Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-165998/6/Br/Th

Linz, 25.05.2011

 

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn Dipl.-Ing. X, geb. X, wh. X, vertreten durch RA Mag. X, X, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems, vom 15.04.2011, GZ: VerkR96-16162-2010, wegen einer Übertretung des KFG 1967, nach der am 25.5.2011 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung und Verkündung zu Recht erkannt:

 

 

I.     Der Berufung wird Folge gegeben; das angefochtene          Straferkenntnis wird behoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.

 

II.   Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I:     §§  66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG iVm 24, 45 Abs.1 Z1,                        51 und 51e Abs.1 Z1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG.

zu II:    § 66 Abs.1  VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem Punkt 1) des o.a. Straferkenntnis hat die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems über den Berufungswerber wegen eines Verstoßes nach § 109 Abs.1. eine Geldstrafe von 800 Euro und im Nichteinbringungsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von einer Woche ausgesprochen, weil er, wie im Zuge einer Überprüfung am 29.6.2010 und am 9.11.2010 fortgesetzten und abgeschlossenen Überprüfung festgestellt worden sei, als Inhaber der X Fahrschule X, in X, X, zumindest vom 29.6.2010 bis zum 9.11.2010 als Fahrschulbesitzer entgegen den gesetzlichen Bestimmungen den Betrieb der Fahrschule X nicht selbst geleitet habe, da er nur alle 2-3 Wochen einen Tag in der Fahrschule anwesend gewesen wäre.

Gemäß § 109 Abs.1 KFG dürfe eine Fahrschulbewilligung nur natürlichen Personen und nur Personen erteilt werden, die [ ... )

d) auch im Hinblick der Lage ihres Hauptwohnsitzes die unmittelbare persönliche Leitung der Fahrschule erwarten lassen.

Gemäß § 113 Abs.3 Ziff.2 KFG darf als Fahrschulleiter nur eine Person verwendet werden, die in einem Ausmaß von mindestens einer Halbtagesbeschäftigung (mindestens 20 Stunden pro Woche) in der Fahrschule anwesend ist. Dieses Mindestmaß an Anwesenheit habe auch für den Fahrschulinhaber zu gelten, um dessen Pflichten erfüllen zu können.

Zu den Punkten 2., 3. und 4. wurde gemäß § 45 Abs.1 VStG das Verfahren eingestellt, da die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat keine Verwaltungsübertretung nach dem KFG bildet.

Als verletzte Rechtsnorm wurden die Bestimmungen nach § 109 Abs.1 lit.d,        § 113 Abs.3 Z2 iVm § 134 Abs.1 KFG 1967 angezogen.

 

 

1.1. Die Behörde erster Instanz führte begründend folgendes aus:

„Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems, VerkR22, vom 2.5.2008 wurde Ihnen die Genehmigung zum Betrieb der Fahrschule am Standort X erteilt.

 

Anlässlich der Fahrschulinspektion der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems am 29.6.2010, welche am 9.11.2010 fortgesetzt und abgeschlossen wurde, wurde festgestellt:

 

1. Sie haben zumindest vom 29.6.2010 bis zum 9.11.2010 als Fahrschulbesitzer entgegen den gesetzlichen Bestimmungen den Betrieb der Fahrschule X nicht selbst geleitet, da Sie nur alle 2-3 Wochen einen Tag in der Fahrschule anwesend waren.

 

Im Zuge einer Aufforderung zur Rechtfertigung vom 17.12.2010 wurde Ihnen Gelegenheit gegeben, sich zu den Tatvorwürfen zu äußern.

 

In Ihrer Rechtfertigung vom 25.1.2011 bestätigten Sie im Wesentlichen den Tatvorwurf zu Punkt 1), dass Sie entgegen den gesetzlichen Bestimmungen den Betrieb der Fahrschule X nicht selbst geleitet haben, da sie nur alle zwei bis drei Wochen einen Tag in der Fahrschule anwesend waren. Sie wären jedoch an Wochenenden und außerhalb der Bürozeiten anwesend und würden telefonischen Kontakt halten.

