Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-522865/2/Fra/Gr

Linz, 01.06.2011

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Johann Fragner über die Berufung des Herrn X, vertreten durch Herrn X, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 4. Mai 2011, AZ: FE-494/2011, FE 1210/2010, betreffend Zurückweisung eines Wiedereinsetzungsantrages in den vorigen Stand vom 2. Mai 2011, Abweisung eines Antrages vom 2. Mai 2011 auf ersatzlose Behebung des Mandatsbescheides der Bundespolizeidirektion Linz vom 19. April 2011, AZ: FE-494/2011, und Abweisung des Antrages vom 3. Mai 2011 auf Wiederausfolgung des Führerscheines, zu Recht erkannt:

 

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 iVm § 67a Abs.1 AVG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat mit Erkenntnis vom 4. April 2011, VwSen-522777/8/Fra/Bb/Gr, die Berufung des Herrn X, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt X, (im Folgenden: Bw) vom 25. Jänner 2011, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 30. Dezember 2010, AZ: FE-1210/2010, wegen Entziehung der Lenkberechtigung für Klassen B, C, E und F abgewiesen und den angefochtenen Bescheid bestätigt. Dieses Erkenntnis wurde dem Vertreter des Bw am 12. April 2011 zugestellt. Mit dem o.a. angefochtenen Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz wurde dem Bw die von der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn am 26. Mai 1995 unter Zahl VerkR20-2581-1994/BR, für die Klassen B, C, E und F erteilte Lenkberechtigung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit (§ 7 FSG) gemäß § 24 Abs.1 FSG für die Dauer von zwei Wochen, gerechnet ab Rechtskraft des Bescheides, entzogen. Weiters wurde er verpflichtet, seinen Führerschein unverzüglich nach Rechtskraft des Bescheides bei der Bundespolizeidirektion Linz abzuliefern.

 

Es ist daher davon auszugehen, dass dem Bw die Lenkberechtigung vom 12. April 2011 (Zustellung des o.a. UVS - Erkenntnisses) bis einschließlich 26. April 2011 entzogen war.

 

Der Bw lenkte am 18. April 2011 um 09:52 Uhr in Linz, Untere Donaulände 36, das KFZ mit dem Kennzeichen, X. Der Bw hat sohin innerhalb der o.a. Entziehungsdauer das angeführte Kraftfahrzeug trotz entzogener Lenkberechtigung gelenkt. Die Bundespolizeidirektion Linz hat daher mit Mandatsbescheid vom 19. April 2011, AZ: FE-494/2011, dem Bw die von der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn am 26. Mai 1995 unter Zahl VerkR20-2581-1994/BR, für die Klassen B, C, E und F verteilte Lenkberechtigung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit für die Dauer von 3 Monaten, gerechnet ab 27. April 2011, entzogen. Weiters ausdrücklich das Lenken eines Motorfahrrades, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeuges oder Invalidenkraftfahrzeuges für die Dauer von 3 Monaten, gerechnet ab 27. April 2011, verboten sowie das Recht, von einer allfällig bestehenden ausländischen Lenkberechtigung für die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung in Österreich Gebrauch zu machen, aberkannt. Dieser Bescheid wurde dem Vertreter des Bw am 20. April 2011 zugestellt. Dagegen erhob der Bw binnen offener Frist einen mit 2. Mai 2011 datierten Antrag auf Wiedereinsetzung in vorigen Stand sowie das Rechtsmittel der Vorstellung. Am 3. Mai 2011 beantragte der Bw die Wiederausfolgung seines Führerscheines. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die Bundespolizeidirektion Linz den Antrag vom 2. Mai 2011 auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Unzulässigkeit zurück, den Antrag vom 2. Mai 2011 auf ersatzlose Behebung des Mandatsbescheides der Bundespolizeidirektion Linz vom 19. April 2011, AZ:FE-494/2011, ab und bestätigte diesen Mandatsbescheid vollinhaltlich. Weiters wies sie den Antrag vom 3. Mai 2011 auf Wiederausfolgung des Führerscheines gemäß § 28 Abs.1 Z.2 FSG ab.

