Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-165943/7/Br/Th

Linz, 18.05.2011

 

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn X, vertreten durch RA Dr. X, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land, vom 18. März 2011, Zl. VerkR96-492-2011, nach der am 18. Mai 2011 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht:

 

 

I.            Der Berufung wird statt gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.

 

II.   Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I.:    § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 111/2010 – AVG iVm § 19, § 24, § 51 Abs.1, § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 111/2010;

Zu II.    § 66 VStG;

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1.  Über den Berufungswerber wurde mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis  der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land wegen der Übertretung nach § 4 Abs.5 iVm § 99 Abs.3 lit.b StVO 1960 eine Geldstrafe von 200 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 72 Stunden verhängt, weil er 6.10.2010, 05:52 Uhr, in Traun auf der B1 (Wiener Straße, Fahrtrichtung Linz) bei StrKm 192.450, als Lenker des  LKW mit dem Kennzeichen X, mit einem Verkehrsunfall mit Sachschaden in ursächlichem Zusammenhang gestanden sei und nicht ohne unnötigen Aufschub die nächste Polizeidienststelle verständigt habe.

 

 

1.1. Begründend führte die Behörde erster Instanz Folgendes aus:

Die Ihnen im Spruch zur Last gelegte Übertretung des § 4 Abs. 5 StVO ist im Lichte der Zeugenvernehmungen als erwiesen anzusehen.

Am 6.10.2010 um 06.10 Uhr zeigte der Lenker des PKW Fiat Stilo, Kennzeichen X, an, dass es um 05.52 Uhr im Bereich des Stadtfriedhof Traun, etwa bei km 190,450 im Zuge des Überholmanövers des Lenkers des LKW mit dem Kennzeichen X, zu einer seitlichen Berührung der beiden Fahrzeuge kam. Dadurch wurde der linke Aussenspiegel des PKW Fiat Stilo nach vorne gekippt und das Außengehäuse leicht beschädigt. Der Anzeigeleger gibt niederschriftlich bei der PI Traun an: "Ich fuhr bis zur Kreuzung beim Infracenter und gab dem Lenker des LKW auf diesem Weg mehrfach Signale (Hupe und Lichthupe), doch er reagierte nicht darauf. Ich konnte im Bereich Infracenter-Kreuzung Blickkontakt mit dem Lenker zustande bringen und gab ihm zu verstehen, dass er an den rechten Straßenrand fahren und anhalten sollte. Dies ignorierte er jedoch ebenfalls. Ich hatte den Eindruck, dass er in großer Eile war." Diese Angaben erhebt er am 31.1.2011 zu seiner Zeugenaussage. Ihre Aussage wurde ebenfalls - am 6.10.2010 - niederschriftlich festgehalten; Sie gaben an, nicht bemerkt zu haben, dass Sie mit Ihrem LKW einen PKW am Spiegel gestreift zu haben. Ebenfalls hätten Sie nicht bemerkt, dass Sie der Lenker angeblich angeblinkt hat. Es ist möglich, dass Sie bei einer Kreuzung Blickkontakt hatten, doch Handzeichen hätten Sie keine wahrgenommen.

 