 

In rechtlicher Hinsicht ist auszuführen:

 

Gemäß § 108 KFG ist das Ausbilden von Bewerbern um eine Lenkberechtigung und das entgeltliche Weiterbilden von Besitzern einer Lenkberechtigung durch Vertiefung bereits erworbener Kenntnisse unbeschadet der § 4 Abs.9 erster Satz FSG und der §§ 119 bis 122b nur im Rahmen des Betriebes einer Fahrschule zulässig.

 

Gemäß § 108 Abs.2 KFG dürfen Bewerber um eine Lenkberechtigung und Besitzer einer Lenkberechtigung im Rahmen des Betriebes einer Fahrschule nur durch deren Besitzer, sofern er die Voraussetzungen des § 109 erfüllt, durch einen Leiter (§ 113 Abs. 2 bis 4), durch Fahrschullehrer (§ 116) und durch Fahrlehrer (§ 117) ausgebildet oder weitergebildet werden.

 

Gemäß § 108 Abs.3 KFG bedürfen die Errichtung einer Fahrschule und die Verlegung ihres Standortes der Bewilligung der Bezirksverwaltungsbehörde.

 

Diese Fahrschulbewilligung darf nur natürlichen Personen erteilt werden, die die Voraussetzungen des § 109 KFG erfüllen.

 

Gern. § 113 Abs. 1 KFG hat der Fahrschulbesitzer den Betrieb seiner Fahrschule außer in den im Abs.2 angeführten Fällen selbst zu leiten; dies erfordert für die sich aus den auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen ergebenden Pflichten, wie insbesondere die Aufsicht über die Lehrtätigkeit und die wirtschaftliche Gebarung, die hiefür notwendige Anwesenheitsdauer in der Fahrschule.

 

Ihnen wurde mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems, VerkR22, vom 2.5.2008, die Genehmigung zum Betrieb der Fahrschule am Standort X erteilt. Sie sind daher Fahrschulbewilligungsinhaber. Durch den Bewilligungsbescheid wurde Ihnen das persönliche Recht zum Betrieb der Fahrschule erteilt. Der Bescheid entfaltet Rechtskraft und Bindungswirkung. Daher sind Sie als Bescheidadressat verpflichtet, die gesetzlichen Bestimmungen einzuhalten.

 

Für das Ausmaß der zeitlichen Anwesenheitspflicht eines Fahrschulinhabers ist die analoge Anwendung des § 113 Abs.3 Z.2 KFG berechtigt.

 

Unbestritten ist, dass Sie alle zwei bis drei Wochen einen Tag persönlich in der Fahrschule anwesend sind. Der behauptete E-Mail und Handyverkehr sowie die behauptete Anwesenheit außerhalb der Bürozeiten reicht nicht aus, den gesetzlichen Ansprüchen zu genügen. Weiters spielt es keine Rolle, dass bei der Ausarbeitung des KFG noch kein Bezug auf die modernen Telekommunikationsmöglichkeiten stattgefunden hat. Möchte nämlich das KFG darauf Rücksicht nehmen, so hätte auch eine entsprechende Änderung bereits stattgefunden, was jedoch nicht eingetreten ist.

 

Da Sie gelegentlich an Wochenenden und außerhalb der Bürozeiten anwesend waren, belegt aber in keinem Punkt, auch nur ansatzweise diese Leitungskompetenz als Fahrschulbewilligungsinhaber wahrgenommen zu haben.

 

Zum Hinweis in der Rechtfertigung, Ihnen sei trotz der Entfernung von 90 Kilometern von Ihrem Hauptwohnsitz zur Fahrschule die Berechtigung erteilt worden sei bemerkt, dass bei den modernen Straßenverbindungen und bei einer Fahrzeit lt. Routenplaner von ca. 1 Stunde 15 Minuten kein Problem gesehen wird, diese Strecke mehrmals wöchentlich zurückzulegen, um die gesetzlich normierte Anwesenheit sicherzustellen. Dies ist vielmehr eine Frage des Organisationsgeschickes.

 

Gemäß § 19 Abs.1 VStG 1991 ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen (800,00 € entspricht 16 % des Strafrahmens und bewegt sich daher im untersten Bereich bei einem angenommenen Einkommen von 3000,00 € und Sorgepflichten für 2 minderjährige Kinder).

