Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-252457/14/WEI/Ba

Linz, 10.06.2011

 

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Wolfgang Weiß über die Berufung des X X, geb. X, Geschäftsführer der X Gastro GmbH in X, wohnhaft X, X, vertreten durch Mag. X X, Rechtsanwalt in X, X, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Urfahr-Umgebung vom 1. März 2010, Zl. SV96-25-2-2010-Bd/Fs, wegen mehrerer Übertretungen des Allgemeinen Sozialversicherungs­gesetzes nach Durchführung der Berufungsverhandlung vom 28. April 2011 zu Recht erkannt:

I.                  Der Berufung wird insoweit Folge gegeben, als die Spruchpunkte 1. und 2. des angefochtenen Straferkenntnisses aufgehoben und die Strafverfahren jeweils gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt werden.

II.              Hinsichtlich der Spruchpunkte 3. und 4. des angefochtenen Straferkenntnisses wird die Berufung in der Schuldfrage als unbegründet abgewiesen, jedoch unter Aufhebung der Strafaussprüche jeweils gemäß § 21 Abs 1 VStG von der Verhängung einer Strafe abgesehen und unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit des Verhaltens eine Ermahnung ausgesprochen.

III.          Die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens entfällt zu allen Spruchpunkten.

Rechtsgrundlagen:

§ 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG; §§ 64 ff VStG.

 


Entscheidungsgründe:

1.1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Urfahr-Umgebung wurde der Berufungswerber (im Folgenden Bw) wie folgt schuldig erkannt:

"Sie haben als handelsrechtlicher Gesellschafter der Firma X Gastro GmbH in X, X, welche für die Einhaltung der sozialversicherungsrechtlichen Meldepflicht keinen Bevollmächtigten bestellt hat, und somit als das gemäß § 9 Abs. 1 VStG zur Vertretung nach außen berufene Organ und sohin strafrechtliche Verantwortlich der obgenannten Firma folgende Verwaltungsübertretung zu verantworten:

Die oben angeführte Firma hat als Dienstgeber im Sinne des § 35 Abs. 1 ASVG in der Zeit am 13. Februar 2009 die unten angeführten Personen als Dienstnehmer in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt (X X: 60 Euro pro Nacht, X X, X X und X X mit 64 Euro – 8,00 Euro Stundenlohn für 8 Stunden) in der Diskothek X in X, X, beschäftigt.

Der in Rede stehenden Beschäftigten waren der Firma organisatorisch sowie hinsichtlich des Arbeitsortes und der Arbeitszeit maßgeblich unterworfen. Auch bestand eine persönliche Arbeitsverpflichtung und Weisungsgebundenheit. Die Höhe des Entgelts lag über der Geringfügigkeitsgrenze des § 5 Abs 2 ASVG:

  1. Herr X X, geboren am X, österreichischer Staatsangehöriger, als Diskjockey mit einer täglichen Arbeitszeit von 7 Stunden in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt von 60,00 Euro pro Nacht (der Dienstnehmer wurde fallweise beschäftigt, das heißt, ca. 2 mal monatlich).
  2. Herr X X, geboren am X, österreichischer Staatsangehöriger, als Kellner mit Inkasso mit einer Arbeitszeit von 7 Stunden in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit mit einem Stundenlohn von 8,00 Euro beschäftigt. Der Dienstnehmer wurde jeweils jeden Samstag von 21.00 Uhr bis Sonntag 04.00 Uhr beschäftigt.
  3. Herr X X, geboren am X, als Kellner mit Inkasso mit einer Arbeitszeit von 7 Stunden in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit mit einem Stundenlohn von 8,00 Euro beschäftigt. Der Dienstnehmer wurde einmal wöchentlich jeweils 8 Stunden beschäftigt.
  4. Herr X X, geboren am X, österreichischer Staatsangehöriger, als Kellner mit Inkasso mit einer Arbeitszeit von 7 Stunden in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit mit einem Stundenlohn von 8,00 Euro beschäftigt. Der Dienstnehmer wurde fallweise beschäftigt.

Obwohl diese Dienstnehmer daher nicht von der Vollversicherung im Sinne des § 5 ASVG ausgenommen sind und als Beschäftigte in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung vollversichert sind, wurde hierüber eine, zumindest mit den Mindestangaben ausgestattete Meldung bei der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse, 4020 Linz, Gruberstraße 77, als zuständiger Sozialversicherungsträger nicht vor der Aufnahme der Tätigkeiten erstattet."

Die belangte Behörde erachtete zu den Spruchpunkten 1 bis 4 jeweils § 111 iVm § 33 Abs 1 ASVG als verletzte Rechtsvorschriften und verhängte vier Geldstrafen in einer Höhe von jeweils 730 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe jeweils 112 Stunden). Begründend wurde dazu ausgeführt, dass der dem Bw zur Last gelegte Sachverhalt von Organen des zuständigen Finanzamtes im Zuge einer Kontrolle festgestellt worden sowie auf Grund der von der belangten Behörde durchgeführten Ermittlungen als erwiesen anzusehen und dem Bw zumindest fahrlässiges Verhalten im Sinne eines Ungehorsamsdelikts nach § 5 Abs 1 VStG anzulasten sei. Schuldausschließungsgründe wären nicht gefunden worden.

Im Zuge der Strafbemessung seien weder Milderungs- noch Erschwerungsgründe hervorgekommen. Die Einkommens‑, Vermögens- und Familienverhältnisse des Rechtsmittelwerbers seien mangels entsprechender Mitwirkung von Amts wegen zu schätzen gewesen.

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das dem Bw am 12. März 2010 eigenhändig zugestellt wurde, richtet sich die vorliegende, am 24. März 2010 per Telefax rechtzeitig bei der belangten Behörde eingebrachte Berufung, mit der die Aufhebung des Straferkenntnisses angestrebt wird.

