Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-252759/2/Py/Hu

Linz, 15.06.2011

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Andrea Panny über die Berufung des Herrn x,  vertreten durch x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 16.2.2011, GZ: SV96-41-2010/La,  wegen Verwaltungsübertretung nach dem Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz (AVRAG) zu Recht erkannt:

 

 

I.       Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.     Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu  I.:  § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 2, 27, 45 Abs.1 Z1 und Z3 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.:  § 66 Abs.1 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 16. Februar 2011, GZ: SV96-41-2010/La, wurden über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) wegen Verwaltungsübertretungen nach §§ 7b Abs.9 iVm 7b Abs.5 Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz (AVRAG) in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung BGBl. I Nr. 78/2007, 15 Geldstrafen in Höhe von je 30 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von insgesamt 33 Stunden verhängt. Gleichzeitig wurde ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 45 Euro vorgeschrieben.

 

Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

 

"Sie haben als Arbeitgeber und somit als verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher zu verantworten, dass

I.                   entgegen den Bestimmungen des § 7b Abs.3 AVRAG die Beschäftigung der zur Erbringung einer fortgesetzten Arbeitsleistung zumindest am 14.11.2009 beim Novemberrain im Schloß M in B W nach Österreich entsandten Arbeitnehmer

1.     x, geb. x

2.     x, geb. x und

3.     x, geb. x

4.     x, geb. x,

5.     x, geb. x,

6.     x, geb. x und

7.     x, geb. x,

8.     x, geb. x,

9.     x, geb. x,

10.                      x, geb. x,

11.                      x, geb. x,

12.                      x, geb. x

13.                      x, geb. x und

14.                      x, geb. x

x, geb. x

 

nicht spätestens eine Woche vor Arbeitsaufnahme der Zentralen Koordinationsstelle für die Kontrolle der illegalen Beschäftigung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz und dem Arbeitsvertragsrechts-Anpassungs­gesetz des Bundesministerium für Finanzen, A-1030 Wien, Erdbergstraße 192-196, gemeldet wurden und

 

II. entgegen den Bestimmungen des § 7b Abs.9 AVRAG (Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz) zum Zeitpunkt der Kontrolle (am 14.11.2009) am Arbeits(Einsatz)ort in Österreich keine Unterlagen über die Anmeldung der beiden oa. entsandten – in Österreich nicht sozialversicherungspflichtigen – Arbeitnehmer zur Sozialversicherung im Sitzstaat ihres Dienstgebers (SV Dokument E101 nach der VO (EWG) Nr. 1408/71) bereitgehalten wurden.

 

Der angeführte Sachverhalt wurde bei der Kontrolle gemäß § 7b Abs.6 AVRAG durch Organe des Finanzamtes Grieskirchen Wels, Team KIAB am 14.11.2010 beim Novemberrain im Schloss M in B W festgestellt."

 

In der Begründung führt die belangte Behörde unter Wiedergabe des Verfahrensganges und der Rechtsgrundlagen aus, dass aufgrund der Feststellungen des Finanzamtes Grieskirchen Wels zum Zeitpunkt der Kontrolle keine Unterlagen über die Anmeldung der Arbeitnehmer zur Sozialversicherung im Sitzstaat bereitgehalten wurden und somit der objektive Tatbestand der gegenständlichen Verwaltungsübertretung als erwiesen anzusehen ist. Hinsichtlich des Verschuldens wird zumindest Fahrlässigkeit angenommen.

 

Zur verhängten Strafhöhe wird angeführt, dass als Milderungsgrund die bisherige Unbescholtenheit gewertet wird.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig vom Bw im Wege seiner rechtsfreundlichen Vertretung eingebrachte Berufung vom 11. März 2011. Darin wird zusammenfassend das Vorliegen eines mangelnden Ermittlungsverfahrens vorgebracht, dass für 6 namentlich angeführte Mitarbeiter Formulare  nach E101 vorlagen und bei anderen Mitarbeitern nur Meldebescheinigungen zur Sozialversicherung nach § 25 Datenerfassungs- und Übermittlungsverordnung der Bundesrepublik Deutschland vorgelegt werden konnten, da die bei den jeweiligen Krankenkassen beantragten Bescheinigungen nach E101 nicht fristgemäß von der AOK zurückgereicht wurden und daher vom Bw bei der Veranstaltung am 14. November 2009 nicht vorgelegt werden konnten.

 

3. Mit Schreiben vom 15. März 2011 legte die belangte Behörde die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vor. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist dieser zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Einzelmitglied berufen (§ 51c VStG).

 

Da bereits aus der Aktenlage ersichtlich ist, dass der angefochtene Bescheid zu beheben ist, entfällt gemäß § 51e Abs.2 Z1 VStG die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung.

 

4. In der Sache hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 2 Abs.1 und 2 VStG sind nur im Inland begangene Verwaltungsübertretungen strafbar. Eine Übertretung ist im Inland begangen, wenn der Täter im Inland gehandelt hat oder hätte handeln sollen oder, wenn der zum Tatbestand gehörende Erfolg im Inland eingetreten ist.

 

Gemäß § 27 Abs.1 VStG ist örtlich zuständig die Behörde, in deren Sprengel die Verwaltungsübertretung begangen worden ist, auch wenn der zum Tatbestand gehörende Erfolg in einem anderen Sprengel eingetreten ist.

 

Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes muss zur Auslegung des im Sinn des § 27 Abs.1 VStG maßgebenden Begriffs des "Ortes der Begehung" die Bestimmung des § 2 Abs.2 VStG herangezogen werden. Daraus ergibt sich, dass eine Verwaltungsübertretung regelmäßig als dort begangen anzusehen ist, wo der Täter gehandelt hat oder (bei Unterlassungsdelikten) hätte handeln sollen. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum Arbeitnehmerschutz, zur Ausländerbeschäftigung, zum Arbeitsrecht, zur Lebensmittelkennzeichnung sowie auch zum Öffnungszeitengesetz ist Tatort grundsätzlich der Sitz des Unternehmens, für welches der zur Vertretung nach außen Befugte gemäß § 9 VStG gehandelt hat. Im Hinblick auf § 2 Abs.2 VStG ist der Verwaltungsgerichtshof in zahlreichen Verwaltungsmaterien (z.B. ASchG, AuslBG, AZG, LMKV 1993, ÖffnungszeitenG) zum Ergebnis gekommen, dass der Tatort dort liegt, wo die Dispositionen und Anweisungen zur Vermeidung der Verstöße gegen die Verwaltungsvorschriften hätten gesetzt werden müssen. Ob in derartigen Fällen ein zur Vertretung nach außen befugtes Organ, ein verantwortlicher Beauftragter gemäß § 9 VStG oder ein gewerberechtlicher Geschäftsführer zur Verantwortung gezogen wird, spielt für die Frage der Tatortbestimmung keine Rolle. Für die örtliche Zuständigkeit ist grundsätzlich allein entscheidend, wo der Täter gehandelt hat oder hätte handeln sollen. Wird ein zur Vertretung nach außen befugtes Organ zur Verantwortung gezogen, wird als Tatort im Regelfall der Sitz der Unternehmensleitung anzunehmen sein.

 

4.2. Im Verwaltungsstrafakt liegt auf, dass die Firma x des Bw ihren Sitz in x, hat. Es hätte der Bw somit vom Unternehmenssitz in x aus die entsprechenden Dispositionen und Anordnungen zur Verhinderung der Verwaltungsübertretung setzen müssen und ist er daher durch Unterlassen der gesetzlich geforderten Vorsorgehandlung am Unternehmenssitz in Deutschland strafbar geworden. Es ist daher der Unternehmenssitz als Tatort gemäß § 2 VStG anzusehen, wobei dieser Tatort im Ausland gelegen ist. Da im Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz (AVRAG) zum Tatzeitpunkt eine spezielle Bestimmung dahingehend fehlte, dass auch Verwaltungsübertretungen, welche im Ausland begangen wurden, als im Inland begangen anzusehen und strafbar sind, liegt gemäß der allgemein geltenden Bestimmungen nach § 2 VStG keine Strafbarkeit vor, weil die vorgeworfene Verwaltungsübertretung zum Tatzeitpunkt nicht im Inland begangen wurde und der Ort des Arbeitseinsatzes nicht der Tatort ist, sondern es sich dabei nur um eine nähere Sachverhaltsumschreibung handelt.

 

5. Weil die Berufung Erfolg hatte, entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge gemäß § 66 Abs.1 VStG.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

     

 

Dr. Andrea Panny

 

 

 

 

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