 

Was die subjektive Tatseite anlangt, so war das Verschulden nicht geringfügig, da Sie die der Fahrschule übertragene, im öffentlichen Interesse liegende Aufgabe, die Ausbildung künftiger Kraftfahrzeuglenker und die Weiterbildung von Besitzern einer Lenkberechtigung nicht ausreichend wahrgenommen haben.

 

Mangels persönlicher Anwesenheit kann von einer unmittelbaren persönlichen Leitung der Fahrschule nicht gesprochen werden.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden und die verhängte Geldstrafe unter Bedachtnahme auf § 19 VStG. festzusetzen, wobei Ihnen der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit zugute kommt.

 

Im übrigen erscheint die verhängte Geldstrafe dem Unrechtsgehalt der Tat angemessen, da sich die Strafe im untersten möglichen Bereich bewegt.

 

Der Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens ist gesetzlich begründet.

 

Die Pkte. 2., 3. und 4. waren einzustellen, da keine Übertretung nach dem KFG vorliegt..“

 

 

2. Dagegen wendet sich der Berufungswerber mit seiner fristgerecht durch seinen Rechtsvertreter eingebrachten Berufung mit nachfolgender Ausführung:

„In umseits bezeichneter Verwaltungsstrafsache erhebt der Beschuldigte gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems vom 15.4.2011, eingelangt am 18.4.2011, zu GZ VerkR96-16162-2010, binnen offener Frist, durch den ausgewiesenen Vertreter das Rechtsmittel der

 

BERUFUNG

 

und führt dieses aus wie folgt:

 

Das oben bezeichnete Straferkenntnis wird seinem gesamten Inhalte nach angefochten.

 

Als Berufungsgrund wird unrichtige rechtliche Beurteilung geltend gemacht.

 

Im Straferkenntnis wird dem Beschuldigten zur Last gelegt, er habe es als Inhaber der X Fahrschule X in X, zumindest vom 29.6.2010 bis zum 9.11.2010 entgegen den gesetzlichen Bestimmungen unterlassen, den Betrieb der Fahrschule selbst zu leiten, da er nur alle zwei bis drei Wochen für einen Tag in der Fahrschule anwesend war.

 

Aufgrund dieser vermeintlichen Verwaltungsübertretung verhängte die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems über DI X eine Geldstrafe in der Höhe von € 800,00.

 

Weiters wurde DI X von der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems aufgetragen, einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens in der Höhe von € 80,00 zu begleichen.

 

Das Straferkenntnis stützt die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems einerseits auf § 109 Abs.1 lit.d KFG, wonach eine Fahrschulbewilligung nur einer natürlichen Person erteilt werden darf, die auch im Hinblick der Lage ihres Hauptwohnsitzes die unmittelbare persönliche Leitung der Fahrschule erwarten lässt und andererseits analog auf § 113 Abs.3 Z 2 KFG, worin normiert ist, dass als Fahrschulleiter nur eine Person verwendet werden darf, die in einem Ausmaß von mindestens einer Halbtagsbeschäftigung (mindestens 20 Stunden pro Woche) in der Fahrschule anwesend ist.

 

§ 109 KFG normiert die persönlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer Fahrschulbewilligung, wobei unter Abs. 1 lit. d unter anderem erforderlich ist, dass auch im Hinblick auf die Lage des Hauptwohnsitzes des Bewilligungswerbers die unmittelbare persönliche Leitung der Fahrschule zu erwarten ist.

 

In § 113 KFG ist normiert, dass der Fahrschulbesitzer (Inhaber einer Fahrschulbewilligung) den Betrieb seiner Fahrschule außer in den im Absatz 2 angeführten Fällen selbst zu leiten hat, dies erfordert für die sich aus diesem Bundesgesetz und aus den aufgrund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen ergebenden Pflichten, wie insbesondere die Aufsicht über die Lehrtätigkeit und die wirtschaftliche Gebarung, die hiefür notwendige Anwesenheitsdauer in der Fahrschule.

 

Gemäß § 113 Abs. 2 KFG darf sich der Fahrschulbesitzer zur Erfüllung dieser Pflichten nur für den Fall vertreten lassen, dass er entweder durch eine länger als sechs Wochen dauernde Abwesenheit daran gehindert ist, den Betrieb seiner Fahrschule selbst zu leiten, oder wenn ihm dies von der Bezirksverwaltungsbehörde untersagt wurde.

