Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-166016/5/Zo/Jo

Linz, 01.06.2011

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des X, vom 03.04.2011 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck vom 29.03.2011, Zl. VerkR96-21592-2010, zu Recht erkannt:

 

 

I.             Die Berufung wird im Schuldspruch mit der Maßgabe abgewiesen, dass das vom Berufungswerber gelenkte Fahrzeug wie folgt ergänzt wird: Fahrrad, Marke Focus, und das angefochtene Straferkenntnis insoweit bestätigt.

 

II.          Hinsichtlich der Strafhöhe wird der Berufung teilweise stattgegeben und die in Punkt 1) verhängte Geldstrafe auf 800 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 7 Tage) herabgesetzt sowie hinsichtlich Punkt 2) von der Verhängung einer Strafe abgesehen.

 

III.       Die erstinstanzlichen Verfahrenskosten reduzieren sich auf 80 Euro, für das Berufungsverfahren sind keine Kosten zu bezahlen.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I. und II.:  § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51e, 19, 20 und 21 VStG;

zu III.: §§ 64 ff VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I. und II.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat dem Berufungswerber im angefochtenen Straferkenntnis vorgeworfen, dass er sich am 03.10.2010 um 12.25 Uhr in Vöcklabruck, Bahnhofstraße 17, nach Aufforderung durch ein besonders geschultes und von der Behörde hiezu ermächtigtes Organ der Straßenaufsicht geweigert habe, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, wobei vermutet werden konnte, dass er am 03.10.2010 um 12.22 Uhr in Vöcklabruck auf der Bahnhofstraße Nr. 17 ein Fahrzeug in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt habe. Weiters habe er einen Gehsteig durch Befahren benutzt, obwohl die Benützung von Gehsteigen, Gehwegen und Schutzinseln mit Fahrzeugen aller Art verboten ist.

 

Er habe dadurch zu 1) eine Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs.1 lit.b iVm    § 5 Abs.2 StVO und zu 2) eine Übertretung nach § 8 Abs.4 StVO begangen, weshalb über ihn zu 1) eine Geldstrafe in Höhe von 1.600 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 14 Tage) gemäß § 99 Abs.1 lit.b StVO und zu 2) eine Geldstrafe in Höhe von 36 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 24 Stunden) gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO verhängt wurde. Weiters wurde er zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages in Höhe von 163,60 Euro verpflichtet.

 

2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung führte der Berufungswerber aus, dass er zum damaligen Zeitpunkt seiner Meinung nach nicht alkoholisiert gewesen sei. Weiters erscheine ihm die Höhe der Strafe (ca. 1.800 Euro) wegen Befahren eines Gehsteiges bei weitem unangemessen.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Vöcklabruck hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt. Aus diesem ergibt sich der für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt zur Gänze und der Berufungswerber hat auf eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung verzichtet.

 

4.1. Folgender Sachverhalt steht fest:

 

Der Berufungswerber lenkte am 03.10.2010 um 12.22 Uhr in Vöcklabruck auf dem Gehsteig neben der Bahnhofstraße aus Richtung B1 kommend in Richtung Stadtzentrum ein Fahrrad der Marke Focus. Er wurde auf Höhe des Bahnhofes (Bahnhofstraße Nr. 17) von einem Polizeibeamten angehalten, wobei dieser Alkoholisierungssymptome (deutlichen Alkoholgeruch, veränderte Sprache und leichte Bindehautrötung) festgestellt hatte. Er wurde deshalb zur Durchführung eines Alkotests beim nächstgelegenen Alkomaten der Polizeiinspektion Vöcklabruck aufgefordert. Diesen verweigerte er mit dem Hinweis, dass er jetzt Essen gehe.

 

Der Berufungswerber wurde mit Schreiben des UVS vom 17.05.2011 auf die Möglichkeit einer Berufungsverhandlung hingewiesen und gab dazu bekannt, dass er auf eine solche verzichte. Die Strafhöhe erscheine ihm jedoch unangemessen und er beziehe lediglich eine befristete Invaliditätspension in Höhe von 862 Euro Brutto.

 

5. Darüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Gemäß § 5 Abs.2 StVO 1960 sind die Organe des amtsärztlichen Dienstes oder besonders geschulte und von der Behörde hiezu ermächtigte Organe der Straßenaufsicht berechtigt, jederzeit die Atemluft von Personen, die ein Fahrzeug lenken, in Betrieb nehmen oder zu lenken oder in Betrieb zu nehmen versuchen, auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Sie sind außerdem berechtigt, die Atemluft von Personen, die verdächtig sind, in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand

1.     ein Fahrzeug gelenkt zu haben oder

2.     als Fußgänger einen Verkehrsunfall verursacht zu haben,

auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Wer zu einer Untersuchung der Atemluft aufgefordert wird, hat sich dieser zu unterziehen.

 

Gemäß § 8 Abs.4 StVO ist die Benützung von Gehsteigen, Gehwegen und Schutzinseln mit Fahrzeugen aller Art und die Benützung von Radfahranlagen mit Fahrzeugen, die keine Fahrräder sind, insbesondere mit Motorfahrrädern verboten. Dieses Verbot gilt nicht

1.       für das Überqueren von Gehsteigen, Gehwegen und Radfahranlagen mit Fahrzeugen auf den hiefür vorgesehenen Stellen,

2.       für das Befahren von Mehrzweckstreifen mit Fahrzeugen, für welche der links an den Mehrzweckstreifen angrenzende Fahrstreifen nicht breit genug ist oder wenn das Befahren durch Richtungspfeile auf der Fahrbahn für das Einordnen zur Weiterfahrt angeordnet ist, wenn dadurch Radfahrer weder gefährdet noch behindert werden, sowie

3.       für Arbeitsfahrten mit Fahrzeugen oder Arbeitsmaschinen, die nicht mehr als 1.500 kg Gesamtgewicht haben und für die Schneeräumung, die Streuung, die Reinigung oder Pflege verwendet werden.

 

5.2. Der Berufungswerber hat mit seinem Fahrrad den Gehsteig in Längsrichtung befahren. Er wurde von einem Polizisten zu einer Verkehrskontrolle angehalten, wobei der Polizeibeamte Alkoholisierungssymptome festgestellt hatte. Der Berufungswerber räumte auch ein, eine Halbe Bier getrunken zu haben. Der Polizeibeamte forderte ihn zu einem Alkotest auf, welchen er verweigerte. Er hat damit die ihm vorgeworfenen Übertretungen in objektiver Hinsicht zu verantworten. Die Verpflichtung zur Durchführung des Alkotests besteht auch dann, wenn der Berufungswerber (nach seiner eigenen Einschätzung) nicht alkoholisiert war.

 

Umstände, welche sein Verschulden ausschließen würden, sind im Verfahren nicht hervorgekommen. Das Befahren des Gehsteiges sowie die Verweigerung des Alkotests in der vom Berufungswerber durchgeführten Form können im Übrigen nur vorsätzlich begangen werden.

 

5.3. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Gemäß § 20 VStG kann die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden, wenn die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen oder der Beschuldigte ein Jugendlicher ist.

 

Gemäß § 21 Abs.1 VStG kann die Behörde ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Sie kann den Beschuldigten jedoch gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um den Beschuldigten von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten.

 

Gemäß § 99 Abs.1 lit.b StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 1.600 Euro bis 5.900 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von 2 bis 6 Wochen zu bestrafen, wer sich bei Vorliegen der in § 5 bezeichneten Voraussetzungen weigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen.

 

Die gesetzliche Höchststrafe für das Befahren des Gehsteiges beträgt gemäß      § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 726 Euro.

 

Der Berufungswerber ist aktenkundig unbescholten, was einen erheblichen Strafmilderungsgrund bildet. Straferschwerungsgründe liegen hingegen nicht vor. Alkoholdelikte gehören zu den schwerwiegendsten verkehrsrechtlichen Übertretungen, weshalb der Gesetzgeber entsprechend strenge Strafen festgelegt hat. Im konkreten Fall ist jedoch zu berücksichtigen, dass der Berufungswerber lediglich ein Fahrrad gelenkt hat. Dabei stellt er eine wesentlich geringere Gefahr für die Verkehrssicherheit dar als der Lenker eines motorisierten (und daher schnelleren und schwereren) Fahrzeuges, weshalb der Unrechtsgehalt seiner Übertretungen deutlich niedriger ist als bei einem PKW-Lenker. Es kann daher die gesetzliche Mindeststrafe gemäß § 20 VStG auf die Hälfte herabgesetzt werden.

 

Andererseits bedarf es offenbar einer Bestrafung, um den Berufungswerber nachdrücklich darauf hinzuweisen, dass er als Verkehrsteilnehmer verpflichtet ist, einer gesetzmäßigen Aufforderung zur Durchführung des Alkotests nachzukommen. Die bloße Verhängung einer Ermahnung für diese Übertretung erscheint daher ausgeschlossen. Bezüglich des Befahrens des Gehsteiges ist zu berücksichtigen, dass die Übertretung keinerlei Folgen nach sich gezogen hat und es sich dabei insbesondere auf stärker befahrenen Straßen (wie zB der Bahnhofstraße in Vöcklabruck) um ein durchaus häufiges Verhalten von Radfahrern handelt, das von der Exekutive üblicherweise auch geduldet wird, sofern keine anderen Verkehrsteilnehmer (insbesondere Fußgänger) behindert werden. Im konkreten Fall sind keinerlei Hinweise auf nachteilige Folgen dieser Übertretung aktenkundig und der Berufungswerber ist bisher unbescholten, weshalb bezüglich dieses Deliktes von der Verhängung einer Strafe abgesehen werden konnte.

 

Auch aufgrund der ungünstigen persönlichen Verhältnisse des Berufungswerbers erschien die Anwendung des § 20 VStG bezüglich des Alkoholdeliktes angemessen. Die herabgesetzte Strafe entspricht noch immer ca. einem Monatsgehalt und erscheint ausreichend, um den Berufungswerber in Zukunft von derartigen Übertretungen abzuhalten. Auch aus generalpräventiven Überlegungen ist die Anwendung des § 20 VStG bei folgenlosen Alkoholdelikten durch bisher unbescholtene Radfahrer durchaus angemessen.

 

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

 

 

Mag. Gottfried  Z ö b l

 

 

 

 

 

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum