Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-252462/10/Lg/Ba

Linz, 20.06.2011

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder nach der am 26. Mai 2011 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Berufung der X X, vertreten durch Rechtsanwälte DDr. X, Dr. Y und Dr. Z gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes des Bezirkes Wels-Land vom 26. März 2010, Zl. SV96-83-2008/La, wegen Übertretungen des Ausländerbeschäfti­gungsgesetzes 1975 (AuslBG) zu Recht erkannt:

 

 

I.       Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt. Die Ersatzfreiheitsstrafe wird jedoch auf 34 Stunden je illegal beschäftigter Ausländerin herabgesetzt. Der Spruch wird dahingehend korrigiert, dass als Tattag der 18.7.2008 zu gelten hat.

 

II.     Ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat ist nicht zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I: §§ 16 Abs.2, 19, 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: § 65 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.  Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurden über die Berufungswerberin (in der Folge: Bw) vier Geldstrafen in Höhe von je 2.000 Euro bzw. vier Ersatzfreiheitsstrafe in Höhe von je 66 Stunden verhängt, weil sie es als handelsrechtliche Geschäftsführerin und somit als die gemäß § 9 Verwaltungsstrafgesetz nach außen zur Vertretung Berufene der Firma X Tanz-Bar GesmbH mit Sitz in X verwaltungsstrafrechtlich zu vertreten habe, dass diese Gesellschaft am 18.7.2009 die ungarischen Staatsangehörigen Y Y, Z Z, V V und S S beschäftigt habe, ohne dass die für eine legale Ausländerbeschäftigung erforderlichen arbeitsmarktrechtlichen Papiere vorgelegen seien.

 

In der Begründung verweist das angefochtene Straferkenntnis auf die Anzeige des Finanzamtes Grieskirchen Wels vom 16.10.2008, die Stellungnahme der Bw vom 31.8.2009, die Stellungnahme des Finanzamtes Grieskirchen Wels vom 23.11.2009 und die Stellungnahme der Bw vom 15.12.2009.

 

Beweiswürdigend wird festgehalten, dass aufgrund der Feststellungen des Finanz­amtes Grieskirchen Wels von einer Beschäftigung durch die Bw am 18.7.2008 ausgegangen werde.

 

Die Tätigkeiten der Ausländerinnen seien als arbeitnehmer­ähnlich zu qualifizieren. Dies angesichts der starken wirtschaftlichen (festgelegtes Entgelt) und organisatorischen Verknüpfung (Bindung an die Öffnungszeiten) aller ihrer Aspekte mit dem Betrieb der Beschuldigten.

 

 

2. In der Berufung wird dagegen vorgebracht:

 

"'In Ansehung der Übertretung nach § 28 Abs.1 Z1 lit. a AuslBG muss für die Unterbrechung der Verjährung unverwechselbar feststehen, wann, wo und für welche Ausländer der Beschuldigte als Arbeitgeber unerlaubt beschäftigt hat.' (VwGH 93/09/0423). Diesem Erfordernis entspricht die angefochtene Entscheidung nicht:

Am 18.7.2009 hat keine Kontrolle stattgefunden, ebenso wenig eine Übertretung. Der Nachtclub X befindet sich nicht in X, bei welchem Objekt es sich um ein nicht öffentlich zugängliches Wohnhaus handelt, sondern in X, wie dies durch die an den beiden Häusern angebrachten Hausnummern jederzeit ersichtlich ist.

 

Der angefochtene Bescheid enthält keinerlei Sachverhaltsfeststellungen, sondern lediglich einen Verweis auf die Anzeige, der jedoch behördliche Tatsachenfest­stellungen nicht substituieren kann und den Begründungserfordernissen für einen Bescheid nicht genügt und eine Überprüfung der Entscheidung aufgrund des Fehlens einer Subsumptionsgrundlage ausschließt, was notwendiger Weise die Bescheidaufhebung zur Folge haben muss (vgl. VwGH 2006/09/0202 mwN). Die Personenblätter wären auch gar nicht in der Lage, zur Abklärung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes einen adäquten Beitrag zu leisten, und dies nicht nur aufgrund der mangelnden Sprachkompetenz der 4 Personen ungarischer Muttersprache. Wie aktenkundig ersichtlich ist haben die befragten Prostituierten massive und auch für die einschreitenden Behördenorgane offenkundige schwere Mängel in Bezug auf die deutsche Sprache aufgewiesen und sind sie auch erst ganz kurz vorher mit der X Tanzbar in Kontakt gekommen. Die diffizilen Abgenzungen bei der Beurteilung der Arbeitnehmerähnlichkeit sind sogar juristischen Laien mit deutscher Muttersprache schwer verständlich und können bei Befragungen nur nach entsprechenden aufklärenden Erläuterungen und Belehrungen aussagekräftige, richtige und verlässliche Ergebnisse erwartet werden. Das schematische Ausfüllen eines Formulars, das die entscheidungswesentlichen Kriterien nicht einmal enthält (vgl. VwGH 2005/09/0012 und die dort angeführten 10 Abgrenzungskriterien, die im Personenblatt des FA fast vollständig fehlen!) kann diesen Anforderungen in keiner Weise genügen und wären für eine genaue und präzise Befragung die Deutschkenntnisse der 4 Prostituierten nicht ausreichend gewesen. Wie der VwGH in 2000/09/0115 ausgesprochen hat berechtigt der Umstand, dass eine Person mit nichtdeutscher Muttersprache sich im normalen Leben verständigen kann, nicht zu dem Schluss, dass sie auch in der Lage ist, ihr gegenüber gebrauchte rechtliche Ausdrücke zu verstehen und deren Auswirkungen zu begreifen. Dies trifft im vorliegenden Fall auf die 4 Prostituierten uneingeschränkt zu und ergibt sich auch unmittelbar aus diesen Personenblättern - vgl. z.B. die unterschiedlichen (?) Angaben von Y Y und V V zum zeitlichen Ausmaß, die aber praktisch zum selben Ergebnis führen ?!, aber auch die Vermerke 'nik festen' u dgl. Auch wenn es sich bei diesen Personenblättern nicht um Niederschriften handelt, ist deren Verwertung als belastendes Beweismaterial in einem Strafverfahren in Anbetracht von deren Zustandekommen insbesondere durch Unterlassung der Beiziehung eines Dolmetschers eine Verletzung der rechtsstaatlichen Verfahrensgarantien.

 

Das Verfahren ist auch durch Unterlassung der beantragten Beweisaufnahme - Nichtbeischaffung des beantragten Aktes GZ 0049928/2008 des Bezirksverwaltungsamtes des Magistrates der Landeshauptstadt Linz - mangelhaft geblieben. Wie ich in meiner Stellungnahme vom 15.12.09 ausgeführt habe betrifft dieses Verfahren die identen 4 Prostituierten sowie ebenfalls die Nachschau am 18.7.08, wobei mir dort zur Last gelegt wurde, die 4 Prostituierten nicht vor Arbeitsantritt beim zuständigen Sozialversicherungsträger angemeldet zu haben. Ich habe wie im gegenständlichen Verfahren auch in diesem Verfahren unter Vorlage urkundlicher Nachweise darauf hingewiesen, dass die Prostituierten, die sich im Nachtclub X aufhalten bzw. aufgehalten haben, nicht bei der X Tanz-Bar GmbH als Dienstgeber beschäftigt sind, sondern Selbständige, die ihr Gewerbe im eigenen Namen und auf eigene Rechnung ausüben, sich selbst bei der SVA der gewerblichen Wirtschaft versichern und unter einer eigenen Steuernummer beim FA veranlagt sind. Das angeführte Verfahren ist daher nach Nachweisung der sozialversicherungsrechtlichen Anmeldung eingestellt worden. Bei der geschilderten Vorgangsweise handelte es sich auch nicht um einen speziellen Einzelfall, sondern um die den zuständigen Behörden und Sozialversicherungsträgern bekannte und nicht beanstandete Praxis, die auch mit der einschlägigen Lebensrealität übereinstimmte. Es kann unter dem Gesichtspunkt der Einheitlichkeit der Rechtsordnung aber nicht einerseits von der Wirksamkeit und Zulässigkeit der entsprechenden Sozialversicherungsmeldungen und finanzbehördlichen Anzeigen und steuerlichen Erklärungen sowie anderer­seits von der Unzulässigkeit und Strafbarkeit des zugrunde liegenden Verhaltens ausgegangen werden. In jedem Fall bin ich deshalb auch berechtigter Weise davon ausgegangen, dass die auch von den zuständigen Behörden und Sozialversicherungsträgern akzeptierte Qualifikation der Prostituierten als selbständige Gewerbetreibende (anders als die angestellten Kellnerinnen und das Barpersonal im Nachtclub X) richtig ist und ich mich rechtmäßig verhalte.

 

In Anbetracht der bereits erwähnten Kriterien der Arbeitnehmerähnlichkeit ist diese Beurteilung auch zutreffend, weil die X Tanz-Bar GmbH gegenüber den erwähnten 4 Prostituierten keine Arbeitgeberpflichten treffen und diese auch nicht als arbeitnehmerähnlich zu qualifizieren sind, wie ich dies auch bereits in meiner Stellungnahme vom 15.12.09 ausgeführt habe, womit sich die erstinstanzliche Behörde in keiner Weise auseinandergesetzt hat:

Die Prostituierten S, V und Z haben ihr selbständiges Gewerbe tagsüber meist auch in X ausgeübt und sind oft erst gegen 19.00-22.00 Uhr mit dem Zug nach X gefahren, wobei sie je nach Gutdünken und bisherigem Geschäftsgang auch noch in der Tanzbar X auf weitere Freier gewartet haben. Diesbezüglich gab es weder Dienstpflichten noch Anweisungen, es gab weder eine Unternehmensbindung oder ein Konkurrenzverbot, keine Weisungsgebundenheit und keine Berichterstattungspflicht und überhaupt keine Pflicht zu einem bestimmten Handeln. Dass nach der Art der Gewerbetätigkeit keine Stellvertretung in Betracht kommt, schadet nicht; jedenfalls haben die Prostituierten die von ihnen benötigten Utensilien selbst beigestellt. In den entscheidenden Punkten unterscheidet sich die Sachlage hier auch von dem Sachverhalt, den der VwGH zu 98/09/0334 zu entscheiden hatte und auf den gestützt die Anzeigerin und die erste Instanz fälschlicher Weise die Arbeitnehmerähnlichkeit abgeleitet haben: Keine Differenzierung zwischen angestellten und selbständigen Prostituierten, rasche Fluktuation und nur kurze Dauer des Aufenthaltes sowie die Leistungsdauer von ½ Stunde/Tag, die mit einer wirtschaftlichen Abhängigkeit nicht in Einklang zu bringen ist, da dadurch keinerlei Hinderung gegeben ist, die Arbeitskraft für anderweitige Erwerbszwecke einzusetzen (wie dies tatsächlich ja auch geschah-vgl.oben).

 

Ich stelle daher den

 

ANTRAG,

 

1.     eine mündliche Berufungsverhandlung anzuberaumen

2.     den angefochtenen Bescheid dahingehend abzuändern, dass das anhängige Verwaltungsstrafe verfahren eingestellt wird

in eventu aufzuheben und der ersten Instanz die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufzutragen

in dritter Linie von der Verhängung einer Strafe gemäß § 21 VStG abzusehen."

 

 

3. Aus dem Akt ist ersichtlich:

 

Der Akt enthält den Strafantrag des Finanzamtes Grieskirchen Wels vom 16.10.2008. Der Strafantrag enthält folgende Sachverhaltsdarstellung:

 

"Am 18.7.2008 wurde gegen 00.30 Uhr durch Ermittlungs- und Erhebungsorgane des Finanzamtes Grieskirchen-Wels, Team KIAB (FOI X, FOI X) gemeinsam mit der Polizei X im Rahmen des KFD (Koordinierter fremdenpolizeilicher Dienst) im Nachtclub X in X, X eine Kontrolle nach dem AuslBG und nach dem ASVG durchgeführt.