 

In § 113 Abs.3 Z.2 ist normiert, dass als Fahrschulleiter nur eine Person verwendet werden darf, die in einem Ausmaß von mindestens einer Halbtagsbeschäftigung (mindestens 20 Stunden pro Woche) in der Fahrschule anwesend ist.

 

Wie den angeführten Bestimmungen zu entnehmen ist, hat der Fahrschulinhaber lediglich für die unmittelbare persönliche Leitung der Fahrschule Sorge zu tragen, wobei unter Leitung der Fahrschule, insbesondere die Übung der Aufsicht über die Lehrtätigkeit und die wirtschaftliche Gebarung gemeint ist.

 

In § 113 Abs.1 KFG ist ausdrücklich normiert, dass der Fahrschulbesitzer zur Erfüllung dieser Pflichten die hiefür notwendige Anwesenheitsdauer in der Fahrschule aufzubringen hat. Die in § 113 Abs.3 Z.2 normierte Anwesenheitspflicht in der Fahrschule in einem Ausmaß von mindestens eines Halbtagsbeschäftigung (mindestens 20 Stunden pro Woche) trifft - wie ausdrücklich festgeschrieben - bloß den in den Fällen des § 113 Abs.2 bestellten Fahrschulleiter.

 

Eine analoge Heranziehung dieser Bestimmung für die notwendige Anwesenheitsdauer des Fahrschulbesitzers zur Erfüllung seiner Aufgaben ist keinesfalls vertretbar und unterliegt zweifellos auch nicht der Absicht des Gesetzgebers, der offenbar die erforderliche Anwesenheitsdauer des Fahrschulbesitzers bewusst nicht in Stunden bemessen hat, sondern abstrakt mit dem Terminus der "notwendigen Anwesenheitsdauer zur Übung der Aufsicht" umschrieben hat.

 

DI X ist den ihm obliegenden Pflichten als Fahrschulbewilligungsinhaber, insbesondere in Form der Überwachung der Lehrtätigkeit und der wirtschaftlichen Gebarung, stets ausreichend nachgegangen.

 

Zum einen war  DI X alle zwei bis drei Wochen einen ganzen Tag während der Bürozeiten von 08.00 Uhr bis 12.00 Uhr und von 14.00 Uhr bis 18.00 Uhr in der Fahrschule anwesend, zum anderen kam er auch an Wochenenden und außerhalb der Bürozeiten seinen Verpflichtungen als Fahrschulbewilligungsinhaber nach.

 

Zudem war DI X für die Fahrschulbediensteten stets telefonisch erreichbar und fanden auch etliche persönliche Telefonate mit den Fahrschulbediensteten über die Ausübung der Lehrtätigkeit statt.

 

Nebenbei ist zu beachten, dass nicht bloß auf die Anwesenheitsdauer in den Büroräumlichkeiten abgestellt werden kann, sondern auch zu berücksichtigen ist, dass 01 X die Fahrschulbediensteten beispielsweise auf  Übungsplätzen unterstützte.

 

Nachdem DI X seinen in § 113 Abs.1 KFG normierten Verpflichtungen als Fahrschulbesitzer stets ordnungsgemäß nachkam, wurde das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems in Verkennung der Rechtslage zu Unrecht ausgestellt.

 

Aufgrund der obigen Ausführungen stellt der Beschuldigte daher den

 

ANTRAG:

 

Die Berufungsbehörde möge in Stattgebung der Berufung das angefochtene Straferkenntnis dahingehend abändern, dass dieses behoben werde und bezüglich des gegen den Beschuldigten eingeleiteten Verwaltungsstrafverfahrens die Einstellung verfügen.

 

Linz, am 28.4.2011                                                                           X

 

 

3. Die Behörde erster Instanz hat die Akte zur Berufungsentscheidung vorgelegt; damit wurde die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates begründet. Dieser hat, da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung war mit Blick auf Art. 6 Abs.1 EMRK iVm § 51e Abs.1 Z1 VStG erforderlich.

