Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-401113/5/BP/Ga

Linz, 24.05.2011

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Dr. Bernhard Pree über die Beschwerde des X, StA der X, derzeit aufhältig im X, vertreten durch X, wegen Anhaltung in Schubhaft seit 5. Mai 2011 durch den Bezirkshauptmann des Bezirks Linz-Land, zu Recht erkannt:

 

I.       Der Beschwerde wird stattgegeben und die Anhaltung des Bf in     Schubhaft seit 5. Mai 2011 für rechtswidrig erklärt. Darüber hinaus      wird festgestellt, dass die Voraussetzungen für eine weitere         Anhaltung in Schubhaft nicht vorliegen.

 

II.     Der Bund (Verfahrenspartei: Bezirkshauptmann von Linz-Land) hat        dem Beschwerdeführer den Verfahrensaufwand in Höhe von          754,40 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu      ersetzen.

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 82 Abs. 1 und 83 Abs. 2 und 4 Fremdenpolizeigesetz – FPG (BGBl. I Nr. 100/2005, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 17/2011) iVm §§ 67c und 79a Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG und der UVS-Aufwandsersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 456/2008.

 


Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes des Bezirks Linz-Land vom 5. Mai 2011, GZ.: Sich40-46446, wurde über den Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) auf der Basis des § 76 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 – FPG idgFiVm. § 57 AVG zur Sicherung der Abschiebung in sein Heimatland X  die Schubhaft angeordnet und im PAZ X vollzogen.

 

Begründend führt die belangte Behörde aus, dass der Bf Fremder gemäß § 2 Abs. 4 Z. 1 FPG sei, weil er die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitze. Nach Darstellung des § 76 Abs. 1 und 3 FPG führt die belangte Behörde zum Sachverhalt aus:

 

Am 5. Mai 2011 gegen 00.15 Uhr habe sich der Bf bei der Autobahnpolizei Haid – Gemeinde Ansfelden, A1 Westautobahn, Fahrtrichtung Salzburg – gemeldet. Laut eigenen Angaben sei er im Anhänger eines LKW aus der X nach Österreich gereist. Es sei die Identität des Bf über den mitgeführten Personalausweis, Nr. X, festgestellt worden. Ein gültiges Reisedokument oder ein gültiger Aufenthaltstitel hätten nicht vorgewiesen werden können.

 

Eine Überprüfung im EKIS sowie im Zentralen Melderegister sei ergebnislos geblieben, weshalb der Bf über keinen aufrechten Wohnsitz im Bundesgebiet, über keinen Aufenthaltstitel und keinen Zugang zum Arbeitsmarkt verfüge. Weiters verfüge er über kein Bargeld, weshalb er in Österreich als mittellos anzusehen sei.  Auch sei er in Österreich nicht krankenversichert.

 

Weiters habe er im Bundesgebiet keine Verwandten bzw. Bezugspersonen, wo er untergebracht werden könnte.

 

Aufgrund dieses Sachverhaltes sei die Verhängung der Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung unumgänglich. Von der Anwendung des gelinderen Mittels müsse Abstand genommen werden.

 

1.2. Gegen die Anordnung sowie die Anhaltung in Schubhaft erhob der Bf per Telefax, datiert vom 19. Mai 2011, durch seine rechtsfreundliche Vertretung Schubhaftbeschwerde an den Oö. Verwaltungssenat.

 

Darin führt er u.a. aus, dass die Voraussetzungen für die Schubhaft nicht gegeben seien, zumal er bei einer Bekannten, die in Österreich wohne, unterkommen und auch von dieser finanziell unterstützt werden könnte, weshalb die Feststellungen der belangten Behörde nicht zutreffend seien. Der Sicherungsbedarf sei in seinem konkreten Fall keineswegs gegeben, zumal er keinen Anlass für die Annahme gegeben habe, dass er sich dem fremdenpolizeilichen Verfahren entziehen werde, sondern sich aus freien Stücken bei der Autobahnpolizei gemeldet habe.