 

1.2. Der Bw begründet seinen Wiedereinsetzungsantrag zusammenfassend dahingehend, es sei richtig, dass das o.a. Erkenntnis des UVS vom 4. April 2011, VwSen-522777/8/Fra/Bb/Gr, am 12. April 2011 seinem ausgewiesenen Rechtsvertreter zugestellt wurde. Bedauerlicherweise sei der mit mehrjähriger Erfahrung außerordentlich zuverlässigen Sekretärin seines Rechtsvertreter der Fehler unterlaufen, dass das zitierte Erkenntnis nicht unmittelbar dem ausgewiesenen Vertreter vorgelegt wurde, sondern aufgrund der Rechtsmittelbelehrungsfrist im zitierten Erkenntnis "Erhebung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof und/oder Verfassungsgerichtshof binnen 6 Wochen ab Zustellung", somit auf den 24. Mai 2011 in den Fristkalender der Kanzlei eingetragen wurde. Zudem sei dieser Akt als Wiedervorlage für den 16. Mai 2011 kalendiert worden. Die Eintragung der Fristen wurden selbstverständlich von seinem Rechtsvertreter überprüft. Aufgrund mehrtägiger Abwesenheit seines Rechtsvertreters in seiner Funktion als Stiftungsvorstand und wegen eines Urlaubstages am 15. April 2011 sei es seinem Rechtsvertreter vor 18.4.2011 nicht möglich gewesen, neben der ordnungsgemäß eingetragenen Frist die weitere Entscheidung zu kontrollieren. Aufgrund dessen sei es seinem ausgewiesenen Vertreter zeitlich nicht früher möglich gewesen zu erkennen, dass die Entziehung des Führerscheines bereits ab Zustellung der Berufungsentscheidung, somit am 12. April 2011, erfolgte. Ihm sei daher bis 18. April 2011 nicht mitgeteilt worden, dass dieser unverzüglich gemäß § 29 Abs.3 FSG den Führerschein bei der Behörde abzugeben habe. Zur möglichen Fahrlässigkeit führt er aus, dass die Frist ordnungsgemäß eingetragen war und seinem Rechtsvertreter zugemutet werden müsse, ihn binnen angemessener Zeit zu informieren. Diese angemessene Zeit sei "durch die Ortsabwesenheit seines Rechtsvertreters bis 18. April 2011" verlängert worden.

 

1.3.1. Dieser Argumentation hält die nunmehr belangte Behörde im angefochtenen Bescheid entgegen, dass bei der BPD Linz unter der Zahl FE:1210/2010 ein Verfahren zum Entzug der Lenkberechtigung des Bw anhängig war und ihm mit Bescheid vom 30. Dezember 2010 die Lenkberechtigung für die Dauer von zwei Wochen, gerechnet ab Rechtskraft dieses Bescheides entzogen und gleichzeitig angeordnet wurde, dass der Führerschein unverzüglich nach Rechtskraft des bekämpften Bescheides bei der Behörde abzuliefern ist. Mit Schriftsatz vom 25. Jänner 2011 hat der Bw gegen diesen Bescheid fristgerecht das Rechtsmittel der Berufung eingebracht und hat der UVS des Landes Oberösterreich mit Erkenntnis vom 4. April 2011 die Berufung abgewiesen und den angefochtenen Bescheid bestätigt. Die Berufungsentscheidung wurde nachweislich dem Rechtsvertreter des Bw am 12. April 2011 zugestellt und wird dies auch von ihm nicht bestritten. Die Erlassung schriftlicher Bescheide habe durch Zustellung zu erfolgen. Erlassen ist ein Bescheid ab dem Zeitpunkt, ab dem eine rechtswirksame Zustellung vorliegt, im konkreten Fall also der 12. April 2011. Die Lenkberechtigung war dem Bw sohin in der Zeit vom 12. April 2011 bis einschließlich 26. April 2011 entzogen.

 

Nach ständiger Lehre und Rechtssprechung wird zwischen formellen und materiellen Fristen unterschieden. Diese Unterscheidung ist von großer Bedeutung, insbesondere auch bei der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 71 AVG, da eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nur im Falle der Versäumung einer formellen Frist möglich ist. Nach der Judikatur ist im Zweifel eine verfahrensrechtliche Frist anzunehmen und enthält das AVG in den
§ 32 f. Bestimmungen über die entsprechende Berechnung. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand stützt sich nach Ansicht der belangten Behörde zu Unrecht auf die Versäumnis einer Frist, da der Bw mit angefochtenen Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 30. Dezember 2010 u.a. aufgefordert wurde, den Führerschein unverzüglich nach Rechtskraft dieses Bescheides bei der Behörde abzuliefern. Es handelt sich bei dieser Verpflichtung zur Ablieferung des Führerscheines um keine (formelle) Frist und habe der Bw im Sinne des § 71 Abs.1 AVG keine Frist versäumt.

