Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-100797/6/Weg/Ri

Linz, 07.04.1993

VwSen - 100797/6/Weg/Ri Linz, am 7. April 1993 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt über die Berufung des R P , vertreten durch Rechtsanwalt Dr. H V, vom 21. Juli 1992 gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 3. Juli 1992: VU/S/12/92 W, zu Recht:

I.: Hinsichtlich des Faktums 1.) (§ 4 Abs.5 StVO 1960) wird der Berufung nur insofern Folge gegeben, als die Geldstrafe von 1.500 S auf 500 S und die Ersatzfreiheitsstrafe von 72 Stunden auf 24 Stunden reduziert wird.

II.: Hinsichtlich des Faktums 2.) wird der Berufung Folge gegeben, das Straferkenntnis diesbezüglich behoben und das Verfahren eingestellt.

III.: Der Kostenbeitrag zum Strafverfahren erster Instanz ermäßigt sich auf 50 S. Ein Kostenbeitrag für das Berufungsverfahren fällt nicht an.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl.Nr. 51, idF BGBl.Nr. 866/1992 (AVG) iVm § 24, § 19, § 45 Abs.1 Z1, § 51 Abs.1, § 51i, § 64 und § 65 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl.Nr. 52, idF BGBl.Nr. 867/1991 (VStG).

Entscheidungsgründe:

1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit dem in der Präambel zitierten Straferkenntnis über den Berufungswerber wegen der Verwaltungsübertretungen nach 1.) § 4 Abs.5 und 2.) § 11 Abs.2, jeweils StVO 1960, Geldstrafen von 1.) 1.500 S (im Nichteinbringungsfall 72 Stunden) und 2.) 600 S (im NEF 48 Stunden) verhängt, weil dieser am 28. Oktober 1991 um ca. 8.30 Uhr in Linz, auf der L, vor der Kreuzung mit der G und P, zwischen 1. und 2. Richtungspfeil der Rechtsabbiegespur als Lenker des LKW's mit dem Kennzeichen 1.) es unterlassen hat, nach einem Verkehrsunfall mit Sachschaden, bei dem sein Verhalten am Unfallort in ursächlichem Zusammenhang stand, die nächste Sicherheitsdienststelle ohne unnötigen Aufschub zu verständigen, obwohl ein gegenseitiger Nachweis von Name und Anschrift mit dem Unfallbeteiligten (Unfallgeschädigten) unterblieben ist. 2.) Hat er den Fahrstreifen von links nach rechts gewechselt, ohne sich vorher zu überzeugen, ob dies ohne Gefährdung oder Behinderung anderer Straßenbenützer möglich war. Außerdem wurde ein Kostenbeitrag zum Strafverfahren in der Höhe von 210 S in Vorschreibung gebracht.

2. Diesem Straferkenntnis geht eine Privatanzeige des F P voraus, wonach der Beschuldigte mit einem LKW ohne Anhänger auf dem geradeaus führenden bzw. linksabbiegenden Fahrstreifen der L eingeordnet war und plötzlich auf den rechten Fahrstreifen gewechselt sei. Der Privatanzeiger wollte sich, den rechten Fahrstreifen ausnutzend, an diesem LKW vorbeibewegen, sei jedoch durch den nach rechts ausscherenden LKW zum Abbremsen genötigt worden, worauf er in der Folge mit der Gehsteigkante kollidiert sei und als Folge dieser Kollision der Reifen seines Kraftfahrzeuges beschädigt worden sei. Entsprechend der vom Wachzimmer Nietzschestraße aufgenommenen Anzeige sei der in Rede stehende LKW-Lenker und nunmehrige Berufungswerber mit dem LKW in Bewegung gewesen. Laut Zeugenaussage vor der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 19. März 1992 sei der Beschuldigte mit einem LKWzug auf dem mittleren Fahrstreifen gestanden. Vor diesem LKW seien glaublich zwei oder drei andere Fahrzeuge und ein Fahrrad ebenfalls auf dem mittleren Fahrstreifen eingeordnet gewesen.