 

Der Bf habe bereits bei seiner ersten Einvernahme Fluchtgründe im Sinne einer Asylantragstellung geltend gemacht, was von der belangten Behörde jedoch nicht wahrgenommen worden sei. Nach In-Schubhaftnahme habe der Bf mehrmals (erfolglos) versucht einen Asylantrag zu stellen, um seine bereits in der Einvernahme am Morgen des 5. Mai angegebenen Fluchtgründe vorzubringen, was ihm aber über mehrere Tage hin nicht möglich gewesen sei. Letztlich habe von Seiten des Bf ein in der Folge unter der AIS-Zahl X-EAST-West registrierter Asylantrag am 10. Mai 2011 gestellt werden können.

 

Von der belangten Behörde seien weder die Anwendung eines gelinderen Mittels noch die Verhältnismäßigkeitsprüfung entsprechend erörtert worden.

 

Abschließend stellt der Bf die Anträge:

Der Unabhängige Verwaltungssenat für Oberösterreich möge

1. die Schubhaftverhängung durch die belangte Behörde sowie

2. die gesamte bisherige Anhaltung für rechtswidrig erklären,

3. feststellen, dass die Voraussetzungen für die Fortdauer der Anhaltung des Bf in Schubhaft nicht vorlägen sowie

4. erkennen, der Bund bzw. die belangte Behörde sei schuldig, den Kostenaufwand im gesetzlichen Ausmaß zu ersetzen.

 

 

2.1. Die belangte Behörde übermittelte dem Oö. Verwaltungssenat den bezughabenden Verwaltungsakt am 24. Mai 2011. Vorab übermittelte sie mit Telefax vom 23. Mai 2011 eine Gegenschrift.

 

2.2. Darin führt sie zunächst an, dass der Bf – bei konkreter Einzelfallprüfung – über keine sozialen und beruflichen Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet verfüge. Der Sicherungsbedarf liege in der Mittellosigkeit begründet und auch darin, dass der Bf in Österreich über keine Verwandten verfüge, keinen Beruf ausübe und über kein Reisedokument verfüge. Der erstmals in der Schubhaftbeschwerde lapidar geäußerte Einwand, dass eine Bekannte des Bf bereit sei, ihn bei sich wohnen zu lassen und ihn finanziell zu unterstützen, sei genau so wenig geeignet die Schubhaft rechtswidrig erscheinen zu lassen wie der Umstand, dass der Bf am 10. Mai 2011 einen Asylantrag gestellt habe. Da der Bf bei seiner Befragung nicht gewusst habe, dass er sich in Österreich befinde, bestehe der Verdacht, dass Österreich nicht das Zielland gewesen sei, weshalb auch mit einem Untertauchen zu rechnen sei.

 

Am 12. Mai 2011 sei eine Anfrage auf Übernahme des Asylwerbers an die EU-Staaten Rumänien und Bulgarien veranlasst worden. Der Asylantrag sei bis dato nicht zugelassen. Es komme dem Bf auch kein Aufenthaltsrecht nach dem Asylgesetz zu.

 

Abschließend beantragt die belangte Behörde die in Rede stehende Schubhaftbeschwerde in allen Punkten als unbegründet abzuweisen sowie den gesetzlichen Kostenersatz.     

 

2.3. Der Oö. Verwaltungssenat hat nach Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt festgestellt, dass der Sachverhalt bereits aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde hinreichend geklärt ist, weshalb von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung gemäß § 83 Abs. 2 FPG abgesehen werden konnte.

 

2.4. Der Oö. Verwaltungssenat geht von dem unter den Punkten 1.1., 1.2. sowie 2.1. dieses Erkenntnisses dargestellten entscheidungswesentlichen Sachverhalt aus.

 

Zusätzlich ist anzuführen, dass der Bf bei seiner niederschriftlichen Befragung am 5. Mai 2011 vor der belangten Behörde von sich aus wörtlich angab: "Ich wusste nicht, dass ich in Österreich bin. Ich reiste mit einem LKW nach Österreich. Ich wollte einfach nach Europa kommen." … "Ich möchte in Österreich bleiben, weil ich in der X einen Konflikt mit der Polizei habe. Ich bzw. meine Familie wird dauernd kontrolliert."