 

Dabei wurden vier ungarische Staatsbürgerinnen in typischer Clubbekleidung angetroffen.

 

S S, geb. X, ausgewiesen mit ung. Personalausweis Nr. X, wohnhaft in X.

Y Y, X, ausgewiesen mit ung. Personalausweis, wohnhaft in X.

Z Z, geb. X, ausgewiesen mit ung. Personalausweis Nr. X, wohnhaft in X.

V V, geb. X, ausgewiesen mit ung. Personalausweis Nr. X, wohnhaft in X.

 

In den Personenblättern wurde von den Damen angegeben, monatlich zwischen 1.200,00 und 1.300,00 als Entlohnung zu erhalten. Weiters wurde von den Damen als Meldeadresse, die Adresse vom Nachclub angegeben.

 

Angesichts der starken wirtschaftlichen und organisatorischen Verknüpfungen (Wohnmöglichkeit, Bindung an die Öffnungszeiten, festgelegtes Entgelt), ist von einer arbeitnehmerähnlichen Tätigkeit auszugehen (gl. VwGH 98/09/0334 v. 15.5.2001)

 

Die oben angeführten Personen konnten keine arbeitsmarktrechtliche Bewilligung vorweisen. Zum Zeitpunkt der Kontrolle verfügten die oben angeführten Personen über keine aufrechte Meldung des Beschäftigungsverhältnisses bei der Sozialversicherung.

 

Es liegt auf Grund des vorliegenden Sachverhaltes ein Verstoß gegen das AuslBG sowie gegen den ASVG vor und es wird die Durchführung eines entsprechenden Verwaltungsstrafverfahrens beantragt."

 

In die Personenblätter trugen die Ausländerinnen ein:

 

Y Y: Sie arbeite derzeit für die Firma "X" und sei als "PROSTIUALT" seit "1 TAG" beschäftigt. Der Lohn betrage "€ 1200 pro MONAT". Die tägliche Arbeitszeit sei "HALBEN JEDEN TAG". Der Chef heiße "NIK FESTEN".

 

S S: Sie arbeite derzeit für die Firma "X" und sei als "prostitualt" seit "4 tage" beschäftigt. Der Lohn betrage "€ 1300 pro monat". Die tägliche Arbeitszeit sei "halbe Stunde jaden tag". Der Chef heiße "nik fvasten".

 

V V: Sie arbeite derzeit für die Firma "X" und sei als "PROST." seit "HALBE MONET" beschäftigt. Der Lohn betrage "€ 1300 pro MONAT". Das Kästchen "Wohnung" ist angekreuzt. Die tägliche Arbeitszeit sei "7 TAG 6 UR-5 1 STUNDE + STUNTENT 165E". Der Chef heiße "NIHT WIESEN".

 

Z Z: Sie arbeite derzeit für die Firma "X" und sei als "PROSTITUALT" seit "2 VOKEN" beschäftigt. Der Lohn betrage "€ 1200 pro MONAT". Die tägliche Arbeitszeit sei "6 UR-5 UR. 7 TAG". Der Chef heiße "NIKS".

 

Bei Y Y, S S und Z Z finden sich die amtlichen Vermerke:

 

"1 Std. 165.- / 100.-                         Piccolo € 20.- / € 4.-

½ Std. 95.- / 60.-                             0,75 Sekt € 70.- / € 15.-"

20 min. 65.- / 40.-

 

Zur Rechtfertigung aufgefordert nahm die Bw mit Schreiben vom 31.8.2009 wie folgt Stellung:

 

"Die in der Aufforderung zur Rechtfertigung angeführten 4 Prostituierten sind wie andere Prostituierte, die sich im Nachtclub X aufhalten bzw. aufgehalten haben, im Gegensatz zu den Kellnerinnen und dem Barpersonal nicht bei der Fa. X Tanz-Bar GesmbH als Dienstgeber beschäftigt, sondern Selbständige, die ihr Gewerbe im eigenen Namen und auf eigene Rechnung ausüben, sich selbst bei der SVA der gewerblichen Wirtschaft versichern und unter einer eigenen Steuernummer beim FA veranlagt sind.

