Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-231238/4/SR/Gru

Linz, 10.05.2011

 

 

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Christian Stierschneider über die auf die Strafhöhe eingeschränkte Berufung des x, x, vertreten durch x, Rechtsanwälte in x, x, gegen Spruchpunkt 1 des Straferkenntnisses des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck vom 8. März 2011, Gz. Sich96-1086-2010, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Fremdenpolizeigesetz (FPG), zu Recht erkannt:

I.       Der Berufung wird insoweit stattgegeben, als die Höhe der Geldstrafe mit 70 Euro, und im Falle der Uneinbringlichkeit dieser die Ersatzfreiheitsstrafe mit 6 Stunden festgesetzt werden.

II.     Der Berufungswerber hat 7 Euro als Beitrag zu den Kosten zum Verfahren der Behörde erster Instanz zu leisten. Für das Verfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat war kein Kostenbeitrag vorzuschreiben.

Rechtsgrundlagen:

zu I: §§ 24, 19 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) iVm § 66 Abs 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrensgesetz 1991 (AVG);

zu II: §§ 64f VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck wurde der Berufungswerber (im Folgenden: Bw) schuldig erkannt und mit Geldstrafe in der Höhe von 1000 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe von 100 Stunden) bestraft, weil er sich als passpflichtiger Fremder am 14. Dezember 2010 um 10.45 Uhr im Zug IC693, Fahrtrichtung Salzburg – Wien auf Höhe Vöcklabruck unrechtmäßig in Österreich aufgehalten habe.

Dadurch habe der Bw eine Verwaltungsübertretung nach § 120 Abs. 1 Z. 2 FPG begangen.

Begründend wurde dazu von der belangten Behörde ausgeführt, dass sich der Bw trotz rechtskräftiger Ausweisung zum Tatzeitpunkt im Bundesgebiet unrechtmäßig aufgehalten habe und es ihm geradezu darauf angekommen sei.

Die verhängte Geldstrafe stelle die Mindeststrafe dar.

2. Gegen dieses den Rechtsvertretern des Bw am 11. März 2011 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 25. März 2011 – und damit rechtzeitig – mittels Fax eingebrachte Berufung, die am 10. Mai 2011 auf die Höhe der Strafe eingeschränkt wurde.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat den Verwaltungsstrafakt GZ Sich96-1086-2010 samt Berufungsschrift vorgelegt.

Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Vorlageakt; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ und sich die Berufung nur gegen die Höhe der Geldstrafe richtet, konnte von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

3.1. Aufgrund der Aktenlage steht folgender Sachverhalt fest:

Der Bw ist Staatsangehöriger von Armenien und hält sich seit Abschluss seines Asylverfahrens am 16. August 2010 rechtswidrig im Bundesgebiet auf. Gleichzeitig mit der Abweisung der Beschwerde, die sich gegen den Zurückweisungsbescheid des Bundesasylamtes gerichtet hatte, wurde die Ausweisung nach Armenien verfügt.

 

Zum Zeitpunkt der gegenständlichen Kontrolle kam dem Bw kein Aufenthaltsrecht zu.

 

3.2. Der festgestellte Sachverhalt ist unbestritten.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 120 Abs 1 Z 2 FPG (BGBl I Nr. 100/2005, zuletzt geändert mit BGBl I Nr. 17/2011), begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 5.000 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu drei Wochen, zu bestrafen wer sich als Fremder nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält.

 

Nach § 31 Abs. 1 leg. cit. halten sich Fremde rechtmäßig im Bundesgebiet auf,

1. wenn sie rechtmäßig eingereist sind und während des Aufenthalts im Bundesgebiet die Befristungen oder Bedingungen des Einreisetitels oder die durch zwischenstaatliche Vereinbarungen, Bundesgesetz oder Verordnung bestimmte Aufenthaltsdauer nicht überschritten haben;

2. wenn sie auf Grund einer Aufenthaltsberechtigung oder einer Dokumentation des Aufenthaltsrechtes nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz zur Niederlassung oder zum Aufenthalt oder auf Grund einer Verordnung für Vertriebene zum Aufenthalt berechtigt sind;

3. wenn sie Inhaber eines von einem Vertragsstaat ausgestellten Aufenthaltstitels sind, "sofern sie währende ihres Aufenthalts im Bundesgebiet keiner unerlaubten Erwerbstätigkeit nachgehen";

