Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-252801/3/Gf/Mu

Linz, 05.05.2011

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Grof über die Berufung des x, vertreten durch x, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Wels-Land vom 31. März 2011, Zl. SV96-62-2010, wegen einer Übertretung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlage:

§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG; § 66 Abs. 1 VStG.

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Wels-Land vom 31. März 2011, Zl. SV96-62-2010, wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe in einer Höhe von 365 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 11 Stunden; Verfahrenskostenbeitrag: 36,50 Euro) verhängt, weil er es als verantwortliches Organ einer KEG zu vertreten habe, dass diese am 9. Februar 2010 um 11.30 Uhr in ihrem Betrieb einen bosnischen Staatsangehörigen als Dienstnehmer beschäftigt gehabt habe, ohne dass dieser zur Sozialversicherung angemeldet gewesen sei. Dadurch habe er eine Übertretung des § 33 Abs. 1 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes, BGBl.Nr. 189/1955 in der im gegenständlichen Fall maßgeblichen Fassung BGBl.Nr. I 111/2010 (im Folgenden: ASVG), begangen, weshalb er nach § 111 Abs. 1 Z. 1 ASVG zu bestrafen gewesen sei.

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass dieses dem Rechtsmittelwerber angelastete deliktische Verhalten von Aufsichtsorganen des Finanzamtes Linz während einer amtlichen Kontrolle festgestellt worden und daher als erwiesen anzusehen sei.

Im Zuge der Strafbemessung sei die bisherige Unbescholtenheit des Beschwerdeführers als mildernd zu werten gewesen, während Erschwerungsgründe nicht hervorgekommen seien; seine Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse seien mangels entsprechender Mitwirkung von Amts wegen zu schätzen gewesen.

1.2. Gegen dieses ihm am 5. April 2011 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 12. April 2011 – und damit rechtzeitig – zur Post gegebene Berufung.

Darin bringt der Rechtsmittelwerber vor, dass der Dienstnehmer zum Tatzeitpunkt ohnehin – nämlich als Selbständiger bei der Kammer der gewerblichen Wirtschaft – zur Sozialversicherung angemeldet gewesen sei. Dem Arbeitsverhältnis sei nämlich kein Dienstvertrag, sondern der bereits im erstbehördlichen Verfahren vorgelegte Werkvertrag zu Grunde gelegen.

Daher wird – erschließbar – die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens, in eventu eine Herabsetzung der Strafhöhe bzw. ein Absehen von der Strafe beantragt.

2.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der BH Wels-Land zu Zl. SV96-62-2010; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ und die Verfahrensparteien – weil im Berufungsverfahren lediglich Rechtsfragen zu klären waren – darauf verzichtet haben, konnte im Übrigen gemäß § 51e VStG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

2.2. Im Rahmen dieser Beweisaufnahme wurde folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt:

2.2.1. Am 9. Februar 2010 haben Aufsichtsorgane des Finanzamtes Linz im Zuge einer um 11.30 Uhr durchgeführten Kontrolle einer Baustelle in der X in Linz festgestellt, dass dort u.a. ein bosnischer Staatsangehöriger, der nicht nach ASVG zur Sozialversicherung angemeldet war, für das Unternehmen des Rechtsmittelwerbers diverse Elektroinstallationsarbeiten ausgeführt hat.

Dieser ausländische Staatsangehörige verfügt seit dem 31. Juli 2008 über eine vom Magistrat der Stadt Linz erteilte Berechtigung für das reglementierte Gewerbe der Elektrotechnik, die die Installation von elektrischen Starkstromanlagen und ‑einrichtungen (beschränkt auf Nennspannungen bis einschließlich 42 Volt oder Leistungen bis einschließlich 100 Watt) umfasst, und war daher in der Kranken- und Pensionsversicherung nach dem Gewerblichen Sozialversicherungsgesetz (GSVG) pflichtversichert, worüber auch eine entsprechende (den Zeitraum vom 1. Jänner 2009 bis zum 31. Dezember 2009 sowie vom 18. Jänner 2010 bis zum 28. Februar 2010 umfassende) Bestätigung vorgelegt wurde.

Für diverse Arbeitsstunden bzw. Arbeiten im Zusammenhang mit dem "Bauvorhaben X" hat der Ausländer auf Grund eines zwischen ihm und dem Unternehmen des Rechtsmittelwerbers mit dem Datum "28.04.2009" abgeschlossenen Vertrages (jedenfalls) für den Zeitraum zwischen April 2009 und Jänner 2010 in monatlichen bzw. vierzehntäglichen Abständen jeweils entsprechende Rechnungen gelegt.

2.2.2. Mit Schriftsatz vom 19. Februar 2010, Zl. 046/77015/14/2010, hat das Finanzamt Linz eine entsprechende Anzeige an den Bezirkshauptmann von Wels-Land erstattet und in dieser die Bestrafung des Rechtsmittelwerbers begehrt.

2.2.3. Mit diesen Ermittlungsergebnissen konfrontiert hat der Beschwerdeführer eingewendet, dass der Ausländer nicht als Dienstnehmer, sondern auf Grund eines Werkvertrages tätig geworden und zum Tatzeitpunkt ohnehin nach GSVG pflichtversichert gewesen sei.

2.2.4. In seiner Stellungnahme vom 24. Februar 2011, Zl. 046/77015/21/2010, hat sich das Finanzamt Grieskirchen-Wels im Wesentlichen dahin geäußert, dass bei der Beurteilung, ob es sich um einen Dienst- oder Werkvertrag handelt, nicht die äußere Erscheinungsform, sondern der wahre wirtschaftliche Gehalt maßgeblich sei. Da der Ausländer im Zuge der Kontrolle selbst angegeben habe, seit April 2009 ausschließlich für das Unternehmen des Rechtsmittelwerbers zu arbeiten; die Lohnabrechnung pauschal (mit einem Stundensatz von 25 Euro) erfolgt sei; die Arbeitsanweisungen, Arbeitszeiten und Krankenstände seitens des Vorarbeiters des Beschwerdeführers erteilt bzw. festgelegt bzw. geregelt worden seien; das Material von diesem beigestellt worden sei und keine Arbeitsteilung bestanden sowie der Ausländer auch nicht die Möglichkeit gehabt habe, sich vertreten zu lassen; sei sohin zumindest von einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis auszugehen gewesen.

 

2.3. Nach § 51c VStG hatte der Oö. Verwaltungssenat im gegenständlichen Fall – weil mit dem angefochtenen Straferkenntnis eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde – nicht durch eine Kammer, sondern durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

 

 

3. Über die vorliegende Beschwerde hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

 

3.1. Gemäß § 33 Abs. 1 ASVG haben die Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach dem ASVG in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden.

 

Nach § 35 Abs. 1 ASVG gilt als Dienstgeber i.S.d. des ASVG u.a. derjenige, für dessen Rechnung jener Betrieb geführt wird, in dem der Dienstnehmer in einem Beschäftigungsverhältnis steht, auch wenn der Dienstgeber den Dienstnehmer durch Mittelspersonen in Dienst genommen hat oder ihn ganz oder teilweise auf Leistungen Dritter an Stelle des Entgeltes verweist. Dies gilt entsprechend auch für die gemäß § 4 Abs. 1 Z 3 pflichtversicherten, nicht als Dienstnehmer beschäftigten Personen.

 

Als Dienstnehmer i.S.d. ASVG ist nach § 4 Abs. 2 leg.cit. anzusehen, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen.

 

Gemäß § 4 Abs. 4 Z. 1 lit. a ASVG stehen den Dienstnehmern i.S.d. § 4 Abs. 2 ASVG u.a. Personen, die sich auf Grund freier Dienstverträge für einen Dienstgeber im Rahmen seines Geschäftsbetriebes auf bestimmte oder unbestimmte Zeit zur Erbringung von Dienstleistungen verpflichten, dann gleich, wenn sie aus dieser Tätigkeit ein Entgelt beziehen, die Dienstleistungen im wesentlichen persönlich erbringen und über keine wesentlichen eigenen Betriebsmittel verfügen, es sei denn, dass sie auf Grund dieser Tätigkeit bereits nach § 2 Abs. 1 Z 1 bis 3 GSVG versichert sind.

 

Gemäß § 111 Abs. 1 Z. 1 ASVG handelt u.a. derjenige ordnungswidrig, der als Dienstgeber entgegen den Vorschriften des ASVG Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet. Eine solche Ordnungswidrigkeit ist nach § 111 Abs. 2 ASVG von der Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen, und zwar mit Geldstrafe von 730 € bis zu 2.180 €, im Wiederholungsfall von 2.180 € bis zu 5.000 €, bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen, sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist.

 

In diesem Zusammenhang ist gemäß § 539a Abs. 1 ASVG für die Beurteilung von Sachverhalten nach diesem Bundesgesetz in wirtschaftlicher Betrachtungsweise der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes (zB Werkvertrag, Dienstvertrag) maßgebend.

 

3.2. Im gegenständlichen Fall geht aus den vom Rechtsmittelwerber vorgelegten Urkunden hervor, dass der im Spruch des angeführten Straferkenntnisses näher bezeichnete Dienstnehmer zum Tatzeitpunkt nach dem Gewerblichen Sozialversicherungsgesetz kranken- und pensionsversichert war.

 

Damit kam aber insoweit die Ausnahmebestimmung des § 4 Abs. 4 Z. 1 lit. a ASVG zum Tragen, wonach gemäß GSVG pflichtversicherte Personen selbst dann, wenn sich diese auf Grund freier Dienstverträge für einen Dienstgeber im Rahmen seines Geschäftsbetriebes auf bestimmte oder unbestimmte Zeit zur Erbringung von Dienstleistungen verpflichten, schon ex lege nicht als Dienstnehmer i.S.d. § 4 Abs. 2 ASVG anzusehen sind.

Erfüllte damit aber die im Spruch des Straferkenntnisses näher bezeichnete Person den Dienstnehmerbegriff nicht, war sohin auch die Strafbarkeit des Beschwerdeführers mangels Tatbestandsmäßigkeit nicht gegeben.

3.3. Der vorliegenden Berufung war daher gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG einzustellen.

4. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Berufungs­werber nach § 66 Abs. 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.


Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

Dr.  G r o f

 

VwSen-252801/3/Gf/Mu vom 5. Mai 2011

 

Erkenntnis

 

ASVG §4 Abs2;

ASVG §4 Abs4;

ASVG §111

 

 

Eine Strafbarkeit gemäß § 111 ASVG ist zu verneinen, wenn der Beschäftigte zum Tatzeitpunkt bereits nach dem GSVG pflichtversichert war (vgl § 4 Abs4 Z1 lita ASVG).

 

 

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