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des Landes Oberösterreich
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VwSen-100772/10/Weg/Ri

Linz, 18.01.1993

VwSen - 100772/10/Weg/Ri Linz, am 18. Jänner 1993 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch das Mitglied Dr. Kurt Wegschaider über die Berufung des M O, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. E M, vom 6. August 1992 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land vom 23. Juli 1992, VerkR96/3081/1991, nach der am 14. Dezember 1992 stattgefundenen öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht:

I.: Der Berufung wird mit der Maßgabe stattgegeben, als der zweite Halbsatz im Straferkenntnis zu lauten hat: "....., wobei Sie zwischen Straßenkilometer 246,000 und 245,000 die auf Autobahnen erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h um ca. 50 km/h überschritten". Die Geldstrafe wird auf 2.000 S und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 48 Stunden reduziert.

II.: Der Kostenbeitrag zum Strafverfahren erster Instanz ermäßigt sich gemäß § 64 VStG auf 200 S. Ein Kostenbeitrag für das Berufungsverfahren fällt nicht an.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl.Nr. 51, idF BGBl.Nr. 866/1992 (AVG) iVm § 24, § 19, § 51 Abs.1, § 51i Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl.Nr. 52, idF BGBl.Nr. 867/1991 (VStG).

Entscheidungsgründe:

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land hat mit dem in der Präambel zitierten Straferkenntnis über den Berufungswerber wegen der Verwaltungsübertretung nach § 20 Abs.2 Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO 1960) eine Geldstrafe von 3.500 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 84 Stunden verhängt, weil dieser am 2. Juni 1991 um 16.50 Uhr den PKW auf der A aus Richtung S kommend in Richtung L gelenkt hat, wobei er zwischen Str.km 248,5 und Str.km 243,0 in den Gemeinden S und S die auf Autobahnen erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h um ca. 50 km/h überschritten habe. Außerdem wurde ein Kostenbeitrag zum Strafverfahren in der Höhe von 350 S in Vorschreibung gebracht.

I.2. Auf Grund der rechtzeitig eingebrachten Berufung wurde gemäß § 51e Abs.1 VStG für den 14. Dezember 1992 eine öffentliche mündliche Verhandlung anberaumt und auch durchgeführt. Durch die dabei von den Sicherheitswachebeamten Rev.Insp. R und Rev. Insp. S getätigten Zeugenaussagen sowie durch die gutächtliche Äußerung des straßenverkehrstechnischen Amtssachverständigen Ing. S H ergibt sich nachstehender entscheidungsrelevante Sachverhalt:

Unstrittig ist, daß der Berufungswerber zu der im Straferkenntnis angeführten Zeit den PKW der Type Audi 89, Kennzeichen , welcher eine Motorleistung von 100 kW aufweist, auf der Westautobahn A aus Richtung S kommend in Richtung L lenkte und um die angeführte Zeit die Autobahnstrecke zwischen Kilometer 248,500 und 243,000 passierte. Auf Grund der anläßlich der mündlichen Verhandlung getätigten Zeugenaussagen der Rev. Inspektoren R und S ist erwiesen, daß die genannten Beamten mit dem Patrouillenfahrzeug der Type BMW 520i und dem Kennzeichen BG 4.298 dem Beschuldigten zwischen Kilometer 248,500 und Kilometer 243,000 nachfuhren und während dieser Nachfahrt feststellen mußten, daß der vor ihnen fahrende Lenker des verfahrensgegenständlichen PKW's mit dem Kennzeichen die auf Autobahnen zulässige Höchstgeschwindigkeit überschritt.

Ob während der gesamten Nachfahrstrecke ein gleichbleibender Abstand eingehalten wurde, was Voraussetzung für eine zuverlässige Geschwindigkeitsmessung wäre, ist nicht als erwiesen anzunehmen. Die Angaben der Zeugen schwankten und war von einem Abstand zwischen 20 m und 200 m die Rede, wobei Ursache für diesen schwankenden Abstand die jeweilige Verkehrssituation war. Als erwiesen gilt insbesondere auf Grund der Aussage des Rev.Insp. S, daß ein Nachfahren in gleichbleibendem Abstand (dieser betrug ca. 50 m) lediglich zwischen Autobahnkilometer 246 und 245 erfolgte. Da eine verläßliche Geschwindigkeitsmessung nur durch Nachfahren in gleichbleibendem Abstand zuverlässig erfolgen kann, dieser gleichbleibende Abstand aber zwischen Kilometer 248,500 und Kilometer 246,000 und zwischen 245,000 und 243,000 nicht als erwiesen anzunehmen ist, war diese Tatörtlichkeit auszuscheiden.

Der Tachometer des Patrouillenfahrzeuges war radarüberprüft. Bei der Feststellung der Geschwindigkeit durch Nachfahren wurde der Tachovorlauf bereits in Abzug gebracht. Während der Nachfahrstrecke zwischen Kilometer 246,000 und 245,000 konnten die Sicherheitswacheorgane, eine schon bereinigte Geschwindigkeit von zumindest 180 km/h am Tacho des eigenen Fahrzeuges feststellen.

Der straßenverkehrstechnische Amtssachverständige führt zur Fragestellung, ob eine verläßliche Feststellung der Geschwindigkeit durch Nachfahren in gleichbleibendem Abstand von ca. 50 m bei einer Geschwindigkeit von 180 km/h über eine Wegstrecke von ca. 1 km möglich ist, aus:

"Grundsätzlich wird festgestellt, daß das Nachfahren in gleichem Abstand ein taugliches Mittel zur Feststellung der Fahrgeschwindigkeit darstellt. Die Verfolgungsstrecke muß dabei jedoch mindestens den fünffachen Wert der gefahrenen Geschwindigkeit betragen. Bei 180 km/h somit mindestens 900 m. Nachdem die Nachfahrstrecke in gleichbleibendem Abstand ca. einen Kilometer betrug, ist diese Bedingung erfüllt. Der Abstand sollte dabei nicht größer als der Anhalteweg sein. Der Anhalteweg beträgt bei einer Geschwindigkeit von 180 km/h 206 m. Da der Abstand bei der Verfolgung nur 50 m betrug, ist diese Feststellung möglich und ist dieses Bedingnis ebenfalls erfüllt." Der Beschuldigte verantwortete sich im erstinstanzlichen Verfahren im wesentlichen damit, daß er eben nicht zu schnell gefahren sei, was auch seine mitfahrende Gattin bestätigen könne und daß die Angaben der Meldungsleger hinsichtlich des Abstandes beim Nachfahren von 50 m bis 200 m reichen, was eine zuverlässige Geschwindigkeitsfeststellung unmöglich mache. Der dem erstbehördlichen Verfahren beigezogene Sachverständige sei im übrigen von falschen Prämissen ausgegangen.

Was die Einrede des nicht gleichbleibenden Abstandes während der Nachfahrstrecke zwischen Kilometer 248,5 und 243,0 anlangt, ist der Berufungswerber teilweise im Recht. Aus diesem Grund kann der Vorwurf der Geschwindigkeitsüberschreitung zwischen Kilometer 248,500 und 246,000 sowie zwischen Kilometer 245,000 und 243,000 nicht aufrechterhalten werden. Die als Zeugin vor der Erstbehörde vernommene Gattin führte damals aus, daß sie nicht auf den Tachometer gesehen habe. Diese Zeugenaussage, die anläßlich der mündlichen Verhandlung verlesen wurde, kann somit den Berufungswerber nicht entlasten. Was die behaupteten falschen Prämissen angeht, von denen der Erstgutachter ausgegangen sei, wird angemerkt, daß anläßlich der mündlichen Verhandlung die Prämissen auf Grund des Ergebnisses der mündlichen Verhandlung neu festgelegt wurden und somit das im erstinstanzlichen Verfahren eingeholte Gutachten gegenstandslos geworden ist.

Wenn der Rechtsfreund des Berufungswerbers in seinem Schlußplädoyer ausführt, daß die erhöhte Fahrgeschwindigkeit des Mandanten möglicherweise darauf zurückzuführen sei, daß er wegen des herrschenden Kolonnenverkehrs den rechten Fahrstreifen nicht aufsuchen habe können und somit nur deswegen die Geschwindigkeit nicht vermindert habe, um das nachfolgende Einsatzfahrzeug nicht zu behindern, so wird darin auch ein Eingeständnis der überhöhten Geschwindigkeit gesehen. Aus dieser Behauptung läßt sich für den Berufungswerber aber kein Rechtfertigungsgrund oder Notstand ableiten, weil es den Erfahrungen des täglichen Lebens völlig widerspricht, deswegen über eine Fahrstrecke von 1 km eine überhöhte Geschwindigkeit fahren zu müssen, um das nachfolgende Einsatzfahrzeug nicht zu behindern. Selbst wenn Kolonnenverkehr herrscht ist es möglich und auch verpflichtend, eine Lücke zwischen zwei Fahrzeugen zum Einordnen auf dem rechten Fahrstreifen zu nutzen.

I.3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Gemäß § 20 Abs.2 StVO 1960 darf der Lenker eines Fahrzeuges auf Autobahnen nicht schneller als 130 km/h fahren.

Gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 ist eine Mißachtung der Vorschrift des § 20 Abs.2 StVO 1960 mit einer Geldstrafe bis zu 10.000 S zu bestrafen.

Die vom Berufungswerber gefahrene Geschwindigkeit von 180 km/h stellte eine beträchtliche Geschwindigkeitsüberschreitung dar.

Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient. Es bedarf in diesem Zusammenhang keiner weiteren Erörterung, daß die Gefährdungen, die sich aus Geschwindigkeitsüberschreitungen ergeben, um so höher anzusiedeln sind, je höher die Geschwindigkeitsüberschreitung war und je länger sie andauerte. Die Reduzierung der zum Vorwurf erhobenen Tatörtlichkeit und die damit verbundene Minderung der Gefährdung machte eine Herabsetzung der Strafe obligatorisch.

Im gegenständlichen Fall war als erschwerend zu werten, daß gegen den Berufungswerber bereits zwei Vormerkungen wegen Übertretungen des § 20 Abs.2 StVO 1960 vorliegen. Mildernde Umstände traten nicht zutage. Bei den gegebenen persönlichen Verhältnissen (Einkommen ca. 17.000 S, keine Sorgepflichten, kein Vermögen) wird die nunmehr festgesetzte Geldstrafe einerseits als ausreichend, andererseits auch als notwendig angesehen, um den Berufungswerber vor weiteren Übertretungen der gegenständlichen Art abzuhalten.

II. Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Wegschaider

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