4. solange ihnen ein Aufenthaltsrecht nach asylrechtlichen Bestimmungen zukommt;

5. (aufgehoben mit BGBl I Nr. 122/2009);

6. wenn sie eine Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungs­gesetz mit einer Gültigkeitsdauer bis zu sechs Monaten, eine Entsendebewilligung, eine EU-Entsendebestätigung, eine Anzeigebestätigung gemäß § 3 Abs. 5 AuslBG oder eine Anzeigebestätigung gemäß § 18 Abs. 3 AuslBG mit einer Gültigkeitsdauer bis zu sechs Monaten, innehaben oder

7. soweit sich dies aus anderen bundesgesetzlichen Vorschriften ergibt.

 

4.2. Aufgrund der auf die Höhe der Strafe eingeschränkten Berufung ist der Schuldspruch des angefochtenen Straferkenntnisses (Spruchpunkt 1) in Rechtskraft erwachsen und der Beurteilung durch den Unabhängigen Verwaltungssenat entzogen. Bei der Strafbemessung ist somit von einem tatbestandsmäßigen, rechtswidrigen und schuldhaften Verhalten des Bw auszugehen. 

 

4.3. Gemäß § 19 Abs. 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Nach § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides soweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist.

 

Trotz des vorliegenden Milderungsgrundes der absoluten verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit hatte die belangte Behörde im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Straferkenntnisses § 120 FPG, BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 122/2009, anzuwenden und daher auf die vorgesehene Mindeststrafe von 1 000 Euro abzustellen. Mit Erkenntnis vom 9. März 2011, G 53/10-7 u.a, hat der Verfassungsgerichtshof die Wortfolge "von 1 000 Euro" in Abs. 1 und die Wendung "1" in Abs. 4 des       § 120 FPG, BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 122/2009 als verfassungswidrig aufgehoben und ausgeführt, dass die aufgehobenen Bestimmungen nicht mehr anzuwenden sind. Die Aufhebung der Wortfolge durch den Verfassungsgerichtshof wurde vom Bundeskanzler am 4. April 2011 im BGBl. I Nr. 17/2011, kundgemacht.

 

Bedingt durch die Aufhebung der Mindeststrafe von 1 000 Euro hatte sich der Unabhängige Verwaltungssenat bei der Strafbemessung am nunmehr geltenden Strafrahmen (Geldstrafe bis 5 000 Euro) zu orientieren. Abstellend auf das schuldhafte Verhalten des Bw und die vorliegenden Milderungsgründe erachtet der Unabhängige Verwaltungssenat die nunmehr verhängte Geldstrafe in der Höhe von 70 Euro und eine Ersatzfreiheitsstrafe von 6 Stunden für angemessen und ausreichend, um ihn zukünftig von einer gleichgelagerten Verwaltungsübertretung abzuhalten.

 

Sowohl aus Gründen der Generalprävention als auch der Spezialprävention bedurfte es daher einer Bestrafung, um Übertretungen in vergleichbaren Fällen hintan zuhalten.

 

Trotz Kenntnis der rechtskräftigen Zurückweisung des Asylantrages und des damit verbundenen Wegfalls der vorläufigen Aufenthaltsberechtigung hat der Bw den rechtswidrigen Zustand aufrecht erhalten. Das Gesamtverhalten des Bw lässt daher nicht den Schluss zu, dass ihn an der Verwaltungsübertretung ein geringfügiges Verschulden trifft. Das Verschulden wäre nur dann als geringfügig anzusehen, wenn – unabhängig von der Schuldform (Vorsatz oder Fahrlässigkeit) – das tatbildmäßige Verhalten des Bw hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt erheblich zurückbleibt. Im Hinblick auf die Kenntnis der Verbotsnorm kann ein geringfügiges Verschulden nicht erkannt werden.

 

Die Anwendung des § 21 VStG setzt voraus, dass das Verschulden des Bw geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind.

Abgesehen davon, dass die Folgen der dem Bw angelasteten Verwaltungsübertretung nicht unbedeutend sind, konnte das Verschulden nicht als geringfügig eingestuft werden.

 

5. Bei diesem Verfahrensergebnis hat der Bw gemäß § 64 VStG einen Beitrag zu den Kosten Verfahrens vor der belangten Behörde von 7 Euro zu leisten. Ein Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren war nicht vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

Mag. Stierschneider

 

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