 

 

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der Behörde erster Instanz vorgelegten Verfahrensakt, sowie durch dessen inhaltliche Erörterung im Rahmen der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung. Der auch persönlich zur Berufungsverhandlung erschienene Berufungswerber wurde als Beschuldigter befragt. Die Behörde erster Instanz nahm gemäß dem Schreiben vom 20.5.2011 entschuldigt aus terminlichen Gründen an der Berufungsverhandlung nicht teil.

 

 

5. Zur Aktenlage:

Soweit aus dem vorgelegten Verwaltungsakt ersichtlich ist findet sich als Basis für die Einleitung des Verwaltungsstrafverfahrens eine nicht datierte Aufforderung zur Rechtfertigung, welche dem Berufungswerber als Termin zur Vorsprache bei der Behörde den 25.1.2011, 09:30 Uhr einräumt. Diese Aufforderung wurde dem Berufungswerber am 21.12.2011 mit einer RSa-Sendung durch Hinterlegung beim Postamt M zugestellt.

Darin wird dem Berufungswerber neben dem im Spruch umschriebenen Verhalten noch zusätzlich zur Last gelegt, er habe den Fahrlehrer X zumindest vom 29.6.2010 bis zum 9.11.2010 mit freiem Dienstvertrag beschäftigt. Nach den Bestimmungen des KFG müsse der Fahrschulbesitzer die Aufsicht über die Lehrtätigkeit ausüben und dementsprechend jedenfalls eine unmittelbare Anordnungsbefugnis und Eingriffsmöglichkeit hinsichtlich des Ablaufes der Lehrtätigkeit gegenüber den Fahrlehrern haben. Dies sei bei Mitarbeitern mit freiem Dienstvertrag nicht möglich;

3. habe er den Fahrschullehrer X vom 29.6.2010 bis zum 9.11.2010 als selbständigen Fahrschullehrer beschäftigt, wobei nach den Bestimmungen des KFG der Fahrschulbesitzer die Aufsicht über die Lehrtätigkeit ausüben und dementsprechend jedenfalls eine unmittelbare Anordnungsbefugnis und Eingriffsmöglichkeit hinsichtlich des Ablaufes der Lehrtätigkeit gegenüber den Fahrlehrern haben müsse. Dies sei bei selbständigen Fahrschullehrern nicht möglich und

4. habe er die für den Betrieb der Fahrschule erforderlichen Voraussetzungen als Inhaber der Fahrschulbewilligung zumindest im Zeitraum vom 22.10.2010 bis 9.11.2010 nicht erfüllt, da er nach der Auflistung der Gebietskrankenkasse über kein Lehrpersonal (weder Fahrlehrer noch Fahrschullehrer) und auch keine Bürokräfte verfüge, da unter X Fahrschule X, Inhaber DI X bei der GKK kein Dienstgeberkonto aufscheine. Die im Betrieb der Fahrschule tatsächlich verwendeten Mitarbeiter würden bei der GKK unter X X Fahrschule X Nr. X geführt.

Diese Punkte wurden laut Begründung des Straferkenntnisses bereits von der Behörde erster Instanz fallen gelassen bzw. nicht als Verwaltungsübertretungen gewertet.

 

 

5.1. Im Verfahrensakt findet sich betreffend den Punkt 1) kein konkretes Ergebnis eines Erhebungsorgans (Erhebungsbericht, Protokoll oder dgl.) worauf sich diese zur Last gelegte Annahme nachvollziehen ließe. Die undatierte Verfolgungshandlung bildet jedenfalls kein beweistaugliches Substrat für die am 29. Juni und (bis) 11. November 2010 angeblich getroffenen und als Verwaltungsübertretung qualifizierte Feststellung. Vor allem lässt die Aktenlage vermissen wer diese Feststellung getroffen hat und welche konkrete Fakten zu diesen Schlussfolgerungen führten. Der Tatvorwurf beschränkt sich zuletzt im Ergebnis bloß auf die Wiedergabe der Rechtsnorm, ohne jedoch darzutun welches Handeln oder Unterlassen diesen Regelverstoß konkret indiziert hätte.

Der Berufungswerber teilte in einem E-Mail vom 1.2.2011, 01:44 Uhr der Behörde mit, dass er eine schriftliche Rechtfertigung abgegeben hätte und er den Termin "heute Dienstag" (gemeint wohl den 1.2.2011) nicht wahrnehmen würde. Vermutlich dürfte der Termin vom 25.1.2011 auf dieses Datum verschoben worden sein.

