Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-100791/17/Weg/Ri

Linz, 01.04.1993

VwSen - 100791/17/Weg/Ri Linz, am 1. April 1993 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch das Mitglied Dr. Wegschaider über die Berufung des E Z vom 27. August 1992 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 30. Juli 1992, VerkR-3/1612/1991/Be, nach der am 30. März 1993 stattgefundenen öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl.Nr 51, idF BGBl.Nr. 866/1992 (AVG) iVm § 24, § 45 Abs.1 Z1, § 51 Abs.1 und § 51i Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl.Nr. 52, idF BGBl.Nr. 867/1991 (VStG).

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat mit dem in der Präambel zitierten Straferkenntnis über den Berufungswerber wegen der Verwaltungsübertretungen nach a) § 20 Abs. 2 StVO 1960 und b) § 102 Abs.1 KFG 1967 Geldstrafen von a) 600 S und b) 200 S (im Nichteinbringungsfall a) 16 Stunden und b) 6 Stunden) verhängt, weil dieser am 17. April 1991 gegen 17.56 Uhr den Kombi mit dem Kennzeichen von der F Straße kommend bei der Kreuzung mit der I in östliche Fahrtrichtung im Gemeindegebiet von M a) mit einer Geschwindigkeit von 75 km/h gelenkt und somit die im Ortsgebiet erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um 25 km/h überschritten hat und b) es unterlassen hat, sich vor Antritt der Fahrt, obwohl es zumutbar war, davon zu überzeugen, daß das Kraftfahrzeug den kraftfahrrechtlichen Vorschriften entspricht, da das Glas des rechten hinteren Fahrtrichtungsanzeigers beschädigt war. Außerdem wurde ein Kostenbeitrag zum Strafverfahren in der Höhe von 80 S in Vorschreibung gebracht.

2. Nachdem in der ersten Verfolgungshandlung, nämlich in der Strafverfügung vom 5. Juli 1991 festgestellt wurde, daß die Geschwindigkeitsüberschreitung mittels Radar gemessen worden sei, änderte die belangte Behörde auf Grund der Anzeige einerseits und der Zeugenaussagen der Meldungsleger andererseits ihren Vorwurf dahingehend, daß die Geschwindigkeitsüberschreitung von 25 km/h (bei erlaubten 50 km/h) im Vorbeifahren geschätzt worden sei. Der in der ersten Verfolgungshandlung noch enthaltene Vorwurf, der Berufungswerber habe kein geeignetes Verbandszeug mitgeführt, wurde letztlich auch nicht aufrechterhalten, weil dieser Vorwurf eindeutig aktenwidrig war.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis aufgenommen durch Vernehmung des Beschuldigten und zeugenschaftliche Vernehmung des Insp. B.

Der Zeuge führt aus, er sei mit einem Kollegen mit der Vermessung der Kreuzung F - I beschäftigt gewesen. Die beiden Beamten befanden sich in der Mitte der Kreuzung, während das Patrouillenfahrzeug in der I ca. 10 m vom Standort der vermessenden Beamten abgestellt war. Im Zuge der Vermessungsarbeiten wurden sie durch ein lautes Motorengeräusch auf einen aus Richtung Westen herannahenden PKW-Lenker aufmerksam. Dabei konnte dieser PKW-Lenker während der Annäherungsphase, während des Vorbeifahrens und auch noch während des Sichentfernens beobachtet werden. Bei dem beobachteten Kombi handelte es sich um ein Kraftfahrzeug älteren Baujahres (1978) mit (so der Beschuldigte) rot-oranger Farbe. Der Motor entwickelte auf Grund des Alters und des schon desolaten Zustandes ein entsprechend hohes Betriebsgeräusch. Der die Kreuzung durchfahrende PKW-Lenker wurde noch ca. 50 m beobachtet. Im Anschluß daran begaben sich die Meldungsleger in das ca. 10 m entfernt abgestellt gewesene Patrouillenfahrzeug, starteten dieses, fuhren von der I kommend in die F und begannen mit dem Aufholmanöver. Als Zeitraum für diese Handlungen (Beobachtung des sich entfernenden Fahrzeuges, Gespräch zwischen den Meldungslegern über die Geschwindigkeit, Inbetriebnahme des 10 m entfernt abgestellten Patrouillenfahrzeuges incl. Starten, Einfahren in die Kreuzung mit Wendemanöver in Richtung F) müssen zumindest 20 Sekunden angesetzt werden. Von dort begann nun das Nachfahrmanöver, bei dem das Patrouillenfahrzeug (so der Zeuge) eine maximale Geschwindigkeit von 80 km/h erreichte. Bis zum Erreichen der Geschwindigkeit von 80 km/h aus dem Stand benötigt das Patrouillenfahrzeug 10 Sekunden und legt dabei 150 m zurück. Das Patrouillenfahrzeug ist nach Aussage des Meldungslegers schließlich an der Kreuzung Freilingerstraße - Hovalstraße auf den Beschuldigten aufgeschlossen. Die Wegentfernung zwischen Kreuzung F - I und Kreuzung Fe - H beträgt ca. 500 m. Dem Patrouillenfahrzeug verbleiben also ab dem Erreichen der 80 km/h - Geschwindigkeit bis zur Kreuzung F - H noch 350 m. Der Beschuldigte hat bei der angenommenen Geschwindigkeit dieses Streckenabschnittes von zuerst 75 km/h (die ersten 100 m) und schließlich 50 km/h (die letzten 400 m) 36 Sekunden zurückgelegt. In den, für das Patrouillenfahrzeug verbleibenden 6 Sekunden (36 sec. minus 20 sec. minus 10 sec.) hätte also eine Wegstrecke von 350 m zurückgelegt werden müssen. Die technisch zurücklegbare Wegstrecke beträgt in 6 Sekunden bei einer Geschwindigkeit von 80 km/h jedoch nur 135 m. Es ist deshalb denkunmöglich, daß sich diese Amtshandlung in der Form abgespielt haben kann, wie sie anläßlich der mündlichen Verhandlung dargelegt wurde.

