist (vgl. BVA 1.12.2000, N-56/00-9).

 

Die Antragstellerin hat denkmöglich ausgeführt, dass ihr durch die behauptete Rechtswidrigkeit der Entgang des Auftrages droht, sohin ein Schaden, der nur durch die vorläufige Untersagung der Zuschlagserteilung abgewendet werden kann. Abgesehen von dem vorausgesetzten öffentlichen Interesse an der Vergabe des gegenständlichen Auftrages ist aber ein darüber hinausgehendes besonderes öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens weder durch die Auftraggeberin vorgebracht worden noch dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Kenntnis gelangt. Vielmehr ist bei der Interessens­abwägung iSd Judikatur des Verfassungsgerichtshofes zu berücksichtigen, dass die Auftraggeberin ein Interesse an einem rechtmäßigen Vergabeverfahren haben muss. Darüber hinaus ist auf die Rechtsprechung der Vergabe­kontrollinstanzen, dass ein öffentlicher Auftraggeber bei der Erstellung des Zeitplanes für eine Auftragsvergabe die Möglichkeit von Nachprüfungsverfahren und die damit einhergehende Verzögerung ins Kalkül zu ziehen hat, zu verweisen. Dass sich durch die Erlassung einer einstweiligen Verfügung eine Verzögerung der Bedarfsdeckung und ein organisatorischer und finanzieller Mehraufwand ergeben können, liegt in der Natur der Sache. Da - wie bereits erwähnt - kein darüber hinausgehendes besonderes öffentliches Interesse an einem möglichst raschen Vertragsabschluss geltend gemacht wurde und auch nicht auf der Hand liegt, war dem Antrag stattzugeben.

 

Die im Vorbringen der Antragstellerin behaupteten Rechtswidrigkeiten sind zumindest denkmöglich. Eine Überprüfung, ob die behaupteten Rechtswidrig­keiten auch tatsächlich vorliegen, war im Rahmen des Provisorialverfahrens nicht durchzuführen.

 

Die Dauer der Aussetzung der Zuschlagserteilung ergibt sich aus § 11 Abs.3 Oö. VergRSG 2006 iVm § 20 Abs.1 Oö. VergRSG 2006.

Gemäß § 20 Abs.1 Oö. VergRSG 2006 ist über Anträge auf Nichtigerklärung von Entscheidungen eines Auftraggebers bzw. eine Auftraggeberin unverzüglich, spätestens aber zwei Monate nach Einlangen des Antrages zu entscheiden.

 

Für den gegenständlichen Fall bedeutet dies, dass für den  Unabhängigen Verwaltungssenat somit die Möglichkeit besteht, die Aussetzung der Zuschlags­erteilung für zwei Monate, auszusprechen.

 

Die einstweilige Verfügung ist gemäß § 11 Abs.4 Oö. VergRSG 2006 sofort vollstreckbar.

 

4. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in der Höhe von 13,20 Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­gerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Ilse Klempt

 

 

 

 

 

 

 

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