In der Substanz rechtfertigt sich der Berufungswerber damit, dass sich aus der Rechtsvorschrift keine physische Anwesenheitspflicht zu Bürozeiten ableiten ließe. Er nehme seine Pflichten auch außerhalb der üblichen Bürozeiten im erforderlichen Umfang wahr. Den Leitungsbefugnissen im Umfang von zumindest 20 Wochenstunden komme er etwa durch zahlreiche Telefonate mit Herrn M und anderen Fahrschulbediensteten sowie durch den Einsatz sonstiger Kommunikationsmöglichkeiten (E-Mail, Handyverkehr, etc) nach. Dem Vorwurf des 90 km entfernt liegenden Wohnortes trat er ebenfalls mit diesem Argument entgegen.

Die übrigen Ausführungen beziehen sich auf Punkte die letztlich von der Behörde erster Instanz bereits zur Einstellung gebrachten Vorwürfe.

 

 

5.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Auch die Berufungsbehörde findet keine Anhaltspunkte für die Begehung der hier zur Last gelegten Verwaltungsübertretung. Dem nun vor fast vor einem Jahr begonnenen, und vier Monate später fortgesetzten behördlichen Überprüfungsvorgang, liegen keinerlei nachprüfbare Fakten zu Grunde, worin die Leitungsdefizite konkret erblickt worden sein sollten. Mit dem im übrigen undokumentiert bleibenden  Vorwurf, "der Berufungswerber sei alle zwei bis drei Wochen nur einen Tag in der Fahrschule anwesend gewesen", lässt sich der Verstoß gegen den zur Last gelegten Tatbestand jedenfalls nicht erwiesen erachten. Wohl kaum könnte dieser Beweis anlässlich der behördlichen Überprüfung erhoben worden sein, an der der Berufungswerber letztlich selbst jeweils teilgenommen haben dürfte. Offenbar scheint sich die Behörde erster Instanz auf andere Quellen zu stützen welche jedoch nicht in den Akt Eingang fanden.

Der Berufungswerber gibt dazu anlässlich der Berufungsverhandlung an zu beiden von zwei Organen der Behörde erster Instanz vorgenommenen Überprüfungsterminen selbst anwesend gewesen zu sein und selbst nicht zu wissen welche Umstände die Behörde zu ihrer Vorgehensweise veranlasst haben mag. Offenbar sei seine Darstellung gegenüber den Überprüfungsorganen über seine Anwesenheit in der Fahrschule und Wahrnehmung seiner Leitungsaufgabe auch falsch verstanden worden.

Der Berufungswerber legte der Berufungsbehörde gegenüber die Wahrnehmung seiner Leitungsaufgaben nachvollziehbar dar.  Seine berufliche Tätigkeit als allgemein gerichtlich beeideter und zertifizierter Sachverständiger für das Kraftfahrwesen sei mit seiner Leitungsfunktion der Fahrschule gut in Einklang zu bringen. Die Berufungsbehörde vermeint die Sachverständigenfunktion im Verkehrswesen geradezu als qualitative Bereicherung für die Fahrausbildung feststellen zu können.

Eine derartige Funktion wird im übrigen auch von anderen Fahrschulbetreibern wahrgenommen.

Plausibel erklärt der Berufungswerber abermals die Wahrnehmung seiner Leitungsaufgabe unter Hinweis  auf dessen überwiegende Anwesenheit in der Fahrschule an Montagen und den Tagen vor einer Fahrprüfung (Donnerstag). Wenn ihm laut eigenen Angaben immer wieder Post (etwa FAXE) auf den Laptop übermittelt werden, wird damit evident, dass er dadurch einer der physischen Präsenz nicht nachstehenden Leitungsmöglichkeiten wahrzunehmen in der Lage ist. Letztlich wurden laut Berufungswerber anlässlich der zeitlich weit auseinander liegenden Überprüfungen auch keine relevanten Mängel festgestellt.

Die Darstellungen des Berufungswerbers erweisen sich  in dieser Form durchaus glaubhaft, und empirisch betrachtet steht das von ihm geschilderte Leitungskonzept dem vom Gesetz intendierten Ziel auch nicht erkennbar entgegen. Die Behörde erster Instanz reichte in der Folge auch keine weiteren Beweismittel nach, welche geeignet wären den Tatvorwurf zu erhärten und die Hintergründe für diesen Vorwurf zu erhellen.

Es konnte daher insbesondere nicht geklärt werden welche konkrete Mängelwahrnehmungen dem Tatvorwurf zu Grunde gelegt und woraus die fehlende Präsenz an der Fahrschule schlussgefolgert wurde.

Insbesondere darf in der Würdigung der Fakten nicht die seit der Stammfassung des KFG im Jahr 1967 geänderten Lebenswirklichkeit übersehen werden, wenn heute völlig geänderte Umstände einer Leitungsfunktion durch die  telekommunikative Überwachungsmöglichkeiten eröffnet sind, welche die physische Präsenz relativieren bzw. in einem flexibleren Umfang eine solche in einem flexibleren Zeitrahmen – nicht eingeschränkt auf die Regelarbeitszeit – ermöglichen und damit dennoch im Hinblick auf die Leitung und Führung eines Betriebes kein Defizit entsteht.

Auch eine auf ein modernes Management schließen lassende Führungsstruktur durch Delegation und Übertragung von Verantwortung an Mitarbeiter, lässt schon vordergründig auf ein "Führungs- u. Leitungsdefizit" nicht schließen und noch weniger ein solches erkennen.

 

 

6. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 113 Abs.1 KFG 1967 hat der Fahrschulbesitzer den Betrieb seiner Fahrschule außer in den im Abs.2 angeführten Fällen selbst zu leiten; dies erfordert für die sich aus diesem Bundesgesetz und aus den auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen ergebenden Pflichten, wie insbesondere die Aufsicht über die Lehrtätigkeit und die wirtschaftliche Gebarung, die hiefür notwendige Anwesenheitsdauer in der Fahrschule. Der Fahrschulbesitzer darf sich (nur) zur Erfüllung dieser Pflichten in den Fällen des Abs. 2 durch einen verantwortlichen Leiter, den Fahrschulleiter, vertreten lassen.

Jüngst hat der Verwaltungsgerichtshofes im Zusammenhang mit der Vertretungsbefugnis eines Fahrschulleiters iSd § 9 Abs.1 zweiter Halbsatz VStG die Auffassung vertreten, dass der § 113 Abs.2 KFG 1967 dem Bestimmtheitsgebot des Art. 18 Abs. 1 B-VG im Hinblick auf das Erfordernis der Normierung einer besonderen verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit eines Fahrschulleiters nicht gerecht wäre (VwGH 26.11.2010, 2010/02/0237).

Für Strafbestimmungen sei auf dem Boden des Art. 7 EMRK im Zusammenhalt mit § 1 Abs.1 VStG der Grundsatz zu beachten, dass eine Tat nur bestraft werden dürfe, wenn sie gesetzlich vor ihrer Begehung mit Strafe bedroht war, und strafgesetzliche Vorschriften das strafbare Verhalten unmissverständlich und klar erkennen lassen (Hinweis auf 26. März 2004, Zl. 2003/02/0202, m.w.N.).

Alleine vor diesem Hintergrund kann ohne substanzielles Beweisergebnis nicht von einer die Strafbarkeit begründen Annahme "nicht zumindest 20 Stunden der Arbeitskraft in Verbindung mit physischer Präsenz" der Fahrschulleitung gewidmet zu haben.

Es wird keineswegs übersehen, dass etwa die Tätigkeit als Bundesbeamter mit der Leitung einer Fahrschule für unvereinbar erachtet wurde (VwGH 23.1.1990, 89/11/0187 mit Hinweis auf VwGH 26.1.1965, Zl. 715/64) oder wenn er die gleichzeitige Leitung von zwei Fahrschulen für unzulässig erklärte (mit Hinweis auf VwSlg. Nr. 8863/A/1975). Von dieser Vorstellung sei auch der Gesetzgeber getragen gewesen, wenn er mit der 12. KFG-Novelle durch die Aufnahme einer lit.i in den § 109 Abs.1 der zuletzt zitierten Aussage des Verwaltungsgerichtshofes Rechnung trug und ausdrücklich den Besitz einer Fahrschulbewilligung als Hindernis für die Erteilung einer weiteren Fahrschulbewilligung an die betreffende Person vorgesehen hat (Hinweis auf die die Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage 618 BlgNR. XVII. GP, S. 8).

Zu den gesetzlichen Verpflichtungen des Fahrschulbesitzers gehört nach dem ersten Satz des § 113 Abs. 1 KFG 1967 auch die Anwesenheit in der Fahrschule in der für die Aufsicht über die Lehrtätigkeit und die wirtschaftliche Gebarung der Fahrschule notwendigen Dauer. Wie oben festgestellt fanden sich hier offenbar auch keine auf einen Leitungsmangel rückführbare Defizite.

Zuletzt sei bemerkt, dass selbst dem Wortlaut des Gesetzes keine auf eine Tageszeit reduzierbare Vorgabe einer physischen Präsenz in der Fahrschule unmittelbar ableitbar ist, wohl aber von  einer "notwendigen Anwesenheitsdauer" die Rede ist, welche zum Ergebnis zu führen hat, den gesetzlichen Leitungsverpflichtungen nachkommen zu können (vgl. VwGH 8.5.1990, Zl. 90/11/0039). In Auslegung dieser Bestimmung wurde durch die Judikatur einst die Aufwendung 'der Hälfte der Arbeitskraft' für diese Tätigkeit fixiert (VwGH 26.1.1965, Zl. 715/64, VwGH 23.1.1990, Zl, 89/11/0187).

Laut § 113 Abs.3 Z2 KFG 1967 ist wohl von einer Anwesenheitsdauer "von mindestens einer Halbtagsbeschäftigung in der Fahrschule" die Rede (VwGH 26.1.1965, 715/64, VwGH 23.1.1990, 89/11/0187).

In verfassungskonformer Auslegung (teleologisch, rechtssystematisch fortentwickelt) dürfen aber die Maßstäbe der gegenwärtigen Kommunikationsmöglichkeiten nicht unbeachtet bleiben.

Wesentlich ist, dass diese Leitungsfunktion (Lehrtätigkeit und insbesondere die kommerzielle Tätigkeit) [auch] wohl persönlich ausgeübt wird und auch in physischer Absenz vermehr ausgeübt werden kann, ohne das dies einer allfälligen Neben- bzw. anderen Tätigkeit entgegensteht!

 

Die Ausübung der Tätigkeit als allgemein gerichtliche beeideter Sachverständiger für das Kraftfahrwesen – selbst wenn diese sich auf zwei Bundesländer erstreckte – wurde mit dem § 113 Abs.1 u. 3 KFG 1967 nicht im Widerspruch gesehen (h. Erk. v. 18.9.1006  VwSen-103944/9/Br).

Der Berufungswerber vermochte auch hier glaubhaft zu machen, dass er den erforderlichen Teil an Leitungsaufgaben für die Fahrschule aufwendet.

Mangels Beweis einer Tatbegehung war daher der Schuldspruch zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1Z1 VStG einzustellen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen  diesen  Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen  ab der  Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof  erhoben werden; diese  muss - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten. 

 

 

 

 

 

Dr.  B l e i e r

 

VwSen-165998/6/Br/Th vom 25. Mai 2011

Erkenntnis

 

KFG 1967 §113 Abs3

 

 

In einer unbelegt bleibenden Behauptung "der Fahrschulleiter sei nur alle zwei bis drei Wochen anwesend gewesen", gründet noch kein Beweis dafür, diese Fahrschule nicht zu leiten.

Die Anwesenheitspflicht in der Fahrschule im Umfang von 20 Stunden isd § 113 Abs3 KFG 1967 ist in verfassungskonformer Auslegung (teleologisch rechtssystematisch fortentwickelter Gesetzesauslegung) nicht auf eine bestimme Tageszeit beschränkt zu sehen. Insbesondere gilt es die Maßstäbe der gegenwärtigen Kommunikationsmöglichkeiten zu berücksichtigten. Die Leitungsfunktion (Lehrtätigkeit und insbesondere kommerzielle Tätigkeit) kann heute auch vermehrt in persönlicher Absenz ausgeübt werden, ohne damit dem vom Gesetzgeber beabsichtigten Regelungsziel entgegen zu wirken.

 

 

 

 

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