Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-200329/24/Gf/Mu

Linz, 12.04.2011

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Grof über die Berufung des x, vertreten durch RA x, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz‑Land vom 19. Juni 2010, Zl. Agrar96-48-2006/Pl, wegen einer Übertretung des Pflanzenschutzmittelgesetzes zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

 

Rechtsgrundlage:

§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG; § 66 Abs. 1 VStG.

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 19. Juni 2008, GZ Agrar96-48-2006/Pl, wurde über den Beschwerdeführer in seiner Funktion als handelsrechtlicher Geschäftsführer einer GmbH eine Geldstrafe in Höhe von 2.000 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 1 Tag) verhängt, weil er es als zur Ver­tretung nach außen Berufener und somit als Verantwortlicher gemäß § 9 Abs. 1 VStG verwaltungsstrafrechtlich zu vertreten habe, dass von dieser GmbH – wie von einem Aufsichtsorgan des Bundesamtes für Ernährungssicherheit im Zuge einer Kontrolle am 31. Mai 2006 festgestellt worden sei – sechs 1-Liter-Flaschen des Pflanzenschutzmittels "Ethofumesat 500" im Lagerraum bzw. in der LKW-Werkstätte des Unternehmens "zum Verkauf vorrätig gehalten ..... und somit in verbotener Weise in Verkehr gebracht" worden seien. Dadurch habe er eine Übertretung des § 3 Abs. 1 i.V.m. § 34 Abs. 1 Z. 1 lit. a des Pflanzenschutzmit­telgesetzes begangen, weshalb er nach der letztgenannten Bestimmung zu bestrafen gewesen sei.

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass die dem Rechtsmittelwerber angelastete Tat auf Grund einer amtlichen Kontrolle durch Organe des Bundesamtes für Ernährungssicherheit und den in der Folge von der belangten Behörde durchgeführten Ermittlungen als erwiesen anzusehen sei. Insbesondere sei es nicht erforderlich, dass für ein Vorrätighalten zum Verkauf bereits alle für die Effektuierung des Geschäfts notwendigen Voraussetzungen (wie z.B. Zulassung, Etikettierung) vorliegen; zudem könne es insoweit auch nicht darauf ankommen, ob die Lagerung in einer versperrten oder unversperrten Räumlichkeit vorgenommen wurde bzw. ob die Abgabe im Inland oder in einem anderen Mitgliedsland oder Drittstaat erfolgt.

Im Zuge der Strafbemessung seien Milderungsgründe nicht hervorgekommen, während eine einschlägige Vormerkung als erschwerend zu werten gewesen sei. Seine Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse seien infolge unter­lassener Mitwirkung von Amts wegen zu schätzen gewesen.

1.2. Gegen dieses dem Beschwerdeführer am 24. Juni 2008 zugestellte Straferkenntnis richtete sich die vorliegende, am 8. Juli 2008 – und damit rechtzeitig – zur Post gegebene Berufung.

Darin wurde ausgeführt, dass sich im Hinblick auf den Grundsatz des freien Warenverkehrs aus der ständigen Judikatur des EuGH und des VwGH ergebe, dass die im öffentlichen Interesse allenfalls zulässigen Importbeschränkungen – wie z.B. ein Verbot des Inverkehrbringens vor der behördlichen Anmeldung – nicht dazu führen könnten, dass die in anderen Mitgliedstaaten zugelassenen Pflanzenschutzmittel nicht dorthin verkauft und zu diesem Zweck zuvor im Inland zwischengelagert werden dürfen. In diesem Zusammenhang habe die belangte Behörde insbesondere nicht belegen können, dass die beanstandeten Produkte für einen Abnehmer im Inland bestimmt gewesen seien, zumal diese auch entsprechend gekennzeichnet gewesen seien; eine bloße Lagerung zum Weiterverkauf einer dort – unabhängig von ihrer jeweiligen Bezeichnung – verkehrsfähigen Ware ins (EU-)Ausland könne jedoch weder zulassungspflichtig noch strafbar sein.