 

Zu dem vom Bw geschilderten Versehen, nämlich Falscheintragung im Fristenkalender hält die belangte Behörde im angeführten Bescheid folgendes fest:

 

" Ihrem ausgewiesenen Vertreter wurde nachweislich und unbestritten das Erkenntnis des UVS Oö. am 12. April 2011 zugestellt. Es wäre Aufgabe Ihres Rechtsvertreters gewesen, Sie vom Entzug Ihrer Lenkberechtigung zu verständigen. Gemäß § 11 Abs.1 RAO ist der Rechtsanwalt schuldig, das ihm vertraute Geschäft, solang der Auftrag besteht, zu besorgen und ist über die Nichtvollziehung verantwortlich. Es wäre somit Aufgabe ihres Rechtsvertreters gewesen, Sie vom zitieren Erkenntnis des UVS Oö., welches nachweislich zugestellt wurde, in Kenntnis zu setzen. Warum dieses unterblieben ist, ist nach Ansicht der erkennenden Behörde unerheblich. In diesem Zusammenhang wird beispielsweise auf das Erkenntnis des VwGH vom 25. Mai 2000, GZ: 99/07/0198, verwiesen, welchem zu entnehmen ist, dass ein Verschulden des Rechtsvertreters einer Partei einem Verschulden der Partei selbst gleichzusetzen ist. Weiters führt der VwGH in seinem Erkenntnis vom 4. Jänner 2010, GZ: 2009/09/0119, aus: "Ein Vertreter hat grundsätzlich für Handlungen und Unterlassungen seines Vertreters einzustehen".

Es liegt somit kein Grund für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 71 AVG vor, da weder eine Frist noch eine mündliche Verhandlung versäumt wurde und außerdem weder ein unvorgesehenes oder unabwendbares Ereignis vorliegt, durch das Sie verhindert waren, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen. Im vorliegenden Fall wurden Sie von Ihrer rechtsfreundlichen Vertretung von der Zustellung des Erkenntnisses des UVS OÖ. nicht in Kenntnis gesetzt, was keinen Grund für einen Wiedereinsetzungsantrag gemäß § 71 AVG darstellt. Abschließend wird auf die Judikatur des VwGH hingewiesen, welcher ein Ereignis als "unabwendbar" qualifiziert, wenn es durch einen Durchschnittsmenschen objektiv nicht verhindert werden kann; als "unvorgesehen", wenn eine Partei es tatsächlich nicht einberechnet hat und um mit der zumutbaren Aufmerksamkeit nicht erwarten konnte. Aus den dargelegten Gründen war Ihr Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand als unzulässig zurückzuweisen."

 

1.3.2. Die Abweisung des Antrages vom 2. Mai 2011 auf ersatzlose Behebung des Mandatsbescheids vom 19. April 2011, AZ: FE-494-2011, und die Abweisung des Antrages vom 3. Mai 2011 auf Wiederausfolgung des Führerscheines gemäß § 28 Abs.1 Z.2 FSG begründet die belangte Behörde wie folgt:

 

"Es wird von Ihnen nicht bestritten, dass Ihrer rechtsfreundlichen Vertretung am 12. April 2011 eine Erkenntnis des UVS OÖ. zugestellt wurde, mit welchem Ihre Berufung abgewiesen und der angefochtene Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vollinhaltlich bestätigt wurde. Es ist somit davon auszugehen, dass Ihnen die Lenkberechtigung vom 12. April 2011 (Zustellung des UVS - Erkenntnisses) bis einschließlich 26. April 2011 entzogen war.

 

Weiters wird von Ihnen nicht bestritten, dass Sie am 18. April 2011 um 09:52 Uhr in Linz, Untere Donaulände 36, das KFZ mit dem Kennzeichen X gelenkt haben. Diese Tatzeit des Lenkens liegt innerhalb der Entzugsfrist Ihrer Lenkberechtigung. Sie haben damit am 18. April 2011 das angeführte Kraftfahrzeug trotz entzogener Lenkberechtigung gelenkt.

 

Die Behörde hat hiezu wie folgt erwogen:

 

Gemäß § 7 Abs.1 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht aufgrund erwiesener bestimmter Tatsachen und ihrer Wertung angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen

1.       die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird, oder

2.       sich wegen der erleichternden Umstände, die beim Lenken von Kraftfahrzeugen gegeben sind, sonstiger strafbarer Handlungen schuldig machen wird.

 

 

Als bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs.1 FSG hat gemäß § 7 Abs.3 FSG u.a. zu gelten, wenn ein Kraftfahrzeug von einer Person trotz entzogener Lenkberechtigung gelenkt wird. Gemäß § 25 Abs.3 FSG ist bei einer Entziehung der Lenkberechtigung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit eine Entziehungsdauer von mindestens 3 Monaten festzusetzen.

 

Da Sie am 18. April 2011, wie dargelegt, ein Kraftfahrzeug trotz entzogener Lenkberechtigung gelenkt haben, war Ihnen die Lenkberechtigung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit zu entziehen und der Mandatsbescheid vom 19. April 2011 vollinhaltlich zu bestätigen.

 

Zu Ihrem Antrag, der Vorstellung die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, ist festzuhalten, dass gemäß § 57 Abs.2 AVG die Vorstellung nur dann aufschiebende Wirkung hat, wenn sich diese gegen die Vorschreibung einer Geldleistung richtet.

 

Mit Schriftsatz vom 3. Mai 2011 stellten Sie einen Antrag auf Wiederausfolgung Ihres Führerscheines, da die 2-wöchige Entziehungsdauer am 2. Mai 2011 abgelaufen ist.

 

Die Behörde hat hiezu wie folgt erwogen:

 

Mit Erkenntnis des UVS OÖ. vom 4. April 2011, GZ: VwSen-522777/8/Fra/Bb/Gr, wurde Ihre Berufung vom 25. Jänner 2011 gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 30. Dezember 2010 abgewiesen und der angefochtene Bescheid vollinhaltlich bestätigt. Dieses Erkenntnis wurde nachweislich am 12. April 2011 Ihrer rechtsfreundlichen Vertretung zugestellt.

 

Es somit davon auszugehen, dass Ihnen die Lenkberechtigung in der Zeit vom 12. April 2011 bis einschließlich 26. April 2011 entzogen war. Da Sie am 18. April 2011 ein Kraftfahrzeug trotz entzogener Lenkberechtigung gelenkt haben, musste Ihnen die Lenkberechtigung mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 19. April 2011 für die Dauer von 3 Monaten, also vom 27. April 2011 bis einschließlich 27. Juli 2011 neuerlich entzogen werden.

 

 

Gemäß § 28 Abs.1 FSG ist der Führerschein nach Ablauf der Entziehungsdauer auf Antrag wieder auszufolgen, wenn

1.     die Entziehungsdauer nicht länger als 18 Monate war und

2.     keine weitere Entziehung der Lenkberechtigung angeordnet wird,

 

Da Ihnen nach Ablauf des 2 - Wochenentzuges Ihre Lenkberechtigung mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 19. April 2011, FE: 494/2011, neuerlich und zwar für die Dauer von 3 Monaten entzogen werden musste, konnte Ihrem Antrag auf Wiederausfolgung des Führerscheines nicht stattgegeben werden und war dieser gemäß § 28 Abs.1 Z.2 FSG abzuweisen, da neuerlich eine Entziehung der Lenkberechtigung auszusprechen war.

 

1.4. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung. Die Bundespolizeidirektion Linz – als nunmehr belangte Behörde – legte das Rechtsmittel samt bezughabenden Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vor.

 

Der macht als Berufungsgründe unrichtige rechtliche Beurteilung infolge mangelnder Beweiswürdigung sowie unrichtiger Tatsachenfeststellung geltend.

 

Der Bw bemängelt im Wesentlichen, die Behörde habe eine unrichtige Tatsachenfeststellung getroffen, da der ausgewiesene Rechtsvertreter bereits in seinem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom 2. Mai 2011 ausgeführt habe, dass es dem Rechtsvertreter aufgrund seiner Tätigkeit als Stiftungsvorstand sowie eines Urlaubstages zugemutet werden muss, innerhalb einer angemessenen Zeit seinen Mandanten zu informieren. Der Tag für diese Information sei somit erst der 18. April 2011 nach Rückkehr seines Rechtsvertreters in die Kanzlei gewesen.

