Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-210552/25/BMa/Th

Linz, 19.04.2011




Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Gerda Bergmayr-Mann über die Berufung der X, vertreten durch DDr. X, Rechtsanwalt in X, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmanns von Gmunden vom 23. März 2010, nach teilweiser Aufhebung des h. Erkenntnisses vom 28. Juni 2010 durch den Verwaltungsgerichtshof, zu Recht erkannt.

 

 

Im Grunde des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofs vom 15. März 2011, Zl. 2010/05/0161-5, hat der Spruch nunmehr zu lauten:

 

            I.      Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als das angefochtene Straferkenntnis, welches in seinem Spruchpunkt 2.) als unbekämpft, und in seinem Spruchpunkt 3.) als vom Verwaltungsgerichtshof bestätigt unberührt bleibt, in seinem Spruchpunkt 1.)  aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren diesbezüglich eingestellt wird.

 

        II.      Hinsichtlich Spruchpunkt 1.) ist weder zum Verfahren der belangten Behörde noch zum Verfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat ein Kostenbeitrag zu entrichten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: §§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1, 51c Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG

zu II.: § 66 VStG


Entscheidungsgründe:

1.1. Mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis wurde die Berufungswerberin (im Folgenden: Bw) wie folgt schuldig gesprochen und bestraft:

 

"Sie haben es als Bauherrin verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten, dass im Zuge der Errichtung einer Apotheke mit Dienstwohnung und Arztpraxis (Ordination) auf Grundstück Nr. X, X, KG X, Gemeinde X,

1.       in der Zeit vom 03.07.2007 (Bauanzeige über Abweichungen vom baubehördlich bewilligten Ausmaß) bis 30.08.2007 (Entscheidung der Baubehörde über diese Bauanzeige) die EG-Fassade im Südwesten des Gebäudes bzw. die Terrassenbrüstung nicht mehr in Nurglas, sondern als hinterlüftete broncefarbene Alu-Fassade ausgeführt wurde,

2.       nach der Zustellung des Bescheides der Baurechtsabteilung des Amtes der Oö. Landesregierung (=Behebung des Bescheides des Gemeinderates der Marktgemeinde X vom 06.03.2007, Zl. III-131/8/47/2006 Kg/Schi), also seit 01.10.2007 bis 29.10.2007 (Fertigstellungsanzeige) Baumaßnahmen vorgenommen wurden, dh. selbstständig benutzbare Teile des Gesamtvorhabens (Apotheke und Dienstwohnung, Installationsarbeiten, Außengestaltung wie Pflanzmaßnahmen und Anbringung eines Stöckelpflasters samt entsprechender Betoneinfassungen vor dem Gebäude etc.) ausgeführt wurden, und

3.       in der Zeit vom 12.10.2007 (ordnungsgemäße Zustellung der bescheidmäßigen Untersagung der Fortsetzung der Bauausführung durch die Baubehörde vom 02.10.2007) bis 29.10.2007 (Fertigstellungsanzeige, siehe oben) trotz Baueinstellung durch die Baubehörde die Bauausführung (=Fertigstellung der Apotheke und Dienstwohnung, Installationsarbeiten, Außengestaltung wie Pflanzmaßnahmen, Anbringung eines Stöckelpflasters samt entsprechender Betoneinfassungen etc. vor dem Gebäude ) fortgesetzt wurde.

 

Sie sind dadurch im unter Punkt 1. angeführten Zeitraum als Bauherrin vom bewilligten Bauvorhaben entgegen den Vorschriften des § 39 Abs.2 bis 4 Oö. BauO abgewichen.

 

Weiters haben Sie dadurch als Bauherrin auf Grund der Behebung des Bescheides des Gemeinderates der Gemeinde X durch die Baurechtsabteilung des Amtes der Oö. Landesregierung im unter Punkt 1. angeführte Zeitraum ein bewilligungspflichtiges Bauvorhaben ohne rechtskräftige Baubewilligung ausgeführt.

 

Darüber hinaus haben Sie dadurch im unter Punkt 2. angeführten Zeitraum als Bauherrin nach einer Untersagung gemäß § 41 Abs. 3 Oö. BauO 1992 ohne Behebung des Mangels die Bauausführung fortgesetzt.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

Verwaltungsübertretung zu

1.       nach § 57 Abs.1 Z2 Oö. Bauordnung 1994, BGBl. Nr. 66/1994 (Oö. Bauordnung 1994).

2.       nach § 57 Abs.1 Z2 Oö. Bauordnung 1994.

3.       nach § 57 Abs.1 Z7 Oö. Bauordnung 1994

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wird über Sie folgende Strafe verhängt:

 

Geldstrafe von           falls diese uneinbringlich ist,          Gemäß

                                   Ersatzfreiheitsstrafe von

zu 1.: 1.450 Euro  101 Stunden                       zu 1 – 3:

zu 2.: 1.450 Euro  101 Stunden                       § 57 Abs.2 Oö. Bauordnung 1994

zu 3.: 1.450 Euro  101 Stunden                      

 

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:   435 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 15 Euro angerechnet);

 

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher
4.785 Euro."