In der Folge sei der Privatanzeiger zum LKW-Lenker nach vorne gegangen und habe ihm Mitteilung darüber gemacht, daß durch den unsachgemäßen Fahrstreifenwechsel und der damit verbundenen Abdrängung ein Verkehrsunfall mit einem Sachschaden entstanden sei. Der Privatanzeiger habe den inzwischen bei Rot vor der Kreuzung wartenden LKW-Lenker ersucht, einen Schadensbericht anzufertigen, was jedoch jener mit den Worten "das interessiere ihn nicht, er solle besser aufpassen" quittiert und die Fahrt fortgesetzt habe.

3. Vom unabhängigen Verwaltungssenat wurde Beweis aufgenommen durch Vernehmung des Zeugen F P und des Beschuldigten im Zuge der am 31.März 1993 stattgefundenen mündlichen Verhandlung.

Die Aussagen des Beschuldigten und des Privatanzeigers hinsichtlich des Unfallgeschehens wichen in einigen Details voneinander ab. Der Beschuldigte führt aus, mit seinem LKW (ohne Anhänger) an einem auf der L abgestellten LKW links vorbeigefahren zu sein. Vor ihm sei ein Radfahrer ebenfalls an diesem abgestellten LKW links vorbeigefahren. Durch den langsam fahrenden Radfahrer habe der Beschuldigte sich nicht sofort wieder auf den rechten Fahrstreifen einordnen können, sondern sei dieser Fahrstreifenwechsel, den er im übrigen angezeigt hätte, erst kurze Zeit später möglich gewesen. Nach Meinung des Beschuldigten sei der Privatanzeiger durch dieses Fahrmanöver etwas irritiert gewesen und habe vielleicht geglaubt, der rechte Fahrstreifen sei frei. Der Privatanzeiger müsse letztlich versucht haben, mit überhöhter Geschwindigkeit rechts zu überholen. Der Beschuldigte habe sich beim Fahrstreifenwechsel durch einen Blick in den rechten Außenspiegel sehr wohl überzeugt, daß er dabei niemanden gefährdet oder behindert.

Der Privatanzeiger gab zeugenschaftlich zu Protokoll, er habe einen LKWzug rechts überholen wollen, was jedoch durch den überraschenden Fahrstreifenwechsel zu einem Zeitpunkt, als er sich schon auf Höhe des Anhängers befunden habe, verhindert worden sei.

Die Aussagen des Zeugen sind einerseits zur Anzeige, bei dem nur von einem LKW (ohne Anhänger die Rede war) und andererseits zur zeugenschaftlichen Aussage vor der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung, wo von einem stillstehenden LKWzug die Rede war, widersprüchlich, sodaß hinsichtlich des angeblichen unsachgemäßen Fahrstreifenwechsels des Beschuldigten dieses inkriminierte Verhalten als nicht erwiesen gilt.

Als erwiesen gilt aber, daß der Beschuldigte über die Verursachung eines Verkehrsunfalles mit Sachschaden vom Privatanzeiger informiert wurde, dieser jedoch - ohne Name und Wohnanschrift mit dem Geschädigten auszuwechseln - die Fahrt fortsetzte und keine Meldung bei der nächsten Polizeidienststelle erstattete. Dabei spielte sich der Vorfall so ab, daß der Privatanzeiger zum Führerhaus des Beschuldigten kam und ihm sagte, daß ein Verkehrsunfall passiert sei. Der Beschuldigte habe daraufhin den Privatanzeiger gefragt, ob er ihm hinten raufgefahren sei, was dieser jedoch verneinte und von der Kollision mit der Gehsteigkante sprach. Beizufügen wäre noch, daß der Privatanzeiger den Beschuldigten kannte. Dessen Namen wußte er jedoch nicht.

Nach Version des Beschuldigten habe er dem Privatanzeiger seinen Namen genannt und es erschien die Angelegenheit für ihn erledigt. Auch der Privatanzeiger habe ihm seinen Namen, den er sich allerdings nicht gemerkt habe, gesagt. Er habe nach dieser kurzen Diskussion mit dem Privatanzeiger vermeint, an diesem Verkehrsunfall nicht beteiligt zu sein.

Selbst wenn man der Version des Berufungswerbers folgt, ist diese nicht geeignet, ihn vom Tatvorwurf der Verletzung des § 4 Abs.5 StVO 1960 zu exkulpieren. Einerseits wußte der Beschuldigte von diesem Verkehrsunfall, andererseits auch vom Verdacht der Verursachung (ist nicht gleich Verschulden). Er hat dem Privatanzeiger den Namen genannt und auch den des Privatanzeigers in Erfahrung gebracht. Diese gegenseitige Namensnennung spricht dafür, daß der Berufungswerber nicht annehmen konnte, die Sache sei damit erledigt. Er hätte sich vielmehr den Vorschriften des § 4 StVO 1960 entsprechend um das Unfallgeschehen kümmern müssen, anstatt die Fahrt fortzusetzen. Allerdings wird dem Beschuldigten infolge der Bagatelle der Angelegenheit, die offenbar auch im Gespräch offenkundig wurde, ein, wenn auch selbst zu vertretendes Mißverständnis zugebilligt. Dieses möglicherweise auf Gesetzesunkenntnis beruhende Mißverständnis hätte einer Aufklärung bedurft und hätte der Beschuldigte den Unfallort nicht verlassen dürfen, ohne gegenseitig Namen und Wohnanschrift nachzuweisen bzw. hätte er - weil dies nicht geschah - die nächste Polizeidienststelle zu verständigen gehabt.

5. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Gemäß § 4 Abs.5 StVO 1960 haben alle Personen, deren Verhalten am Unfallort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht, die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle vom Verkehrsunfall ohne unnötigen Aufschub zu verständigen. Eine solche Verständigung darf jedoch unterbleiben, wenn die in Abs.1 genannten Personen oder jene, in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist, einander ihren Namen und ihre Anschrift nachgewiesen haben.

Es gilt als erwiesen, daß der Beschuldigte den Verkehrsunfall zumindest mitverursacht hat.

Damit ist über das Verschulden nichts ausgesagt. Der Berufungswerber hat auch um diesen Verkehrsunfall gewußt. Er hat die nächste Polizeidienststelle nicht ohne unnötigen Aufschub verständigt. Dieser Verpflichtung war er deswegen nicht entbunden, weil ein Nachweis der Namen und der Anschriften der am Unfall beteiligten Personen nicht erfolgt ist. Die bloße Namensnennung reicht nicht aus.

Das Verhalten des Berufungswerbers läßt sich unschwer unter das Tatbild des § 4 Abs.5 StVO 1960 normieren, sodaß das objektive Tatbild erfüllt ist. Auch subjektiv wird dem Beschuldigten zumindest Fahrlässigkeit zum Vorwurf gemacht. Es handelt sich dabei um keine leichte Fahrlässigkeit, da das Verhalten von dem eines als Maßfigur dienenden Durchschnittskraftfahrers erheblich abweicht. Nach Meinung des unabhängigen Verwaltungssenates hätte jeder Durchschnittskraftfahrer den gegenständlichen Sachverhalt jedenfalls nicht so bagatellisiert, wie dies der Beschuldigte gemacht hat. Die Setzung des Tatbildes nach § 4 Abs. 5 StVO 1960 gilt somit auch in subjektiver Weise erfüllt.

Der verkehrsbehindernde Fahrstreifenwechsel konnte - wie schon erwähnt - nicht als erwiesen angesehen werden, weshalb diesbezüglich gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG mit einer Einstellung des Verfahrens vorzugehen war. Bemerkt wird noch, daß die von der belangten Behörde zitierte Rechtsnorm, nämlich § 11 Abs. 2 StVO 1960 verfehlt war.

Die Geldstrafe und in Relation hiezu die Ersatzfreiheitsstrafe konnte bei einem Strafrahmen von bis zu 10.000 S deswegen herabgesetzt werden, weil keine erschwerenden Elemente zutagegetreten sind und weil dem Berufungswerber kein Vorsatz unterstellt wird.

6. Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Ergeht an:

Akt Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Wegschaider 6

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum