Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-522851/4/Bi/Eg

Linz, 07.06.2011

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn X, vom 30. April 2011 gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 11. April 2011, VerkR21-96-2011/LL, wegen Entziehung der Lenkberechtigung, zu Recht erkannt:

 

Die Berufung wird abgewiesen und der angefochtene Bescheid im Anfechtungsumfang bestätigt.

 

Rechtsgrundlage:

§§ 66 Abs.4 und 67a AVG

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oben angeführten Bescheid wurde dem Berufungswerber (Bw) gemäß §§ 24 Abs.1, 25 Abs.1 und 3, 3 Abs.2, 30 Abs.1, 32 Abs.1 FSG die von der BH Linz-Land am 21.1.2010, Zl.10027502, für die Klassen A, B, C, E, F erteilte Lenkberechtigung für den Zeitraum von 22 Monaten, gerechnet ab der FS-Abnahme am 4.2.2011, entzogen und für den gleichen Zeitraum das Lenken von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen und Invalidenkraftfahr­zeu­gen verboten und das Recht aberkannt, von einem allfällig ausgestellten aus­ländi­schen Führerschein in Österreich Gebrauch zu machen.  Gemäß § 32 FSG wurde die unverzügliche Ablieferung des Mopedausweises, ausgestellt am 22.10.1996 von der FS Donauland, Z. 221634, bei der Erstinstanz angeordnet. Gemäß §§ 8 und  24 Abs.3 FSG iVm § 17 FSG-GV wurde die Absolvierung einer Nachschulung für alkoholauffällige Lenker und die Beibringung eines amtsärzt­lichen Gutachtens sowie einer verkehrspsychologischen Stellungnahme vor Ablauf der Entziehungsdauer angeordnet, wobei der Bw darauf aufmerksam gemacht wurde, dass die Entziehungsdauer nicht vor Befolgung dieser Anord­nung endet. Einer allfällig eingebrachten Berufung gegen den Bescheid wurde die aufschiebende Wirkung gemäß § 64 Abs.2 AVG aberkannt.

Die Zustellung des Bescheides erfolgte am 19. April 2011.

 

2. Dagegen wendet sich die vom Bw fristgerecht eingebrachte Berufung, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde, der durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 67a Abs.1 2. Satz AVG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungs­verhandlung erübrigte sich (§ 67d Abs.1 AVG). 

 

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, ihm sei bewusst, dass er aufgrund der vorhergehenden Führerscheinabnahmen eine längere Entziehungsdauer akzeptie­ren müsse, er ersuche aber um eine Herabsetzung der Entziehungsdauer von 22 auf 18 Monate. Er brauche den Führerschein als Kfz-Mechaniker für den Beruf dringend, er arbeite derzeit im Ersatzteillager. Mit einem Führerschein könnte er mehr eingesetzt werden, was die Firma positiv bewerten würde. Ab Februar habe er einen neuen Arbeitsplatz bei X Asten; er sei von der Lehrzeit bis Dezember 2010 immer bei der selben Firma gewesen und auch übernommen worden. Bei 18 Monaten Entziehungsdauer würde er sich die Prüfung für die Klassen A, B, BE, F, C1, C1E finanziell ersparen; er sei alleinstehend und habe hohe Fixkosten für Miete, Alimente, Versicherung usw. Von Pucking nach Asten habe er nur sehr umständliche öffentliche Verkehrsmittel, daher fahre ihn seine 63jährige Mutter täglich zur Arbeit und hole ihn wieder ab. Ihm täten seine Eltern leid und er würde alles tun, um diese Fahrt unter Alkohol rückgängig zu machen. Er ersuche um positive Bewertung der Berufung. Den Mopedführerschein gab der Bw zusammen mit der Berufung bei der Erstinstanz ab. 

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie in das Straferkenntnis der Erstinstanz vom 16. Mai 2011, VerkR96-6544-2011/KR, wegen Übertretung der StVO 1960.

Aus dem vorgelegten Verfahrensakt geht hervor, dass der Lenker des Pkw X am 4.2.2011 von zwei verschiedenen Personen unabhängig voneinander um 20.02 Uhr und um 20.10 Uhr bei der Leitstelle Linz angezeigt wurde, weil er vermutlich alkoholisiert sein Fahrzeug lenke, zunächst im Bereich der Union­kreuzung in Fahrtrichtung Traun und später am Parkplatz des Uno-Shopping, wo er sein Fahrzeug abgestellt habe und ins Uno-Shopping gegangen sei. Der Meldungsleger X (Ml), PI Pasching, fuhr daraufhin zum Uno-Shopping-Parkplatz, wo der Pkw mit einem beschädigten rechten Vorder­reifen abgestellt war. Kurz darauf kam ein weiterer Pkw, aus dem eine Frau ausstieg, das Fahrzeug besichtigte und telefonierte. Daraufhin kam ein Mann aus dem Uno-Shopping, worauf beide den Pkw X besichtigten und anschließend mit dem Pkw der Frau wegfahren wollten und angehalten wurden. Es stellte sich heraus, dass es sich beim Mann um den angezeigten Lenker, den Bw, und bei der Frau um seine Mutter handelte. Der Bw gestand zu, den Pkw in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt zu haben. Den Schaden am Reifen, der vom Ml fotografiert wurde, habe er sich beim Einbiegen von der B139 zum Uno-Shopping zugezogen, als er an den Randstein angefahren sei. Er gab auch an, er habe soeben im Uno-Shopping noch ein Seidel Bier getrunken, vorher von ca 14.30 bis 20.15 Uhr ca 7 Halbe Bier. Er habe seine Mutter telefonisch gebeten, ihn abzuholen. Der Bw wurde vom Ml zum Alkotest aufge­fordert, zumal er deutlich nach Alkohol roch, einen unsicheren Gang und eine veränderte Sprache aufwies.

