Linz, 10.05.2011
E r k e n n t n i s
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Dr. Astrid Berger über die Berufung des X, vertreten durch X, gegen das Straferkenntnis des Polizeidirektors der Bundespolizeidirektion Linz vom 25. Februar 2011, Z S-58.534/10-2, wegen einer Übertretung nach dem Fremdenpolizeigesetz zu Recht erkannt:
I. Der Berufung wird mit der Maßgabe stattgegeben, dass das im angefochtenen Straferkenntnis festgesetzte Strafausmaß auf eine Geldstrafe von 100,- Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 10 Stunden) und der Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens vor der belangten Behörde auf 10,- Euro herabgesetzt werden; im Übrigen wird das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.
II. Der Berufungswerber hat keinen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.
Rechtsgrundlagen:
Zu I.: §§ 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) iVm § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG)
Zu II.: §§ 64 ff VStG
Entscheidungsgründe:
Als verletzte Rechtsgrundlagen werden § 120 Abs. 1 Z. 2 iVm § 31 Abs. 1 Z. 2, 3, 4 und 6 FPG genannt.
Nach Schilderung des bisherigen Verfahrensganges sowie nach Darstellung der einschlägigen Rechtsgrundlagen geht die belangte Behörde von einem unrechtmäßigen Aufenthalt des Bw im Bundesgebiet aus, weshalb ein Verstoß gegen die zitierten Bestimmungen des FPG vorliege.
Insbesondere weist sie darauf hin, dass gegen den Bw mit Bescheid vom
8. September 2010 eine Ausweisung wegen unrechtmäßigem Aufenthalt im Bundesgebiet ausgesprochen worden sei. Eine rechtfertigende Stellungnahme hätte der Bw trotz entsprechender Aufforderung nicht abgegeben.
Aufgrund des Unrechts- und Schuldgehaltes der Tat sei die gesetzliche Mindeststrafe zu verhängen gewesen, wobei der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit nicht zum Tragen gekommen sei.
Darin wird der Antrag auf Aufhebung des in Rede stehenden Straferkenntnisses und Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens gestellt.
Begründend wird ausgeführt, dass die objektive Tatseite des in Rede stehenden Straftatbestandes des § 120 Abs. 1 Z. 2 iVm § 31 Abs. 1 FPG zwar unbestritten erfüllt sei. Dem Bw könne aber kein schuldhaftes Verhalten vorgeworfen werden.
Da im Verfahren der entscheidungswesentliche Sachverhalt – auch vom Bw ausdrücklich unbestritten – feststand, lediglich die Klärung einer Rechtsfrage vorzunehmen war und kein diesbezüglicher Parteienantrag vorlag, konnte gemäß § 51e Abs. 3 VStG auf die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung verzichtet werden.
Somit steht fest, dass über den Bw mit Bescheid vom 8. September 2010 die Ausweisung angeordnet wurde.
Gemäß § 120 Abs. 1 Z. 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 17/2011, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 5.000,- Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu drei Wochen zu bestrafen, wer sich als Fremder nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Als Tatort gilt der Ort der Betretung oder des letzten bekannten Aufenthaltsortes, bei Betretung in einem öffentlichen Beförderungsmittel die nächstgelegene Ausstiegsstelle, an der das Verlassen des öffentlichen Beförderungsmittels gemäß dem Fahrplan des Beförderungsunternehmers möglich ist.
Gemäß § 31 Abs. 1 FPG halten sich Fremde rechtmäßig im Bundesgebiet auf,
"1. wenn sie rechtmäßig eingereist sind und während des Aufenthalts im Bundesgebiet die Befristungen oder Bedingungen des Einreisetitels oder die durch zwischenstaatliche Vereinbarungen, Bundesgesetz oder Verordnung bestimmte Aufenthaltsdauer nicht überschritten haben;
2. wenn sie aufgrund einer Aufenthaltsberechtigung oder einer Dokumentation des Aufenthaltsrechtes nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz zur Niederlassung oder zum Aufenthalt oder aufgrund einer Verordnung für Vertriebene zum Aufenthalt berechtigt sind;
3. wenn sie Inhaber eines von einem Vertragsstaat ausgestellten Aufenthaltstitels sind, sofern sie während ihres Aufenthalts im Bundesgebiet keiner unerlaubten Erwerbstätigkeit nachgehen;
4. solange ihnen ein Aufenthaltsrecht nach asylrechtlichen Bestimmungen zukommt;
[...]