Daher und insbesondere deshalb, weil ihm ein allfälliger Rechtsirrtum nicht zum Vorwurf gemacht werden könne, wurde die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahren, in eventu ein Absehen von der Strafe und stattdessen bloß die Erteilung einer Ermahnung oder zumindest eine deutliche Herabsetzung der Strafhöhe beantragt.

1.3. In seinen Schreiben vom 5. September 2008, Zlen. 28003/46/06 und 28003/33/06, und vom 9. September 2008, Zl. 28003/08/06, hat das Bundes­amt für Ernährungssicherheit (im Folgenden: BES) als Amtspartei gemäß § 34 Abs. 4 PMG jeweils eine Stellungnahme zu den Argumenten des Rechtsmittel­werbers erstattet.

Darin wird ergänzend zu den bereits in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses von der belangten Behörde übernommenen Argumenten des BES (vgl. oben, 1.1.) darauf hingewiesen, dass es der Beschwerdeführer unterlassen habe, hinsichtlich der von ihm behaupteten Produktidentität eine Meldung nach § 3 Abs. 4 Pflanzenschutzmittelgesetz zu erstatten, wobei eine solche Meldepflicht nach der Rechtsprechung des EuGH auch für ein in einem anderen Mitgliedstaat zugelassenes Pflanzenschutzmittel gelte. Außerdem obliege der Nachweis, dass die verfahrensgegenständlichen Produkte lediglich zum Weiterverkauf in einen anderen Mitgliedstaat zwischengelagert gewesen seien, gemäß § 3 Z. 2 Pflanzenschutzmittelgesetz dem Rechtsmittelwerber; ansonsten bzw. im Zweifel darüber bestehe nach der Judikatur des VwGH eben auch für solche Pflanzenschutzmittel eine Zulassungspflicht.

1.4. Mit Erkenntnis vom 13. Oktober 2008, Zl. VwSen-200329/8/Gf/Mu, hat der Oö. Verwaltungssenat der Berufung des Rechtsmittelwerbers stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt. 

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass gemäß § 3 Abs. 1 des Pflanzenschutzmittelgesetzes, BGBl.Nr. I 60/1997 in der zum Vorfallszeitpunkt geltenden Fassung BGBl.Nr. I 83/2004 (im Folgenden: PMG), nur jene Pflanzenschutzmittel, die nach diesem Bundesgesetz zugelassen waren, in Verkehr gebracht werden durften.

In diesem Zusammenhang habe § 12 Abs. 10 PMG im Besonderen normiert, dass Pflanzenschutzmittel, die in einem Mitgliedstaat, der seit zwei Jahren in einer Verordnung gemäß § 12 Abs. 9 PMG angeführt ist, zum Inverkehrbringen zugelassen sind, zugleich als zugelassene Pflanzenschutzmittel nach diesem Bundesgesetz gelten, wenn und soweit sie in der Originalverpackung und mit der Originalkennzeichnung einschließlich einer Gebrauchsanweisung in deutscher Sprache in Verkehr gebracht wurden.

Wer beabsichtigt habe, nach § 12 Abs. 10 PMG zugelassene Pflanzenschutzmittel in Österreich gewerbsmäßig in erster Vertriebsstufe in Verkehr zu bringen, hatte dies gemäß § 3 Abs. 4 PMG vor der Aufnahme dieser Tätigkeit dem BES – als  Meldepflichtiger – unter Bekanntgabe der Kennzeichnung der Pflanzenschutzmittel und seiner Anschrift oder gegebenenfalls des Firmensitzes sowie gegebenenfalls unter Nachweis des rechtmäßigen Inverkehrbringens anzumelden. Ein solcherart Melde­pflichtiger habe den Pflichten nach § 25 PMG unterlegen. Das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln sei unzulässig gewesen, wenn der begründete Verdacht bestanden habe, dass die Konformität mit den Rechtsvorschriften der Europäischen Union, insbesondere des Annexes I der Richtlinie 91/414/EWG, nicht gegeben war oder die Gebühr für die Eintragung in das Pflanzenschutzmittelregister nicht entrichtet wurde.

Dem gegenüber habe nach § 3 Abs. 2 PMG die nachweisliche Abgabe zur Lagerung mit anschließender Ausfuhr aus dem Gebiet der Gemeinschaft einerseits sowie die Lagerung und der Verkehr von Pflanzenschutzmitteln, die nachweislich zur Anwendung in einem anderen Mitgliedstaat bestimmt und dort zugelassen waren, keiner Zulassung bedurft.

Nach § 34 Abs. 1 Z. 1 lit c PMG habe derjenige eine Verwaltungsübertretung begangen und sei mit einer Geldstrafe bis zu 14.530 Euro, im Wiederholungsfall mit einer Geldstrafe bis zu 29.070 Euro zu bestrafen gewesen, der Pflanzenschutzmittel im Inland entgegen der Kennzeichnungspflicht des § 20 PMG oder den Vorschriften für Fertig­packungen in § 21 PMG in Verkehr gebracht habe.

Im vorliegenden Fall sei allseits unbestritten geblieben, dass der Beschwerdeführer zum Vorfallszeitpunkt der nach außen vertretungsbefugte handelsrechtliche Geschäftsführer des in Rede stehenden Unternehmens gewesen und dass in der LKW-Werkstätte dieses Unternehmens bei einer amtlichen Kontrolle das oben unter 1.1. angeführten Pflanzenschutzmittel vorgefunden worden sei.

Strittig sei jedoch, ob überhaupt ein "Inverkehrbringen" dieses Pflanzen­schutzmittels vorliege. Dazu sei es zunächst erforderlich, den Inhalt dieses in § 3 Abs. 1 PMG verwendeten Gesetzesbegriffes zu ermitteln. 

Nach der Legaldefinition des § 2 Abs. 10 PMG in der nunmehrigen Fassung BGBl.Nr. I 55/2007 sei unter "Inverkehrbringen" das Lagern und Vorrätighalten zum Zweck des Verkaufs oder der sonstigen Abgabe an andere, das Feilhalten, das Verkaufen und jedes sonstige Überlassen an andere – insbesondere auch die Abgabe in Genossenschaften, Vereinen oder sonstigen Vereinigungen an deren Mitglieder – sowie die Einfuhr aus Drittländern zu verstehen.

In der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung BGBl.Nr. I 83/2004 habe sich jedoch anstelle der nunmehrigen Wortfolge "Lagern und Vorrätighalten zum Zwecke des Verkaufs oder der sonstigen Abgabe an andere" damals nur die Wendung "Vorrätighalten zum Verkauf" gefunden.

Nachdem bei der Beurteilung des vorliegenden Falles die zum Vorfallszeitpunkt (31. Mai 2006) geltende Rechtslage anzuwenden sei, sei somit noch die Legaldefinition vor der vorerwähnten Novelle des PMG im Jahr 2007 heran­zu­ziehen. Daraus folge, dass in der hier relevanten Fassung das allgemeine Lagern von Pflanzenschutzmitteln nicht explizit von der Begriffsbestimmung des Inverkehrbringens umfasst gewesen sei, sondern lediglich ein Vorrätighalten zum Verkauf.

Aus der Tatsache, dass mit der Novelle 2007 die Lagerung nunmehr ausdrücklich in die Legaldefinition eingebunden worden sei, könne grundsätzlich e contrario gefolgert werden, dass der frühere, hier relevante Text das bloße Lagern an sich gerade nicht mitumfasst hatte und somit zwischen der bloßen Lagerung einerseits und einem spezifischen Vorrätighalten zum Verkauf andererseits ein Unterschied bestanden habe.

In diesem Sinne führen hätten auch die Erläuterungen zu § 2 Abs. 10 PMG i.d.F. der Novelle 2007 ausgeführt, dass die Aufnahme des "Lagerns" in die Begriffsbestimmungen nunmehr jede Art der Lagerung bzw. der Innehabung umfassen solle. Unter "Lagern" sei insbesondere auch die Lagerung von Pflanzenschutzmitteln, die zur Entsorgung oder Rückgabe an den Abgeber bestimmt sind, zu verstehen. Weiters sah sich der Gesetzgeber offensichtlich auch veranlasst, korrespondierend dazu den Begriff des "Vorrätighaltens zum Verkauf" neu zu umschreiben (vgl. dazu 37 BlgNR, 23. GP, S. 32).

Daraus folge zunächst, dass zum hier maßgeblichen Zeitpunkt die bloße Lagerung von Pflanzenschutzmitteln nicht unter den Begriff des "Inverkehr­bringens" zu subsumieren gewesen sei. In diesem Zusammenhang sei auch darauf hinzu­weisen, dass der von der belangten Behörde hierzu begründend heran­gezogene Erlass eines Bundesministeriums bloß einen generellen Rechtsakt mit Innenwirkung darstelle – also lediglich untergeordnete Verwaltungsbehörden zu verpflichten vermöge – und somit nicht geeignet sei, darüber hinaus auch eine Bindungswirkung für Dritte, insbesondere auch nicht für den Oö. Ver­waltungs­senat, zu entfalten.

Ein Vorrätighalten zum Verkauf hätte daher noch weitere, über ein bloßes Lagern hinausgehende Kriterien aufweisen müssen. In erster Linie hätte sowohl in zeitlicher und räumlicher Hinsicht als auch hinsichtlich der Konkretheit des zu erwartenden Rechtsgeschäfts, hier des Verkaufs, eine verdichtete Annahme von dessen Realisierung gegeben gewesen sein müssen. Davon ausgehend wäre fraglos die Präsentation von Produkten in Verkaufsräumen als ein Vorrätighalten zum Verkauf zu verstehen gewesen. Gleiches hätte für den Fall, dass eine Ware, deren zukünftiger Abnehmer schon bekannt oder zumindest konkret avisierbar war, bis zur Realisierung des Verkaufs oder bis zu deren Übergabe an den Käufer noch in Räumlichkeiten des Verkäufers gelagert wird, gegolten. Essentiell sei somit, dass der Bestimmungszweck des Produkts konkretisiert sein müsse. In diesem Sinne habe sich auch der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 27. März 2008, Zlen. 2007/07/0033 u. 0034, in dem er das Vorrätighalten zum Verkauf hinsichtlich eines Exports von Pflanzenschutzmitteln an ein konkretes Unternehmen in Luxemburg bejahte, geäußert; zudem seien in dieser Entscheidung auch "Lagern" und "Vorrätighalten zum Verkauf" keineswegs gleichgesetzt worden.

Das bloße Lagern einer Ware, deren Bestimmung aus der Sicht des Lagernden noch nicht konkret absehbar ist, könne daher – noch dazu, wenn die Lagerung nicht in den dafür vorgesehenen Verkaufs- oder Lagerräumen erfolgte – grundsätzlich nicht als ein "Vorrätighalten zum Verkauf" angesehen werden.

Im hier vorliegenden Fall sei das in Rede stehende Pflanzen­schutzmittel in einer relativ geringen Menge in einer LKW-Werkstätte gelagert worden. Daraus könne darauf geschlossen werden, dass der Verkauf dieses offensichtlichen Restpostens noch nicht avisiert und schon gar nicht näher konkretisiert war.

Die belangte Behörde hätte daher in ihrer Entscheidung die Intention des Rechtsmittelwerbers zu einem "Vorrätighalten zum Verkauf" zum jeweils konkreten Vorfallszeitpunkt überprüfen und entsprechend nachweisen müssen, was sie jedoch mit einem bloßen Verweis auf die Kontrolle am 31. Mai 2006 in nicht konsequenter Weise unterlassen hat.

Der Umstand, dass am Kontrolltag ein Schild angebracht gewesen sein solle, dem zu Folge ein Inverkehrbringen der Pflanzenschutzmittel in Österreich ausgeschlossen hätte sein sollen, hätte zum damaligen Zeitpunkt zwar allenfalls als ein insgesamt unzureichender Beleg für eine tatsächlich nicht in diese Richtung zielende Intention des Beschwerdeführers gewertet werden können; hingegen habe sich daraus aber nicht ohne Weiteres der gegenteilige Schluss ziehen lassen, dass die in der LKW-Werkstätte gelagerten Produkte tatsächlich in Verkehr gebracht werden hätten sollen. Auch der dem in Rede stehenden Schild beigefügte Vermerk "EU-Export-Ware" habe nicht zwingend den Schluss zugelassen, dass ein "Vorrätighalten zum Verkauf" eines oder mehrerer jener zahlreichen, jedoch allesamt in relativ geringen Mengen vorgefundener Pflanzenschutzmittel unterschiedlicher Art im oben beschriebenen Sinn und im Hinblick auf die zitierte jüngste Judikatur des VwGH vorgelegen sei. Vielmehr hätte seitens der Erstbehörde konkret nachgewiesen werden müssen, welches Produkt jeweils zum Verkauf vorrätig gehalten worden sei.

Da aber im Verwaltungsstrafverfahren – anders als bei bloßen Ordnungs­widrig­keiten im Bereich des Verschuldens – hinsichtlich des Vorliegens der objektiven Tatseite keine Beweislastumkehr bestehe, sei der Rechtsmittelwerber sohin auch nicht gehalten gewesen nachzuweisen, dass er das in Rede stehende Pflanzen­schutzmittel nicht für den Verkauf vorrätig gehalten hatte. Vielmehr hätte die Erfüllung des objektiven Tatbestandes i.S.d. § 5 Abs. 1 VStG von der Behörde nachgewiesen werden müssen (vgl. auch das Erkenntnis des VfGH vom 20. Juni 1994, B 1908 u. 1971/93 = VfSlg 13790/1994).

In ihrer Beweisführung hinsichtlich des Vorliegens der objektiven Tatseite, im Besonderen der Erfüllung des Tatbestandselementes des "Inverkehrbringens", sei die belangte Behörde – unter Zugrundelegung einer anderen, ho. aus den vorangeführten Gründen nicht geteilten Rechtsauffassung – nicht von den zuvor dargestellten rechtlichen Vorbedingungen ausgegangen. Somit sei es aus der Sicht des Oö. Verwaltungssenates letztlich nicht mit der für ein Verwaltungsstrafverfahren erforderlichen Sicherheit i.S.d. Art. 6 Abs. 2 EMRK als erwiesen anzusehen, dass der Beschwerdeführer das in Rede stehende Pflanzenschutzmittel in der LKW-Werkstätte seines Unternehmens zum Zweck des Verkaufes vorrätig gehalten habe.

Zudem sei in der Folge auch verabsäumt worden, dem Rechtsmittelwerber die Tat im Sinne der vom VwGH zu § 44a Z. 1 VStG entwickelten Judikatur entsprechend konkret vorzuwerfen.

Da somit der objektive Tatbestand nicht erfüllt und darüber hinaus die Tat im Spruch des bekämpften Straferkenntnisses mangelhaft angelastet worden sei, sei der Berufung gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 2 VStG einzustellen gewesen.

1.5. Dagegen hat das BES rechtzeitig Beschwerde an den VwGH erhoben.

1.6. Mit Erkenntnis des VwGH 26. Jänner 2011, Zl. 2008/07/0214, wurde dieser Amtsbeschwerde stattgegeben und das h. Erkenntnis vom 13. Oktober 2008, Zl. VwSen-200329/8/Gf/Mu, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass es zwar zutreffe, dass ein bloßes Lagern noch kein Inverkehrbringen i.S.d. § 2 Abs. 10 PMG darstelle; unter dem Begriff des Vorrätighaltens zum Verkauf i.S. dieser Bestimmung falle vielmehr nur ein solches Lagern von Pflanzenschutzmitteln, soweit sie dem späteren Verkauf in einen anderen EU-Mitgliedstaat oder in einen Drittstaat zugeführt werden sollen.

