Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-310436/2/Re/Sta

Linz, 28.04.2011

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Werner Reichenberger über die Berufung des Herrn X X , derzeit X, X vom 21. März 2011, gegen das Straferkenntnis  der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 12. Oktober 2010, Gz:. UR96-10-2010, wegen einer Übertretung des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002, zu Recht erkannt:

 

 

I.                  Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungs­strafverfahren eingestellt.

II.              Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlagen:

Zu I.: § 66 Abs.4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 idgF (AVG) iVm § 24,  75 Abs.1 Z1, 51 und 51e Abs.2 Verwaltungsstrafgesetz (VStG).

Zu II.: § 66 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 12. Oktober 2010, UR96-10-2010, wurde über den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) wegen der Verwaltungsübertretung nach § 79 Abs.2 Z3 iVm § 15 Abs.3 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG 2002) eine Geldstrafe in der Höhe von 360 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit derselben eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 17 Stunden verhängt, weil er, wie anlässlich einer Überprüfung durch die Polizeiinspektion X festgestellt wurde, am 2. Juni 2010, in der Zeit von 18.10 Uhr bis 18.40 Uhr, auf dem Betriebsgelände der ehemaligen Firma X, in X (richtig wohl X) X, X, eine größere Menge Abfälle (Homogenplatten, Holzpaletten, Lackdosen, Teile von Eimern mit unbekanntem Inhalt usw.) verbrannt habe, obwohl im Sinne des Abfallwirtschaftgesetzes Abfälle nicht außerhalb von hiefür genehmigten Anlagen oder für die Sammlung und Behandlung vorgesehenen geeigneten Orten gesammelt, gelagert oder behandelt werden dürften. Begründend wurde nach Zitierung der einschlägigen Gesetzesbestimmungen ausgeführt, laut Anzeige der Polizeiinspektion X vom 18. August 2010 habe er gegenüber den Polizeiorganen ausgesagt, dass er nicht gewusst hätte, dass  Homogenplatten, Holzpaletten und Lacke nicht verbrannt werden dürften. Er habe also zum Zeitpunkt der Kontrolle durch die Polizei das Verbrennen von Abfällen auf dem Betriebsgelände der ehemaligen Firma X nicht abgestritten. Im Einspruch habe er jedoch behauptet, die genannten Gegenstände nicht verbrannt zu haben und auch niemanden die Anweisung hiezu gegeben zu haben. Laut Ermittlungsverfahren seien zum Zeitpunkt der Kontrolle durch die Polizei nur drei Personen auf dem Betriebsgelände anwesend gewesen, nämlich er selbst, sein Vater sowie ein Arbeiter. Außerdem sei er zum Zeitpunkt der Übertretung der verantwortliche Geschäftsführer der X gewesen. Die Aussage, das Feuer sei durch eine dritte Person gemacht worden, sei nicht glaubwürdig und werde als Schutzbehauptung angesehen. Ein fahrlässiges Verhalten könne angenommen werden. Rechtswidrigkeit sei auf Grund der Ausführungen in der Anzeige der Polizeiinspektion X als erwiesen anzunehmen. Rechtswidrigkeits– bzw.  Schuldausschließungsgründe lägen nicht vor.

 

2. Dagegen richtet sich die vom Bw innerhalb offener Frist eingebrachte Berufung vom 21. März 2011 (Zustellung des Straferkenntnisses am 18. März 2011) in der vom Bw - wie bereits im Einspruch gegen die Strafverfügung festgehalten - betont wird, er habe die ihm vorgeworfene Tat nicht begangen, keine Gegenstände angezündet oder verbrannt. Er habe vom Feuer erst bei Eintreffen der Funkstreife erfahren und sei erst 5 bis 10 Minuten vor dem Eintreffen der Funkstreife in X selbst vor Ort angekommen. Er habe sich nicht dort aufgehalten. Er habe auch niemanden mit dem Verbrennen von Gegenständen beauftragt. Es seien noch mindestens 8 bis 10 andere Personen von verschiedenen Firmen auf dem Areal anwesend gewesen und gehe er davon aus, dass von diesen Personen jemand das Feuer gemacht habe. Er habe lediglich der Polizei das Tor aufgemacht und mit den Beamten das Feuer besichtigt und abgelöscht.   

 

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt als belangte Behörde hat die Berufung samt bezughabenden Verwaltungsstrafakt mit Schreiben vom 24. März 2011 dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich als zuständige Berufungsbehörde vorgelegt.

 

Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied berufen (§ 51c VStG).

 

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme des vorgelegten Verwaltungsstrafaktes zu UR96-10-2010. Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 51e Abs.2 VStG abgesehen werden, da sich bereits aus dem Akteninhalt ergibt, dass das gegenständliche Straferkenntnis aufzuheben ist.

 

4.1. Folgender Sachverhalt steht fest:

 

Am 2. Juni 2010 wurden auf dem Betriebsgelände der ehemaligen Firma X in X, X, Abfälle (Homogenplatten, Holzpaletten, Lackdosen, Teile von Eimern mit unbekanntem Inhalt usw.) verbrannt. Das Feuer und die Rauchentwicklung wurde von Beamten der Polizeiinspektion X wahrgenommen und besichtigt, wobei laut Anzeige meterhohe Flammen entstanden und starke Rauchentwicklung vorgefunden worden sei.  Laut Anzeige hätte der Verdächtige und nunmehrige Berufungswerber angegeben, dass er nicht wisse, dass Homogenplatten, Holzpaletten und Lackdosen nicht verbrannt werden dürften, da Bauern auch alles verbrennen dürften. Im Zuge des in der Folge von der Bezirkshauptmannschaft Freistadt durchgeführten Verfahrens gab der nunmehrige Berufungswerber bereits im Rahmen des Einspruches gegen die Strafverfügung vom 24. Juni 2010 an, dass er die genannten Gegenstände nicht verbrannt habe und auf dem Areal auch niemanden die Anweisung gegeben habe, die Gegenstände zu verbrennen. Dies sei von einer dritten Person gemacht worden, die nicht in seinem Einflussbereich gelegen sei. Er sei auch nicht anwesend gewesen, als das Feuer angezündet worden ist.

 

4.2. Der Sachverhalt ergibt sich aus der Anzeige der Polizeiinspektion X vom 4. Juni 2010 sowie den Eingaben des Bw. Eine Einvernahme des Bw durch die Polizeiinspektion bzw. die erstinstanzliche Behörde hat nicht stattgefunden. In einer auf Grund der Einspruchvorbringen ergänzend eingeholten Stellungnahme des anzeigenden Polizeibeamten stellt dieser fest, dass der Bw zum Zeitpunkt des Betretens anwesend gewesen sei. Sein Vater sei ebenfalls anwesend gewesen und habe versucht, das Feuer zu löschen. Der Bw sicherte zu, das Feuer sofort zu löschen.

Eine neuerliche konkrete schriftliche Anfrage beim erhebenden Polizeibeamten zur Tätereigenschaft des Bw ergab, dass von den Polizeibeamten der Bw nicht beim Anzünden des Feuers habe beobachtet werden können. Es sei starke Rauchentwicklung wahrgenommen worden. Der Bw habe dem Polizisten beim Eintreffen das Einfahrtstor geöffnet.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

Gemäß § 45 Abs.2 AVG, welcher gemäß § 24 VStG auch im Verwaltungsstrafverfahren Anwendung findet, hat die Behörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens nach  freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.

 

Der Verhängung eines Straferkenntnisses hat die vollständige Feststellung des Sachverhaltes vorauszugehen, um den Tatvorwurf mit einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit beweisen zu können. Auch unter Bedachtnahme auf die gesetzliche Schuldvermutung des § 5 Abs.1 VStG im Bereich der Ungehorsamsdelikte hat die Behörde die Erfüllung des objektive Tatbestandes von Amts wegen zu beweisen (Grundsatz der Amtswegigkeit in § 39 Abs.2 AVG; siehe hiezu auch die Ausführungen in Hauer/Leukauf, Handbuch des Österreichischen Verwaltungsverfahrens, 6. Auflage, Seite 412 f). Das damit ausgedrückte Offizialprinzip verpflichtet die Behörde, den für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhalt von Amts wegen zu erheben und festzustellen. Es ist daher Aufgabe der Behörde, Erhebungen, die zur Klärung des Sachverhaltes benötigt werden, durchzuführen. Sie hat weiters die gepflogenen Erhebungen der Beschuldigten in Wahrung des Parteiengehörs zur Kenntnis zu bringen, um diesen in die Lage zu versetzen, auf den Tatvorwurf bezogene konkrete Gegenbeweise anbieten zu können.

 

Bereits im erstinstanzlichen Verfahren hat sich der Bw im Rahmen seines Einspruchs gegen die erlassene Strafverfügung damit verantwortet, dass er die genannten Gegenstände auf dem Areal nicht verbrannt habe und auch niemanden die Anweisungen gegeben habe, die Gegenstände zu verbrennen. Dies sei von einer dritten Person gemacht worden, die nicht in seinem Einflussbereich gelegen sei. Weder aus der Anzeige noch im Rahmen einer ergänzenden Ermittlungstätigkeit der erstinstanzlichen Behörde ist als erwiesen anzusehen, dass der Bw tatsächlich das Feuer und somit die Verbrennung der  zitierten Gegenstände verursacht hat. Von den befragten Polizeiorganen wird vielmehr ausdrücklich festgestellt, dass weder vom unterfertigenden Gruppeninspektor noch von seinem Kollegen der Bw beim Anzünden des Feuers beobachtet werden konnte, sondern lediglich starke Rauchentwicklung wahrgenommen worden sei. Vom unterfertigenden Polizeibeamten wird darüber hinaus bestätigt, dass neben dem Bw und seinem Vater auch noch ein weiterer Arbeiter gesehen worden sei, näheres über diesen jedoch nicht bekannt sei. Eine niederschriftliche Einvernahme des Bw wurde weder anlässlich der Anzeigeerhebung, noch im Rahmen des erstinstanzlichen Verfahrens getätigt.

Die Ausführungen des Bw im Rahmen des Einspruchs zur Strafverfügung und wiederholend in der Berufung gegen das Straferkenntnis könne nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenates nicht ohne weitere Begründung bzw. Ermittlungstätigkeit als völlig unwahrscheinlich eingestuft werden. Zur Abklärung des wahren, einem Strafausspruch zu Grunde zu legenden Sachverhaltes, wären jedenfalls auf Grund des Vorbringens des Bw weitergehende Ermittlungstätigkeiten, zweckmäßigerweise auch unmittelbar am Tatort und zur Tatzeit notwendig, möglicherweise auch zielführend gewesen. Im Ergebnis zeigt sich, dass von der belangten Behörde allein auf Grund der Anwesenheit des Bw auf der Betriebsliegenschaft im Bereich des Feuers und seiner ursprünglichen Aussage, dass er der Meinung sei, dass dies erlaubt sei, da auch Landwirte derartige Abfälle verbrennen dürften, auf seine Täterschaft geschlossen wird, dies auch, nach dem er diese Täterschaft bereits im Rahmen des Einspruchs gegen die Strafverfügung ausdrücklich bestritten hat und die erhebenden Polizeibeamten ausdrücklich festgestellt haben, den Bw nicht beim Anzünden des Feuers beobachtet zu haben. Dass der Bw verantwortlicher Geschäftsführer der X gewesen ist, reicht für die offene Schuldfrage, wie von der belangten Behörde gegenüber den Polizeiorganen bereits festgestellt, nicht aus. Es erscheint auch im jetzigen Zeitpunkt nicht für möglich, zusätzliche Erhebungen durchzuführen, da sich aus dem Akt auch keine Zeugen hinsichtlich der tatsächlichen verantwortlichen Person für die Entzündung des Feuers eruieren lassen. Im Ergebnis zeigt sich somit, dass keine ausreichenden Beweisergebnisse dafür vorliegen, dass dem Bw die vorgeworfene Verwaltungsübertretung schuldhaft angelastet werden kann und war daher im Zweifel bei der gegebenen Faktenlage, auch unter Berücksichtigung des Artikel VI Abs.2 MRK davon auszugehen, dass die dem Bw angelastete Tat nicht erwiesen ist, weshalb bereits aus diesem Grund das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verfahren einzustellen war.

 

In Ergänzung hiezu und unter ausdrücklichem Hinweis auf die Bestimmung des § 44a Z1 VStG wird ergänzend festzustellen, dass der Spruch des Straferkenntnisses in seiner vorliegenden Fassung einer Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof nicht standhalten würde und somit  in wesentlichen Punkten ergänzungsbedürftig  wäre. Nach § 44a Z1 VStG  hat der Spruch eines Bescheides, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Dieser Vorschrift wird nur dann entsprochen, wenn im Spruch des Bescheides alle jene Tatmerkmale enthalten sind, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens erforderlich sind, durch die also die zur Last gelegte Tat so eindeutig umschrieben wird, dass kein Zweifel darüber bestehen kann, wofür der Täter bestraft worden ist. Ein bloßes Zitieren der herangezogenen übertretenen Norm bzw. der Strafbestimmung kann dies nicht ersetzen. Vielmehr sind entsprechende, das heißt, in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht etwa durch bloße paragrafenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können.  Im Sinne dieser Vorgabe des Verwaltungsstrafgesetzes wäre es erforderlich, dem Bw konkret vorzuwerfen, ob es sich bei den behandelten – verbrannten - Abfällen um gefährliche oder nicht gefährliche Abfälle handelt, dies, da auch die jeweils entsprechende Strafbestimmung heranzuziehen ist und die Strafbestimmungen für die illegale Behandlung von gefährlichen bzw. nicht gefährlichen Abfällen verschiedene Strafrahmen vorsehen. Offen oder zumindest unklar blieb im gegenständliche Falle, ob es sich bei den Lackdosen um gefüllte oder um leere Lackdosen handelt, dies letztlich auch zur erforderlichen Einstufung als gefährlicher oder nicht gefährlicher Abfall, gleiches gilt gegebenenfalls auch für die zitierten "Teile von Eimern mit unbekanntem Inhalt". Weiters nimmt der Spruch des Straferkenntnisses keinerlei Bezug auf die tatsächliche Örtlichkeit der Abfallverbrennung und somit zur Frage, ob die Behandlung bzw. Verbrennung an einem außerhalb einer hiefür genehmigten Anlage oder für die Sammlung oder Behandlung vorgesehenen geeigneten Ort durchgeführt wurde. Auch diesbezügliche Erhebungen liegen im Übrigen nicht vor.

 

6. Auf Grund des Ausganges des Berufungsverfahrens und des Erfolges der eingebrachten Berufung und der damit verbundenen Einstellung des gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahrens entfällt die Vorschreibung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge im Grunde des § 66 Abs.1 VStG.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Reichenberger

 

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