Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-522846/2/Bi/Kr

Linz, 09.05.2011

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn x, x, vom 27. April 2011 gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 26. April 2011, VerkR21-274-2011/LL, wegen Entziehung der Lenkberechtigung ua, zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird insofern teilweise Folge gegeben, als die (auch auf das Lenkverbot gemäß § 32 FSG und die Aberkennung des Rechts gemäß § 30 FSG bezogene) Entziehungsdauer auf 4 Monate und zwei Wochen, gerechnet ab 20. März 2011, herabgesetzt wird.

 

Rechtsgrundlage:

§§ 66 Abs.4 und 67a AVG

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oben angeführten Bescheid wurde dem Berufungswerber (Bw) gemäß §§ 24 Abs.1, 26 Abs.2 Z4 und Abs.3, 3 Abs.2, 32 Abs.1 und 30 Abs.1 FSG die von der BH Gmunden am 6. April 2010, Zl. 10131746, für die Klassen A, B, C, E, F erteilte Lenkberechtigung für den Zeitraum von sechs Monaten, gerechnet ab FS-Abnahme am 20. März 2011, entzogen. Weiters wurde für den gleichen Zeitraum ein Lenkverbot für Motorfahrräder, vierrädrige Leichtkraftfahrzeuge und Invali­den­kraftfahrzeuge ausgesprochen und das Recht aberkannt, von einem allfällig ausgestellten ausländischen Führerschein in Österreich Gebrauch zu machen. Außerdem wurde ihm gemäß § 24 Abs.3 FSG die Absolvierung einer Nach­schulung für alkoholauffällige Lenker aufgetragen. Gemäß § 64 Abs.2 AVG wurde einer allfälligen Berufung die aufschiebende Wirkung aberkannt.   

Die Zustellung des Bescheides erfolgte am 26. April 2011.

 

 

2. Dagegen wendet sich die vom Bw fristgerecht eingebrachte Berufung, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde, der durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 67a Abs.1 2. Satz AVG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungs­verhandlung erübrigte sich (§ 67d Abs.1 AVG). 

 

3. Der Bw beantragt die Herabsetzung der Entziehungsdauer mit der Begrün­dung, sein Arbeitgeber habe ihm deswegen die Kündigung angedroht. Beigelegt ist ein an den Bw gerichtetes Schreiben der x, x, wonach bei einer Entziehungsdauer von sechs Monaten dessen Mobilität nicht mehr gegeben und daher der Einsatz auf Baustellen nicht mehr möglich sei, weshalb sich der Arbeitgeber gezwungen sehe, eine Kündigung in Betracht zu ziehen. Bei einer ev. Kürzung der Entziehungsdauer würde von der Lösung des Arbeitsver­hältnisses abgesehen. 

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.

Daraus geht hervor, dass der Bw mit – in Rechtskraft erwachsenem – Strafer­kenntnis der Erstinstanz vom 26. April 2011, VerkR96-12124-2001, Verwaltungs­übertretungen gemäß 1) §§ 5 Abs.1 iVm 99 Abs.1a StVO 1960 und 2) §§ 20 Abs.2 iVm 99 Abs. 2e StVO 1960 schuldig erkannt wurde, weil er 1) am 20. März 2011 um 6.00 Uhr den Pkw X im Gemeindegebiet Seewalchen auf der Autobahn A1, RFB Wien, bis auf Höhe der Pannenbucht vor der Ausfahrt Seewalchen gelenkt hat, wobei er sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befand (0,67 mg/l AAG), und 2) auf der A1, km 238,209, die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h um 51 km/h überschritten hat, wobei die Überschreitung mittels Laser, TruSpeed API Seewalchen, Nr. 3173, festgestellt und die in Betracht kommende Messtoleranz zu seinen Gunsten abgezogen wurde.

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 24 Abs.1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs.1 Z2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit 1. die Lenkberechtigung zu entziehen oder 2. die Gültigkeit der Lenkberechtigung durch Auflagen, Befristungen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen einzu­schränken.

Gemäß § 3 Abs.1 Z2 FSG darf eine Lenkberechtigung nur Personen erteilt wer­den, die verkehrszuverlässig sind.

Gemäß § 7 Abs.1 Z1 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) ange­nommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen ua die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunken­heit oder einen durch Sucht­mittel oder durch Medikamente beein­träch­tigten Zustand gefährden wird. Als bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs.1 FSG hat gemäß § 7 Abs.3 Z1 FSG zu gelten, wenn jemand ein Kraft­fahrzeug gelenkt oder in Betrieb genommen und hiebei eine Übertretung gemäß § 99 Abs.1 bis 1b StVO 1960 begangen hat.

Gemäß § 99 Abs.1a StVO 1960 begeht ua eine Verwaltungsübertretung und ist zu bestrafen, wer ein Fahrzeug lenkt oder in Betrieb nimmt, obwohl der Alko­hol­gehalt seines Blutes 1,2 %o oder mehr, aber weniger als 1,6 %o, oder der  Alkoholgehalt seiner Atemluft 0,6 mg/l oder mehr, aber weniger als 0,8 mg/l beträgt.

Gemäß § 26 Abs.2 Z4 FSG ist, wenn beim Lenken oder Inbetriebnehmen eines Kraftfahrzeuges erstmalig ein Delikt gemäß § 99 Abs.1a StVO 1960 begangen wird, die Lenkberechtigung auf die Dauer von mindestens vier Monaten zu entziehen.

 

Als bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs.1 FSG hat gemäß § 7 Abs.3 Z4 FSG zu gelten, wenn jemand die jeweils zulässige Höchstgeschwindigkeit im Ortsgebiet um mehr als 40 km/h oder außerhalb des Ortsgebietes um mehr als 50 km/h überschritten hat und diese Überschreitung mit einem technischen Hilfsmittel festgestellt wurde.

Gemäß § 26 Abs.3 FSG hat die Entziehungsdauer im Falle der erstmaligen Begeh­ung einer in § 7 Abs. 3 Z 4 genannten Übertretung – sofern die Über­tretung nicht geeignet war, besonders gefährliche Verhältnisse herbeizu­führen oder nicht mit beson­derer Rücksichtslosigkeit gegenüber anderen Straßen­benützern begangen wurde (§ 7 Abs. 3 Z 3) oder auch eine Übertretung gemäß Abs. 1 oder 2 vorliegt – 1. zwei Wochen, 2. wenn die jeweils zulässige Höchst­geschwindigkeit im Ortsgebiet um mehr als 60 km/h oder außerhalb des Orts­gebietes um mehr als 70 km/h überschritten wurde, sechs Wochen, 3. wenn die jeweils zulässige Höchstgeschwindigkeit  im Ortsgebiet um mehr als 80 km/h oder außerhalb des Ortsgebietes um mehr als 90 km/h überschritten wurde, drei Monate zu betra­gen. Bei wiederholter Begehung einer derartigen Übertretung innerhalb von zwei Jahren hat die Entziehungsdauer, sofern in keinem Fall eine Qualifizierung im Sinne der Z2 oder 3 gegeben ist, sechs Wochen, sonst mindestens sechs Monate zu betragen. Eine nach Ablauf von zwei Jahren seit der letzen Begehung begangene derartige Übertretung gilt als erstmalig begangen.

 

Der vom Bw gelenkte Pkw wurde laut Anzeige des Meldungslegers x, API Seewalchen, am 20. März 2011 um 5.58 Uhr auf der A1 bei km 238.209 in Richtung Wien fahrend mit dem zuletzt vorher am 8.3.2010 ord­nungs­gemäß geeichten Verkehrs­geschwindig­keitsmessgerät TruSpeed Nr.3173 mit einer Geschwindigkeit von 187 km/h im Bereich der auf österreichischen Autobahnen erlaubten Höchst­geschwindigkeit von 130 km/h gemessen, wobei 3% vom Messwert aufgerundet – 3% von 187 aufgerundet sind 4 km/h – abzuziehen  sind. Auf dieser Grundlage war eine Geschwindigkeit von 183 km/h, sohin eine Überschreitung um 53 km/h außerhalb des Ortsgebietes zugrunde zu legen.

Der um 6.18 Uhr mit dem geeichten Atemluftuntersuchungsgerät Dräger Alcomat 7110 MKIII A, GeräteNr. ARMC 0177, erzielte günstigste Atemluftalkoholwert ergab 0,67 mg/l Atemluftalkoholgehalt (dh umgerechnet 1,34 %o Blutalkohol­ge­halt).

Der Bw hat damit zwei bestimmte Tatsachen verwirklicht, die nach den oben zitierten Bestimmungen Mindestentziehungszeiten bei der hier vorliegenden jeweils erstmaligen Begehung nach sich ziehen, und zwar für die Alkoholüber­tretung  vier Monate und für die Geschwindigkeitsübertretung zwei Wochen.

Diese Mindestentziehungszeiten sind im Sinne eine Prognose der beim Bw bestehenden Verkehrsunzuverlässigkeit zum einen gesetzlich vorgegeben und daher nicht unterschreitbar und zum anderen auch erforderlich, um den Bw von der Teilnahme am Straßenverkehr als Lenker eines Kraftfahrzeuges zum Schutz anderer Verkehrsteilnehmer abzuhalten.

 

Bei der Entziehung der Lenkberechtigung handelt es sich um keine Strafe, sondern um eine administrative Maßnahme zum Schutz der anderen Verkehrs­teilnehmer vor verkehrsunzuverlässigen KFZ-Lenkern (vgl VfGH 14.3.2003, G203/02; VwGH 18.3.2003, 2002/11/0062; 6.4.2006, 2005/11/0214; uva).

Private und berufliche Umstände haben bei der Entziehung der Lenkberechtigung aus Gründen des öffentlichen Interesses, verkehrsunzuverlässige Lenker von der Teilnahme am Straßenverkehr auszuschließen, außer Betracht zu bleiben (vgl VwGH 27.5.1999, 99/11/0072; 24.8.1999, 99/11/0166; 4.10.2000, 2000/11/0176; uva).

 

Zur vom Bw vorgelegten Kündigungsdrohung seines Arbeitgebers ist zu sagen, dass dem Bw bereits vor der Begehung der beiden Übertretungen bewusst sein musste, dass eine längere Entziehungsdauer seiner beruflichen Tätigkeit, die bei einem Dachdecker- und Spenglerbetrieb notwendigerweise mit wechselnden Arbeitsorten verbunden ist, entgegenstehen könnte, weil er ohne gültige Lenk­berechtigung für den Arbeitgeber nicht mehr voll einsatzfähig ist. Zu betonen ist daher, dass die Herabsetzung der Entziehungsdauer nicht wegen der Kündi­gungs­drohung des Arbeitsgebers erfolgte, sondern weil die Mindestentziehungs­dauer im Gesetz so vorgesehen ist; die Erstinstanz hat zur Auslegung der Bestimmung des § 26 Abs.3 FSG eine andere Rechtsmeinung vertreten als der Unabhängige Verwaltungssenat.

 

Die Dauer der prognostizierten Verkehrsunzuverlässigkeit ist naturgemäß auch auf das Verbot, Motorfahrräder, vierrädrige Leichtkraftfahrzeuge und Invaliden­kraft­fahr­zeuge zu lenken, und die Aberkennung des Rechts, von einem allfällig bestehenden ausländischen Führerschein in Österreich Gebrauch zu machen, zu übertragen.

Es liegt somit am Bw, ob er sich in Zukunft in Anbetracht der nunmehrigen Kenntnis der Rechtslage an die gesetzlichen Bestimmungen hält, wobei aber in jeden Fall die Nachschulung für alkoholauffällige Lenker zu absolvieren ist – die Entziehungsdauer endet nicht vor Befolgung dieser Anordnung.     

Aus all diesen Überlegungen war im Anfechtungsumfang spruchgemäß zu entscheiden. Im gegenständ­lichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 16,80 Euro angefallen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­ge­richtshof erhoben werden; diese ist - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt einzubringen. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Mag. Bissenberger

 

 

 

Beschlagwortung:

 

Alkoholübertretung 99/1a (0,67 mg/l) + Geschwindigkeitsübertretung um 53 km/h auf der Autobahn = 4 Monate + 2 Wochen Entziehungsdauer wegen 1. maliger Begehung

 

 

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