Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-165937/2/Fra/Gr

Linz, 30.05.2011

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied X über die Berufung des Herrn X, X, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt X, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 3. März 2011, VerkR96-5862-1-2010, betreffend Zurückweisung eines Einspruches gegen die Strafverfügung vom 30. November 2010, VerkR96-5862-1-2010, wegen verspäteter Einbringung, zu Recht erkannt:

 

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 30. November 2010, VerkR96-5862-1-2010, wurde der Berufungswerber (Bw) einer Verwaltungsübertretung nach § 103 Abs.2 KFG 1967 iVm § 134 Abs.1 KFG 1967 schuldig erkannt und mit Geldstrafe von 60 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit mit Ersatzfreiheitsstrafe von 12 Stunden bestraft, weil er als die vom Zulassungsbesitzer genannte Person, die Auskunft erteilen kann, trotz schriftlicher Aufforderung der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 12. August 2010 , Zahl: VerkR96-5862-2010, zugestellt am 23. Oktober 2010, der Behörde nicht Auskunft darüber erteilte, wer das Fahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen: X am 17. April 2010 um 17:26 Uhr gelenkt hat.

 

1.2. Die Strafverfügung konnte, nachdem sie vorerst im Postwege mangels Behebung durch den Bw nicht zustellbar war, schließlich im Rechtshilfeweg mit Hilfe der Regierung der Oberpfalz in X unter Verwendung einer Postzustellungsurkunde am 19. Jänner 2011 zugestellt werden.

 

2.1. Der Bw hat durch seinen ausgewiesenen Vertreter per E-Mail am 7. Februar 2011 gegen die o.a. Strafverfügung Einspruch erhoben.

 

2.2. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Einspruch vom 7. Februar 2011 gegen die o.a. Strafverfügung gemäß § 49 Abs.1 VStG als verspätet eingebracht zurück. Begründend wird darauf hingewiesen, dass dem Bw die o.a. Strafverfügung mittels Postzustellungsurkunde über die Regierung der Oberpfalz am 19. Jänner 2011 hinterlegt wurde und mit diesem Datum die Rechtsmittelfrist begann. Das Rechtsmittel hätte sohin bis spätestens am 2. Februar 2011 zur Post gegeben werden müssen. Der Einspruch wurde jedoch erst am 7. Februar 2011, sohin zu einem Zeitpunkt, in dem die Strafverfügung vom 30. November 2010 bereits in Rechtskraft erwachsen war, erhoben. Der am 7. Februar 2011 eingebrachte und am gleichen Tag bei der Behörde eingelangte Einspruch sei daher verspätet.

 

2.3. Gegen diesen Zurückweisungsbescheid erhob der Bw durch seinen ausgewiesenen Vertreter Berufung. Der Bw bringt in diesem Rechtsmittel vor, dass mit dem angefochtenen Bescheid sein Einspruch vom 7. Februar 2011 wegen verspäteter Einbringung zurückgewiesen wurde. Der Spruch wird damit begründet, dass die dem Verfahren zugrundeliegende Strafverfügung mittels Postzustellungsurkunde über die Regierung der Oberpfalz am 19. Jänner 2011 hinterlegt und mit diesem Datum die Rechtsmittelfrist begonnen habe. Die belangte Behörde sei offenbar der Rechtsmeinung, dass die Zustellung als bewirkt anzusehen ist, wenn der Zustellbeamte – wie im vorliegenden Fall Frau X – die Postzustellungsurkunde "an der Tür zur Wohnung anheftet", völlig unabhängig davon, ob der Beschuldigte ortsanwesend ist und wann ihm tatsächlich (physisch) die zuzustellende Urkunde zukommt. Nach seiner Ansicht seien im vorliegenden Fall die Zustellvorschriften des österreichischen Zustellgesetzes maßgebend. Der Zustellvorgang sei rechtswidrig gewesen, weil X zwar versucht hat, ihm am 19. Jänner 2011 das Schriftstück zu - zustellen, dieser Versuch aber gescheitert ist, weil er nicht anwesend war. In diesem Fall sei die Zurücklassung des Dokuments an der Tür zur Wohnung unzulässig. Ein solcher Vorgang sei dem österreichischen Zustellgesetz fremd. Nach § 7 Zustellgesetz sind mangelhafte Zustellung in jenem Augenblick geheilt, in dem das Dokument dem Empfänger tatsächlich zugekommen ist. Im Ermittlungsverfahren hat sein Vertreter mit E-Mail vom 25. Februar 2011 über Anfrage der Behörde unwiderlegt vorgetragen, dass ihm die Strafverfügung frühestens am Samstag dem 22. Jänner 2011 zugegangen ist. Mit diesem Tag sei der Zustellmangel geheilt, die Einbringung des Einspruches sei mit 7. Februar 2011 (erster Werktag nach dem Sonntag) rechtzeitig.

 

Abschließend stellt der Bw den Antrag, den angefochtenen Bescheid vom 3. März 2011 aufzuheben und über den Einspruch gegen die Strafverfügung zu entscheiden.

 

Mit Schreiben vom 12. April 2011 legte die belangte Behörde ihren Verfahrensakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Berufungsentscheidung vor und teilte u.a. mit, dass aufgrund der Berufungsausführungen keine neuen Tatsachen vorliegen, die der angefochtenen Entscheidung widersprechen würden.

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat nach Einsicht in den vorgelegten Verwaltungsakt und unter Berücksichtigung der Berufung festgestellt, dass der entscheidungswesentliche Sachverhalt hinreichend geklärt ist und nur Rechtsfragen zu beurteilen sind.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 49 Abs.1 VStG kann der Beschuldigte gegen die Strafverfügung binnen zwei Wochen nach deren Zustellung Einspruch erheben und dabei die seiner Verteidigung dienende Beweismittel vorbringen. Bei rechtzeitigem Einspruch ist gemäß § 49 Abs.2 VStG das ordentliche Verfahren einzuleiten. Wurde der Einspruch nicht oder nicht rechtzeitig erhoben, dann ist nach § 49 Abs.3 VStG die Strafverfügung zu vollstrecken.

 

Ein nicht rechtzeitig erhobener Einspruch ist von der Behörde, die die Strafverfügung erlassen hat, mit Bescheid zurückzuweisen.

 

Nach § 32 Abs.2 AVG (iVm § 24 VStG) enden nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monates, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat. Fehlt dieser Tag im letzten Monat, so endet die Frist mit Ablauf des letzten Tages dieses Monats. Durch Gesetz oder Verordnung festgesetzte Fristen können gemäß § 33 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG weder verkürzt noch verlängert werden.

 

4.2. Gemäß Art.3 des Vertrages zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland über Amts- u. Rechtshilfe in Verwaltungssachen, BGBl. 1990/526, wird Amts- u. Rechtshilfe nach dem Recht des ersuchten Staates geleistet. Die Vornahme von Zustellungen ist in Art.10 des genannten Vertrages geregelt. Gemäß des Art. 10 Abs.1 werden Schriftstücke im Verfahren nach Art.1 Abs.1 unmittelbar durch die Post nach den für den Postverkehr zwischen den Vertragsstaaten geltenden Vorschriften übermittelt. Wird ein Zustellnachweis benötigt, ist das Schriftstück als eingeschriebener Brief mit den besonderen Versendungsformen "eigenhändig" und "Rückschein" zu versenden. Kann eine Zustellung nicht unmittelbar durch die Post bewirkt oder ist diese nach Art und Inhalt des Schriftstückes nicht zweckmäßig, ist die zuständige Stelle im anderen Vertragsstaat um Vermittlung der Zustellung im Wege der Amts- und Rechtshilfe zu ersuchen. Die Vertragsstaaten teilen einander diese Stellen mit.

 

Nach deutscher Rechtslage ist etwa in § 3 Abs.3 Verwaltungszustellungsgesetz (d BGBl I 1952, 379 idgF) und in entsprechenden Bestimmungen der Verwaltungszustellgesetze der Länder für das Zustellen durch den Postbediensteten die Anwendung von Zustellvorschriften der §§ 180 bis 186 und 195 Abs.2 der bundesdeutschen Zivilprozessordnung (dZPO) vorgesehen.

 

Bei Zustellung durch die Post mit Zustellungsurkunde ist für den Fall, dass der Adressat in der Wohnung nicht angetroffen wird, nach dem verwiesenen § 181 Abs.1 dZPO die Möglichkeit einer Ersatzzustellung durch Niederlegung bei einer von der Post dafür bestimmten Stelle vorgesehen, wobei über die Niederlegung eine schriftlichen Mitteilung auf einem Vordruck unter Anschrift des Adressaten in der bei gewöhnlichen Briefen üblichen Weise abzugeben, oder, wenn dies nicht möglich ist, an der Tür der Wohnung, des Geschäftsraums oder der Gemeinschaftseinrichtung anzuheften ist. Das Schriftstück gilt mit der Abgabe der schriftlichen Mitteilung als zugestellt. Der Zusteller vermerkt auf dem Umschlag des zuzustellenden Schriftstückes das Datum der Zustellung. Gemäß § 181 Abs.2 dZPO ist das niedergelegte Schriftstück drei Monate zur Abholung bereitzuhalten. Nicht abgeholte Schriftstücke sind danach an den Absender zurückzusenden.

 

Voraussetzung für die Rechtswirksamkeit der Zustellung durch Niederlegung ist, dass der Adressat am Ort eine Wohnung hat, die er tatsächlich bewohnt, wobei aber vorübergehende Abwesenheiten wie etwa Urlaub, kurze Krankenhausaufenthalte und Ähnliches unerheblich sind. Keine Wohnung im Sinne des Zustellrechtes am bisherigen Ort liegt allerdings vor, wenn jemand längere Zeit mit fester, dauernder Unterkunft abwesend war und keine fortdauernde Beziehung zur bisherigen Wohnung aufrechterhalten hat (vgl. Erkenntnis des VwGH vom 18. März 1998, Zahl: 96/03/0030, unter Hinweis auf Kopp in Verwaltungsverfahrensgesetz 6, Anmerkung 12 zu § 41 VwVG)

 

4.3. Im gegenständlichen Fall konnte die Strafverfügung der belangten Behörde vom 30. November 2010 nach zunächst vergeblichem Zustellungsversuch im einfachen Postweg (mit internationalem Rückschein) wegen Nichtabholung durch den Bw durch das Ersuchen der belangten Behörde an die Regierung der Oberpfalz um Vermittlung der Zustellung im Wege der Amts- u. Rechtshilfe zugestellt werden. Diese Zustellung über Vermittlung der Regierung der Oberpfalz erfolgte entsprechend dem gestellten Ersuchen im Wege der Post mit Zustellungsurkunde "eigenhändig". Der Bw hat am Ort der Zustellung in X, eine Wohnung. Zustellmängel sind weder erkennbar noch wurden sie vorgebracht, deshalb konnte die Zustellung entsprechend den deutschen Vorschriften rechtswirksam vorgenommen werden.

 

Es begann sohin mit 19. Jänner 2011 die unabänderliche Einspruchsfrist von zwei Wochen zu laufen. Diese endete mit Ablauf des 2. Februar 2011. Der Einspruch hätte daher spätestens am 2. Februar 2011 eingebracht werden müssen. Mit Ablauf dieses Tages war das Rechtsmittel als verfristet anzusehen. Der vom Bw erst am 7. Februar 2011 aufgegebene Einspruch erfolgte daher offenkundig verspätet.

 

4.4 Im Ergebnis war die Berufung gegen den Zurückweisungsbescheid der belangten Behörde als unbegründet abzuweisen. Wegen der nach Ablauf der Einspruchsfrist eingetretenen Rechtskraft der Strafverfügung der belangten Behörde war es dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich verwehrt, auf die Sache einzugehen.


 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Johann Fragner

 

 

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