 

 

1.2. Begründend führt die belangte Behörde im Wesentlichen nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und Darlegung der Rechtsgrundlagen im Hinblick auf Spruchpunkt 1.) aus, die Bw habe durch ihr Verhalten die Tatbestände gemäß
§ 57 Abs.1 Z2 und 7 des Landesgesetzes vom 5. Mai 1994, mit dem eine Bauordnung für Oberösterreich erlassen wird – Oö. BauO 1994, LGBl.Nr. 66/1994 idgF, erfüllt. Sie habe trotz Kenntnis der Rechtslage vorsätzlich gegen das Baurecht verstoßen.

 

Zur Strafbemessung wurde ausgeführt, es sei von einem geschätzten monatlichen Nettoeinkommen in Höhe von 1.500 Euro ausgegangen worden, als Milderungsgrund sei die absolute Unbescholtenheit der Bw gewertet worden.

 

1.3. Gegen dieses Straferkenntnis, das der Rechtsvertretung der Berufungswerberin am 24. März 2010 zugestellt wurde, richtet sich die am
6. April 2010 – und damit rechtzeitig – zur Post gegebene Berufung vom selben Tag.

 

1.4. Die Berufung ficht das Straferkenntnis in seinem vollen Umfang an. Begründend wird dazu im Wesentlichen ausgeführt, der bekämpfte Bescheid vermisse jegliche nachvollziehbare Bescheidbegründung. Es würden einerseits die Feststellungen zum relevanten Sachverhalt aber auch die Begründung fehlen, wie die Behörde zu diesen Feststellungen gekommen sei.

Der bekämpfte Bescheid sei auch mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit behaftet.

 

Mit dem am 28. Juni 2010 ergangenen Erkenntnis des Unabhängigen Verwaltungssenates wurde der Berufung insofern Folge gegeben, als das angefochtene Straferkenntnis in seinem Spruchpunkt 2 aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren diesbezüglich eingestellt wurde. Im Übrigen wurde die Berufung abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

 

Gegen diese Entscheidung des Oö. Verwaltungssenates erhob die Bw Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser bestätigt das Erkenntnis des Unabhängigen Verwaltungssenats vom 28. Juni 2010, soweit damit der Spruchpunkt 3 des erstinstanzlichen Bescheids bestätigt wurde. Hingegen hob der VwGH das vorgenannte Erkenntnis des UVS auf, soweit mit diesem Spruchpunkt 1.) des erstinstanzlichen Erkenntnisses bestätigt wurde.

 

Zu Spruchpunkt 1.) führt die Berufung aus, der Tatvorwurf sei unberechtigt, weil schon laut den Angaben über die Bauausführung in Punkt 5.h) der Baubeschreibung vom 9. Juni 2006 alternativ eine Glas- Holzlamellen- oder Großtafelverkleidung vorgesehen gewesen sei. Diese alternative Baubeschreibung sei im Wege der Erteilung der Baubewilligung auch Bestandteil des Projekts.

Die Gemeinde habe in einem Schreiben an eine Anrainerin bestätigt, dass von der Bw keine bewilligungspflichtigen Änderungen vorgenommen worden seien. Dies schließe ein Verschulden der Bw aus.

Selbst wenn der Tatvorwurf stimmen würde, hätte die Berufungswerberin nicht den Tatbestand des § 57 Abs.1 Z2 Oö. BauO verwirklicht, weil sich dieser nur auf die konsenslose Ausführung bewilligungspflichtiger Bauvorhaben beziehe. Es habe sich bei der Änderung aber allenfalls um ein anzeigepflichtiges Bauvorhaben im Sinne des § 25 Abs.1 Z1 Oö. BauO gehandelt. Dies sei der Bw aber innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist nicht vorgeworfen worden.

Die Begründung im vorletzten Absatz auf Seite 1 des bekämpften Bescheides, wonach dargestellt worden sei, dass in dem unter Punkt 1 des angefochtenen Straferkenntnisses angeführte Tatzeitraum ein Bewilligungsbauvorhaben ohne rechtskräftige Baubewilligung ausgeführt worden sei, sei unzutreffend, weil die Behebung des Baubewilligungsbescheides am 1. Oktober 2007 und damit erst nachträglich, weit nach dem Ende des zu Punkt 1 vorgehaltenen Tatzeitraumes erfolgt sei.

 

 

Zur Strafhöhe wurde ausgeführt, dass die Voraussetzungen für die Anwendung von § 21 bzw. 20 VStG erfüllt seien.

 

Abschließend wurde der Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung, auf ersatzlose Behebung des angefochtenen Bescheides und Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens, in eventu auf Ausspruch einer Ermahnung anstelle der verhängten Geldstrafe gestellt und in eventu beantragt, von der Möglichkeit des § 20 VStG Gebrauch zu machen.

 

2. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat in den vorgelegten Verwaltungsakt BauR96-4-2007 Einsicht genommen und am 7. Juni 2010 eine öffentliche mündliche Verhandlung in Gegenwart des Rechtsvertreters der Berufungswerberin, DDr. X, und des Vertreters der belangten Behörde, Mag. X, durchgeführt. Als bautechnischer Sachverständige fungierte TOAR Ing. X.