 

In der Niederschrift am 11. Mai 2011 vor der EAST-West führte der Bf detaillierter seine Fluchtgründe an.  

 

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

3.1. Gemäß § 82 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 – FPG, BGBl. I Nr. 100/2005, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 17/2011, hat der Fremde das Recht, den Unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen,

1.     wenn er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist;

2.     wenn er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz oder das Asylgesetz 2005 angehalten wird oder wurde, oder

3.     wenn gegen ihn die Schubhaft angeordnet wurde.

 

Gemäß § 83 Abs. 4 FPG hat der Unabhängige Verwaltungssenat, sofern die Anhaltung noch andauert, jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im Übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden.

 

3.2. Es ist unbestritten, dass der Bf am 5. Mai 2011 in Wels festgenommen wurde und bis dato in Schubhaft angehalten wird, weshalb der Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung berufen ist.

 

Nachdem sich der Bf zur Zeit der Entscheidung des Oö. Verwaltungssenates noch in Schubhaft befindet, war gemäß § 83 Abs. 4 FPG eine umfassende Prüfung der Anhaltung und des ihr zugrunde liegenden Bescheides vorzunehmen.

 

3.3. Gemäß § 76 Abs. 1 FPG können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern. Über Fremde, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, darf Schubhaft verhängt werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, sie würden sich dem Verfahren entziehen.

 

Gemäß § 76 Abs 2 FPG kann die örtlich zuständige Fremdenpolizeibehörde über einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, Schubhaft zum Zweck der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 oder zur Sicherung der Abschiebung anordnen, wenn

 

  1. gegen ihn eine durchsetzbare - wenn auch nicht rechtskräftige - Ausweisung (§ 10 AsylG 2005) erlassen wurde;
  2. gegen ihn nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 ein Ausweisungsverfahren eingeleitet wurde;
  3. gegen ihn vor Stellung des Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Ausweisung (§§ 53 oder 54) oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot (§ 60) verhängt worden ist oder
  4. auf Grund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung und der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass der Antrag des Fremden auf internationalen Schutz mangels Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung zurückgewiesen werden wird.

 

Die Schubhaft ist nach § 76 Abs. 3 FPG grundsätzlich mit Mandatsbescheid gemäß § 57 AVG anzuordnen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zur Erlassung des Bescheides aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft.

 

Stellt ein Fremder während der Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf Internationalen Schutz, so kann gemäß § 76 Abs. 6 FPG diese aufrechterhalten werden. Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 vor, gilt die Schubhaft als nach Abs. 2 verhängt. Das Vorliegen der Voraussetzungen für die Anordnung der Schubhaft gemäß Abs. 2 ist mit Aktenvermerk festzuhalten. 

 

Gemäß § 77 Abs. 1 FPG kann die Behörde von der Anordnung der Schubhaft Abstand nehmen, wenn sie Grund zur Annahme hat, dass deren Zweck durch die Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden kann. Gegen Minderjährige hat die Behörde gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn, sie hätte Grund zur Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann.

 

3.4.1. Es ist nun völlig unbestritten, dass der Bf, als er bei der Autobahnpolizei vorstellig wurde, nicht Asylwerber war, dass er weiters illegal eingereist und ohne rechtlichen Titel im Bundesgebiet aufhältig war, dass eine Abschiebung beabsichtigt war, weshalb grundsätzlich § 76 Abs. 1 FPG zur Anwendung gebracht werden könnte. Allerdings wendet der Bf nun ein, dass er bereits bei seiner ersten Befragung am Morgen des 5. Mai 2011 auf seine Fluchtgründe hingewiesen habe, woraus seine Stellung der eines Asylwerbers gleichzuhalten gewesen wäre.

 

3.4.2. Gemäß § 17 Abs. 1 AsylG 2005 ist ein Antrag auf Internationalen Schutz gestellt, wenn ein Fremder in Österreich vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes, vor einer Sicherheitsbehörde oder bei einer Erstaufnahmestelle (§ 59) um Schutz vor Verfolgung ersucht.

