Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-165915/7/Br/Th

Linz, 28.04.2011

 

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied  Dr. Bleier über die Berufung des Herrn X, X, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 14. März 2011, Zl.: VerkR96-4015-2011/U, nach der am 28. April 2011 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung zu Recht:

 

 

I.       Der Berufung wird Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird diesbezüglich behoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.

 

II.     Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlage:

zu I:  § 66 Abs.4 AVG iVm § 24 § 45 Abs.1 Z1, sowie § 51e Abs.1 VStG

zu II: § 66 Abs.1 VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit dem oben angeführten Straferkenntnis wider den Berufungswerber wegen einer Übertretung des Führerscheingesetzes § 14 Abs.1 Z1 iVm § 37a FSG eine Geldstrafe in Höhe von 300 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von fünf Tagen verhängt, weil er am 22.01.2011 um 01.31 Uhr im Gemeindegebiet von Marchtrenk auf der B1 bis auf Höhe Strkm. 2008 das KFZ, PKW, pol.KZ. X, mit einem Alkoholgehalt der Atemluft von 0,26 mg/l gelenkt habe, obwohl das Lenken von Kraftfahrzeugen nur erlaubt ist, wenn der Alkoholgehalt der Atemluft weniger als 0,25 mg/l beträgt.

 

 

1.1. Die Behörde erster Instanz begründet den Schuldspruch wie folgt:

"Auf Grund einer Anzeige der Polizeiinspektion Gunskirchen vom 24.01.2011 wurde Ihnen die eingangs genannte Verwaltungsübertretung zur Last gelegt. Gegen die Strafverfügung der BH Linz-Land vom 14.02.2011 haben Sie innerhalb offener Frist Einspruch erhoben und begründen diesen im Wesentlichen wie folgt:

     Sie hätten über einen Zeitraum von mehreren Stunden eine nur geringe Menge Alkohol konsumiert, dennoch wäre ein Alkoholgehalt der Atemluft von 0,26 mg/l festgestellt worden;

     Der bei der Alkomatenmessung festgestellte Alkoholgehalt befinde sich in einem derartigen Grenzbereich, dass die Genauigkeit des Alkomaten nicht ausreichend ist, um mit der in einem Strafverfahren erforderlichen Sicherheit festzustellen, dass Sie einen Blutalkoholgehalt von nicht unter 0,5 %o gehabt hätten.

     Sie verweisen auf die Judikatur des VwGH, die sich auf „StVO-relevante" Alkoholbeeinträchtigungen von mehr als 0,4 mg/l bzw. 0,8 Promille bezieht. Im Bereich der StVO ist nach der gegenwärtig (noch) herrschenden Rechtsauffassung - die jedoch im Ergebnis durch die Freibeweistheorie über eine von Probanden zu veranlassende Blutuntersuchung eine Beweisregel aufstellt - der aus eigener Initiative durch den Probanden beizubringenden Blutalkoholgehalt als einziger Gegenbeweis für zulässig erklärt. Dies trifft nicht für Verfahren nach dem FSG zu.

     Auch der Oö. Verwaltungssenat hat in seinem Erkenntnis vom 14.01.1999, VwSen-106055, zu grenzwertigen Messergebnissen im Bereich des FSG ausgeführt, dass in verfassungskonformer Gesetzesanwendung die Verkehrsfehlergrenze Berücksichtigung zu finden hat. Eine Strafbestimmung dürfe im Sinne des Art.6 EMRK nicht zu Lasten des Beschuldigten ausschlagen. Diese Sichtweise ergebe sich letztlich schon aus dem Grundsatz „in dubio pro reo".

     Sie verweisen weiters auch auf die Aufhebung der Bestimmungen der StVO idF BGBl 105/1986, womit der VfGH die eingeschränkte Möglichkeit einer Blutabnahme zwecks Beweissicherung wegen Widerspruchs zum Gleichheitsgrundsatz als verfassungswidrig erkannt hat, weil sie in sachlich nicht gerechtfertigter Weise die Beweislage von Personen verschlechtere, bei denen mit Hilfe von Alkoholmessgeräten ein Alkoholwert der Atemluft von über 0,5 mg/l festgestellt wurde (VfGH 1.3.1991, G274/90 u.a., Slg. 12649).

