Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-100769/12/Fra/Rd

Linz, 03.06.1993

VwSen - 100769/12/Fra/Rd Linz, am 3. Juni 1993 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Dr. Fragner über die Berufung des H M, S, S, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Steyr vom 30. Juli 1992, St 2453/92, betreffend Übertretung des § 5 Abs.2 iVm § 99 Abs.1 lit.b StVO 1960, nach der am 25. Februar 1993 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht erkannt:

I. Die Berufung wird hinsichtlich des Schuldspruches und hinsichtlich des Ausspruches über die Geldstrafe abgewiesen. Diesbezüglich wird das angefochtene Straferkenntnis bestätigt. Die Ersatzfreiheitsstrafe wird jedoch auf eine Woche herabgesetzt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 16, 19, 24 und 51 VStG.

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung eines Kostenbeitrages zum Berufungsverfahren.

Rechtsgrundlage: §§ 64 und 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

I.1. Die Bundespolizeidirektion Steyr hat mit Straferkenntnis vom 30. Juli 1992, St 2453/92, über den Beschuldigten wegen einer Übertretung des § 99 Abs.1 lit.b iVm § 5 Abs.2 StVO 1960 eine Geldstrafe in Höhe von 8.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: acht Tage) verhängt, weil er sich am 23. Mai 1992 um 6.24 Uhr in S, W Nr.41, gegenüber einem zur Vornahme zur Atemluftalkoholuntersuchung besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organ der Straßenaufsicht geweigert hat, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, obwohl infolge eindeutiger Symptome (Alkoholgeruch in der Atemluft, gerötete Augenbindehäute, Schwanken beim Stehen) vermutet werden konnte, daß er kurz zuvor ein Fahrrad in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt hat. Ferner wurde er gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Kostenbeitrages zum Strafverfahren in Höhe von 10% der verhängten Strafe verpflichtet.

I.2. Gegen das unter ZI1 angeführte Straferkenntnis hat der Beschuldigte rechtzeitig Berufung erhoben. Die Erstbehörde hat keine Berufungsvorentscheidung erlassen. Sie legte das Rechtsmittel samt Verfahrensakt dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vor. Dieser entscheidet, da eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde, durch das zuständige Einzelmitglied.

Beweis wurde erhoben durch Akteneinsichtnahme sowie durch Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 25. Februar 1993.

I.3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Unstrittig ist, daß der Beschuldigte am 23. Mai 1992 kurz vor 6.24 Uhr in S, W Nr.41, ein Fahrrad gelenkt hat. Der Beschuldigte bestreitet jedoch, daß bei ihm Alkoholgeruch der Atemluft und gerötete Augenbindehäute festgestellt wurden (werden konnten), weil die Beamten ca. 3m von ihm entfernt bei ihrem Dienstkraftwagen auf dem gegenüberliegenden Fahrstreifen gestanden seien und sich das Gespräch mit ihm auf dieser Entfernung abspielte. Es sei auch eine reine Erfindung, daß ihm eine Erklärung zur Alkotestverweigerung vorgelegt worden ist, deren Unterschrift er angeblich verweigert hätte. Er sei auch nicht zum Alkotest aufgefordert worden, obwohl sinngemäß dahingehend die Rede gewesen sei "jetzt machen wir wieder einen Alkotest", doch eine direkte Aufforderung zum Alkotest sei nicht erfolgt. Da er zur Durchführung des Alkotests nicht aufgefordert worden sei, habe er diesen auch nicht verweigert bzw. konnte er diesen auch gar nicht verweigern.

Der Meldungsleger RI H gab am 25. Februar 1993, bei der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung im wesentlichen zum Sachverhalt folgendes an:

Zur Tatzeit war er Beifahrer im Funkstreifenwagen als Lenker dieses Dienstkraftwagens war Insp. H K. Sie fuhren in der W Richtung stadteinwärts. Der Berufungswerber kam ihnen auf Höhe des Hauses Nr. 41, das ist das Gebäude der Pizzeria "G", entgegen. Sein Kollege und er stiegen aus dem Dienstfahrzeug aus. Er wußte auch von der vorhergehenden Amtshandlung im Polizeigefangenenhaus S deshalb, weil er den Beschuldigten vom Stadtplatz in S vorher in das Gefangenenhaus zur Durchführung eines Alkotests beförderte. Er habe auch mitbekommen, wie sein Kollege Insp. H zum Berufungswerber gesagt habe, er solle sein Fahrrad absperren und nach Hause gehen. Er und sein Kollege stiegen jedenfalls aus dem Dienstfahrzeug. Er hat beim Berufungswerber folgende Alkoholsymptome wahrgenommen: Unsichere Fahrweise, Alkoholgeruch aus dem Mund und gerötete Augenbindehäute. Er ist ein bis zwei Meter vor dem Berufungswerber gestanden und konnte daher den Alkoholgeruch aus dem Munde eindeutig wahrnehmen. Aufgrund dieser Symptome hat er den Berufungswerber zur Durchführung des Alkotests aufgefordert. Die Aufforderung fand sinngemäß mit den Worten statt: "Ich fordere sie zur Atemluftprobe mittels Alkomat im Polizeigefangenenhaus S auf, kommen Sie bitte mit". Der Berufungswerber hat ihm sinngemäß geantwortet, nicht mitzufahren, da er heute schon einmal den Alkotest verweigert hat. Befragt über den Alkoholkonsum hat ihm der Berufungswerber keine Antwort gegeben. Ergänzend führte der Meldungsleger aus, daß im Dienstfahrzeug immer ein Formular betreffend Erklärungen im Zusammenhang mit Amtshandlungen nach § 5 StVO mitgeführt werde. Er habe gewollt, daß der Berufungswerber diese Erklärung unterschreibt. Dieser verweigerte jedoch die Unterschrift. Befragt durch den Vertreter der belangten Behörde gab der Zeuge ergänzend bekannt, daß er beim Berufungswerber die Alkoholsymptome bereits bei der vorhergehenden Amtshandlung im Polizeigefangenenhaus S wahrgenommen hat.