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat über den nunmehr allein zu erörternden Spruchpunkt 1.) des erstinstanzlichen Bescheids erwogen:

 

3.1. Der Verwaltungsgerichtshof hat über die von der Bw erhobenen Bescheidbeschwerde abgesprochen und zum Erkenntnis des Unabhängigen Verwaltungssenats, soweit es die Gestaltung der Fassade betrifft, folgendes ausgeführt:

 

         "Die Beschwerdeführerin bringt im Wesentlichen vor, dass schon laut Punkt 5.h) der Baubeschreibung vom 9. Juni 2006 alternativ eine Glas-, Holzlamellen- oder Großtafel Verkleidung vorgesehen gewesen sei. Das Abweichen von einer Baubewilligung erfülle nur dann den Tatbestand des § 57 Abs. 1 Z. 2 BO, wenn auch für die Abweichung eine Baubewilligung erforderlich sei. Baueinstellungsbescheide müssten im Übrigen hinreichend bestimmt sein, insbesondere dahingehend, auf welche baubewilligungspflichtigen Maßnahmen sie sich bezögen, inwiefern die einzelnen Baumaßnahmen bereits abgeschlossen gewesen seien und inwiefern alle diese Arbeiten einer Baubewilligungspflicht unterlägen. Die gegenständliche Baueinstellung entspreche nicht den Bestimmtheitsanforderungen, wie sie sich aus dem hg. Erkenntnis vom 30. Mai 1995, ZI. 95/05/0003, ergäben. Die belangte Behörde hätte Feststellungen zum genauen Inhalt des Baueinstellungsbescheides treffen müssen. Jedenfalls soweit es sich um Spruchpunkt 1 des erstinstanzlichen Bescheides handle, wäre mit einem Absehen von der Strafe gemäß § 21 VStG bzw. außerordentlicher Strafmilderung gemäß § 20 VStG vorzugehen gewesen. Aus einem Schreiben des Bürgermeisters der Marktgemeinde X an die Nachbarin X vom 22. August 2007 ergebe sich, dass selbst die Baubehörde erster Instanz die Auffassung vertreten habe, dass die Ausführung als Alufassade von der ursprünglichen Baubewilligung gedeckt gewesen wäre.

 

         In Bezug auf die Fassadengestaltung ist zunächst hervorzuheben, dass die Baubeschreibung auf Grund des § 29 Abs. 1 Z. 3 BO ein Bestandteil des "Bauplanes" ist. Die Baubewilligung vom 28. Dezember 2006 hat sich ausdrücklich auf den Bauplan des Dipl. Ing. S. vom 9. Juni 2006, somit aber auch auf die entsprechende Baubeschreibung vom selben Tag, bezogen.

         Es kann dahingestellt bleiben, ob eine Interpretation der Baubewilligung zu dem Ergebnis führt, dass nur Glas für die Fassadengestaltung im gegenständlichen Bereich verwendet werden darf. In Hinblick auf die Baubewilligung und die nicht differenzierende Textierung der dieser zugrunde gelegenen Baubeschreibung kann, wie auch die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vor der belangten Behörde zeigt, keineswegs mit der für eine Strafbarkeit erforderlichen Eindeutigkeit davon ausgegangen werden, dass die erfolgte Fassadengestaltung dieser Baubewilligung widerspricht. Angesichts dessen kann aber ein Verschulden der Beschwerdeführerin in diesem Punkt nicht angenommen werden.

         Der angefochtene Bescheid war daher, sofern er sich auf die andersartige Ausgestaltung der Fassade bezog, schon aus dem genannten Grund gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben. Im Übrigen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen."

 

3.2. In Bindung an die dargelegte Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtshofs war daher davon auszugehen, dass hinsichtlich der Ausführung der EG-Fassade im Südwesten des Gebäudes bzw. der Terassenprüstung nicht mehr in NURGLAS, sondern als hinterlüftete bronzefarbene Alu-Fassade, ein Verschulden nicht angenommen werden kann, weil im Hinblick auf die Baubewilligung und die nicht differenzierte Textierung der dieser zugrunde gelegenen Baubeschreibung nicht mit der für eine Strafbarkeit erforderlichen Eindeutigkeit davon ausgegangen werden kann, dass die erfolgte Fassadengestaltung der Baubewilligung widerspricht.

 

Damit war der bekämpfte Bescheid des Bezirkshauptmanns von Gmunden vom 23. März 2010, BauR96-4-2007 hinsichtlich seines Spruchpunktes 1 gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG aufzuheben und das Verfahren diesbezüglich einzustellen. Wegen Wegfalls der Strafbarkeit des Faktum 1 des Bescheids des Bezirkshauptmanns von Gmunden vom 23. März 2010 entfällt auch der diesbezügliche Kostenbeitrag zum erstinstanzlichen Verfahren und zum Verfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Bergmayr-Mann

 

 

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