     § 5a Abs. 3 StVO 1960 bildet die Rechtsgrundlage der Verwendung von Atemluftalkoholmessgeräten; dese Bestimmung gebietet die Bedachtnahme auf den jeweiligen Stand der Wissenschaft und Technik und bezieht sich auch diese auf die Alkomatverordnung, BGBI.Nr. 1994/789 idF BGBl. Nr. II 1997/146. Stand der Wissenschaft und Technik ist nun, dass kein Messgerät absolut richtig misst, sondern - wenn auch geringe - Ungenauigkeiten aufweist.

 

     In der eichamtlichen Zulassung, ZI. 41344/96, veröffentlicht im Amtsblatt für das Eichwesen 6/1996, sind unter Punkt 7.1 die Eichfehlergrenzen und im Punkt 7.2 die Verkehrsfehlergrenzen festgelegt. Die Messfehlergrenze beträgt für den Bereich von 0 mg/l bis 2 mg/l +/- 5 % vom Messwert, jedoch nicht weniger als +/- 0,02 mg/l. Bei einem angezeigten Messergebnis von 0,25 mg/l ist daher unter Grundlage der eichamtlichen Zulassung von einem messtechnisch abgesicherten Eingangswert zwischen 0,23 bis 0,27 mg/l auszugehen. Aus messtechnischer Sicht wäre daher ein bei einem Anzeigewert von 0,26 mg/l eine effektive Atemalkoholkonzentration von 0,24 mg/l als möglich anzusehen.

     Aufgrund der angeführten Rechtslage wäre davon auszugehen, dass gegenständlich die Eich- bzw. Verkehrsfehlergrenzen abzuziehen sind, woraus resultiert, dass nicht mit der für ein Strafverfahren erforderlichen Sicherheit als erwiesen festgestellt werden könne, dass Sie einen Atemluftalkoholgehalt von 0,26 mg/l - wie zur Last gelegt - aufgewiesen haben.

     Ihr Einspruch richte sich weiters gegen die Höhe der Geldstrafe; Sie wären völlig unbescholten und hätten den Grenzwert nur geringfügig überschritten; es lägen daher erhebliche Strafmilderungsgründe vor, während es keine Straferschwerungsgründe gäbe. Eine Überschreitung der gesetzlichen Mindeststrafe wäre demnach nicht begründet.

 

 

Aufgrund Ihres Einspruches wurde seitens der Behörde das ordentliche Ermittlungsverfahren eingeleitet und eine Verwaltungsvorstrafen-Abfrage gemacht. Daraus ist ersichtlich, dass Sie weder bei der verfahrensführenden noch bei der Tatortbehörde als vorbestraft aufscheinen.

 

Die ha. Behörde hat folgendes erwogen: Gemäß § 14 Abs. 8 FSG lautet:

Ein Kraftfahrzeug darf nur in Betrieb genommen oder gelenkt werden, wenn beim Lenker der Alkoholgehalt des Blutes weniger als 0,5 g/l (0,5 Promille) oder der Alkoholgehalt der Atemluft weniger als 0,25 mg/l beträgt. Bestimmungen, die für den betreffenden Lenker geringere Alkoholgrenzwerte festsetzen, bleiben unberührt.

 

37a. FSG:

Wer entgegen der Bestimmung des § 14 Abs. 8 ein Kraftfahrzeug in Betrieb nimmt oder lenkt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist, sofern nicht auch ein Verstoß gegen § 99 Abs. 1 bis 1b StVO 1960 vorliegt, mit einer Geldstrafe von 300 Euro bis 3700 Euro, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit einer Ersatzfreiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen. Bei der Strafbemessung sind auch der Grad der Alkoholisierung und die Häufigkeit der Verstöße zu berücksichtigen.

 

Zu Ihren Rechtfertigungsangaben wird seitens der Behörde grundsätzlich auf die Angaben in der Anzeige und den im Akt einliegenden Messstreifen verwiesen. Die Messung des Alkoholgehaltes erfolgte ordnungsgemäß - aus dem Messstreifen ist weiters klar ersichtlich, dass zwei korrekte Einzel messwerte unmittelbar nacheinander erzielt wurden und verwertbar waren.

 

Aus einem ähnlich gelagerten Verfahren liegt bei der hsg. Behörde eine - noch immer aktuelle -Stellungnahme des Bundesamtes für Eich- und Vermessungswesen auf. Diese lautet dahingehend, dass die genannte "Eichfehlergrenze" nur bei der Eichung (eichtechnische Prüfung) des Gerätes herangezogen werden dürfe. Die Messgeräte werden im Rahmen der Eichung auch dahingehend überprüft, ob sie die Eichfehlergrenzen, die in den Zulassungen zur Eichung festgelegt sind, einhalten. Eine Berücksichtigung oder ein direkter Abzug dieser Grenzwerte vom jeweils ermittelten Messwert bei den Messungen, die von der Exekutive durchgeführt werden, ist nicht vorgesehen.

 

Das von Ihnen zitierte Erkenntnis des UVS aus dem Jahr 1999 ist der Behörde bekannt. Dazu wird allerdings ausgeführt, dass der Verwaltungsgerichtshof u.a. im Erkenntnis vom 10.09.2004, ZI. 2001/02/0234, im Zusammenhang mit der Rechtsansicht, dass für die Vornahme eines Abzuges im Ausmaß von Fehlergrenzen vom Messergebnis betreffend den Atemluftalkoholgehalt keine gesetzliche Grundlage bestehe, festhält.

 

Auch der UVS OÖ. verweist in jüngeren Erkenntnissen darauf, dass "der VwGH in ständiger Judikatur jegliche Toleranzabzüge in Verbindung mit geeichten Alkoholtestgeräten kategorisch ablehnt (vgl VwGH 25.2.2005, 2002/02/0142, uva), sodass auch das diesbezügliche Berufungsvorbringen ins Leere geht" (VwSen-160623/10 vom 6. April 2006).

 

Es wird hier auch weiters auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes verwiesen, wonach der Beschuldigte alles darzulegen hat, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch die Beibringung von Beweismitteln bzw. die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die "Glaubhaftmachung" nicht aus (VwGH 24.05.1989, 89/02/0017, 24.02.1993, 92/03/0011). Konkrete Beweise, die Zweifel an der Richtigkeit der ermittelten Messwerte begründen würden, konnten Sie im Ermittlungsverfahren nicht vorlegen.

 

Für die Behörde ist auf Grund der vorliegenden Ermittlungsergebnisse zweifelsfrei erwiesen, dass Sie im konkreten Fall die Ihnen angelastete Verwaltungsübertretung begangen haben, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

 

Im Sinne des § 19 Abs.1 VStG bildet Grundlage für die Bemessung der Strafhöhe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe sind - soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen - gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden.

 

Auf die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse konnte nicht Bedacht genommen werden, da Sie darüber keine Angaben gemacht haben. Es erfolgte daher die Einschätzung seitens der Behörde, dass keine außergewöhnlichen Umstände, insbesondere keine unverschuldete, drückende Notlage vorliegt.

Bei der Strafbemessung war entsprechend der Bestimmung des § 37a FSG auch der Grad der Alkoholisierung zu berücksichtigen. Der festgestellte Atemalkoholgehalt von 0,26 mg/l liegt knapp an der Strafbarkeitsgrenze - unter Berücksichtigung der Kriterien nach § 19 VStG und Ihrer bisherigen Unbescholtenheit hält die Verhängung der gesetzlichen Mindeststrafe nach Ansicht der Behörde generalpräventiven Überlegungen stand und sollte geeignet sein, Sie in Zukunft von weiteren Übertretungen dieser Art abhalten."

 

 

2. Der Berufungswerber tritt dem Schuldspruch in seiner fristgerecht erhobenen Berufung mit nachfolgender Begründung entgegen:

"Mit Strafverfügung der BH Linz-Land, VerkR96-4015-2011, vom 14.2.2011, wurde mir zur Last gelegt, im Gemeindegebiet von Marchtrenk, auf der B 1, bei Straßenki­lometer 200,8 am 22.1.2011, um 01.31 Uhr, den Pkw X gelenkt zu haben, obwohl der Alkoholgehalt meiner Atemluft mehr als 0,25 mg/l betragen hat. Gegen diese Strafverfügung habe ich rechtzeitig Einspruch erhoben.

 

Daraufhin wurde ein Ermittlungsverfahren eingeleitet, in welchem ich darauf hinge­wiesen habe, dass aufgrund der bestehenden Rechtslage und der ergangenen Judikatur des VwGH in verfassungskonformer Gesetzesanwendung die Verkehrsfehlergrenze Berücksichtigung zu finden hat und demgemäß nicht mit der für ein Strafverfahren erforderlichen Sicherheit als erwiesen festgestellt werden kann, dass ich einen Atem­luftalkoholgehalt von 0,26 mg/l aufgewiesen habe.

Dessen ungeachtet hat die BH Linz-Land mit Straferkenntnis vom 14.3.2011, VerkR96-4015-2011, wegen Verletzung des § 14 Abs. 8 Führerscheingesetz 1997 -FSG 1997, BGBlNr. 120/1997 idgF iVm § 37a FSG 1997 eine Geldstrafe von € 300,--gegen mich verhängt.

 

Da mich der Bescheid der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land mit Straf­erkenntnis vom 14.3.2011, VerkR96-4015-2011, hinterlegt am 18.3.2011, in meinem gesetzlich gewährleisteten Recht, nicht entgegen § 14 Abs. 8 Führerscheingesetz 1997 - FSG 1997, BGBlNr. 120/1997 idgF iVm § 37a FSG 1997 bestraft zu werden, ver­letzt, erhebe ich in offener Frist

 

B e r u f u n g,

 

an den Unabhängigen Verwaltungssenat Oberösterreich und stelle den

 

 

Antrag,

 

der UVS möge das angefochtene Straferkenntnis aufheben und das Verwaltungsstraf­verfahren einstellen.

 

Meinen Antrag begründe ich wie folgt:

 

Der bei mir durch Alkomatenmessung festgestellte Alkoholgehalt befindet sich in ei­nem derartigen Grenzbereich, dass die Genauigkeit des Alkomaten nicht ausreichend ist, um mit der in einem Strafverfahren erforderlichen Sicherheit festzustellen, dass ich einen Blutalkoholgehalt von nicht unter 0,5 %o gehabt hätte.

 

Ich verweise auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, die sich auf "StVO-relevante" Alkoholbeeinträchtigungen von mehr als 0,4 mg/l bzw. 0,8 Promille bezieht.

 

 

Schon in seinem Erkenntnis vom 14.1.1999, VwSen-106055, hat der Oö. Verwal­tungssenat zu grenzwertigen Messergebnissen im Bereich des FSG ausgeführt, dass in verfassungskonformer Gesetzesanwendung die Verkehrsfehlergrenze Berücksichti­gung zu finden hat. Eine Strafbestimmung dürfe im Sinne des Art.6 EMRK nicht zu Lasten des Beschuldigten ausschlagen. Diese Sichtweise ergebe sich letztlich schon aus dem Grundsatz "in dubio pro reo".

 

 

Die Erstbehörde hat in ihrer Straferkenntnis Entscheidungen des Verwaltungsgerichts­hofs angeführt und diese als Begründung zur Abweisung meines Einspruchs herange­zogen. Ich verweise jedoch darauf, dass es sich hiebei um Einzelentscheidungen han­delt, denen unzählige gegenteilige Entscheidungen des Verwaltungs- und Verfas­sungsgerichtshofs entgegenstehen.

 

 

Ich verweise auch auf die Aufhebung der Bestimmungen der StVO idF BGBl 105/1986, womit der VfGH die eingeschränkte Möglichkeit einer Blutabnahme zwecks Beweissicherung wegen Widerspruchs zum Gleichheitssatz als verfassungs­widrig erkannt hat, weil sie in sachlich nicht gerechtfertigter Weise die Beweislage von Personen verschlechterte, bei denen mit Hilfe von Atemluftalkoholmessgeräten ein Alkoholgehalt der Atemluft von über 0,5 mg/l festgestellt wurde (VfGH 1.3.1991, G274/90 u.a, Slg. 12649).

 

 

§ 5a Abs.3 StVO 1960 bildet die Rechtsgrundlage der Verwendung von Atemluftalko­holmessgeräten. Diese Bestimmung gebietet die Bedachtnahme auf den jeweiligen Stand der Wissenschaft und Technik und bezieht sich auch diese auf die Alkomatverordnung, BGBl.Nr. 1994/789 idF BGBl.Nr. II 1997/146. Stand der Wissenschaft und Technik ist nun, dass kein Messgerät absolut richtig misst, sondern - wenn auch geringe - Ungenauigkeiten aufweist.

In der eichamtlichen Zulassung, ZI. 41344/96, veröffentlicht im Amtsblatt für das Eichwesen 6/1996, sind unter Punkt 7.1 die Eichfehlergrenzen und im Punkt 7.2 die Verkehrsfehlergrenzen festgelegt. Dies Messfehlergrenze beträgt für den Bereich von 0 mg/l bis 2 mg/l +/- 5 % vom Messwert, jedoch nicht weniger als +/- 0,02 mg/l. Bei einem angezeigten Messergebnis von 0,25 mg/I ist daher unter Grundlage der eich­amtlichen Zulassung von einem messtechnisch abgesicherten Eingangswert zwischen 0,23 bis 0,27 mg/l auszugehen. Aus messtechnischer Sicht ist daher ein bei einem An­zeigewert von 0,26 mg/l eine effektive Atemalkoholkonzentration von 0,24 mg/l als möglich anzusehen.

 

 

Aufgrund der oa Rechtslage ist davon auszugehen, dass gegenständlich die Eich- bzw Verkehrsfehlergrenzen abzuziehen sind, woraus resultiert, dass nicht mit der für ein Strafverfahren erforderlichen Sicherheit als erwiesen festgestellt werden kann, dass ich einen Atemluftalkoholgehalt von 0,26 mg/l - wie mir dies mit dem angefochtenen Straferkenntnis zur Last gelegt wird - aufgewiesen habe.

 

 

Im Bereich der StVO ist als einziger Gegenbeweis eine Blutalkoholuntersuchung für zulässig erklärt. Dies trifft nicht für Verfahren nach dem FSG zu. Im Rahmen des Füh­rerscheingesetzes ist nämlich ein alternativer (Frei-)Beweis gesetzlich nicht vorgese­hen.

 

 

Es ist auch mehr als bedenklich, eine international geltende und dem Schutz des Bür­gers vor Folgen falscher Messungen im geschäftlichen und amtlichen Verkehr die­nende Schutzvorschrift (Richtlinie der Organisation für das internationale Messwesen über die beweissicheren Atemalkoholmessgeräte - OIMLR Nr. 126, deren Umsetzungsmaßnahme in der Zulassung iVm den Verwendungsrichtlinien des Alkomaten zu erblicken ist), zu ignorieren.

 

Ziel des gesetzlichen Messwesens kann doch nur der Schutz des Bürgers vor den Fol­gen falscher Messungen im geschäftlichen und amtlichen Verkehr sein. Im Sinne die­ses Schutzes bedarf es der Festlegung von Mess- und Verkehrsfehlergrenzen (Sommer, Landesamt für Mess- und Eichwesen Thüringen, Messunsicherheit und Fehlergrenzen im gesetzlichen Messwesen, S 15).

 

 

Da letztlich im Bereich des Führerscheingesetzes eine alternative Blutabnahme nicht vorgesehen ist und damit - die nach h. Auffassung im Bereich der StVO zweifelhafte Möglichkeit - eine alternative Beweisführung ausscheidet, ist der Verkehrsfehler im Wege der Beweiswürdigung zu meinen Gunsten zu berücksichtigen.

 

28. März 2011                                                                                              X"

 

 

 

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt und dessen auszugsweise Verlesung anlässlich der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung. Beigeschafft wurde ein Gutachten eines technischen Amtssachverständigen zur gegenständlichen Atemluftmessung mit Bezugnahme auf die Frage der Anflutung und den Verkehrsfehler (ON 5).

Der Berufungswerber wurde als Beschuldigter einvernommen.  Eine Vertreterin der Behörde erster Instanz nahm an der Berufungsverhandlung ebenfalls teil.

 

 

4. Folgender Sachverhalt wurde als erwiesen erachtet:

Der Berufungswerber wurde am 22.1.2011 um 01:31 Uhr, im Raum Hörsching auf der B1, bei Strkm 200,8, als Lenker eines Kraftfahrzeuges einem sogenannten Alkovortest unterzogen. Dieser erbrachte ein Ergebnis  von 0,21 mg/l. In der Folge wurde der Berufungswerber beim nächsten Atemluftmessgerät auf der Polizeiinspektion Marchtrenk um 01:47 Uhr und 01:48 Uhr einer Atemluftkontrolle am sogenannten Alkomat der Marke Siemens M 52052/A15, Geräte-Nr.: W12-797 unterzogen. Dieses führte zu einem (gemessenen) angezeigten Wert von jeweils 0,26 mg/l.

Wie der Berufungswerber anlässlich der Berufungsverhandlung glaubhaft darlegte,  trat er die Fahrt wenige Minuten vorher vom etwa sieben Kilometer entfernt liegenden Neubauhof an. Dort verbrachte er ab ca. 20:00 Uhr im Schachabend im Rahmen des Schachclubs. Insgesamt konsumierte er ein Bier und einen Gespritzten und kurz vor der Abfahrt noch ein Achterl Wein um auf den Geburtstag eines Clubmitgliedes anzustoßen. Dem subjektiven Empfinden des Berufungswerbers lag seiner Überzeugung nach keinerlei Beeinträchtigung der Fahrtauglichkeit vor. Auch diesbezüglich ist die Darstellung des Berufungswerbers stimmig und glaubwürdig. Er ist im übrigen bisher nie negativ im Straßenverkehr in Erscheinung getreten.

Dem zur Folge muss primär davon ausgegangen werden, dass zum Zeitpunkt der Anhaltung der Schlusstrunk jedenfalls noch nicht resorbiert war. Dafür spricht wohl auch das Ergebnis des Vortests, der wohl als Beweismittel zu Lasten eines Betroffenen nicht anzuerkennen ist. Sehr wohl unterstreicht aber auch dieses Ergebnis die Annahme einer beim Lenkende offenbar noch nicht abgeschlossenen Resorption und die nicht vorliegende Grenzwertüberschreitung. Schon vor diesem Hintergrund lässt das grenzwertige Ergebnis  der Atemluftuntersuchung sechzehn Minuten nach der Anhaltung gerade keinen schlüssigen Beweis zu, dass der Berufungswerber das Fahrzeug tatsächlich grenzwertüberschreitend iSd § 14 Abs.8 FSG in Betrieb genommen und gelenkt hätte.

Wenngleich die Messung laut eingeholten Gutachten als ordnungsgemäß zu beurteilen ist, müsste wohl auch zusätzlich noch der Verkehrsfehler zu Gunsten des Berufungswerbers mit 0,02 mg/l Berücksichtigung finden.

 

 

4.1. Grundsätzlich ist betreffend der Beweiswürdigung in einem den Ansprüchen des Art. 6 EMRK – einem fairen Verfahren – festzustellen, dass eine Verurteilung nur bei einer zweifelfreien Beweislage zulässig ist. Eine derart gesicherte Beweislage kann hier mit Blick auf den sowohl gutachterlich empirisch belegten, aber auch durch die eichrechtlichen Bestimmungen gesetzlich definierten Mess- bzw. Verkehrsfehler nicht gesehen werden.

Auch die Richtlinie des europäischen Parlamentes 2004/22/EC vom 31. März 2004 über Messgeräte – Europäische Messgeräterichtlinie – nimmt ausführlich zu den gerätespezifischen Anforderungen und zugelassenen äußersten Abweichungen (Fehlergrenzen) Bezug die nicht überschritten werden dürfen, was wohl die von hier vertretene Sichtweise unterstützt.  Ebenfalls wird zur Messunsicherheit in einschlägiger Literatur umfassend Bezug genommen (vgl. Horten, Physik f. Mediziner, 12. Auflage, S11).

 

 

5. Rechtlich hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

Nach § 14 Abs.8 FSG darf ein Kraftfahrzeug nur in Betrieb genommen oder gelenkt werden, wenn beim Lenker der Alkoholgehalt des Blutes weniger als 0,5 g/l (0,5 Promille) oder der Alkoholgehalt der Atemluft weniger als 0,25 mg/l beträgt. Eine Zuwiderhandlung ist nach § 37a FSG mit einer Geldstrafe von 300 bis 3.700 Euro zu bestrafen.

 

Der § 5a Abs.3 StVO 1960 bildet die Rechtsgrundlage der Verwendung von Atemluftalkoholmessgeräten. Diese Bestimmung gebietet die Bedachtnahme auf den jeweiligen Stand der Wissenschaft und Technik und bezieht sich auch diese auf die Alkomatverordnung, BGBl.Nr. 1994/789 idF BGBl.Nr. II 1997/146. Stand der Wissenschaft und Technik ist nun, dass kein Messgerät absolut richtig misst, sondern – wenn auch geringe – Ungenauigkeiten aufweist. Auch Laser-, Radar- und Provida-Messgeräte zeigen einen Messwert an. Diesbezüglich ist unbestritten, dass Eichfehlergrenzen abzuziehen sind.

In der eichamtlichen Zulassung, Zl. 41344/96, veröffentlicht im Amtsblatt für das Eichwesen 6/1996, sind unter Punkt 7.1 die Eichfehlergrenzen und im Punkt 7.2 die Verkehrsfehlergrenzen festgelegt. Dies Messfehlergrenze beträgt für den Bereich von 0 mg/l bis 2 mg/l +/- 5 % vom Messwert, jedoch nicht weniger als +/- 0,02 mg/l. Bei einem angezeigten Messergebnis von 0,25 mg/l ist daher unter Grundlage der eichamtlichen Zulassung von einem messtechnisch abgesicherten Schwankungsbereich zwischen 0,247 bis 0,273 mg/l auszugehen. Aus messtechnischer Sicht ist daher ein bei einem Anzeigewert von 0,26 mg/l eine effektive Atemalkoholkonzentration zum Messzeitpunkt auch von weniger 0,25 mg/l als möglich anzusehen.  Das Lenkende lag 16 Minuten vor diesem Zeitpunkt, sodass, wie oben schon festgestellt, wegen der noch nicht abgeschlossenen Resorption tatsächlich ein noch geringerer Wert vorgelegen haben dürfte.

Aufgrund der o.a. Beweis- u. Rechtslage geht der Oö. Verwaltungssenat auch in diesem Verfahren davon aus, dass eine Grenzwertüberschreitung nicht erwiesen ist.

Es kann daher an sich dahingestellt bleiben ob zusätzlich auch die Eich- bzw Verkehrsfehlergrenzen abzuziehen sind, woraus resultiert, dass auch vor diesem Hintergrund nicht mit der für ein Strafverfahren erforderlichen Sicherheit als erwiesen festgestellt gelten könnte, dass der Berufungswerber einen Atemluftalkoholgehalt von 0,26 mg/l – wie ihm dies mit dem angefochtenen Straferkenntnis zur Last gelegt wird – aufgewiesen hat (vgl. auch h. Erk. 12. April 2010, VwSen-164989/2/ mit Hinweis auf VwSen-164698 und VwSen-106975/10/Fra/Ka).

Insbesondere mit Blick auf Art.6 Abs.3 lit.d EMRK erachtet es die zur vollen Tatsachenkognition verpflichtete gerichtsförmige Berufungsbehörde auch hier nicht mit dem Grundsatz der Garantie eines fairen Verfahrens vereinbar, den nicht zu verschweigenden Verkehrsfehler zum Nachteil des Beschuldigten unberücksichtigt zu lassen – insbesondere wo im Bereich der Alkoholbestimmungen gemäß dem Führerscheingesetz (0,25 bis 0,4 mg/l AAG) - ein Gegen- oder Entlastungsbeweis durch eine Blutabnahme gesetzlich weder vorgesehen ist und realistisch besehen auch nicht erbracht werden hätte können. Letzter wäre durch den Zeitlauf wiederum mit Rückrechnungsannahmen behaftet gewesen, wobei rechnerische Werte zu Gunsten des Betroffenen anzusetzen gewesen wären.

Der Berufungswerber mit seinem Berufungsvorbringen im Recht, wenn er auf den Grundsatz "in dubio pro reo" verweist.

Da beim vorliegenden Grenzwert von einem Beweis im Sinne des Tatvorwurfes nicht ausgegangen werden kann und schon bei bloßem Zweifel an der Tatbegehung von der Fortführung eines Verwaltungsstrafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen ist, war spruchgemäß zu entscheiden (vgl. VwGH 12.3.1986, Zl. 84/03/0251; ZfVB 1991/3/1122).

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen  diesen  Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen  ab der  Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof  erhoben werden; diese  muss - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. B l e i e r

 

 

 

 

Beschlagwortung:

Anflutungsphase Resorption.

 

 

VwSen-165915/7/Br/Th vom 28. April 2011

 

Erkenntnis

 

FSG §14 Abs8

 

 

Wenn die Resorption des kurz vor Fahrtantritt getätigten Alkoholkonsums noch nicht abgeschlossen war, kann ein grenzwertiges Messergebnis nicht als Beweis einer Grenzwertüberschreitung zum Lenkzeitpunkt dienen.

 

 

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