Aufgrund der Anzeige der Polizeiinspektion Traun wurde von der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land eine Geldstrafe von 200 Euro verhängt, gegen die Sie am 6.12.2010 über Ihren Rechtsvertreter Einspruch erhoben hatten. Angeführt wird, dass Sie nicht ausschließen können, dass Sie tatsächlich den Ihnen angelasteten Schaden verursacht hätten und dass Sie am angegebenen Ort zur angegebenen Zeit den LKW gelenkt haben. Der Strafverfügung sei jedoch nicht zu entnehmen, welcher Sachschaden Ihrerseits verursacht wurde. Aufgrund des Einspruchs wurde das Verwaltungsstrafver­fahren an die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land abgetreten und Sie von dieser zur Rechtfertigung aufgefordert. Am 17.1.2011 rechtfertigten Sie sich, dass keine Kollision mit einem Fahrzeug oder eines Teils davon wahrgenommen hätten, da dies technisch völlig unmöglich sei. Ihnen sei auch nicht aufgefallen, dass Ihnen ein Fahrzeuglenker Handzeichen gegeben hätte, an den rechten Straßenrand zu fahren und anzuhalten. Aufgrund Ihrer Einspruchsangaben wurde der Anzeigeleger im Rechtshilfe­weg als Zeuge vernommen; dieser erhob am 31.1.2011 seine Niederschrift v. 6.10.2010 zur Zeugen­aussage. Zu seiner Nachfahrt mit Anhalteversuchen ergänzte er, dass er zunächst hinter dem LKW hupend und die Lichthupe betätigend bis zur Infracenter-Kreuzung nachfuhr. Dort kam es bei rotem Licht der Verkehrsampel zum Blickkontakt. Der Anzeiger gab Zeichen mit der rechten Hand, an den rechten Fahrbahnrand zu fahren und anzuhalten. Bei der im Straßenverkehr erforderlichen Aufmerksamkeit beim Lenken eines Kfz hätten Sie dies hören und visuell wahrnehmen müssen. Sie wurden im Wege der Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme von der Zeugenaussage verständigt und entgegneten am 11.2.2011, dass der Lenker eines tonnenschweren LKW die Streifung eines Außenrückspiegels akustisch nicht habe wahrnehmen können. Weder das Hupen noch die Betätigung der Lichthupe seien auffällig gewesen, Hupgeräusche seien eine Lebenstatsache. Der vom Zeuge behauptete Blickkontakt sei schon technisch nicht möglich, da sich der Fahrersitz mindestens 1,5 m über der Fahrbahnfläche befindet, jedenfalls seien die Angaben des Zeugen technisch nicht möglich bzw. absurd.

 

 

Darüber hat die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land Folgendes erwogen:

 

Faktum ist, dass es sich bei gegenständlicher Angelegenheit um einen Verkehrsunfall mit Sachschaden handelt; konkret wurde im Zuge eines Überholmanövers zu einer Fahrzeugberührung, wobei der linke Außenspiegel am PKW des Anzeigers beschädigt wurde. Laut Judikatur des VwGH zufolge ist als Verkehrsunfall jedes plötzliche, mit dem Straßenverkehr ursächlich zusammenhängende Ereignis anzusehen, welches sich auf Straßen mit öffentlichem Verkehr zuträgt und einen Personen- oder Sachschaden zur Folge hat.

In Ihrer Rechtfertigung vom 17.1.2011 äußerten Sie, dass Sie weder eine Kollision noch dass Sie Blinkzeichen bzw. einen Blickkontakt mit wahrgenommen haben. Der Zeuge äußerte auf Ihre Rechtfertigungsangaben, dass er Ihnen "hupend und die Lichthupe betätigend" bis zur sog. Infracenter-Kreuzung nachfuhr. Bei rotem Licht der Verkehrslichtsignalanlage kam es auch zu

Blickkontakt, wobei Ihnen der Zeuge durch Handzeichen zu verstehen gab, dass Sie an den rechten Fahrbahnrand fahren und dort anhalten sollen. Seines Erachtens müssten Sie aufgrund Blickkontakts diese Signalisierung visuell wahrgenommen haben.

 

Voraussetzung für die Meldepflicht gem. Abs.5 ist nach der Rsp des VwGH der unfallbedingte Eintritt eines Sachschadens als objektives Tatbestandsmerkmal und in subjektiver Hinsicht das Wissen vom Eintritt eines derartigen Schadens, wobei der Tatbestand schon dann verwirklicht ist, wenn dem Täter objektive Umstände zum Bewusstsein gekommen sind oder bei gehöriger Aufmerksamkeit zum Bewusstsein hätten kommen müssen, aus denen er die Möglichkeit eines VU mit einer Sachbeschädigung zu erkennen vermocht hätte (VwGH 22.3. 2000, 99/03/0469-6).

 

Es darf erwartet werden, dass sich diese Aufmerksamkeit nicht nur auf einzelne Momente bezieht (hier z.B. zum Zeitpunkt der Fahrzeugberührung), sondern auf die gesamte Dauer der Teilnahme am Straßenverkehr insgesamt. Selbst wenn Sie im Führerhaus Ihres LKW nicht bemerkt haben sollten, dass es zu einer Berührung Ihres LKW mit einem PKW gekommen ist, so hätte Ihre Aufmerksamkeit den zahlreichen Versuchen eines PKW-Lenkers gelten müssen, der mit Hupe, Lichthupe und Handzeichen versucht, mit Ihnen Verbindung aufzunehmen, damit Sie an den Straßenrand fahren und schließlich dort anhalten um den geforderten Datenaustausch herzustellen bzw. überhaupt Ihrer Meldepflicht nachkommen zu können.

