Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-510113/9/Fra/Gr

Linz, 14.06.2011

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Hofrat Dr. Johann Fragner über die Berufung des Herrn X gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 15. Februar 2011, VerkR22-11-1-2011, betreffend Abweisung eines Antrages um Erteilung einer Fahrerlehrerberechtigung, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 6. Juni 2011, zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird stattgegeben. Der angefochtene Bescheid wird mit der Feststellung aufgehoben, dass Herr X derzeit gemäß § 109 Abs.1 lit.b KFG 1967 vertrauenswürdig ist.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 AVG iVm § 67a Abs.1 AVG; §§ 117 und 109 Abs.1 lit.b KFG 1967.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit dem in der Präambel angeführten Bescheid dem Berufungswerber (im folgenden: Bw) den Antrag vom 11. Oktober 2010 auf Erteilung einer Fahrlehrerberechtigung abgewiesen.

 

In sachverhaltsmäßiger Hinsicht ging die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land davon aus, dass der Bw mit Gerichtsurteil des Landesgerichts Linz vom 14. April 2004 Zl:,  wegen

 

I. des Verbrechens der Vergewaltigung in einer Lebensgemeinschaft nach § 201 Abs.2 iVm § 203 Abs.1 StGB,

II. des Vergehens der Nötigung nach § 105 Abs.1 StGB und

III. wegen des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs.1 StGB

unter Anwendung des § 28 StGB nach § 201 Abs.2 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 20 Monaten sowie gemäß § 389 Abs.1 StPO zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens verurteilt wurde

Weiters liegen folgende Vorverurteilungen vor:

I. Im Jahre 1999 wegen Diebstahls nach § 127 StGB, Sachbeschädigung nach § 125 StGB, Hehlerei nach § 164 Abs.1 StGB und Urkundenunterdrückung nach § 229 StGB.

II. Im Jahr 2002 wegen Körperverletzung nach § 83 Abs.1 StGB.

III. Im Jahr 2002 wegen Veruntreuung nach § 133 Abs.1 StGB,

Sachbeschädigung nach § 125 StGB, schwerer Sachbeschädigung

nach § 126 Abs.1 Z.7 StGB und wegen Körperverletzung nach
§ 83 Abs.1 StGB.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land – als nunmehr belangte Behörde – legte die Berufung samt Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vor. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 67 a Abs.1 AVG).

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in der vorgelegten Verwaltungsakt und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 6. Juni 2011.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 117 Abs.1 KFG 1967 darf die Berechtigung, als Fahrlehrer an einer Fahrschule praktischen Fahrunterricht zu erteilen, nur Personen erteilt werden, die die im § 109 Abs.1 lit. b und g angeführten Voraussetzungen erfüllen.

 

Gemäß § 109 Abs.1 lit.b KFG 1967 darf eine Fahrschulbewilligung nur natürlichen Personen und nur Personen erteilt werden, die vertrauenswürdig sind.

 

Zutreffend hat die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid erkannt, dass beim Begriff der Vertrauenswürdigkeit – weder der Gesetzeswortlaut noch die Gesetzesmaterialen enthalten Aussagen zur näheren Bestimmung dieses Begriffes – von der Bedeutung auszugehen ist, die diesem Ausdruck im allgemeinen Sprachgebrauch zukommt. Dem Wort "vertrauen" kommt im allgemeinen Sprachgebrauch inhaltlich die gleiche Bedeutung zu wie einem "sich verlassen". Verlässlich ist eine Person dann, wenn sie nach ihrer gesamten Geisteshaltung und Sinnesart ein Persönlichkeitsbild vermittelt, das bei Berücksichtigung aller für das Gemeinschaftsleben belangreichen Richtungen ein in sie gesetztes Vertrauen zu rechtfertigen vermag. Für die Vertrauenswürdigkeit im Sinne des § 109 Abs.1 KFG 1967 steht die den Fahrschulen und im speziellen die den dort ausbildenden Fahrschullehrern und Fahrlehrern übertragene, im öffentlichen Interesse liegende Aufgabe im Vordergrund, die Ausbildung künftiger Fahrzeuglenker und die Weiterbildung von Besitzerin einer Lenkberechtigung durchzuführen.

 

Die belangte Behörde kommt sohin zum Schluss, dass das vom Bw im Jahre 2003 gesetzte Verhalten im Form einer Vergewaltigung nicht mit der ihm als Fahrlehrer übertragenen Aufgabe zu vereinbaren ist.

 

4.2. Wenngleich den Schlussfolgerungen der belangten Behörde inhaltlich grundsätzlich zu zustimmen ist, ist dennoch festzustellen, dass die belangte Behörde den Umstand der verstrichenen Zeit keine bzw. zu wenig Bedeutung beigemessen hat.

 

Vor dem Hintergrund der einschlägigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes muss diesem Umstand jedoch Bedeutung zuerkannt werden.

 

Dem Erkenntnis des VwGH vom 23. Mai 1984, GZ: 83/11/0168, mit dem die Beschwerde gegen einen Bescheid abgewiesen wurde, lag der Sachverhalt zugrunde, dass der Beschwerdeführer mit rechtskräftigem Urteil des Jugendgerichtshofes vom 13. Jänner 1983, AZ:, wegen des Verbrechens der versuchten absichtlichen schweren Körperverletzung als Bestimmungstäter nach den §§ 12, 15, 87 Abs.1 und Abs.2 StGB, wegen Verbrechens der absichtlichen schweren Körperverletzung als Bestimmungstäter nach den §§ 12 und 87 Abs.1 und 2 StGB sowie des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs.1 StGB zu einem Jahr Freiheitsstrafe unbedingt verurteilt wurde. Die verurteilte Straftat wurde am 6. Oktober 1982 ausgeführt. Der im Instanzenzug angefochtene Bescheid des Bundesministers für Verkehr erging am 3. Juni 1983 – also rund acht Monate später. Der Verwaltungsgerichtshof stellte in seinem Erkenntnis fest, dass im Hinblick darauf, dass in der Zwischenzeit noch kein entsprechend langer Zeitraum verstrichen ist, eine andere Beurteilung als die der mangelnden Vertrauenswürdigkeit des Beschwerdeführers nicht zulasse.

 

Dem Erkenntnis des VwGH vom 30. März 1993, GZ: 92/11/0247, lag zugrunde, dass der Beschwerdeführer am 20. September 1991 in seiner Eigenschaft als Fahrlehrer eine minderjährige Fahrschülerin während einer Übungsstunde mit Gewalt zur Vornahme und Duldung einer geschlechtlichen Handlung genötigt und dadurch das Vergehen der geschlechtlichen Nötigung nach § 202 Abs.1 StGB begangen hat. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr vom 23. September 1992 wurde dem Beschwerdeführer die Fahrschullehrerberechtigung und Fahrlehrerberechtigung gemäß § 117 Abs.1 KFG 1967 entzogen. Die dagegen erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof abgewiesen. Zwischen der strafbaren Tat und dem im Instanzenzug angefochtenen Bescheid des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr lag hier rund ein Jahr. Der VwGH hat u.a. ausgeführt, dass aus einem allfälligen Wohlverhalten des Beschwerdeführers nach der Tat im Hinblick auf die Kürze der seit der Tat verstrichenen Zeit nichts gewonnen ist.

 

Dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. Februar 2008, GZ: 2007/03/0222, lag zugrunde, dass der Beschwerdeführer zu einer Freiheitsstrafe in Dauer von 15 Monaten, davon 10 Monate bedingt, verurteilt wurde, weil er am 26. Juni 2005 das Verbrechen der versuchten Vergewaltigung nach den §§ 15, 201 Abs.1 StGB begangen hat. Dieses Verbrechen hat er als Taxifahrer in seinem Taxi begangen. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 26. Juli 2007, Zahl:, wurde ihm deshalb der Taxilenkerausweis entzogen. Der VwGH hat die dagegen erhobene Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Zwischen der begangenen Straftat und dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Wien lag somit ein Zeitraum von rund 2 Jahren.

 

Im konkreten Fall ist festzuhalten, dass die vom Bw gesetzten Straftaten, aus denen die belangten Behörde die mangelnde Vertrauenswürdigkeit des Bw abgeleitet hat, im Jahre 2003 – also vor rund 8 Jahren – begangen wurden.

 

4.3. Der Bw bringt in seinem Rechtsmittel hiezu vor, dass er vor Jahren einige Fehler gemachte habe, wofür er eingestanden sei und seine Strafen bekommen und bereinigt habe. Es habe sich in den letzten Jahren in seinem Leben aber viel verändert, er habe jetzt eine Familie, seine Lebensgefährtin, ihre 2 Töchter und eine gemeinsame Tochter mit seiner Lebensgefährtin, die gerade ein Jahr alt wurde. Er habe viele Fehler gemacht in seiner Vergangenheit und habe dafür Jahre lang gebüßt. Die letzten Jahren habe er versucht, sein Leben in den Griff zu bekommen und ihm und seiner Familie eine Zukunft aufzubauen. Jetzt habe er Kinder, die er versorgen müsse. Er habe die Ausbildung und die Kosten dafür auf sich genommen, um endlich einen Fuß in das Berufsleben und somit auch in eine gemeinsame Zukunft zu bekommen. Er hätte mit dieser Ausbildung endlich einen fertigen Beruf und auch eine sichere Arbeitsstelle, wenn er alles positiv beende. Er ersuche darum, ihm keine Steine in den Weg zu legen. Er möchte die Vergangenheit hinter sich lassen und neu beginnen. Dafür habe er sich auch die letzten Jahre bemüht, dies zu schaffen. Fehler seien passiert und es tue ihm inständig leid, was früher passiert ist, jedoch müsse er irgendwann abschließen können und damit nicht ewig dafür büßen müssen. Seine Lebensgefährtin sei in Karenz. Durch die Ausbildung habe er keinerlei Unterstützung vom Arbeitsamt bekommen. Sie hätten Schulden und kämpfen jedes Monat darum, die Rechnungen bezahlen zu können. Er wäre sehr dankbar, wenn positiv entschieden würde und dann könnte er auch den letzten Teil in seinem Leben noch zu einem positiven Abschluss bringen und für seine Familie sorgen. Ihm mache die Ausbildung zum Fahrlehrer richtig Spaß und er sei sich sicher, dass ihm dieser Beruf den letzten Schliff für seine Zukunft gibt. Er ersuche, ihm noch einmal eine Chance zu geben, zu beweisen, dass er sich in den letzten Jahren geändert habe.

 

Die derzeitige Lebensgefährtin des Bw, Frau X, brachte beim Oö. Verwaltungssenat vor, nun seit 3 Jahren mit dem Bw in einer Lebensgemeinschaft zu leben. Sie führen im großen und ganzen eine gute Beziehung, so wie man sich eine Partnerschaft vorstellt. Sie haben eine gemeinsame Tochter und zwei weitere Töchter aus ihrer vorangegangenen Ehe. Hiebei unterstützte sie der Bw, als wären die beiden seine eigenen Kinder. Diskussionen und Probleme wie in jeder anderen Beziehung werden mit Gesprächen und in Ruhe ohne Gewalt gelöst. Was damals in der Vergangenheit des Bw alles vorgefallen ist, wisse sie von Erzählungen, jedoch könne sie nur von der Zeit sprechen, seit dem sie ihn kenne und mit ihm zusammen lebe. Das was in der Vergangenheit vorgefallen ist, konnte sie in den letzten drei Jahren nicht feststellen. Sie glaube, manche Menschen können sich ändern und für sie ist der Bw ein gutes Beispiel dafür. Er ist ein liebevoller Vater und ein guter Mann an ihrer Seite, auf dem man sich verlassen könne und der sie in den letzten 3 Jahren unterstützt und begleitet hat. Fahrlehrer zu werden, sei ein großer Wunsch von ihm, dafür habe er seinen Job aufgegeben, Schulden gemacht und viel Zeit geopfert, um die Ausbildung abschließen zu können. Dies sei natürlich für eine 5-köpfige Familie kein Zuckerschlecken, da sie auch in Karenz sei, Sie wisse, dass er ein guter Fahrlehrer wäre und dass er es wirklich möchte, zeige schon sein Einsatz, die Ausbildung abschließen zu können. Es wurden ihnen schon viele Steine in den Weg gelegt. Sie glaube fest daran, wenn man was erreichten möchte, seine Ziele verwirklichen wolle, man sich ändern kann, um sein Leben zu ändern und zu erreichen, woran man glaube und wofür man kämpfe. Dann überwinde man jegliche Hindernisse. Sie sei davon fest überzeugt.

 

4.4. Im Hinblick auf das Vorbringen des Bw, das Vorbringen seiner derzeitigen Lebensgefährtin, dem Wohlverhalten des Bw seit seinen letzten Straftaten im Jahre 2003 kommt der Oö. Verwaltungssenat unter Zugrundelegung des angenommenen Sachverhaltes und vor dem Hintergrund der einschlägigen Rechtslage und der hiezu ergangenen Judikatur des Verwaltungsgerichthofes zum Ergebnis, dass der Bw derzeit vertrauenswürdig im Sinne des § 101 Abs.9 lit.b KFG 1967 ist, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

 

Aus den genannten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von insgesamt 13,20 Euro angefallen.

 

Dr. Johann Fragner

 

 

 

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