6. wenn sie eine Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz mit einer Gültigkeitsdauer bis zu sechs Monaten, eine Entsendebewilligung, eine EU-Entsendebestätigung, eine Anzeigebestätigung gemäß
§ 3 Abs. 5 AuslBG oder eine Anzeigebestätigung gemäß § 18 Abs. 3 AuslBG mit einer Gültigkeitsdauer bis zu sechs Monaten, innehaben oder
7. soweit sich dies aus anderen bundesgesetzlichen Vorschriften ergibt".
Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar. Es genügt daher fahrlässige Tatbegehung. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. nur jüngst VwGH 16.2.2011, 2011/08/0004 mwN) hat der Bw initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringung von Beweismitteln oder Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die "Glaubhaftmachung" nicht.
Der Bw macht jedoch keinerlei Umstände geltend, die geeignet wären, einen entsprechenden Entlastungsbeweis darzustellen; vielmehr beschränkt er sich in seiner Berufung auf die allgemein gehaltene Wiedergabe der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, ohne dabei darzulegen, warum ihm konkret ein schuldhaftes Verhalten nicht vorzuwerfen sei. Der belangten Behörde folgend ist somit vom Vorliegen auch der subjektiven Tatseite in Form fahrlässigen Verhaltens auszugehen.
Zum Zeitpunkt der Strafbemessung war die belangte Behörde gehalten, § 120 FPG, BGBl. I Nr. 100/2005, in der Fassung BGBl. I Nr. 122/2009, anzuwenden und hatte daher auf die vorgesehene Mindeststrafe von 1.000,- Euro abzustellen. Mit Erkenntnis vom 9. März 2011, G 53/10-7 u.a., hat der Verfassungsgerichtshof die Wortfolge "von 1 000 Euro" in Abs. 1 und die Wendung "1," in Abs. 4 des § 120 FPG, BGBl. I Nr. 100/2005, in der Fassung BGBl. I Nr. 122/2009, als verfassungswidrig aufgehoben und gemäß Art. 140 Abs. 7 B-VG ausgesprochen, dass die aufgehobenen Bestimmungen nicht mehr anzuwenden sind. Dies wurde vom Bundeskanzler in BGBl. I Nr. 17/2011, ausgegeben am 4. April 2011, kundgemacht.
Aufgrund der Aufhebung durch den Verfassungsgerichtshof ist die ursprünglich im Gesetz vorgesehene Mindeststrafe im gegenständlichen Fall nicht mehr anzuwenden. Allerdings bleibt durch die Aufhebung das Delikt an sich und die Strafnorm hinsichtlich des Höchstausmaßes des Strafrahmens weiterhin in Geltung. Auf die Problematik des § 1 Abs. 2 VStG braucht im Lichte des Ausspruches gemäß Art. 140 Abs. 7 B-VG durch den Verfassungsgerichtshof im vorliegenden Zusammenhang nicht näher eingegangen werden.
Unter Berücksichtigung der Vorgaben des § 19 VStG erachtet das erkennende Mitglied des Oö. Verwaltungssenates ein Strafausmaß von 100,- Euro (korrespondierend eine Ersatzfreiheitsstrafe von 10 Stunden) als tat- und schuldangemessen.
In diesem Sinne war auch der Ausspruch über den Ersatz der Kosten für das Verfahren vor der belangten Behörde adäquat herabzusetzen.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220,- Euro zu entrichten.
Astrid Berger