 

Die Weigerung eines an einem VU Beteiligten, das Schadensereignis zur Kenntnis zu nehmen, wenn er, ohne selbst von dem Unfall etwas bemerkt zu haben, von einer anderen Person auf das Schadensereignis aufmerksam gemacht worden ist, befreit nicht von der Verpflichtung des Abs 5 StVO (VwGH 15. 1. 1982, 81/02/0260, 0261)

 

Zweck des § 4 StVO ist es nicht an Ort und Stelle festzustellen, ob ein Sachschaden von einem Unfall herrührt, ob die Angaben des am Unfall Beteiligten stimmen und überhaupt das Verschulden an einem Unfall zu klären, sondern um den am Unfall beteiligten Fahrzeuglenkern die Möglichkeit zu geben, ohne unnötigen Aufwand und Schwierigkeiten klarstellen zu können, mit wem man sich hinsichtlich der Schadensregelung in der Folge auseinander zu setzen haben wird (VwGH 19. 12. 1975, 2085/74; 25. 1. 2002, 2001/02/0240).

 

Da Sie somit wedereinen Datenaustausch mit dem Unfallgegner durchführten, noch die nächste Polizeidienststelle verständigten, liegt der Tatbestand der Fahrerflucht vor und es ist Ihnen zumindest Fahrlässigkeit vorzuwerfen.

 

Gemäß § 5 Abs. 1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Zur Strafbemessung wird folgendes ausgeführt:

 

§19 VStG regelt die Bemessung der zu verhängenden Strafe. Darin heißt es unter Abs. 1.: Grundlage für die Bemessung der Strafe ist stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Unstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. In Abs. 2 wird ausgeführt: Im ordentlichen Verfahren sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der§§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Im Zuge der Verständigung vom Erge als Lenker bnis der Beweisaufnahme vom 7.2.2011 wurden Sie gleichzeitig aufgefordert, bis zum vorgegebenen Termin Ihre Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse anzugeben, widrigenfalls diese wie folgt geschätzt werden: Einkommen: 1.500 Euro, kein Vermögen, kein Sorgepflichten. Sie haben sich bis dato nicht darüber geäußert.

 

Gemäß § 99 Abs. 3 lit. b StVO begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 726 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit mit einer Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen zu bestrafen, wer in anderer als der in Abs. 2 lit. a bezeichneten Weise gegen die Bestimmungen des § 4 verstößt, insbesondere (...) den bei einem Verkehrsunfall entstandenen Schaden nicht meldet (...). Die von der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land darüber verhängte Geldstrafe schöpft den Strafrahmen nur zu einem Bruchteil aus, kann daher also nicht als unangemessen hoch bezeichnet werden.

 

Die verhängte Geldstrafe erscheint unter Berücksichtigung der vorgenannten Umstände schuld-und unrechtsangemessen. Straferschwerend sind keine Umstände hervorgekommen. Der Milderungsgrund der verwaltungsrechtlichen Unbescholtenheit kommt Ihnen im Prinzip zugute. Da Sie keine Angaben zu den Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse machten, aber auch niemals eine Herabsetzung der Geldstrafe begehrten, lag kein Argument vor, die Geldstrafe ggf. herabzusetzen..

 

Die Höhe dieser Geldstrafe sollte ausreichen, Sie in Hinkunft von Normübertretungen dieser Art abzuhalten.

Die Entscheidung über die Kosten des Strafverfahrens gründet sich auf die im Spruch zitierte Gesetzesstellen."

 

 

2. In der dagegen fristgerecht durch den ausgewiesenen Rechtsvertreter erhobenen Berufung tritt der Berufungswerber dem Straferkenntnis mit folgenden Ausführungen entgegen:

"In umseits bezeichneter Verwaltungsstrafsache erhebe ich gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 28,3.2011, VerkR96-492-2011, zugestellt am 31,3-2011, sohin innerhalb offener Frist die

 

Berufung:

 

Das gegenständliche Straferkenntnis wird seinem gesamten Umfang nach angefochten.

Als Berufungsgründe werden unrichtige Sachverhaltsfeststellung sowie unrichtige rechtliche

Beurteilung geltend gemacht

 

Die Erstbehörde hat sich mit der schriftlichen Stellungnahme des Beschuldigten auch nicht ansatzweise auseinandergesetzt:

Zum behaupteten Blickkontakt hat der Beschuldigte insbesondere in der schriftlichen Stel­lungnahme vom 11.2.2011 bereits darauf hingewiesen, dass dieser technisch gar nicht mög­lich ist. Der Fahrersitz des Beschuldigten im LKW befindet sich mindestens 1,5 m über der Fahrbahnfläche. Soferne daher das Fahrzeug des Zeugen X - wie von diesem behauptet - bei der Kreuzung beim Infracenter auf gleicher Höhe neben dem LKW stand, hätte der Beschuldigte bestenfalls auf das Dach des neben ihm befindlichen PKWs blicken können. Von der Sitzposition des Beschuldigten aus wäre der Lenker jedenfalls mit absoluter Unmöglichkeit sichtbar gewesen, zumal der Zeuge X als Lenker des Fahrzeuges noch dazu den linken Vordersitz benützen musste.

Wie bei dieser Situation der Beklagte die Möglichkeit gehabt haben soll, Blickkontakt zum Zeugen X herzustellen, bleibt völlig unerfindlich und hat sich die Erstbehörde mit dieser Frage auch nicht ansatzweise auseinandergesetzt.

 

Damit "ist aber auch die Glaubwürdigkeit des Zeugen X erschüttert, wenn dieser be­hauptet, In dieser Position mit dem Beschuldigten Blickkontakt hergestellt zu haben. Richtigerweise wäre daher von der Darstellung des Beschuldigten auszugehen gewesen, dass er die vom Zeugen X geschilderten Reaktionen nicht bemerkt hat, weil diese eben vom Zeugen X gar nicht gesetzt wurden.

 

Was die vom Zeugen X behaupteten Hupsignale und Abgabe von Lichthupensignalen betrifft, übersieht die Erstbehörde, dass sich der behauptete Vorfall gegen 6 Uhr früh im Stadtgebiet von Traun ereignet hat. Zu diesem Zeitpunkt herrscht erfahrungsgemäß dichter

Verkehr und ist es im Zuge eines derartigen Verkehrsgeschehens nicht ungewöhnlich/ dass Hupsignale und Lichthupensignale überwiegend von überreizten Fahrzeuglenkern abgegeben werden, welche einerseits an einer Möglichkeit zum Überholen gehindert werden bzw. wel­che damit ihren Protest zum Ausdruck bringen, dass ein Fahrzeuglenker sein Fahrzeug vor deren Fahrzeug in die Kolonne einzureihen versucht,

Es war daher bei dieser Sachlage dem Beschuldigten völlig unmöglich/ abgegebene Lichthu­pensignale oder Hupsignale auf sich persönlich zu beziehen/ zumal dem Beschuldigten auch nicht bewusst war, dass er ein Verhalten gesetzt hätte, welches dazu führt, dass diese Signa­le auf ihn bezogen sind.

 

Beweis:

Einvernahme des Beschuldigten;

Belziehung eines kraftfahrtechnischen Sachverständigen zum Beweis dafür, dass ein direkter Blickkontakt zwischen dem Zeugen X fm PKW und dem Beschuldigten im LKW bei ei­nem Nebeneinanderstehen der Fahrzeuge vor der sogenannten Infracenter- Kreuzung tech­nisch völlig ausgeschlossen ist.

 

Gestellt wird daher der

 

ANTRAG

 

1.

der Berufung Folge zu geben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das gegen den Beschuldigten eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren einzustellen;

2.

eine mündliche Berufungsverhandlung anzuberaumen.

 

Lambach, 8.4.2011                                                                                       X"

 

 

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Verlesung des erstbehördlichen Verfahrensaktes im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung. Im Vorfeld wurde im Wege der Haftpflichtversicherung des Angezeigtenfahrzeuges der Stand der Schadenregulierung in Erfahrung gebracht (AV v. 17.5.2011).

Der Berufungswerber legte im Zuge der Berufungsverhandlung zwei Fotos vom angeblichen Schädigerfahrzeug – ein vierachsiger Lkw – vor. Der auch persönlich zur Berufungsverhandlung erschienene Berufungswerber wurde als Beschuldigter und der Anzeiger J. X als Zeuge einvernommen. Auch der zuständige Abteilungsleiter als Vertreter der Behörde erster Instanz nahm an der Berufungsverhandlung teil.