 

Eine mindere Fahrlässigkeit könne nur ansatzweise insofern gegeben sein, dass der Rechtsvertreter aufgrund seiner Funktion als Stiftungsvorstand sowie eines Urlaubstages erst nach vier Werktagen die erstmalige Möglichkeit gehabt habe, vom Erkenntnis des UVS vom 4. April 2011 zu VwSen-522777/8/Fra/Bb/Gr Kenntnis zu erlangen. Dies sei jedoch nach einer objektiven Lebensbetrachtung durchaus entschuldbar, da es dem Rechtsvertreter nicht zugemutet werden könne, während einer viertägigen Abwesenheit von jedem Aktenstück sofort und unmittelbar Kenntnis zu erlangen. Für die Eintragung der Frist sei die Sekretärin des Rechtsvertreters zuständig, welche erst nach Vorlage des Aktes durch den Rechtsvertreter auf Richtigkeit kontrolliert werden könne. Die Frist zur Erhebung einer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof und/oder Verfassungsgerichtshof sei von der Sekretärin richtig eingetragen worden, sodass auch diesbezüglich dem Rechtsvertreter keine wie auch immer geartete Fahrlässigkeit angerechnet werden könne.

 

Aufgrund der mehrtägigen Abwesenheit von der Kanzlei habe der Rechtsvertreter erstmals am 18. April 2011 vom Erkenntnis Kenntnis erlangen können und habe des Weiteren erst an diesem Tag eine Möglichkeit gehabt, die Eintragung der Frist zu kontrollieren. Dem Rechtsvertreter sei es daher nicht möglich gewesen, der unverzüglichen Verpflichtung zur Ablieferung des Führerscheines seinem Mandanten mitzuteilen, da er eben noch keine Kenntnis von der Berufungsentscheidung hatte und es keine unentschuldbare Fahrlässigkeit darstelle, wenn die Kanzleikraft diese auf Seite 5 festgehaltene Rechtsfolge nicht realisierte. Es liege daher kein wie immer geartetes Verschulden vor. Die Zurückweisung des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sei sohin infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung sowie unvollständiger Tatsachenfeststellung erlassen, da der Parteienvertreter nicht schuldhaft gehandelt habe und die Einhaltung der berufsgebotenen Sorgfaltspflicht nicht verletzt habe.

 

Zur Entziehung der Lenkberechtigung und Anordnung weiterer Maßnahmen hält der Bw fest, dass, hätte die belangte Behörde den Sachverhalt ordnungsgemäß festgestellt und die angebotenen Beweismittel berücksichtigt, sie zum Ergebnis gekommen wäre, dass er aufgrund seiner Unkenntnis vom Erkenntnis des UVS vom 4. April 2011 nicht gemäß § 7 Abs.3 FSG verstoßen habe. Er sei sohin am 18. April 2011, als er um 09:52 Uhr das Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen X in Linz, Untere Donaulände 36, gelenkt hat, verkehrszuverlässig gemäß § 7 Abs.1 FSG gewesen, sodass die Entziehung des Führerscheines in der Dauer von 3 Monaten gemäß § 25 Abs.3 FSG zu Unrecht erfolgte.

 

Die belangte Behörde habe aufgrund unrichtiger rechtlicher Beurteilung infolge mangelnder Tatsachenfeststellung sowie mangelnder Beweiswürdigung seinen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom 2. Mai 2011 sowie den Antrag auf ersatzlose Behebung des Mandatsbescheides der Bundespolizeidirektion Linz vom 19. April 2011 zu Unrecht abgewiesen. Die rechtlichen Voraussetzungen für die Entziehungsdauer von mindestens 3 Monaten gemäß § 25 Abs.3 FSG seien nicht gegeben und hätte die belangte Behörde im Übrigen dem Antrag vom 3. Mai 2011 auf Wiederausfolgung des Führerscheines Folge geben müssen.

 

Der Bw stellt sohin die Anträge, der UVS möge

1.     seiner Berufung Folge geben und den Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz, FE-494/2011, FE 1210/2010, vom 4. Mai 2011 ersatzlos beheben; in eventu

2.     seiner Berufung Folge geben und den Bescheid beheben und zu ergänzenden Beweisaufnahmen an die Behörde erster Instanz zurückverweisen; in eventu

3.     dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand Folge geben

 

1.5. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

Gemäß § 71 Abs.1 Z.1 AVG ist gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorgesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft.

 

Gemäß § 29 Abs.3 FSG ist nach Eintritt der Vollstreckbarkeit des Entziehungsbescheides der über die entzogene Lenkberechtigung ausgestellte Führerschein, sofern er nicht bereits abgenommen wurde, unverzüglich der Behörde abzuliefern.

 

Zutreffend hat die belangte Behörde erkannt, dass eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nur gegen die Versäumung einer verfahrensrechtlichen, nicht auch einer materiellrechtlichen Frist zulässig ist. Auf materiellrechtliche Fristen finden die Bestimmungen über die Wiedereinsetzung nur dann Anwendung, wenn das im Einzelfall ausdrücklich bestimmt wird.

 

Mit dem angefochtenen Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz am 30.12.2010 AZ:FE-1210/2010, der mit dem Erkenntnis des UVS des Landes Oberösterreich vom 4. April 2011, VwSen-522777/8/Fra/Bb/Gr, bestätigt wurde, wurde der Bw verpflichtet, unverzüglich nach Rechtskraft dieses Bescheides den Führerschein bei der Behörde abzuliefern. Diese Verpflichtung war im Grunde genommen überflüssig, weil sie sich bereits unmittelbar aus § 29 Abs.3 FSG ergibt und die diesbezüglich Wortfolge im Entziehungsbescheid nur im Sinne einer Belehrung über diese Verpflichtung anzusehen ist, aber die Ablieferungspflicht selbst nicht begründet.

 

Durch diesen Bescheid wird keine Leistungsfrist in Gang gesetzt, sondern lediglich auf die gesetzlich normierte Ablieferungspflicht hingewiesen. Daher kommt es auf die Bedeutung des Wortes "unverzüglich" in § 29 Abs.3 FSG an (vgl. VwGH vom 7. 9 2007, GZ:2007/02/0191). Schon daraus ergibt sich, dass es sich bei dieser "Frist" nicht um eine verfahrensrechtliche Frist handeln kann, denn unter verfahrensrechtlichen Fristen versteht man solche Fristen, welche durch Verhaltensweisen prozessuale Rechtsfolgen auslösen. Prozessale Fristen sind Zeiträume, bis zu deren Ablauf eine Partei eine bestimmte Prozesshandlung vornehmen kann oder muss. Von materiellrechtlichen Fristen kann dann gesprochen werden, wenn ihr Ablauf zum Eintreten materiellrechtlicher Wirkungen führt. Der gestellte Antrag ist sohin nicht wiedereinsetzungsfähig, weil keine verfahrensrechtliche Frist versäumt wurde.

 

In diese Richtung geht auch das Erkenntnis des VwGH vom 6. 7.1967, GZ: 0323/67, wonach die Wiedereinsetzung voraussetzt, dass eine Frist zur Vornahme einer Prozesshandlung abgelaufen ist, dass diese Handlung jedoch nicht vorgenommen wurde.

 

Wäre eine verfahrensrechtlichen Frist versäumt worden und würde man vom Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen im Sinne des § 71 Abs.1 AVG, nämlich "kein Verschulden" oder "minderer Grad des Versehens" ausgehen, kommt es nach Ansicht des Oö. Verwaltungssenates im hier vorliegenden Zusammenhang nicht darauf an, dass die Sekretärin des Rechtsvertreters des Bw die Frist zur Erhebung einer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof und/oder Verfassungsgerichtshof richtig in den Kalender eintrug, sondern darauf, ob der Rechtsvertreter des Bw Vorsorge darüber getroffen hat, dass er im Falle einer vorübergehenden Ortsabwesenheit vom Sekretariat von der Zustellung behördlicher Entscheidungen, aus denen unmittelbare Rechtswirkungen resultieren (wie hier: unverzügliche Ablieferungspflicht des Führerscheines) verständigt wird.

 

Der Berufung gegen die Abweisung des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand war daher keine Folge zugeben. Was die Entziehung der Lenkberechtigung sowie die Anordnung der weiteren Maßnahmen bzw. die Abweisung des Antrages auf Ausfolgung des Führerscheines betrifft, verweist der Oö. Verwaltungssenat zur Gänze auf die Ausführungen des angefochtenen Bescheides und fügt hinzu, dass das Argument des Bw, es müsse auch die subjektive Tatseite beurteilt werden, deshalb nicht zielführend ist, weil dieses Element lediglich im Strafverfahren von Bedeutung ist. Faktum ist, dass der Bw die Tatsache; "Lenken eines Kraftfahrzeuges trotz eingezogener Lenkberechtigung" verwirklicht hat, woraus die gesetzliche (Mindest) Entziehungsdauer der Lenkberechtigung von 3 Monaten resultiert.

 

Da sohin der Berufung keine Folge gegeben werden konnte, war spruchgemäß zu entscheiden

 

 

 


     Rechtsmittelbelehrung:

     Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren von 13,20 Euro angefallen.

 

 

 

Dr. Johann Fragner

 

 

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