Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-301042/2/Gf/Mu

Linz, 30.05.2011

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Grof über die Berufung der x gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 26. April 2011, Pol96-698-2009, wegen einer Übertretung des Oö. Hundehaltegesetzes zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird insoweit stattgegeben, als Spruchpunkt 2. des angefochtenen Straferkenntnisses aufgehoben wird; im Übrigen wird diese hingegen als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

II. Die Berufungswerberin hat in Bezug auf Spruchpunkt 1. des
angefochtenen Straferkenntnisses zusätzlich zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Beitrag zu den
Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat in Höhe von 8 Euro zu leisten; hinsichtlich Spruchpunkt 2. des angefochtenen Straferkenntnisses entfällt hingegen die Verpflichtung zur Leistung jeg­lichen Kostenersatzes.

 

Rechtsgrundlage:

§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 64 Abs. 1 und 2 VStG; § 66 Abs. 1 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 26. April 2011, Pol96-698-2009, wurde über die Rechtsmittelwerberin eine Geldstrafe in Höhe von 40 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 12 Stunden; Verfahrenskostenbeitrag: 4 Euro) sowie eine Geldstrafe in Höhe von 60 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 12 Stunden; Verfahrenskostenbeitrag: 6 Euro) verhängt, weil sie es am 22. Juli 2009 unterlassen habe, einerseits ihren Hund an einem öffentlichen Ort an der Leine oder mit einem Maulkorb zu führen und andererseits diesen so zu verwahren, dass er weder Menschen noch andere Tiere gefährdet. Dadurch habe sie eine Übertretung des § 6 Abs. 1 des Oö. Hundehaltegesetzes, LGBl.Nr. 147/2002, zuletzt geändert durch LGBl.Nr. 124/2006 (im Folgenden: OöHundeHG), sowie eine Übertretung des § 3 Abs. 2 Z. 1 OöHundeHG begangen, weshalb sie nach § 15 Abs. 1 Z. 2 bzw. Z. 5 OöHundeHG zu bestrafen gewesen sei.

 

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass der der Beschwerdeführerin angelastete Tatvorwurf aufgrund entsprechender Zeugenaussagen als erwiesen anzusehen sei.

 

Im Zuge der Strafbemessung seien weder Erschwerungs- noch Milderungsgründe hervorgekommen; die von der Rechtsmittelwerberin angegebenen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse seien entsprechend berücksichtigt worden.

 

1.2. Gegen dieses ihr am 5. Mai 2011 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 11. Mai 2011 – und damit rechtzeitig – per e-mail eingebrachte Berufung.

 

Darin wird – auf das Wesentliche zusammengefasst – vorgebracht, dass die Beschwerdeführerin davon ausgegangen sei, dass die zu Pkt. 1 verhängte Strafe bereits von ihr bzw. ihrer Tochter einbezahlt worden sei. Hinsichtlich des Tatvorwurfes zu Pkt. 2 des bekämpften Bescheides wird nochmals darauf verwiesen, dass insoweit konträre Zeugenaussagen und insbesondere hinsichtlich der angeblichen Bissverletzungen, die ihr Hund einem anderen Rüden zugefügt haben soll, widersprüchliche Angaben der behandelnden Tierärztin vorlägen, sodass im Zweifel von ihrer Unschuld auszugehen sei.

 

Daher sowie auch deshalb, weil sie bisher unbescholten sei, wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses, in eventu eine Herabsetzung der Strafhöhe beantragt.

2.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land zu Zl. Pol96-698-2009; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ, mit dem angefochtenen Straferkenntnis eine 500 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde und die Parteien einen entsprechenden Antrag nicht gestellt haben, konnte im Übrigen gemäß § 51e VStG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

2.2. Nach § 51c VStG hatte der Oö. Verwaltungssenat im gegenständlichen Fall – weil mit dem bekämpften Bescheid eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde – nicht durch eine Kammer, sondern durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

 

 

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

 

3.1. Gemäß § 15 Abs. 1 Z. 5 i.V.m. § 6 Abs. 1 OöHundeHG begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung, der einen Hund an einem öffentlichen Ort im Ortsgebiet nicht an der Leine oder mit einem Maulkorb führt.

 

Nach § 15 Abs. 1 Z. 2 i.V.m. § 3 Abs. 2 Z. 1 OöHundeHG begeht u.a. derjenige ein Verwaltungsübertretung, der einen Hund nicht in einer solchen Weise beaufsichtigt, verwahrt oder führt, dass dieser Menschen und andere Tiere nicht gefährdet.

 

Gemäß § 15 Abs. 2 OöHundeHG sind Verwaltungsübertretungen von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe bis zu 7.000 Euro zu bestrafen.

 

3.2. Im gegenständlichen Fall wird auch von der Beschwerdeführerin selbst weder in Abrede gestellt, dass sie ihren Hund zum Vorfallszeitpunkt nicht angeleint (bzw. vorgebracht, dass sie diesen stattdessen mit einem Maulkorb versehen) gehabt hatte, noch, dass es sich beim Vorfallsort um einen "öffentlichen Ort" i.S.d. § 1 Abs. 2 Z. 3 OöHundeHG handelte.

 

Da sie insoweit zumindest fahrlässig und damit auch schuldhaft gehandelt hat, weil sie als Führerin eines Hundes entweder diese Obliegenheit kennen oder entsprechende Erkundigungen hätte einholen müssen, ist daher insoweit ihre Strafbarkeit gegeben.

 

Ihr Einwand, dass sie insoweit – insbesondere im Zusammenhang mit einer Strafverfügung – bereits zuvor anrechenbare Zahlungen geleistet habe, ist allenfalls im Vollstreckungsverfahren zu berücksichtigen, berührt aber die Frage der Strafbarkeit selbst nicht.

 

3.3. Soweit es die Bissverletzungen, die ihr Hund einem anderen Tier beigebracht haben soll, betrifft, ist im Hinblick auf den oben unter 3.1. wiedergegebenen Tatbestand darauf hinzuweisen, dass nach § 3 Abs. 2 Z. 1 OöHundeHG für ein strafbares Verhalten eine Gefährdung bereits hinreicht; hingegen ist in diesem Zusammenhang nicht Voraussetzung, dass ein Mensch oder Tier tatsächlich verletzt wird.

 

Dass der Hund der Beschwerdeführerin – ein damals halbjähriger Labrador-Rüde – trotz seines geringeren Alters größer und stärker als der andere in die Auseinandersetzung involvierte Hund (ein damals knapp vierjähriger Beagle-Rüde) war, sodass auf Grund dieser ungleichen körperlichen Voraussetzungen a priori eine entsprechende Gefährdungsgeneigtheit bestand, kann nicht ernstlich zweifelhaft sein. Insoweit liegt daher auch ein tatbestandsmäßiges und schuldhaftes, weil zumindest fahrlässiges – als Hundeführerin wäre die Rechtsmittelwerberin auch dazu verpflichtet gewesen, entsprechende Vorkehrungen dafür zu treffen, um dem aktuellen Eintritt einer entsprechenden Gefährdungssituation wirksam vorzubeugen – Verhalten vor.

 

Dessen ungeachtet ist der Beschwerdeführerin jedoch zum einen zuzugestehen, dass sich aufgrund der Aussagen der einvernommen Zeugen nicht mit der für ein Verwaltungsstrafverfahren erforderlichen Sicherheit erweisen ließ, dass ihr Hund seinem Widersacher tatsächlich Bissverletzungen zugefügt hat; davon ausgehend hätte daher – wie die Rechtsmittelwerberin zutreffend vorbringt – gemäß Art. 6 Abs. 2 EMRK jedenfalls der letzte Halbsatz des Spruches des angefochtenen Straferkenntnisses zu entfallen.

 

Zum anderen ist im gegenständlichen Fall auch die seit dem Urteil vom 10. Februar 2009, 14939/03 (Fall Zolotukhin), geänderte Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte zum Doppelbestrafungsverbot des Art. 4 des 7. ZPMRK zu beachten: Danach ist es nämlich nunmehr unzulässig, eine Person wegen ein und desselben faktischen Verhaltens mehrfach strafrechtlich zu verfolgen und/oder zu bestrafen; auf frühere Kriterien – wie insbesondere "essential elements" etc. – kommt es hingegen nicht mehr an. Liegen also dieselben oder – wie es der EGMR ausdrückt – "essentially the same facts" vor, ist eine parallele Ahndung gehindert. Gerade dies trifft im gegenständlichen Fall zu, in dem die belangte Behörde deshalb, weil – wie sich dies aus dem Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses ergibt – "das Tier am ao. Tatort und Tatzeitpunkt zum Hund von Herrn ..... laufen konnte und in weiterer Folge ein Kampf zwischen den Hunden entstand, wobei der Hund von Herrn ..... vom oa. Hund gebissen wurde" und somit aus ein und demselben faktischen Anlass zwei Strafen verhängt hat (vgl. dazu auch schon ausführlich die Entscheidung des Oö. Verwaltungssenates vom 10. März 2011, Zl. VwSen-301008).

3.4. Aus allen diesen Gründen war daher der vorliegenden Berufung insoweit stattzugeben, als gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG der Spruchpunkt 2. des angefochtenen Bescheides aufzuheben war; im Übrigen war diese hingegen abzuweisen und der angefochtene Bescheid zu bestätigen.

4. Bei diesem Verfahrensergebnis war der Rechtsmittelwerberin in Bezug auf Spruchpunkt 1. des angefochtenen Straferkenntnisses gemäß § 64 Abs. 1 und 2 VStG zusätzlich zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat in Höhe von 20% der verhängten Geldstrafe, d.s. 8 Euro, vorzuschreiben; hinsichtlich Spruchpunkt 2. des angefochtenen Straferkenntnisses entfällt hingegen nach § 66 Abs. 1 VStG die Verpflichtung zur Leistung jeglichen Kostenersatzes.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

Dr.  G r o f

VwSen-301042/2/Gf/Mu vom 30. Mai 2011

Erkenntnis

 

7. ZPEMRK Art4;

Oö. HundeHG §3 Abs2 Z1;

Oö. HundeHG §6 Abs1;

Oö. HundeHG §15 Abs1 Z2 und 5

 

 

Aufhebung des Spruchpunktes 2. des angefochtenen Straferkenntnisses wegen unzulässiger Doppelbestrafung iSd Urteils des EGMR vom 10. Februar 2009, 14939/03 (Fall Zolotukhin): Danach ist nunmehr unzulässig, eine Person wegen ein und desselben faktischen Verhaltens mehrfach strafrechtlich zu verfolgen und/oder zu bestrafen; auf frühere Kriterien – wie insbesondere "essential elements" etc – kommt es nicht mehr an. Liegen also dieselben oder – wie es der EGMR ausdrückt – "essentially the same facts" vor, ist eine parallele Ahndung gehindert. Gerade dies trifft im gegenständlichen Fall zu, wo die belangte Behörde aus ein und demselben faktischen Anlass zwei Strafen – wegen einer Übertretung des § 6 Abs1 Oö HundeHG einerseits und einer Verletzung des § 3 Abs2 Z1 Oö HundeHG andererseits – verhängt hat.

 

 

 

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