Dafür gibt es verschiedene Erklärungsmöglichkeiten, etwa, daß der Beschuldigte in der Folge eine deutlich geringere Geschwindigkeit fuhr, oder das Patrouillenfahrzeug eine wesentlich höhere Geschwindigkeit als 80 km/h fuhr, oder der Zeitraum zur Inbetriebsetzung des Patrouillenfahrzeuges möglicherweise kürzer war, oder aber auch daß die vorgenommene Schätzung der Geschwindigkeit von 75 km/h überhöht war.

Da eine Amtshandlung in ihren wesentlichen Elementen nachvollziehbar sein muß, diese Nachvollziehbarkeit jedoch auf Grund der oben angestellten Berechnungen (die von einem straßenverkehrstechnischen Amtssachverständigen in telefonischem Wege eingeholt wurden) nicht gegeben ist, muß in konkretem Fall auch die Möglichkeit einer Fehlschätzung der Geschwindigkeit in Betracht gezogen werden. Für eine mögliche Fehlschätzung spricht das hohe Motorengeräusch, die Signalfarbe des beobachteten PKW's, der verwendete dritte Gang, aber auch die nicht unglaubwürdige Behauptung des Berufungswerbers, er habe beim Ansichtigwerden der Gendarmeriebeamten auf den Tacho geblickt und dabei eine Geschwindigkeit von 50 km/h ablesen können.

Hinsichtlich des Faktums 1 (Übertretung des § 20 Abs.2 StVO 1960) gilt die von der Erstbehörde angenommene Geschwindigkeitsüberschreitung nicht mit einer für ein Strafverfahren notwendigen Sicherheit oder Wahrscheinlichkeit erwiesen.

Zur Übertretung nach § 102 Abs.1 KFG 1967 ist auszuführen, daß der Tatvorwurf, das Glas des rechten hinteren Fahrtrichtungsanzeigers sei beschädigt gewesen, im Sinne des § 44a VStG nicht ausreichend ist. Das zum Vorwurf gemachte inkriminierte Verhalten, kann mangels Anführen der Beschädigung nicht unter die Bestimmungen des § 102 Abs.1 KFG 1967 iVm § 19 KFG 1967 und § 15 KDV 1967 subsumiert werden.

Bei der mündlichen Verhandlung konnte der Zeuge der Behauptung des Beschuldigten nicht entgegentreten, daß sich nämlich das festgestellte Loch im Glas an der Unterseite der Abdeckung sich befunden hat und somit die Lichterscheinungsform des Blinkers ohnehin den Vorschriften des § 19 KFG bzw. § 15 KDV entsprochen hat.

Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG hat die Behörde von der Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet.

Hinsichtlich der Verwaltungsübertretung nach § 20 Abs.2 StVO 1960 gilt die Tat nicht als erwiesen, hinsichtlich der Übertretung nach § 102 Abs.1 KFG 1967 gilt ebenfalls nicht als erwiesen, daß sich der Berufungswerber vor Antritt der Fahrt nicht überzeugt hat, daß das Kraftfahrzeug den kraftfahrrechtlichen Vorschriften entspricht, weil das Glas des rechten hinteren Fahrtrichtungsanzeigers beschädigt war. Es hätte diesbezüglich detaillierterer Ausführungen über die Art der Beschädigung und den Grad der Beschädigung bedurft.

Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Ergeht an:

Akt Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Wegschaider 6

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