Dies ist den zuständigen Behörden und Amtsorganen aufgrund der regelmäßigen Nachschauen schon seit Jahren bekannt, ohne dass dies in irgendeiner Weise beanstandet worden wäre, wofür sich nach der einschlägigen Sach- und Rechtslage auch kein Grund ergibt.

Betreffend Z Z, V V und S S ist mir die Tatsache der aufrechten Pflichtversicherung beim oben angeführten zuständigen Sozialversicherungsträger bekannt, Frau Y Y hat dies glaubwürdig versichert.

So haben beispielsweise S, V und Z ihr selbständiges Gewerbe tagsüber u.a. auch in X ausgeübt und sind oft erst zwischen 19.00 - 22.00 Uhr mit dem Zug nach X gefahren, wobei sie je nach bisherigem Geschäftsgang und eigenem Gutdünken bzw. Lust und Laune im Nachtclub X auf weitere Freier gewartet haben. Dabei wie auch bei ihrer gesamten Gewerbetätigkeit sind sie frei von irgendwelchen Dienstpflichten oder sonstigen Anweisungen gewesen sind. Schon nach relativ kurzer Zeit sind die angeführten Personen übersiedelt, um ihr Gewerbe anderswo weiter auszuüben.

Beweis:       meine Einvernahme, Anfrage bei der SVA der gewerblichen                        Wirtschaft betreffend die 4 angeführten Personen

 

Ich stelle daher den

 

ANTRAG,

 

das gegen mich geführte Verwaltungsstrafverfahren einzustellen."

 

Mit Schreiben vom 23.11.2009 nahm das Finanzamt Grieskirchen Wels wie folgt Stellung:

 

"Zur Rechtfertigung des Beschuldigten wird ausgeführt, dass diese aus ha. Sicht nicht geeignet ist den Tatvorwurf zu entkräften.

 

In der Rechtfertigung wird angeführt, dass die vier angetroffenen Damen selbstständig erwerbstätig sind.

 

Bei der am 18.07.2008 durchgeführten Kontrolle gaben die Damen im Personenblatt an, im Monat zwischen 1.200,-- und 1.300,-- zu verdienen, die Arbeitszeiten wurden mit 7 Tagen in der Woche bzw. eine halbe Stunde pro Tag angegeben.

 

Angesichts der starken wirtschaftlichen und organisatorischen Verknüpfungen (Wohnmöglichkeit, Bindung an die Öffnungszeiten, festgelegtes Entgelt), ist von einer arbeitnehmerähnlichen Tätigkeit auszugehen (gl.VwGH 98/09/0334 v. 16.05.2001)."

 

Mit Schreiben vom 15.12.2009 nahm die Bw wie folgt Stellung:

 

"Ich verweise zunächst auf meine Stellungnahme vom 31.8.09, die vollinhaltlich aufrecht erhalten wird. Zur Stellungnahme des FA Grieskirchen Wels weise ich noch auf folgendes hin:

 

Aus Anlass der Nachschau vom 18.7.09 ist wegen der erwähnten 4 Prostituierten auch ein Verfahren gegen mich wegen Verletzung der den Arbeitgeber treffenden sozialversicherungsrechtlichen Meldepflicht nach § 33 ASVG beim Magistrat der Landeshauptstadt Linz, Bezirksverwaltungsamt, zu GZ 0049928/2008 eingeleitet worden, das nach Aufklärung des Sachverhaltes mit Bescheid vom 15.09.09 eingestellt worden ist.