 

Gemäß § 17 Abs. 2 AsylG 2005 ist der Antrag auf Internationalen Schutz eingebracht, wenn er vom Fremden persönlich auch im Rahmen einer Vorführung (§ 43 Abs. 2) bei der Erstaufnahmestelle (§ 59) gestellt wird.

 

Unterbleibt die Vorführung nach § 45 Abs. 1 und 2 leg cit., gilt gemäß § 17 Abs. 6 leg. cit. der Antrag auf Internationalen Schutz nach Durchführung der Befragung und gegebenenfalls der Durchsuchung und der erkennungsdienstlichen Behandlung als eingebracht; dem Asylwerber ist binnen drei Tagen eine Verfahrenskarte auszustellen. Das Zulassungsverfahren eines Asylwerbers, dessen Vorführung gemäß § 45 Abs. 1 Z. 2 unterblieb, kann auch durch eine Außenstelle des Bundesasylamtes geführt werden.

 

3.4.3. Aus dem unter Punkt 2.4. dieses Erkenntnisses zitierten Protokoll, das mit dem Bf am 5. Mai 2011 vor der belangten Behörde aufgenommen wurde, ergibt sich zunächst, dass der Bf nicht explizit um Schutz vor Verfolgung ansuchte. Er sprach jedoch davon mit der Polizei in der X "einen Konflikt" gehabt zu haben, weshalb er und seine Familie ständig kontrolliert würden. Diese Anmerkung machte der Bf, ohne danach befragt zu werden, von sich aus.

 

Dazu ist auszuführen, dass "ein Konflikt mit der Polizei" für sich gesehen noch keinen direkten Hinweis auf politische Verfolgung darstellen muss. Es könnte sich auch um rein straf- bzw. verwaltungsrechtliche Vorkommnisse gehandelt haben, wobei hier die Auswirkungen auf die gesamte Familie eher nicht anzunehmen wären. Gegen eine rein strafrechtlich motivierte Verfolgungssituation spricht auch die Herkunft des Bf und seine Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Kurden. Auffällig ist, dass diese Anmerkung des Bf von der belangten Behörde offenbar nicht weiter hinterfragt wurde, was aber in Anbetracht der Umstände durchaus geboten erschienen wäre, da doch in den Angaben Anhaltspunkte für die gewollte Äußerung von Fluchtgründen zu erkennen sind. Dass der Bf nicht wusste, in welchem Staat Europas er sich befand und selbst bei der Polizei vorstellig geworden war, könnte ebenfalls darauf hindeuten.  Diese Frage ist jedoch vor allem bei der Überprüfung des Sicherungsbedarfs zu berücksichtigen.

 

3.4.4. Im Ergebnis ist festzuhalten, dass der Bf bei Verhängung der Schubhaft – formal gesehen - nicht Asylwerber im Sinne des § 17 Abs. 1, 2 und 6 war, weshalb die belangte Behörde grundsätzlich § 76 Abs. 1 FPG heranziehen konnte.

 

3.5.1. Aus der "Kann-Bestimmung" des § 76 Abs. 1 FPG wird deutlich, dass es sich bei der Verhängung der Schubhaft um eine Ermessensentscheidung handelt. Es müssen daher im konkreten Fall Umstände in der Person des Bf gelegen sein, die erwarten ließen, dass sich der Bf dem fremdenpolizeilichen Verfahren entziehen würde. Dabei sind diese Umstände nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs nicht isoliert voneinander sondern in Zusammenschau und unter Erstellung einer Einzelfallprüfung zu betrachten.

 

3.5.2. Im vorliegenden Fall stützt die belangte Behörde die Annahme des konkreten Sicherungsbedarfs vor allem darauf, dass der völlig mittellose Bf ohne jeglichen familiären, sozialen sowie beruflichen Anknüpfungspunkt im Bundesgebiet sowie ohne gültiges Reisedokument illegal in Österreich aufhältig sei, wobei er auch über keinerlei Wohnsitz verfüge. Grundsätzlich wären diese Umstände geeignet einen hohen Sicherungsbedarf zu untermauern.