Insoferne nun die Aussagen des Berufungswerbers zu den Aussagen des als Zeugen einvernommenen Meldungslegers kontroversiell sind, schenkt der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich den zeugenschaftlichen Aussagen des Meldungslegers mehr Glauben als den Angaben des Berufungswerbers. Der Meldungsleger wurde vor der Vernehmung ausdrücklich ermahnt, die Wahrheit anzugeben und auf die Folgen einer falschen Zeugenaussage hingewiesen. Der Meldungsleger unterlag daher aufgrund seiner verfahrensrechtlichen Stellung, aber auch aufgrund seines Diensteides der Wahrheitspflicht und muß bei deren Verletzung mit strafund dienstrechtlichen Sanktion rechnen; hingegen trifft den Berufungswerber in seiner Eigenschaft als Beschuldigter keine derartige Pflicht bzw. Sanktion. Es ist noch zu berücksichtigen, daß der Berufungswerber überdies sein persönliches Interesse hat, straflos zu bleiben und daher eher geneigt sein wird, zu seinen Gunsten sprechende Angaben zu machen. Im übrigen stehen die zeugenschaftlichen Angaben des Meldungslegers zu der Anzeige der Bundespolizeidirektion S vom 25. Mai 1992 nicht im Widerspruch.

Die dem Berufungswerber angelastete Übertretung wird daher als erwiesen angenommen, weshalb der Berufung keine Folge zu geben und der angefochtene Schuldspruch zu bestätigen war.

Zur Strafbemessung: Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Gemäß § 19 Abs.2 leg.cit. sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des StGB anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Die Erstbehörde hat bei der Strafbemessung die bisherige Unbescholtenheit und seine Einsicht als mildernd, als erschwerend keinen Umstand gewertet. Aus dem Akt geht weiters hervor, daß die Erstbehörde von folgenden sozialen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Beschuldigten ausgegangen ist: Keine Sorgepflichten, Notstandsunterstützung ca. 8.000 S, davon werden 3.000 S monatlich für einen Kredit bezahlt. Die Kreditverpflichtung wurde vom Beschuldigten belegt. Weiters legte der Beschuldigte vom Arbeitsamt S ein Schreiben vor, welches mit 4.9.1992 datiert ist und aus dem hervorgeht, daß er einen Notstandshilfeanspruch von 295,10 S täglich hat und dieser Anspruch voraussichtlich am 12. Mai 1993 endet. Die von der belangten Behörde angenommenen finanziellen Verhältnisse wurden somit vom Berufungswerber belegt.

Wenngleich davon auszugehen ist, daß ein Lenker eines Fahrrades die Interessen der Verkehrssicherheit im geringeren Grade beeinträchtigt als der Lenker eines Kraftfahrzeuges und die Erstbehörde die bisherige Unbescholtenheit des Berufungswerbers (gemeint offenbar: einschlägige Unbescholtenheit, zumal über den Berufungswerber mehrere Vormerkungen nach dem EGVG, nach dem O.ö.PolG und eine nach dem Eisenbahnkreuzungsverordnung vorliegen), ist eine Herabsetzung der Geldstrafe nicht möglich, da die Erstbehörde aufgrund der oben aufgezählten Kriterien ohnehin die Mindeststrafe verhängt hat. Von der Anwendung des außerordentlichen Milderungsrechtes (§ 20 VStG) konnte jedoch nicht Gebrauch gemacht werden, da nach dieser Bestimmung die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen müssen, wobei es nicht auf die Zahl, sondern auf das Gewicht der Milderungsgründe ankommt. Von einem beträchtlichen Überwiegen der Milderungsgründe kann schon deshalb nicht gesprochen werden, da der Berufungswerber trotz vorhergehender Verweigerung des Alkotests und entgegen dem ausdrücklichen Hinweis, nicht mehr mit dem Fahrrad zu fahren, trotzdem dieses wiederum gelenkt hat, und auch den Alkotest bewußt verweigert hat.

Obwohl die Geld- und Ersatzfreiheitsstrafe nicht nach einem festen Umrechnungsschlüssel zu bemessen sind, ist der unabhängige Verwaltungssenat der Auffassung, daß bei Verhängung der Mindestgeldstrafe - wie im gegenständlichen Fall - auch die Ersatzfreiheitsstrafe im untersten Bereich zu bemessen ist, weshalb eine entsprechende Reduzierung erfolgte.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

zu II. Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. F r a g n e r

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