Um 20.56 Uhr und 20.58 Uhr wurde bei der PI Leonding vom Ml mit dem Bw ein Alkotest mit dem geeichten Atemluft­alkoholmessgerät Siemens Alcomat, W454, durchgeführt, der einen günstigsten AAG von 0,97 mg/l um 20.58 Uhr ergab. Dem Bw wurde der Führerschein abgenommen.

Seitens der Amtsärztin der Erstinstanz, Frau X, wurde eine Rück­rechnung des um 20.58 Uhr vom 100 kg schweren Bw erzielten Atemluftalkohol­wertes auf die Lenkzeit 20.02 Uhr unter Abzug des als glaubwürdig angesehenen Nachtrunks von einem Seidel Bier durchgeführt, die einen günstigsten Atemluft­alkoholwert von 1,87 %o ergab.

Der Bw erschien trotz zugestellter Ladung nicht bei der Erstinstanz, worauf der angefochtene Bescheid erging. In der Berufung hat er den Sachverhalt in keiner Weise bestritten, sondern nur gegen die Entziehungsdauer argumentiert, auch nach ausdrücklichem schriftlichem Hinweis auf die von der Amtsärztin vorge­nommene Rückrechnung.

 

Mit – in Rechtskraft erwachsenem – Straferkenntnis der Erstinstanz vom 16. Mai 2011, VerkR96-6544-2011/KR, wurde der Bw einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 5 Abs.1 iVm 99 Abs.1 lit.a StVO 1960 schuldig erkannt, weil er am 4. Februar 2011 um 20.02 Uhr im Gemeindegebiet von Leonding auf der B139 Kremstalstraße, Strkm 7,5, bis zum Parkplatz der UNO-Shopping den Pkw X gelenkt hat, wobei er sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befand (Alkoholisierungsgrad 1,87 %o laut Rückrechnung des Alkohol­gehalts zum Tatzeitpunkt durch die Amtsärztin der Erstinstanz nach dem angege­benen Nachtrunk).

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 24 Abs.1 Z1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenk­berechtigung (§ 3 Abs.1 Z2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen.

Gemäß § 3 Abs.1 Z2 FSG darf eine Lenkberechtigung nur Personen erteilt wer­den, die verkehrszuverlässig sind.

Gemäß § 7 Abs.1 Z1 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen ua die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunken­heit oder einen durch Sucht­mittel oder durch Medikamente beein­träch­tigten Zustand gefährden wird. Als bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs.1 FSG hat gemäß § 7 Abs.3 Z1 FSG zu gelten, wenn jemand ein Kraft­fahrzeug gelenkt oder in Betrieb genommen und hiebei eine Übertretung gemäß § 99 Abs.1 bis 1b StVO 1960 begangen hat.

Gemäß § 99 Abs.1 lit.a StVO 1960 begeht ua eine Verwaltungsübertretung und ist zu bestrafen, wer ein Fahrzeug lenkt oder in Betrieb nimmt, obwohl der Alko­hol­gehalt seines Blutes 1,6 g/l (1,6 Promille) oder mehr oder der Alkoholgehalt seiner Atemluft 0,8 mg/l oder mehr beträgt.

 

Der rechtskräftig festgestellte und vom Bw nicht bestrittene Blutalkoholwert von 1,87 %o um 20.02 Uhr erfüllt den Tatbestand einer Verwaltungsübertretung gemäß § 99 Abs.1 lit.a StVO 1960; der Bw hat somit eine bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs.3 Z1 FSG verwirklicht, für die bei erstmaliger Begehung eine Entziehungsdauer von sechs Monaten gesetzlich vorgesehen ist.

 

Gemäß § 7 Abs.4 FSG sind für die Wertung der in Abs. 3 beispielsweise ange­führten Tatsachen deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.

Dabei ist – abgesehen davon, dass nach ständiger Judikatur des Verwaltungs­gerichts­hofes Alkohol­delikte, noch dazu im Wiederholungsfall, zu den schwersten Verstößen gegen Verkehrs­vorschriften gehören, zumal alkoholbeeinträchtigte Lenker für sich alleine schon eine hohe potenzielle Gefährdung der Sicherheit des Straßenverkehrs darstellen, weil sie infolge ihrer herabgesetzten Konzentra­- tions-, Beobachtungs-, und Reaktionsfähigkeit nicht in der Lage sind, die kraftfahrspezifischen Leistungs­funktionen zufriedenstellend auszuüben – beim Bw aber zusätzlich noch zu bedenken, dass ihm erstmals im Jahr 2006 wegen Minderalkoholisierung gemäß § 99 Abs.1b StVO 1960, dh mehr als 0,4 aber weniger als 0,6 mg/l Atem­alkoholgehalt, die Lenkberechtigung für fünf Monate vom 15.6.2006 bis 15.11.2006 entzogen wurde. Ebenfalls wegen Minderalko­holisierung im Sinne des § 99 Abs.1b StVO 1960 wurde ihm vom 6.2.2009 bis 21.1.2010, also für 11 Monate, die Lenkberechtigung entzogen. Der nunmehrige Vorfall vom 4. Februar 2011 wegen § 99 Abs.1 lit.a StVO stellt somit die dritte Alkoholübertretung innerhalb von weniger als fünf Jahren dar, wobei nunmehr der Alkoholgehalt rückgerechnet sogar zumindest 1,87 %o betrug, was insge­samt eine – allerdings für den Bw traurige – Steigerung bedeutet. Die insgesamt dritte Alkoholübertretung in einer relativ kurzen Zeitspanne war bei der Wertung ohne Zweifel mit einer höheren Entziehungs­dauer zu berücksichtigen.

 

Die von der Erstinstanz festgesetzte Entziehungsdauer von nunmehr 22 Monaten, gerechnet ab der vorläufigen Führerscheinabnahme am 4. Februar 2011, die gleichzeitig als Prognose zu sehen ist, wann der Bw wieder verkehrszuverlässig sein wird, ist durchaus angemessen und ohne Zweifel ausdrücklich geboten, um den Bw von einer neuerlichen Teilnahme am Straßenverkehr als Lenker eines Kraftfahrzeuges in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand abzuhalten (vgl VwGH 15.3.1994, 94/11/0064; ua). Dazu kommt noch, dass der Bw im Zuge eines ohne Zutun anderer verursachten Verkehrsunfalls den rechten vorderen Reifen seines Pkw massiv beschädigt hat, wie auf den im Akt befindlichen Fotos zu sehen ist. Er hat zum Unfallshergang selbst ausgeführt, er habe den Schaden – der Reifen ist so ruiniert, dass der Bw offenbar auf der Felge zum Abstellort fuhr – beim Einbiegen von der B139 zum UNO-Shopping bei einem Randstein verursacht. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wäre eine Entziehungsdauer von 24 Monaten jedenfalls angemessen; eine Herabsetzung auf die vom Bw beantragten 18 Monate wäre nicht zu verantworten. Allerdings ist zu bedenken, dass gemäß § 27 Abs.1 Z1 die Lenkberechtigung nach Ablauf einer Entziehungs­dauer von mehr als 18 Monaten erlischt. Finanzielle Über­legungen für ihren Wiedererwerb sind angesichts der Alkoholvorgeschichte des Bw unbeachtlich.

 

Nach der Rechtsprechung des VwGH bilden bei der Beurteilung der Verkehrs­zuverlässigkeit allfällige berufliche, wirtschaftliche, persönliche und familiäre Nach­­teile, die mit der Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung verbunden sind,  kein wie immer geartetes Beweisthema (vgl E 14.11.1995, 95/11/0300; 24.8.1999, 99/11/0166; 30.5.2001, 2001/11/0081; 23.4.2002, 2000/11/0182; uva).

Bei der Entziehung der Lenkberechtigung handelt es sich um keine Strafe, sondern um eine administrative Maßnahme zum Schutz der anderen Verkehrs­teilnehmer oder sonstiger Rechtsgüter vor verkehrsunzuverlässigen KFZ-Lenkern (vgl VfGH 14.3.2003, G203/02; VwGH 18.3.2003, 2002/11/0062; 6.4.2006, 2005/11/0214; uva). 

Eine Herabsetzung der ohnehin relativ günstigen Entziehungsdauer (vgl VwGH 21.5.1996, 96/11/0112; 20.3.2001, 2000/11/0089, ua) aus den in der Berufung geltend gemachten beruflichen Gründen war nicht gerecht­fertigt, zumal dem Bw die an ihn gestellten Anforderungen hinsichtlich Mobilität schon vor dem ggst Vorfall bekannt waren und er sein Verhalten danach richten hätte können und müssen. 

Die Dauer der prognostizierten Verkehrsunzuverlässigkeit ist naturgemäß auch auf das Verbot, Motorfahrräder, vierrädrige Leichtkraftfahrzeuge und Invaliden­kraft­fahr­zeuge zu lenken, und die Aberkennung des Rechts, von einem allfällig bestehenden ausländischen Führerschein in Österreich Gebrauch zu machen, zu übertragen.

Aus all diesen Überlegungen war im Anfechtungsumfang spruchgemäß zu entscheiden. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13,20 Euro angefallen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­ge­richtshof erhoben werden; diese ist - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt einzubringen. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Bissenberger

 

 

Beschlagwortung:

 

3. Alkoholdelikt innerhalb von 5 Jahren (2. 99/1b, jetzt § 99 Abs.1 lit.a + VU) = 22 Monate FE bestätigt

 

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