Beweis:       Akt GZ 0049928/2008 des Bezirksverwaltungsamtes des Magistrates                 der Landeshauptstadt Linz

 

Diese Einstellung ist in Einklang mit der Sach- und Rechtslage erfolgt, weil mich gegenüber den erwähnten 4 Prostituierten keine Arbeitgeberpflichten treffen und diese auch nicht als arbeitnehmerähnlich zu qualifizieren sind:

Wie ich bereits dargelegt habe, haben die 4 ungarischen Prostituierten auch an anderen Orten ausgeübt. Nach ihren Angaben haben sie sich zu diesem Zweck tagsüber meist in einem Etablissement in X aufgehalten - ob und wo sie allenfalls sonst noch gewesen sind, ist nicht bekannt, zumal es hierzu weder Einschränkungen und natürlich auch keine Nachforschungen durch die X Tanzbar gab. Nach ihren eigenen Angaben ist Frau Z bereits beim MA X als selbständige Prostituierte registriert gewesen. Es gab daher nicht nur keinerlei Bindung an die X Tanzbar (keine Unternehmensbindung, kein Konkurrenzverbot), keine Weisungsgebundenheit und keine Berichterstattungs­pflicht, sondern überhaupt keine Verpflichtung zu einem bestimmten Handeln. Wenngleich nach der Art der Gewerbeausübung natürlich keine Stellvertretung denkbar ist, haben die Prostituierten die von ihnen benötigten Utensilien selbst beigestellt. Wie in der Stellungnahme selbst darauf hingewiesen wird, haben die Prostituierten angegeben, ½ Stunde pro Tag zu 'arbeiten' - schon aus dieser zeitlichen Beanspruchung ergibt sich, dass gerade keine wirtschaftliche Abhängigkeit gegeben war, was auch durch die Kurzfristigkeit der jeweiligen Aufenthalte bestätigt wird und was diesen Fall in entscheidungswesentlicher Weise von demjenigen in dem zitierten VwGH - Erkenntnis unterscheidet.

Wie gleichfalls eindeutig ersichtlich ist, haben die befragten Prostituierten offenkundige und massive sprachliche Mängel in Bezug auf die deutsche Sprache aufgewiesen und sind sie erst ganz kurz vorher mit der X Tanzbar in Kontakt gekommen. Die diffizilen Abgrenzungen bei der Beurteilung der Arbeitnehmerähnlichkeit sind sogar juristischen Laien mit deutscher Mutter­sprache nur schwer verständlich und können bei Befragungen nur nach entsprechenden Erläuterungen und Belehrungen aussagekräftige, richtige und verlässliche Ergebnisse erwartet werden. Das schematische Ausfüllen eines Formblattes, das die entscheidungswesentlichen Kriterien nicht einmal enthält, kann diesen Anforderungen in keiner Weise genügen und wären für eine genaue und präzise Befragung die Deutschkenntnisse der 4 Prostituierten nicht ausreichend gewesen. Die Personenblätter sind daher keine geeignete Grundlage für Annahmen und Feststellungen in einem Strafverfahren, zumal sie auch in sich unkohärent und von den Befragten offensichtlich nicht verstanden worden sind (vgl. z.B. die unterschiedlichen (?) Angaben von Y Y und V V zum zeitl. Ausmaß, die aber praktisch zum selben finanziellen Ergebnis führen ?!).

Zum angeführten Zeitpunkt haben sich auch andere Prostituierte vornehmlich aus dem asiatischen Raum in der X Tanzbar aufgehalten, die wie von mir geschildert auf eigene Rechnung und im eigenen Namen tätig geworden sind. Wie ich bereits ausgeführt hatte sind sämtliche Prostituierte - anders als die angestellten Kellnerinnen - in dieser Weise tätig gewesen, und zwar nicht nur in diesem Zeitraum, sondern schon seit vielen Jahren, wobei diese Personen auch immer ordnungsgemäß bei der SV der gewerbl. Wirtschaft und beim FA X registriert bzw. gemeldet gewesen. Bei zahlreichen Nachschauen der Gendarmerie und des FA Wels ist dieser Umstand zu Tage getreten und hat es von niemandem irgendeine Beanstandung oder einen Hinweis auf eine Rechtswidrigkeit gegeben. Ich habe daher jedenfalls mit guten Gründen darauf vertraut, dass die geschilderte Aktivität unbedenklich ist, sodass mir kein schuldhaftes Verhalten angelastet werden kann.

Beweis:       Beischaffung sämtlicher behördlicher Unterlagen der BH Wels-Land            und des FA Wels über die in den letzten 5 Jahren in der X                         Tanzbar GmbH durchge­­führten Nachschauen und Kontrollen,                     Anfrage an den MA X über eine selbständige Gewerbetätigkeit                     von Z Z in X in diesem Zeitraum, meine Einvernahme

 

 

Ich wiederhole daher meinen Antrag, das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen."

 

4. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung legte die Bw dar, beim gegenständlichen Nachtclub handle es sich um einen Bordellbetrieb. Die Damen würden sich über Inserat melden und erhielten eine Wohngelegenheit für 40 Euro pro Monat (bzw. entsprechend weniger bei kürzerer Bleibedauer). Die Wohngelegenheit bestehe aus mit Kolleginnen zu teilenden möblierten Schlafzimmern mit Gemeinschaftsküche in einem Nachbarhaus. Dort würden sich die Damen auch für ihre Tätigkeit im Bordell umkleiden. Damals hätten alle Damen bei der Berufungswerberin gewohnt.

 

Im Lokal gäbe es "allgemeine Tarife". Dabei handle es sich um einen unverbindlichen Vorschlag. Die Damen könnten verlangen was sie wollten. Das Geld für die Prostitutionsleistungen werde von den Damen selbst kassiert. Am Morgen werde vom Kellner mit den Damen abgerechnet, bis die Arbeitszimmermiete vollständig geleistet sei.

 

Für das Arbeitszimmer bezahlen die Damen 560 Euro pro Monat. Vom Liebeslohn würden jeweils 100 Euro abgezogen bis die 560 Euro erreicht seien. Analog verhalte es sich mit den 60 bzw. 40 Euro. Von diesem Betrag bezahle die Berufungswerberin das Pauschale an das Finanzamt und die Versicherung. Die Zimmer stünden den Damen nicht exklusiv zur Verfügung, sondern jede Dame benutze im Bedarfsfall jeweils ein gerade freies Zimmer. Das Lokal verfüge über 7 Arbeitszimmer, im Lokal würden in der Regel 6 bis 8 Damen arbeiten. Wenn eine Dame auf das Zimmer gehe, sage sie dem Kellner, ob sie das Zimmer 20 Minuten oder länger brauche, was der Kellner notiere.

 

Die Damen hielten sich im eigenen Interessen weitgehend an die Öffnungszeiten, eine Anwesenheitspflicht bestehe jedoch nicht. Z habe tagsüber gelegentlich auch in einem anderen Lokal gearbeitet. Wenn die Damen "frei" haben wollen, sagen sie es vorher, dann würde weder das Geld für das Arbeitszimmer noch für die Wohngelegenheit kassiert.

 

Die im Akt auftauchenden Getränkekosten (zB 0,75 Sekt € 70/€ 15) seien geplant gewesen, jedoch im Hinblick auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Getränkeumsatzbeteiligung nicht durchgeführt worden. Die von den Damen konsumierten Getränke bezahle der Gast.

 

In den Arbeitszimmern befänden sich Badewannen. Für die Damen gebe es im Lokal eine eigene Toilette.  Die Beistellung der Hygieneartikel, der Bettwäsche und der Handtücher in den Arbeitszimmern erfolge durch das Lokal. Eine Pflicht zur Kondombenützung bestehe nicht. Bekleidungsvorschriften bestünden ebenfalls nicht. Im Jahre 2009 habe es eine Homepage-Werbung gegeben, in der Damen präsentiert worden seien und für die die Bw die Kosten getragen habe. Diese Werbung sei mittlerweile wieder aufgegeben worden. Die Damen seien verpflichtet, die Gesundheitsbücher für den Fall der Kontrolle zu hinterlegen.

 

Das Kontrollorgan X sagte zeugenschaftlich aus, die Ausländerinnen hätten die Angaben zu den Getränken auf die Frage nach dem Preis und dem Anteil der den Damen bliebe, gemacht. Die Deutschkenntnisse der Damen seien für diese Befragung ausreichend gewesen. Der Zeuge könne die diesbezüglichen Auskünfte der Damen aus eigener Anschauung bestätigen.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

Der entscheidungswesentliche Sachverhalt ergibt sich aus der Darstellung der Bw in der öffentlichen mündlichen Verhandlung mit Ausnahme der Frage der Getränkeumsatzbeteiligung, hinsichtlich der Darstellung des Zeugen X zu folgen ist. Dieser ist aufgrund seiner Stellung als Zeuge und staatliches Organ zur Objektivität verpflichtet, verfügt über einschlägige berufliche Erfahrung und trat in der öffentlichen mündlichen Verhandlung überzeugend auf, wobei seine Aussage durch den Akteninhalt gestützt wird, den die Bw mit dem Hinweis auf ein bloß geplantes System nicht befriedigend erklären vermochte.

 

Demnach sind für die Selbstständigkeit der Ausländerinnen sprechende Momente auszumachen: Die freie Preisvereinbarung mit dem Kunden und die Weisungsunabhängigkeit hinsichtlich der Art der Tätigkeit. Als, weil auch im eigenen Interesse gelegen, neutral ist die regelmäßige Anwesenheit während der Öffnungszeit einzustufen. Dasselbe gilt für die Nutzung der (nicht kostenlosen) Wohngelegenheit. Die Miete des Arbeitszimmers zu einem Fixbetrag erscheint wirtschaftlich als Beteiligung der Bw am Liebeslohn, weil dem nicht die exklusive Miete eines bestimmten Zimmers für einen bestimmten Zeitraum gegenüber stand, wenngleich die Bw aus diesen Beträgen die Sozialversicherungsbeiträge und das Pauschale für das Finanzamt bezahlte. Darüber hinaus genossen die Damen die Infrastrukturleistungen des Lokals von der Zimmernutzung über die eigene Toilette bis zur Beistellung der Hygieneartikel, der Bettwäsche und der Handtücher,  des der Anbahnung dienenden Barbetriebs sowie die Unterstützung in Behördenangelegenheiten (laut Bw gegenüber dem Finanzamt, dem Sozialversicherungsträger und der Gesundheitsbehörde). Umgekehrt profitierte die Bw von der umsatzsteigernden Präsenz der Damen zum Barbetrieb. Ferner lag eine Getränkeumsatzbeteiligung vor. Die Pflicht zur Hinterlegung der Gesundheitsbücher ist als Weisung anzusehen. Aus diesen Gründen ist von einem Überwiegen der für die Arbeitnehmerähnlichkeit sprechenden Momente auszugehen (zum rechtlichen Hintergrund vgl. zB das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 10. Dezember 2009, Zl. 2009/09/0218 bis 224). Zur Irrelevanz der sozialversicherungsrechtlichen und steuerrechtlichen Anmeldung vgl. zB das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. Februar 2010, Zl. 2008/09/0217.

 

Die Taten sind daher der Bw in objektiver und, da keine Entschuldigungsgründe ersichtlich sind, auch in subjektiver Hinsicht zuzurechnen. Als Schuldform ist wegen eventuell fehlender Rechtskenntnisse Fahrlässigkeit anzunehmen.

 

Hinsichtlich der Bemessung der Strafe ist festzuhalten, dass im angefochtenen Straferkenntnis ohnedies die gesetzlich vorgesehene Mindestgeldstrafe verhängt wurde. Den zur Anwendung gelangten Strafbemessungskriterien entspricht jedoch eine Ersatzfreiheitsstrafe in Höhe von 34 Stunden je illegal beschäftigter Ausländerin. Dies erspart der Bw die Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat. Überwiegende Milderungsgründe im Sinne des § 20 VStG sind nicht ersichtlich. Die Taten bleiben auch nicht soweit hinter des deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurück, dass an eine Anwendung des § 21 Abs.1 VStG zu denken wäre.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. Ewald Langeder

 

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgewiesen;

VfGH vom 08.03.2012, Zl. B 1003/11-7 und B 1004/11-7

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgewiesen;

VwGH vom 31.05.2012, Zl. 2012/09/0049 und 2012/09/0050-5

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