 

Allerdings ist an dieser Stelle auf die Frage des Wohnsitzes und der sozialen bzw. finanziellen Versorgung des Bf näher einzugehen. Abgesehen davon, dass der belangten Behörde kein Vorwurf gemacht werden kann, dass sie zum Zeitpunkt der Verhängung der Schubhaft nicht die nunmehr ins Treffen geführte "Bekannte" des Bf, die bereit sei, ihn bei sich wohnen zu lassen und auch seinen Unterhalt zu gewährleisten, berücksichtigte, hätte sie aber – wie oben angeführt – der Frage nachgehen müssen, ob die – im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme – geäußerten Gründe für die Ausreise aus der Türkei nicht Fluchtgründe im Sinne des Asylgesetzes darstellen. Dies hätte zum Ergebnis gehabt, dass der Bf, der ab Antragstellung grundsätzlich der Erstaufnahmestelle vorzuführen gewesen wäre, hinsichtlich Wohnung und sozialer bzw. finanzieller Unterstützung, staatlich versorgt gewesen wäre. Damit entfiele jedoch der konkrete Sicherungsbedarf.

 

3.5.3. Wie sich aus der im Rahmen des nunmehrigen Asylverfahrens ergibt, macht der Bf konkret politische Verfolgung geltend, was eindeutig darauf hinweist, dass bereits die am 5. Mai geäußerten "Fluchtgründe" Asylrelevanz aufwiesen. Das Unterbleiben der weiterführenden Ermittlungen führte zur fälschlichen Annahme eines konkreten Sicherungsbedarfs im Zeitpunkt der Schubhaftverhängung.

 

3.6.1. Der Bf stellte am 10. Mai 2011 letztendlich einen Asylantrag, wobei mit Wirkung 16. Mai 2011 Anfragen an X und X betreffend eines Dublinverfahrens geführt werden. Diesbezüglich ist der Fall nun auch im Licht der Voraussetzungen des § 76 Abs. 2 Z. 4 betreffend den Sicherungsbedarf zu erörtern.

 

3.6.2. Im Sachverhalt ergeben sich keinerlei konkreten Anhaltspunkte dafür, dass sich der Bf – auf freiem Fuß belassen – dem fremdenpolizeilichen Verfahren entzogen haben würde. Hier ist auch festzuhalten, dass der Bf ja selbst bei der Polizei vorstellig geworden war. Durch die In-Anspruchnahme der Grundversorgung kann jedenfalls bis zu konkreten – zum jetzigen Zeitpunkt nicht absehbaren – aufenthaltsbeendenden Maßnahmen nicht davon ausgegangen werden, dass der Bf untertauchen werde.

 

Somit mangelt es aber an der Erforderlichkeit der getroffenen Maßnahme für den gesamten Zeitraum der Anhaltung.   

 

3.7. Ein näheres Eingehen auf die sonst in der Beschwerde geäußerten Einwendungen erübrigt sich somit.

 

3.8. Es war also aufgrund oa. Darlegungen die Anhaltung des Bf in Schubhaft seit 5. Mai 2011 - aber auch hinsichtlich der Voraussetzungen für eine weitere Anhaltung - für rechtswidrig zu erklären und spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

4. Bei diesem Verfahrensergebnis war der Bund als Rechtsträger, für den die belangte Behörde eingeschritten ist, nach § 79a Abs. 1, Abs. 3 und Abs. 4 Z 3 AVG iVm § 1 der UVS-Aufwandersatzverordnung (BGBl. II Nr. 456/2008) zu einem Aufwandersatz in Höhe von 737,60 Euro zuzüglich der Eingabegebühren in Höhe von 16,80 Euro  zu verpflichten.

 

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Hinweis: Im gegenständlichen Verfahren sind Gebühren in Höhe von 16,80 Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

 

 

Bernhard Pree

 

 

 

 

 

 

 

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum