Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-165970/2/Fra/Gr

Linz, 12.05.2011

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Johann Fragner über die Berufung der Frau X, vertreten durch X, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 23. Februar 2011, VerkR96-21-2011-Fs, betreffend Übertretung des § 20 Abs.1 StVO 1960, zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt; die Berufungswerberin hat keine Verfahrenskostenbeiträge zu entrichten.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24 und 45 Abs.1 Z.1 VStG; § 66 Abs.1 VStG

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn hat mit dem in der Präambel angeführte Straferkenntnis über die Berufungswerberin (Bw) wegen Übertretung des § 20 Abs.1 StVO 1960 gemäß § 99 Abs.3 lit.a leg.cit eine Geldstrafe von 200 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 96 Stunden) verhängt, weil sie als Lenkerin des Fahrzeuges X am 8. Dezember 2010 um 20:00 Uhr in X, die Fahrgeschwindigkeit nicht den gegebenen Umständen angepasst hat, zumal sie infolge nicht richtig gewählter Fahrgeschwindigkeit von der Fahrbahn abgekommen ist.

 

 

Ferner wurde gemäß § 64 VStG ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 10 Prozent der verhängten Geldstrafe vorgeschrieben.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig durch die ausgewiesenen Vertreter eingebrachte Berufung. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn – als nunmehr belangte Behörde – legte das Rechtsmittel samt bezughabendem Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vor, der, weil eine 2000 Euro nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51 c erster Satz VStG).

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

Die belangte Behörde bezieht sich in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses u.a. auf eine Judikatur des OGH wonach einem Kraftfahrer nur dann zugemutet werden kann, mit einer den Fall der Glatteisbildung der Straße berücksichtigenden geringen Geschwindigkeit zu fahren, wenn tatsächlich von ihm Glatteis festgestellt worden ist und wenn konkrete Umstände darauf hinweisen, dass solches zu erwarten sei. Auf dem Lichtbild Nr.2 Aktenlage 17 ist ersichtlich, dass auf der Fahrbahn zumindest teilweise zusammengepresster Schnee an der Tatörtlichkeit zur Tatzeit lag. Dieser ist auf einer, wie die Bw selbst in ihrer Rechtfertigung anführt, geradlinige Fahrbahn mit gehöriger Aufmerksamkeit im Abblendlicht zu erkennen. Es seien daher konkrete Umstände vorgelegen, die darauf hinwiesen, dass die Fahrbahn zumindest stellenweise eisig sein könnte. Im Zweifelsfall hätte die Bw die Geschwindigkeit rechtzeitig verringern müssen. Da sie ins Schleudern geriet, könne von einer gehörigen Anpassung an die bei der Wahl der Geschwindigkeit zu berücksichtigenden Umstände keine Rede sein.

 

Dagegen argumentiert die Bw, dass sie ihre Fahrgeschwindigkeit sehr wohl den gegebenen Straßenverhältnissen angepasst habe. Sie habe auch den teilweise zumindest zusammengepressten Schnee berücksichtigt. Während ihrer gesamten Fahrt in Richtung Mattighofen habe es keinerlei Anzeichen für eine derartige plötzliche Eisglätte gegeben und die Fahrbahn sei großteils gesalzen bzw. trocken erschienen. Der teilweise zusammengepresste Schnee auf der Fahrbahn stelle auf jedenfalls die Ausnahme dar und wurde dieser teilweise zusammengepresste Schnee sehr wohl bei der Wahl ihrer Fahrgeschwindigkeit berücksichtigt. Aus der Tatsache, dass auf einer zum großen Teil gesalzen bzw. trocken wirkenden Fahrbahn teilweiser zusammengepresster Schnee lag, könne auf keinen Fall ein konkreter Umstand dahingehend hergeleitet werden, dass eine derartige plötzliche Eisglätte auftreten würde. Dies insbesondere keinesfalls bei einer Temperatur von Plus 4 Grad Celsius. Das unerwartete und plötzliche Auftreten einer derartigen Eisglätte im Bereich nach dem Heuberg (Unfallstelle) habe von ihr in keiner Art und Weise festgestellt werden können und seien daher auch keine konkreten Umstände vorgelegen, die auf eine derartige plötzliche Eisglätte hingewiesen hätten. Der gegenständliche Vorfall ereignete sich auf einer völlig geradlinigen Fahrbahn und sei auch keinerlei Waldrand oder ähnliches neben diesem Straßenbereich vorhanden. Sie habe daher auch nicht der konkreten Möglichkeit einer Fahrbahnvereisung rechnen müssen, insbesondere im Hinblick auf die herrschenden Plusgrade. Sie sei durch die plötzliche und unvorhersehbare Eisglätte derart überrascht worden, dass keine Reaktion mehr möglich gewesen war. Es treffe nicht zu, dass sie infolge von nicht richtig gewählter Geschwindigkeit von der Fahrbahn abgekommen sei. Dass sie infolge der überraschend auftretenden und nicht vorsehbaren Eisglätte von der Fahrbahn abgekommen sei, lasse nicht darauf schließen, dass sie als Lenkerin ihres Fahrzeuges mit einer im Hinblick auf § 20 Abs.1 StV0 1960 überhöhten, dass heißt mit einer den gegebenen Umständen nicht angepassten Geschwindigkeit gefahren sei (Vwslg. 9976A/1979).

 

Der Oö. Verwaltungssenat hält die Argumentation der Bw für plausibel und fügt hinzu, dass dem Akteninhalt kein objektiver Hinweis auf die von der Bw tatsächlich gewählte Fahrgeschwindigkeit zu entnehmen ist. Der Vorfall ereignete sich im Ortsgebiet. Insofern ist das Argument der Bw einleuchtend, dass sich bei der Vorfallsstelle keinerlei Waldrand oder ähnliches neben der Fahrbahn befinde und sie daher aufgrund dieser Umstände nicht mit einer konkreten Möglichkeit mit einer Fahrbahnvereisung rechnen musste. Es ist eine Erfahrungstatsache, das bei Auftreten plötzlicher Eisglätte schon ein bei einer relativ geringen Geschwindigkeit ein Fahrzeug ins Schleudern kommen kann. Wenngleich bei einer Übertretung nach § 20 Abs.1 StVO 1960 die ziffernmäßige Festsetzung der eingehaltenen Geschwindigkeit nach der Judikatur des VwGH im Spruch des Bescheides nicht erforderlich ist, hätte – siehe oben – die von der Bw gewählte Fahrgeschwindigkeit zumindest annähernd durch Befragung der Bw nach dem Verkehrsunfall festgestellt werden müssen.

 

Da sohin kein für ein Strafverfahren erforderlicher Beweis für das tatbildmäßige Verhalten der Bw vorliegt, war spruchgemäß zu entscheiden.

 

4. Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet.


 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Johann Fragner

 

 

 

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