Allerdings hätte im Wege einer Verhandlung geklärt werden müssen, zu welchem Zweck die im gegenständlichen Fall in Rede stehenden Pflanzenschutzmittel tatsächlich gelagert wurden, da der Beschwerdeführer einerseits in seiner Berufung angegeben habe, dass diese in Deutschland zugelassen seien und dorthin verkauft werden könnten, und andererseits in den Verwaltungsakten ein Lieferschein und eine Rechung über einen Verkauf von 38 Liter Ethofumesat in die BRD einliege.

1.7. An diese Rechtsansicht ist der Oö. Verwaltungssenat gebunden.

 

2. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land zu Zl. Agrar96-48-2006 sowie im Wege der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung am 5. April 2011, zu der als Parteien der Beschwerdeführer und dessen Rechtsvertreter x sowie x als Vertreterin der Amtspartei (Bundesamt für Ernährungssicherheit) erschienen sind.

 

2.1. Im Zuge dieser Beweisaufnahme wurde ergänzend folgender Sachverhalt festgestellt:

 

Der Beschwerdeführer hatte die verfahrensgegenständlichen Pflanzenschutzmittel auf Paletten in einem von ihm als "KFZ-Werkstätte" bezeichneten Gebäude auf seinem Betriebsgelände gelagert. Dieses Gebäude war versperrt; Zuritt hatten nur er selbst, die Mitglieder seiner Familie und Angestellte der GmbH, die an Firmen-LKW's Reparatur- oder Wartungsarbeiten durchzuführen hatten.

 

Die Produkte waren teilweise mit Folien umhüllt und mit Hinweisen mit der Aufschrift "Achtung Sperrlager – EU-Exportware – Ware nicht zum Verkauf in Österreich" gekennzeichnet.

 

Am 31. Mai 2006 fand eine Kontrolle durch Aufsichtsorgane des Bundesamtes für Ernährungssicherheit statt, in deren Zuge die Pflanzenschutzmittel wegen des Verdachtes, dass diese in verbotener Weise in Verkehr gebracht werden könnten, in Beschlag genommen wurden.

 

Nachdem der Verwaltungsgerichtshof diese Beschlagnahme mit Erkenntnis vom 19. November 2009, Zl. 2008/07/0137, als rechtswidrig festgestellt hatte, wurden die verfahrensgegenständlichen Pflanzenschutzmittel am 26. November 2009 an den Lieferanten retourniert bzw. abfallrechtlich entsorgt.

 

2.2. Insoweit ergeben sich diese Sachverhaltsfeststellungen aus der – auch von der Vertreterin der Amtspartei nicht in Zweifel gezogenen – glaubwürdigen und in sich widerspruchsfreien Aussage des Rechtsmittelwerbers.

 

2.3. Hinsichtlich der entscheidungswesentlichen Frage, ob er zum Tatzeitpunkt beabsichtigt hatte, diese Pflanzenschutzmittel in Österreich oder im Ausland zu verkaufen, hat der Beschwerdeführer dezidiert angegeben, dass nie eine Absicht bestanden hat, diese zu verkaufen; dies wurde allerdings von der Amtspartei während des gesamten Verfahrens in Zweifel gezogen.

 

Nach dem vom Oö. Verwaltungssenat in der öffentlichen Verhandlung gewonnenen Eindruck spricht die Tatsache, dass die Pflanzenschutzmittel in einem abgesonderten und versperrten, insbesondere für potentielle Kunden nicht zugänglichen Gebäude und dort zudem nicht geordnet, sondern systemlos aufbewahrt wurden, ebenso gegen eine Verkaufsabsicht wie die jeweils bloß geringe Menge der einzelnen Produktarten. Der Umstand, dass die Gebinde (nur) teilweise verschmutzt waren ist in diesem Zusammenhang ebenso wie die Verwendung von Hinweisschildern mit der Aufschrift "Achtung Sperrlager – EU-Exportware – Ware nicht zum Verkauf in Österreich" gleichsam als neutral zu qualifizieren, weil der Grad der Verschmutzung des Gebindes beim Verkauf von Pflanzenschutzmitteln in aller Regel überhaupt keine Rolle spielt und der Text der Schilder zwar in die Richtung deutet, dass ein Verkauf im Inland nicht beabsichtigt, allein deshalb aber ein solcher im EU-Raum oder in einem Drittstaat noch nicht von vornherein ausgeschlossen war. Auch der Aspekt, dass der Beschwerdeführer damals zwischen Entsorgung und Retournierung an den Hersteller offensichtlich nicht exakt differenziert hat, bildet aufgrund der nachvollziehbaren Rechtfertigung, dass er früher im Umgang mit abfallrechtlichen Vorschriften noch wenig Sensibilität zeigte, kein zwingendes Argument dafür, dass in Wahrheit ein Verkauf dieser Produkte beabsichtigt war.

 

Im Zusammenhang damit, dass selbst ein Kontrollorgan des BES (und zwar im Verfahren VwSen-200315, das ebenfalls den gegenständlichen Beschwerdeführer und den hier maßgeblichen Kontrollzeitraum betraf) angegeben hat, dass "auf Grund des Alters der Gebinde, der Verschmutzung und der darin aufbewahrten Produkte klar war, dass dies nicht ein Lager ist, wo die Produkte zum Verkauf vorrätig gehalten wurden", kommt der Oö. Verwaltungssenat auf Grund dieser Indizien und dem vom Beschwerdeführer in der öffentlichen Verhandlung gewonnenen persönlichen Eindruck dahin, dass dieser keinesfalls unglaubwürdig wirkte, zu dem Ergebnis, dass die verfahrensgegenständlichen Pflanzenschutzmittel nicht zum Verkauf bestimmt waren.     

 

2.2. Da im angefochtenen Straferkenntnis eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde, ist der Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung durch ein Einzelmitglied berufen (§ 51c VStG).

 

 

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

 

3.1. Gemäß § 34 Abs. 1 Z. 1 lit c i.V.m. § 3 Abs. 1 PMG beging u.a. derjenige eine Verwaltungsübertretung und war hierfür mit einer Geldstrafe bis zu 14.530 Euro zu bestrafen, der Pflanzenschutzmittel, die nicht nach dem PMG zugelassen waren, in Verkehr gebracht hat.

 

Unter einem „Inverkehrbringen” war nach § 2 Abs. 10 PMG (nur) das Vorrätighalten zum Verkauf  zu verstehen.

3.2. Im gegenständlichen Fall wurde im Zuge der Beweisaufnahme festgestellt, dass der Rechtsmittelwerber die Pflanzenschutzmittel zwar gelagert hat; Zweck dieses Lagerns war jedoch nicht ein Vorrätighalten zum Verkauf, sondern zur Retournierung an den Hersteller bzw. zur abfallrechtlichen Entsorgung (s.o., 2.3.).

 

Damit hat aber der Beschwerdeführer den Tatbestand der ihm angelasteten Verwaltungsübertretung nicht erfüllt.

 

3.3. Der gegenständlichen Berufung war daher gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG stattzugeben, das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG einzustellen.

 

4. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Berufungswerber nach § 66 Abs. 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr.  G r o f

 

 

 

VwSen-200329/24/Gf/Mu vom 12. April 2011

 

Erkenntnis

 

PMG idF BGBl I 83/2004 §2 Abs10

 

 

Unter einem "Inverkehrbringen" ist nach §2 Abs10 PMG idF BGBl I 83/2004 das Vorrätighalten zum Verkauf zu verstehen. Bloßes Lagern zwecks Retournierung der Mittel an den Hersteller bzw zur abfallrechtlichen Entsorgung stellt demnach noch kein tatbestandsmäßiges Vorrätighalten zum Verkauf dar.

 

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