 

 

3.1. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen. Die Durchführung einer Berufungsver­handlung war trotz der € 500,-- nicht übersteigenden Geldstrafen antragsgemäß und in Wahrung der durch Art. 6 EMRK zu garantierenden Rechte erforderlich (§ 51e Abs.1 Z1 VStG).

 

 

4. Sachverhalt.

Unstrittig ist, dass sowohl der Zeuge als auch der Berufungswerber auf der B1 im Bereich der sogenannten Traunerkreuzung in Richtung Linz unterwegs waren. Nachdem der Zeuge X etwa 500 m nach der Traunerkreuzung mit etwa 70 km/h fahrend auf die rechte Fahrspur wechselte, näherten sich zwei Lkw auf der linken Spur. Sie überholten den Zeugen, wobei es nach dem Überholen und Umspuren nach rechts seitens des hinteren Lkw´s zu einer Streifung am Spiegel des Zeugenfahrzeuges gekommen ist. Dieser wurde dabei, wie sich erst später und nach der Anzeige herausstellte, nicht funktionsunfähig. Es blieben lediglich zwei unbedeutende Lackabschürfungen die der Zeuge nicht als Schaden qualifiziert. Aus diesem Grund wurde auch kein Anspruch an die Versicherung gestellt.

Jedenfalls versuchte der Zeuge in weiterer Folge durch optische und akustische Warnzeichen den Berufungswerber im Lkw auf den Fahrzeugkontakt aufmerksam zu machen. Dieser reagierte jedoch nicht so dass er sich zur Erstattung der Anzeige veranlasst sah. Im Zuge der Verhandlung stellte sich heraus, dass der Berufungswerber die Zeichen glaubhaft nicht wahrnahm und offenbar auch keinen Blickkontakt mit dem Zeugen bekommen haben dürfte.

Das diese Streifung nicht bemerkt wurde und jedenfalls im Zweifel auch nicht bemerkt werden mussten erbrachte ebenfalls das Ergebnis der Berufungsverhandlung.

Beide Beteiligte machten einen guten und sehr sachlichen Eindruck, sodass dem Berufungswerber nicht zugesonnen wird das Ereignis bemerkt aber ignoriert zu haben.

Darauf lässt durchaus auch die Einschätzung des Anzeigers X schließen, welcher dezidiert angab sich nicht geschädigt zu fühlen und er einräumte, dass der Lkw-Lenker seine Zeichen und Signale wohl nicht bemerkt haben dürfte.

 

 

5.  Rechtlich hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Als Verkehrsunfall gilt jedes plötzliche, mit dem Straßenverkehr ursächlich zusammenhängende Ereignis, welches sich auf Straßen mit öffentlichem Verkehr zuträgt und einen Personen- oder Sachschaden zur Folge hat (VwGH 20.4.2001, 99/02/0176 u.a.).

Die Anhalte- und Meldepflicht setzt einerseits einen Vorfall (Verkehrsunfall) und andererseits ein Wissen (müssen) eines solchen voraus. Dabei ist aber nicht unbedingt das positive Wissen vom Verkehrsunfall und vom ursächlichen Zusammenhang erforderlich, wobei es für die Erfüllung des Tatbestandes wohl schon ausreicht wenn die betreffende Person bei gehöriger Aufmerksamkeit den Verkehrsunfall und den ursächlichen Zusammenhang hätte erkennen können oder müssen (siehe Pürstl - Somereder, Kommentar zur StVO, 11. Auflage, S 69 Rn 34, sowie – unter vielen – VwGH 23.5.2002, 2001/03/0417, VwGH 13.2.1991, 90/03/0114 mit Hinweis auf VwGH 9.9.1981, 81/03/0125 u. VwGH 31.1.1986, 85/18/0367, VwGH 14.09.1983, 82/03/0144).

Dafür liegen hier aber keine ausreichenden Indizien vor, sodass letztlich einerseits mangels bezifferbaren Schadens und andererseits eines nicht erweislichen schuldhaften Verhaltens eine Verwaltungsübertretung zumindest nicht erwiesen gelten kann.

Das Verfahren war demnach gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG einzustellen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. B l e i e r

 

 

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