2. Begründend bringt der Bw zunächst vor, er habe seinen Wohnsitz in X und X und sei nur an zwei Öffnungstagen im Betrieb anwesend. Er kümmere sich ausschließlich um Veranstaltungsideen, das Auffinden von geeigneten Diskjockeys und die Planung und Organisation von Sonderveranstaltungen und sei fallweise als MC (Moderation und Animation) tätig. Seine Tätigkeit erstrecke sich ausschließlich auf die musikalischen und künstlerischen Belange. Der in Oberösterreich ansässige Geschäftsführer X sei auch gewerberechtlicher Geschäftsführer und erledige alle allgemeinen organisatorischen, kaufmännischen und administrativen Aufgaben. Insbesondere sei er auch für das Personalmanagement und die Anmeldungen zur Sozialversicherung zuständig.

Hinsichtlich der im Spruchpunkt 1. genannten Person führt der Bw aus, dass diese nur fallweise (ca. zweimal pro Monat) in seinem Unternehmen als Diskjockey gearbeitet, diese Tätigkeit jedoch nicht als Dienstnehmer, sondern als selbständiger Werkvertragsnehmer ausgeübt habe. Daher sei sie auch nicht weisungsgebunden, sondern selbständig für das Auflegen von Schallplatten und CD’s zuständig gewesen, habe nach eigenem Ermessen und eigenen Fähigkeiten für Stimmung in der Diskothek sorgen müssen sowie auf eigene Rechnung die zur Erfüllung des Vertrages erforderlichen Betriebs- und Hilfsmittel (CD’s, Schallplatten etc.) beizubringen gehabt. Zudem habe diese Person vor der Aufnahme ihrer Tätigkeit von der Gewerbebehörde in Steyr erfahren, dass Diskjockeys als „neue Selbständige“ zu qualifizieren seien, sodass sie hierfür auch keine gesonderte Gewerbeberechtigung benötige. Außerdem sei ohnehin allgemein bekannt, dass Diskjockeys nur auf Honorarbasis tätig seien, da diese ständig ihren Arbeitsort wechseln würden.

Bezüglich des Dienstnehmers laut Spruchpunkt 2. wird vorgebracht, dass für den Vorfallstag (13. Februar 2009) ohnehin eine Meldung mit den Mindestangaben erfolgt sei; die Vollanmeldung habe sein Steuerberater irrtümlicherweise für den 14. Februar 2009 vorgenommen, weshalb ihn kein Verschulden treffe. Dies sei im Nachhinein auch richtig gestellt worden.

Hinsichtlich der in den Spruchpunkten 3. und 4. angeführten Beschäftigten, wird vorgebracht, dass Herr X die Dienstnehmer gewöhnlich zwischen 19:00 und 20:00 Uhr über das ELDA-System anmelde. Wegen der Öffnung der Diskothek an nur 2 Tagen der Woche (Freitag und Samstag) und der langen Sommerpause (Juni bis September) müsse man mit vielen Aushilfskräften arbeiten. Die Anmeldungen erfolgten relativ kurz vor Lokaleröffnung, da es des Öfteren zu mehr oder minder kurzfristigen Absagen komme. An Freitagen erfolge eine Dienstbesprechung für das gesamte Wochenende. Am Vorfallstag hätte auch eine Sonderveranstaltung mit mehr erwarteten Gästen stattgefunden. Zwei für Freitag eingeteilte Dienstnehmerinnen, von denen eine bereits angemeldet war, hätten kurzfristig abgesagt, weshalb die beiden erst für den Samstag vorgesehenen Kellner eingesprungen wären.

Der - wenn überhaupt anwesende - Bw nehme nur fallweise an Dienstbesprechungen teil. Er habe am Vorfallstag nicht teilgenommen, da eine Sonderveranstaltung unter seiner aktiven Mitwirkung als MC stattgefunden habe und er sich darauf noch vorbereiten und mit dem Diskjockey abstimmen habe müssen. Von den personellen Problemen habe er erst nachträglich erfahren.

Vor dem Öffnen des Lokals wäre für den Geschäftsführer X die intensivste Zeit, weil die gesamten organisatorischen Maßnahmen (Wechselgeldausgabe, Warenbestandsübernahme und Kontrolle, Vorbereitung des Lokals, Funktionskontrollen etc.) zu klären bzw. abzuwickeln wären. In dieser Phase wäre es unmöglich und unzumutbar, das Büro für ELDA-Anmeldungen aufzusuchen. Im Normalfall beruhige sich sein Aufgabengebiet eine halbe Stunde nach Öffnung des Lokals, so dass er dann Zeit für die Anmeldungen habe. Weil aber die behördliche Kontrolle um 21.00 Uhr mit der Öffnung des Lokals stattgefunden habe, sei dies nicht möglich gewesen. In einem solchen Fall dennoch die sofortige Anmeldung zu verlangen, überspanne die gesetzlichen Anforderungen bzw den tatsächlichen Sinn des Anmeldesystems. Der Bw sei ohnedies mit diesen Tätigkeiten nie befasst und wäre diese Befassung wegen seiner Tätigkeit als MC auch nicht möglich gewesen.

Es wäre der erste Vorfall dieser Art gewesen. Nachträglich wären keine derartigen Probleme mehr aufgetreten. Alle Personalagenden würden auf Grund der Organisation und Geschäftsverteilung ausschließlich von Herrn X wahrgenommen. Die künstlerische Tätigkeit für das Unternehmen könnte der Bw auch im Rahmen seiner sonstigen selbständigen Berufsausübung durchführen. Er wäre nur formell als Geschäftsführer bestellt worden, damit das Unternehmen beim Ausfall von Herrn X handlungsfähig bleibt. Der Bw hätte weder Anlass gehabt, Fehler der Anmeldung zur Sozialversicherung zu vermuten, noch wegen der Sonderveranstaltung eine vernünftige Kontrollmöglichkeit gehabt.

Generell wird noch eingewendet, dass sich die belangte Behörde mit dem zu beurteilten Sachverhalt nicht eigenständig auseinandergesetzt hätte. Zum einen seien in der Begründung des gegenständlichen Straferkenntnisses nämlich bloß lapidar die Inhalte von Stellungnahmen wiedergegeben und zum anderen sei keine autonome Beweiswürdigung vorgenommen worden. Die Erstbehörde habe somit die gesetzliche Begründungspflicht verletzt. Zudem seien auch die Beteiligten nicht einvernommen worden, was einen wesentlichen Verfahrensmangel darstelle.

Aus allen diesen Gründen wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt.

Mit der Berufungsergänzung vom 26. März 2010 werden zum Beweis für das Berufungsvorbringen noch Ablichtungen von Bezug habenden Urkunden vorgelegt. Es handelt sich um das Schreiben der X X GmbH vom 30. Oktober 2009 an die Oö. Gebietskrankenkasse betreffend Tätigkeit des X X als selbständiger Diskjockey, Werkvertrag vom 1. November 2008 und drei Anmeldungen der X Gastro GmbH im ELDA-System vom 13. und 14. Februar 2009.

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat am 28. April 2011 eine Berufungsverhandlung durchgeführt, an der der Bw und sein Rechtsvertreter Mag. X X teilgenommen haben. Beweis erhoben wurde durch Erörterung der Aktenlage samt der Niederschrift über die Verhandlung vom 31. August 2010 im h. Verfahren VwSen-252402-2010, Verlesung von Urkunden, Einvernahme des Bw und der Zeugen X X und X X.

Auf Grund der Aktenlage und der durchgeführten Berufungsverhandlung wird folgender wesentliche S a c h v e r h a l t festgestellt:

3.1. Der Bw ist gemeinsam mit X X handelsrechtlicher Geschäftsführer der X Gastro GmbH mit dem Sitz in X, X. Die Aufgabenbereiche sind nach einer internen Vereinbarung der Geschäftsführer getrennt. Während sich der Bw um den "kreativen Bereich" kümmert, erledigt Herr X das "operative Geschäft" mit den üblichen Geschäftsabläufen. Der Bw wird im Rahmen der musikalischen und künstlerischen Belange durch Veranstaltungsideen, Planung und Organisation von Sonderveranstaltungen und das Finden geeigneter Diskjockeys tätig. Er fungiert auch fallweise als sog. MC (Master of Ceremony) bei Sonderveranstaltungen in der Diskothek oder unabhängig davon bei Großveranstaltungen in Österreich (bspw. "Beachmania" oder "Mountainmania"). Dabei moderiert er und versucht die Gäste zu animieren und gute Stimmung zu verbreiten. Der Bw ist seit 16 Jahren als Diskjockey (im Folgenden nur DJ) und Moderator von Großveranstaltungen auf selbständiger Basis tätig, erstattet Einkommenssteuererklärungen an das Finanzamt und ist als selbständiger Unternehmer nach dem GSVG sozial versichert. Seine Tätigkeit für die X Gastro GmbH betrifft nur einen Teil seiner beruflichen Bandbreite. Es selbst ist etwa drei bis vier Mal im Monat in der Diskothek in X anwesend und verrichtet dann meist die Tätigkeit eines DJs oder eines MC, der neben dem DJ als Entertainer tätig wird. Um konkrete personelle und administrative Belange hat sich der Bw nie gekümmert, weil dies Aufgabe des Mitgeschäftsführers ist.

3.2. Die X Gastro GmbH betreibt in X, X, die Diskothek X. In diesem Geschäftslokal fand am Freitag, dem 13. Februar 2009, ab 21:00 Uhr eine Kontrolle durch mehrere Organe des Finanzamtes Kirchdorf Perg Steyr statt, bei der die im Spruch angeführten 4 Personen bei den angegebenen Tätigen angetroffen wurden. Laut Strafantrag vom 2. April 2009 habe sich bei der späteren innerdienstlichen Bearbeitung herausgestellt, dass diese Personen nicht zur Sozialversicherung angemeldet gewesen wären. Für X X, die bei der Kontrolle nicht angetroffen wurde, sei eine AVISO-Meldung (Mindestangabenmeldung) für 13. Februar 2009 gemacht worden, allerdings danach weder eine Stornierung noch Vollanmeldung. Tatsächlich wurde mit Ergänzungsschriftsatz zur Berufung ein Ausdruck der "ELDA ONLINE ERFASSUNG – angemeldet als AVISO USER" vom 13. Februar 2009 betreffend X X und die "Meldungsart: Storno Mindestangaben-Anmeldung" vorgelegt.

Es ist unbestritten, dass am 13. Februar 2009 X X als Diskjockey sowie X X, X X und X X als Kellner beschäftigt waren.

X und X sind am 13. Februar 2009 als Kellner für X X und X X, die am 13. Februar 2009 als Kellnerinnen vorgesehen waren und telefonisch absagten, kurzfristig eingesprungen. Bei Frau X hatte der Geschäftsführer X auch schon eine Mindestangabenmeldung erstattet, die dann storniert wurde. X und X waren erst für den nächsten Tag eingeteilt und angemeldet, befanden sich aber wegen einer bis 20:45 Uhr dauernden Dienstbesprechung vor Ort und konnten daher einspringen, wobei sie gegen 21:00 Uhr einsatzbereit waren. Eine Mindestangabenmeldung der Ersatzkellner für 13. Februar 2009 hatte der Geschäftsführer X aus organisatorischen Gründen unterlassen. Sie waren aber für den ursprünglich eingeteilten 14. Februar 2009 gemeldet, obwohl sie an diesem Tag dann nicht arbeiteten. Wie aus den mit der Berufungsergänzung vorgelegten Mindestangabenmeldungen (ELDA-Erfassung als AVISO USER) hervorgeht, wurden für 14. Februar 2009 auch die Frauen X X und X X angemeldet, die an diesem Tag dann an Stelle der ursprünglich eingeteilten X und X arbeiteten. Es handelte sich im Ergebnis um einen Tausch des Dienstes. Der Einfachheit halber hatte Herr X die Meldung für 14. Februar 2009 bei X und X nicht auf 13. Februar 2009 geändert, weil sich im Ergebnis an der Beschäftigungsdauer nichts änderte.

Hinsichtlich X X ist eine Mindestangabenmeldung zum 13. Februar 2009 aktenkundig (vgl ELDA AVISO Erfassung laut Beilage zur Berufungsergänzung). Demnach lag bei diesem Dienstnehmer zumindest eine Meldung mit den gesetzlich erforderlichen Mindestangaben vor. Der Tatvorwurf dürfte daher auf einem Irrtum beruhen. Die Vollanmeldung wurde nach dem Berufungsvorbringen vom Steuerberater irrtümlich für 14. Februar 2009 vorgenommen, was dann nachträglich aber auf 13. Februar 2009 berichtigt wurde.

3.3. Zur Nichtanmeldung des X X als Dienstnehmer wird auf dessen selbständige Tätigkeit als DJ und auf den mit ihm schriftlich abgeschlossenen "Werkvertrag" vom 1. November 2008 hingewiesen.

Nach Angaben des Bw bringe ein moderner DJ sein eigenes Equipment wie Laptop samt virtuellem Player (spezielles Programm) und sein eigenes Repertoire an Musiktiteln mit. Der DJ müsse Stilrichtungen spielen, die für die Gäste attraktiv sind. Dabei stelle er sich nach eigenem Ermessen auf das gerade vorhandene Publikum und dessen Wünsche ein und mache einen Musikmix, der die Gäste anspricht. Als Leistung eines geeigneten DJs werde das Feiern einer super Party mit den Gästen erwartet. Der Bw hat in der Berufungsverhandlung Agenturen genannt, die DJs auf selbständiger Basis gegen Rechnungslegung an Diskothekenbetreiber vermitteln. In Oberösterreich vermittle die Agentur "DJ X" mit Sitz in X, die erst vor kurzer Zeit ohne Beanstandungen von Finanzamt und Sozialversicherung geprüft worden wäre, über 30 selbständige DJs. Die seit 20 Jahren tätige Agentur "X" würde sogar 80 selbständige DJs vermitteln.

Der "Werkvertrag" zwischen der X Gastro Betriebs GmbH und Herrn X X vom 1. November 2008 wurde vom Zeugen X X von der X X GmbH verfasst, der auch als Berater für X X tätig ist. Nach dessen Erfahrungen mit Diskotheken in ganz Österreich verrichten DJs ihre Arbeit auf selbständiger Basis. Bei dem "Werkvertrag" handelt es sich um eine in der Branche übliche Vertragsgestaltung, mit der die unternehmerische Selbständigkeit eines DJs zum Ausdruck gebracht werden soll. Der auf Dauer abgeschlossene Vertrag regelt Rahmenbedingungen für die geschuldete Tätigkeit des DJs. Dieser wird dann an bestimmten Tagen engagiert und dafür pauschal entlohnt. Dabei handelt es sich immer um ein Entgelt für einen Abend bzw eine Nacht.

Der in der Branche erfahrene Zeuge kennt fünf große Diskotheken von Tirol bis Wien, bei denen die Prüfer der Finanzämter und Gebietskrankenkassen bei den meist gemeinsamen Prüfungsterminen die Selbständigkeit der DJs noch nie in Frage stellten. Die für die Selbständigkeit sprechenden typischen Merkmale seien die eigene Ausstattung (EDV-Equipment, Musiktitel, Mikrofon), die Tätigkeit in mehreren Diskotheken und die Spezialkenntnisse in verschiedenen Musikrichtungen. Der DJ müsse sich der Stilrichtung der jeweiligen Location anpassen. Seine Beliebtheit hänge vom Können beim Entertainment und der Animation ab. Nach der Branchenkenntnis des Zeugen bewege sich das übliche Honorar pro Abend zwischen 120 und 380 Euro. Besonders gute und bekannte Diskjockeys würden auch 1.000 Euro und noch mehr bekommen.

Bei Herrn X, der nur nebenberuflich als Diskjockey tätig ist, habe der Zeuge bisher nur den Jahresabschluss für 2008 und 2009 erstellt und die Einkommenssteuererklärung eingereicht. Er sei zur Sozialversicherung als Selbständiger nach dem GSVG gemeldet, habe aber noch keine Beiträge geleistet, weil die vorgesehene Geringfügigkeitsgrenze laut Steuerbescheid noch nicht überschritten worden sei. Es komme auf den Gewinn laut Steuerbescheid an, der wegen der Betriebsausgaben bisher noch unter der Grenze zwischen 4.000 und 5.000 Euro lag. Da er somit noch keine Beiträge leisten musste, war er bisher auch nicht nach GSVG versichert (Zeuge X, Verhandlungsprotokoll-VP, Seite 7).

3.4. Der Zeuge X X ist bei der Fa. x als Angestellter beschäftigt und verdient dort monatlich etwa 1.700 Euro netto. Er ist auf den Job als DJ, den er als Nebenberuf ausübt, nicht angewiesen. Er tut dies aus persönlichem Interesse und mit dem späteren Ziel, die selbständige Tätigkeit als DJ später zum Hauptberuf zu machen. Der Zeuge gab an, dass er sich vor Aufnahme der Tätigkeit bei Behörden (Finanzamt Steyr, BH Steyr-Land) erkundigte und die Auskunft erhielt, dass es sich bei der Tätigkeit eines DJs um eine selbständige Tätigkeit handelte. Dies deshalb, weil der DJ auch selbst für alles verantwortlich sei. Auch andere DJ-Kollegen hätten ihm bestätigt, die Tätigkeit auf Honorarbasis mit Rechnung über einen Pauschalbetrag pro Abend auszuüben.

Der Zeuge arbeitet durchschnittlich zwei bis drei Mal im Monat im X in X und wird entweder an einem Freitag oder Samstag engagiert, wobei er üblicher Weise von 22:00 Uhr bis 04:00 Uhr früh als DJ tätig ist. Er wurde aber in den Jahren 2009 und 2010 auch von anderen Diskothekenbetreibern und bei verschiedenen Sonderveranstaltungen und Clubbings als DJ engagiert. Er ist auch bei der Agentur "X" zur Vermittlung als selbständiger DJ gemeldet.

Der Zeuge verrichtet seine Tätigkeit als DJ mit dem eigenen Laptop, auf dem sich eine spezielle Software befindet. Er verfügt über etwa hunderttausend Musiktitel der Stilrichtung "House" und ihrer Unterarten auf zwei Festplatten mit insgesamt 1,2 Terabyte, die er selbst in Musikläden bzw per Internet über Online-Stores kauft. Mit seiner Software kann er gestalterisch tätig werden und besondere Effekte erzielen. Er stelle die Titelfolge für jeden Abend neu zusammen und versuche sofort auf Feedback der Gäste zu reagieren, um eine positive Stimmung zu erzeugen. Über das Mikrofon kündigt er auch Programmteile oder Aktionen oder Geburtstage an, um Animation zu betreiben.

Bei seinen Auftritten als DJ verwendet der Zeuge ausschließlich seinen eigenen Laptop mit spezieller Software, seine Festplatten und das sonstige Zubehör. Er stellt vor Ort nur die elektronische Verbindung zur Anlage her. Er bringt auch CD`s in einer eigenen Mappe, seine eigenen "Vinyls" (Schallplatten) und zum Abspielen 2 Plattenspieler der Marke Technics "MK 1210-4" in einem Koffer mit. Das Abspielen eines Titels vom Musikprogramm auf Festplatte oder von CD's oder Schallplatten kann er mit seinem Mischpult regeln. Das technische Equipment hat schon einen Wert von 3.000 Euro (Zeuge X, NS vom 31.08.2010, Seite 9). Dazu kommen noch Zehntausende von Musiktiteln auf verschiedenen Tonträgern.

Er kann mit seinem Programm auch mechanische Bewegungen vom Plattenspieler auf den Laptop übertragen (zB "scratschen" = schnelles Hin- und Herbewegen) und auch beim Mischen verschiedener Titel gestalterisch tätig werden (Hall erzeugen, Sequenzen wiederholen, Geschwindigkeiten von Musiktiteln anpassen, "scratschen" etc). Seine persönliche Note bringe er vor allem ein durch die Auswahl der Musikstücke, die Art verschiedene Titel zu mischen, damit sie zusammen harmonisch klingen, und durch das Gestalten von "Sampler" (kurzes Anspielen von Musiktiteln zu Animationszwecken) zur Erzielung eines Feedbacks.

3.5. Die getroffenen Feststellungen beruhen auf der Niederschrift vom 31. August 2010 und dem Verhandlungsprotokoll vom 28. April 2011 sowie den zitierten Urkunden. Der Bw und die unter Wahrheitspflicht einvernommenen Zeugen haben beim erkennenden Mitglied einen glaubwürdigen Eindruck hinterlassen und ihre im Wesentlichen übereinstimmenden Angaben ohne Widersprüche gemacht. Der Zeuge X hat glaubhaft dargestellt, dass er in den Jahren 2009 und 2010 nicht nur in der Diskothek X als DJ tätig war, sondern auch in anderen Betrieben und bei verschiedenen Veranstaltungen, die er im Einzelnen bezeichnen konnte (vgl VP, Seite 8). Zum Beweis für sein unternehmerisches Risiko wies er darauf hin, dass er für jeden Schaden an seinem Equipment selber aufzukommen habe. Seine Mühe, sich wöchentlich in der Stilrichtung "House" auf dem neuesten Stand zu halten, werde nicht gesondert abgegolten. Er habe auch schon einmal, als er am 27. November 2010 erkrankt war, für einen vertretungsweise eingesprungenen DJ gesorgt und diesen dafür wesentlich höher als sein eigenes Honorar bezahlen müssen (vgl Beilage 2 zum VP).

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

4.1. Gemäß § 111 Abs 1 Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz – ASVG (BGBl Nr. 189/1955 idFd Art I Teil 2 des SRÄG 2007, BGBl I Nr. 150/2009) handelt ordnungswidrig, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 ASVG meldepflichtige Person (Stelle) oder als bevollmächtigte Person nach § 35 Abs 3 ASVG entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes

 

1.  Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet oder

 

2.  Meldungsabschriften nicht oder nicht rechtzeitig weitergibt oder

 

3.  Auskünfte nicht oder falsch erteilt oder

 

4.  gehörig ausgewiesene Bedienstete der Versicherungsträger während der Betriebszeiten nicht in Geschäftsbücher, Belege und sonstige Aufzeich­nungen, die für das Versicherungsverhältnis bedeutsam sind, einsehen lässt.

 

Gemäß Absatz 2 ist die Ordnungswidrigkeit nach Absatz 1 von der Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen und zwar

 

-         mit Geldstrafe von 730 Euro bis zu 2.180 Euro, im Wiederholungsfall von 2.180 Euro bis zu 5.000 Euro,

 

-         bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen,

 

sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungsstrafbestim­mungen mit strengerer Strafe bedroht ist. Unbeschadet der §§ 20 und 21 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei erst­maligem ordnungswidrigen Handeln nach Abs 1 die Geldstrafe bis auf 365 Euro herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind.

 

Nach § 33 Abs 1 ASVG haben Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden.

Entsprechend § 33 Abs 1a ASVG kann die Anmeldeverpflichtung auch in zwei Schritten erfüllt werden, nämlich derart, dass vor Arbeitsantritt die Dienstgeber­kontonummer, die Namen und Versicherungsnummern bzw. Geburtsdaten der beschäftigten Personen sowie Ort und Tag der Beschäftigungsaufnahme (Mindestangaben) und innerhalb von 7 Tagen ab Beginn der Pflichtversicherung die noch fehlenden Angaben (vollständige Anmeldung) gemeldet werden.

 

Gemäß § 33 Abs 2 ASVG gilt Abs 1 für die nur in der Unfall- und Pensions­versicherung sowie für die nur in der Unfallversicherung nach § 7 Z 3 lit a Pflichtversicherten mit der Maßgabe, dass die Meldungen beim Träger der Krankenversicherung, der beim Bestehen einer Krankenversicherung nach diesem Bundesgesetz für sie sachlich und örtlich zuständig wäre, zu erstatten sind.

 

Nach § 4 Abs 1 Z 1 ASVG sind die bei einem oder mehreren Dienstgeber beschäftigten Dienstnehmer in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung (unmittelbar) auf Grund des ASVG versichert (Vollversicherung), wenn die betreffende Beschäftigung weder gemäß den §§ 5 und 6 von der Vollver­sicherung ausgenommen ist, noch nach § 7 nur eine Teilversicherung begründet.

 

Als Dienstnehmer iSd ASVG gilt gemäß § 4 Abs 2 ASVG derjenige, der in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäf­tigt wird, wobei hiezu auch Personen gehören, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merk­malen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen; unabhängig davon gelten Personen jedenfalls dann als Dienstnehmer, wenn sie entweder mit einem Dienstleistungsscheck nach dem Dienstleistungscheckgesetz entlohnt werden oder wenn sie nach § 47 Abs 1 iVm Abs 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) lohnsteuerpflichtig sind, soweit es sich nicht um Bezieher von Einkünften nach § 25 Abs 1 Z 4 lit a oder b EStG oder um Bezieher von Einkünften nach § 25 Abs 1 Z 4 lit c EStG, die in einem öffentlich-rechtlichen Verhältnis zu einer Gebietskörperschaft stehen, handelt.

 

Nach § 35 Abs 1 ASVG ist als Dienstgeber derjenige anzusehen, für dessen Rechnung der Betrieb geführt wird, in dem der Dienstnehmer in einem Beschäftigungsverhältnis steht, wobei gemäß § 35 Abs 2 ASVG Besonderes für jene nach § 4 Abs 1 Z 4 und 5 ASVG pflichtversicherte und für nach § 8 Abs 1 Z 3 lit c ASVG teilversicherte Dienstnehmer, für Heimarbeiter und für nach dem Arbeitskräfteüberlassungsgesetz überlassene Dienstnehmer gilt. Die dem Dienstgeber gemäß § 33 ASVG vorgeschriebenen Pflichten können nach § 35 Abs 3 ASVG grundsätzlich auch auf Bevollmächtigte übertragen werden; dennoch hat der Dienstgeber auch in diesem Fall die in § 33 ASVG vorgesehene Meldung selbst zu erstatten, wenn eine der Voraussetzungen des § 35 Abs 4 ASVG vorliegt.

Gemäß § 539a Abs 1 ASVG ist für die Beurteilung von Sachverhalten nach dem ASVG in wirtschaftlicher Betrachtungsweise der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes (zB Werkvertrag, Dienstvertrag) maßgebend. Durch den Missbrauch von Formen und Gestaltungsmöglichkeiten nach bürgerlichem Recht können Verpflichtungen nach dem ASVG, besonders die Versicherungspflicht, nicht umgangen oder gemindert werden (§ 539a Abs 2 ASVG). Ein Sachverhalt ist so zu beurteilen, wie er bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen, Tatsachen und Verhältnissen angemessenen rechtlichen Gestaltung zu beurteilen gewesen wäre (§ 539a Abs 3 ASVG).

 

Als Dienstnehmer ist nach § 4 Abs 2 ASVG anzusehen, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt ist. Diesen sind nach § 4 Abs 4 ASVG freie Dienstnehmer gleichgestellt, wenn sie über keine wesentlichen Betriebsmittel verfügen und keine sonstige in lit a) bis d) angeführte Ausnahme vorliegt.

4.2. Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl zum Ganzen VwGH 4.06.2008, Zl. 2007/08/0179 unter Hinweis auf VwSlg 11.361 A/1984 und 13.336 A/1990 sowie andere Vorjudikatur) ist bei der Prüfung der Versicherungspflicht nach § 4 ASVG die vertragliche Gestaltung der Beschäftigung in die Beurteilung des Gesamtbildes derselben einzubeziehen, weil sie (sofern keine Anhaltspunkte für ein Scheinverhältnis bestehen) die von den Parteien in Aussicht genommenen Konturen des Beschäftigungsverhältnisses sichtbar werden lässt, die wiederum bei der Deutung von Einzelmerkmalen der Beschäftigung eine Rolle spielen können. Entscheidend ist dabei, ob bei der tatsächlichen Beschäftigung im Rahmen der Beurteilung des Gesamtbildes derselben die Kriterien persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit überwiegen. Die vertragliche Vereinbarung hat die Vermutung der Richtigkeit für sich. Es kommt aber dabei nicht auf die Bezeichnung des Verhältnisses zwischen einer Person und dem von ihr Beschäftigten durch die Vertragspartner grundsätzlich nicht an. Zunächst ist daher zu prüfen, ob der Vertrag eine eindeutige Antwort darauf, welche Art von Vertrag gewollt war, zulässt oder nicht. Im letzteren Fall kommt der tatsächlichen Durchführung der Beschäftigung für die Frage der Pflichtversicherung entscheidende Bedeutung zu.

 

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl bspw VwSlg 10.140 A/1980; VwGH 3.07.2002, Zl. 2000/08/0161; VwGH 26.01.2010, Zl. 2008/08/0034) zur Abgrenzung des Dienstverhältnis vom freien Dienstvertrag einerseits und vom Werkvertrag anderseits, kommt es entscheidend darauf an, ob sich jemand für eine bestimmte Zeit zur Dienstleistung für einen Dienstgeber verpflichtet oder ob er die Herstellung eines Werkes gegen Entgelt übernimmt, wobei es sich im zuletzt genannten Fall eines Werkvertrages um eine im Vertrag individualisierte und konkretisierte Leistung, also eine in sich geschlossenen Einheit, handeln muss. Hingegen kommt es beim Dienstvertrag primär auf die rechtliche begründete Verfügungsmacht des Dienstgebers über die Arbeitskraft des Dienstnehmers an, also auf seine Bereitschaft zu Dienstleistungen für eine bestimmte Zeit, die er in persönlicher und regelmäßig damit verbundener wirtschaftlicher Abhängigkeit vom Leistungsempfänger erbringt.

 

Der Werkvertrag begründe in der Regel ein Zielschuldverhältnis, bei dem die Verpflichtung besteht, eine vertraglich individualisierte und konkretisierte und damit genau umrissene Leistung – in der Regel bis zu einem bestimmten Termin – zu erbringen. Das Vertragsverhältnis endet somit mit der Erbringung der Leistung als eine in sich geschlossene Einheit. Das Interesse des Bestellers und die Vertragsverpflichtung des Werkunternehmers sind lediglich auf das Endprodukt als solches gerichtet. Einzelne manuelle Beiträge zu einem Werk wie diverse Montagearbeiten hat der Verwaltungsgerichthof nicht als Herstellung eines Werkes angesehen (vgl näher mwN VwGH 26.01.2010, Zl. 2008/08/0034).

4.3. Im vorliegenden Fall wurde der sog. "Werkvertrag" vom 1. November 2008 abgeschlossen, dem zufolge der Zeuge X als selbständig tätiger DJ in der Diskothekt X auf eigene Rechnung für das zur Vertragserfüllung erforderliche Equipment zu sorgen hat und für seine Tätigkeit pro Abend den Pauschalbetrag von 160 Euro ohne Umsatzsteuer erhält. In den folgenden Vertragspunkten wird klargestellt, dass er selbst für die Abfuhr von Sozialversicherungsbeiträgen zu sorgen habe und arbeitsrechtliche Bestimmungen keine Anwendung finden. Er kann sich geeigneter Vertreter oder Gehilfen bedienen. Ein Weisungsrecht besteht nur ausnahmsweise für "sachliche Weisungen". Der Vertrag kann unter Einhaltung einer 15 tägigen Frist gekündigt werden.

Bei richtiger rechtlicher Beurteilung nach den oben genannten Kriterien kann von einem "Werkvertrag" keine Rede sein, weil ein vertraglich geschuldeter gewährleistungstauglicher Erfolg nicht erkennbar ist. Es liegt vielmehr ein auf unbestimmte Zeit abgeschlossener Rahmenvertrag für die Tätigkeit eines DJ in der Diskotehk X in X vor, die nach Ansicht des erkennenden Mitglieds des Oö. Verwaltungssenats als freier Dienstvertrag aufzufassen ist, bei dem vom DJ eine Musiktitelpräsentation erwartet wird, die die Gäste anspricht und damit eine so gute Stimmung verbreitet, dass sie zum Verbleib in der Diskothek und zum abermaligen Besuch animiert werden. Diese Leistung des DJ ist aber nicht so fest umrissen und zu definieren, wie es bei einem Werkvertrag typisch wäre.

In rechtlicher Hinsicht kommt damit die Bestimmung des § 4 Abs 4 ASVG für Personen zum Tragen, die sich auf Grund freier Dienstverträge für bestimmte oder unbestimmte Zeit zur Erbringung von Dienstleistung für einen Dienstgeber im Rahmen seines Geschäftsbetriebes verpflichten. Solche Personen stehen Dienstnehmern im Sinne des § 4 Abs 2 ASVG gleich, wenn sie aus dieser Tätigkeit ein Entgelt beziehen, die Dienstleistung im Wesentlichen persönlich erbringen und über keine wesentlichen Betriebsmittel verfügen, es sei denn es lägen die hier nicht relevanten Ausnahmen nach lit a) bis d) vor.

Zur Frage der wesentlichen Betriebsmittel hat der Verwaltungsgerichthof in seinem Erkenntnis vom 23. Jänner 2008, Zl. 2007/08/0223, klarstellende Aussagen getroffen, die für die gegenständliche Entscheidung maßgeblich sind. Diese Rechtssätze lauten auszugsweise:

·         Der Begriff der Wesentlichkeit muss von dem der Notwendigkeit unterschieden werden. Genügte es bereits, dass ein Betriebsmittel der Tätigkeit des freien Dienstnehmers "dient", wäre das Element der Wesentlichkeit nicht mehr unterscheidungskräftig. Die Wesentlichkeit der Betriebsmittel des freien Dienstnehmers ist daher nicht in Bezug auf den Betriebsgegenstand jenes Unternehmens zu untersuchen, für welches der freie Dienstnehmer tätig wird, sondern es ist zu untersuchen, ob sich der freie Dienstnehmer mit Betriebsmitteln eine eigene betriebliche Struktur geschaffen hat. Würde man nämlich auf den Betriebsgegenstand des Auftraggebers abstellen, dann wären freie Dienstnehmer, die für anlagenintensive Unternehmen tätig sind, so gut wie nie im Besitz wesentlicher Betriebsmittel und daher praktisch immer als arbeitnehmerähnlich nach § 4 Abs 4 ASVG versichert, auch wenn sie mit beachtlicher eigener unternehmerischer Struktur ausgestattet sind.

·         Es liegt in erster Linie in der Ingerenz des freien Dienstnehmers, ob er über einen eigene unternehmerische Struktur verfügen möchte oder nicht, ob er also seine Tätigkeit arbeitnehmerähnlich für einen Auftraggeber ohne eigene Struktur und gegen gesonderte Abgeltung von Aufwendungen (Ersatz von Kilometergeld, Telefonkosten etc.) ausführen möchte oder ob er eher unternehmerisch tätig sein und das wirtschaftliche Risiko tragen will (dh z.B. losgelöst vom konkreten Auftrag spezifische Betriebsmittel anschafft, werbend am Markt auftritt und über eine gewisse unternehmerische Struktur verfügt und seine Spesen in die verrechneten Honorare einkalkuliert).

·         Der Begriff der wesentlichen Betriebsmittel ist nach den wirtschaftlichen Verhältnissen beim freien Dienstnehmer zu beurteilen. Ein Betriebsmittel wird grundsätzlich dann wesentlich sein, wenn es sich nicht bloß um ein geringwertiges Wirtschaftgut handelt und wenn es der freie Dienstnehmer durch Aufnahme in sein Betriebsvermögen der Schaffung einer unternehmerischen Struktur gewidmet hat oder wenn es seiner Art nach von vornherein in erster Linie der in Rede stehenden betrieblichen Tätigkeit zu dienen bestimmt ist. Dabei muss es sich um ein Sachmittel, welches für die konkrete Tätigkeit des freien Dienstnehmers wesentlich ist, und nicht bloß um ein Hilfsmittel untergeordneter Bedeutung handeln.

4.4. Auch wenn sich der Zeuge X nach Punkt 6 des abgeschlossenen "Werkvertrags" vertreten lassen kann, so ist doch nach dem Beweisergebnissen davon auszugehen, dass dies nur ausnahmsweise der Fall sein kann und er in der Regel die Dienstleistung als DJ im Wesentlichen persönlich zu erbringen hat, weil es dabei in der Regel doch auf seine persönliche Darbietung ankommt. Deshalb muss er laut "Werkvertrag" im Verhinderungsfall auch einen "geeigneten" Vertreter wählen und hat diese Tatsache "aus administrativen Gründen" dem Dienstgeber vorher bekannt geben.

Die Beantwortung der Frage der Gleichstellung mit einem persönlich abhängigen Dienstnehmer wegen Arbeitnehmerähnlichkeit hängt vom Kriterium der eigenen wesentlichen Betriebsmittel im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs ab.

X arbeitet durchschnittlich zwei bis drei Mal im Monat als DJ in der Diskothek X in X. An anderen Tagen werden andere DJs engagiert oder ist gelegentlich auch der Bw als DJ tätig. Die Initiative für ein Engagement an einem bestimmten Tag geht von der Geschäftsleitung der X Gastro GmbH aus. Nach dem Geschäftskonzept werden abwechselnd verschiedene Personen als DJs verpflichtet, manchmal für bestimmte Veranstaltungen sogar mehrere DJs als Spezialisten nacheinander für ein und denselben Abend, deren Einsatzzeit dann entsprechend variiert (vgl X X, NS von 31.08.2010; Bw, VP, Seite 5).

An einem Tag (Freitag oder Samstag) seines Engagements ist der Zeuge X im Wesentlichen während der Öffnungszeiten zwischen 21.00 Uhr bis 04.00 Uhr früh im X anwesend und beginnt mit seiner Tätigkeit als DJ üblicher Weise um etwa 22:00 Uhr. Er erhält dafür 160 Euro Pauschalentgelt ohne Umsatzsteuer. Ansonsten arbeitet er auch für andere Auftraggeber und ist bei einer Agentur zur Vermittlung in der Branche vorgemerkt. Er ist in den Jahren 2009 und 2010 auch in anderen Diskotheken und bei zahlreichen Sonderveranstaltungen bzw "Clubbings" aufgetreten.

Die geschuldete Leistung hat der DJ unter Vorgabe der Betriebsstätte und der betrieblichen Grundausstattung des Auftraggebers zu erbringen. Es liegt in der Natur der Sache, dass der Diskjockey die Verstärkeranlage in der Diskothek verwenden muss, zumal dafür auch die gewerberechtliche Bewilligung der Betriebsanlage vorliegt. Dieser Umstand ist ebenso zwingend wie die Tatsache, dass man elektrische Geräte auch nicht ohne Strom oder Kraftfahrzeuge nicht ohne Benzin oder Diesel verwenden kann. Es handelt sich daher um eine zwar notwendige Voraussetzung für das Tätigwerden, nicht aber um Betriebsmittel, die für die qualitative Leistung eines DJs maßgeblich sind. Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem oben dargestellten Erkenntnis vom 23. Jänner 2008 auch betont, dass für die Wesentlichkeit der Betriebsmittel des freien Dienstnehmers nicht auf den Betriebsgegenstand des Auftraggebers abgestellt werden darf.

Wesentliche Betriebsmittel für den DJ sind - abgesehen von einer nicht zu berücksichtigenden gewerberechtlich genehmigten Betriebsstätte mit Lautsprecher- und Verstärkeranlage - die Ausstattung mit Geräten samt Spezialsoftware für die Gestaltung der Wiedergabe von Musik und für besondere Effekte. Außerdem muss der DJ über eine ausreichend große und repräsentative Zahl von selbst angeschafften Musiktiteln in den von ihm vertretenen Stilrichtungen auf geeigneten Tonträgern verfügen.

Der Zeuge X verwendet seinen eigenen Laptop mit Spezialsoftware zum Abspielen, Mischen und für besondere Effekte, seinen Mischpult und seine eigenen zwei Plattenspieler der Marke Techniks, eigene Festplatten von insgesamt 1,2 Terabyte mit etwa hunderttausend Musiktiteln der Stilrichtung "House" und ihrer Unterarten (Electric House, Progressive House etc), sowie eigene CD's und "Vinyls" (Schallplatten). Auf die im Trend liegende Stilrichtung "House" ist er spezialisiert und hält er sich insofern auch ständig auf dem Laufenden. Wöchentlich kommen per Internet etwa 100 neue Titel heraus, die er abhören und beurteilen muss, ob er sie in sein Programm aufnehmen soll. Die ganz allgemeine Vorgabe der Diskothekenbetreiber hinsichtlich der Stilrichtung "House" bedeutet keine wirkliche Beschränkung, sondern kommt dem Zeugen X sogar entgegen, weil dies ohnehin seiner Ausstattung und seinen besonderen Kenntnissen entspricht. Im Rahmen dieser Stilrichtung und ihre Unterarten arbeitet er frei von jeglichen Weisungen und kann einen Abend nach seinen persönlichen Präferenzen gestalten.

Die Darbietung orientiert sich nicht an einem festen Schema. Der DJ bereitet sich auf jeden Abend vor und stellte eine Titelfolge zusammen, die er aber nicht einfach abspielt. Vielmehr versucht er immer, ein Feedback der Gäste (zB durch Gestalten von "Sampler" = kurzes Anspielen von Titeln oder durch besonderes Mischen oder elektronische Effekte) zu bekommen, um schnell auf Wünsche reagieren und eine positive Stimmung erzeugen zu können. Seine Aufgabe besteht vornehmlich darin, den Musikabend durch Ansagen über Mikrophon und durch kreativ gestaltete Abspielsequenzen, fallweise mit elektronischen Effekten, und durch spezielle Mischung der auf seinen Tonträgern gespeicherten Musikstücke zu moderieren, um bei den Gästen der Diskothek eine möglichst gute Stimmung zu erzeugen. Diese sollen durch die gebotene Unterhaltung zum Verbleiben bzw abermaligem Besuch der Diskothek und zum Weiterempfehlen animiert werden. Seine persönliche Note als DJ bringt der Zeuge X durch seine Ansagen und die jeweilige Auswahl der Musiktitel, durch Gestaltung von Sequenzen und von "Sampler" und im Wege akustischer Effekte (z.B. Wiederholungen, Hall, "scratschen") sowie durch besonderes Mischen von Musikstücken ein, die gleichzeitig mit modifizierter Geschwindigkeit so abgespielt werden, dass sie gemeinsam harmonisch klingen. Im Ergebnis wird, wie vom Bw auch angemerkt wurde, vom DJ als Leistung erwartet, dass er die Gäste durch seine Musikauswahl und Präsentation in gute Stimmung bringt und quasi mit den Gästen eine super Party feiert.

Das vom Zeugen X erworbene technische Equipment, welches er als DJ mitführt, hat einen Wert von etwa 3.000 Euro. Dazu kommen auch noch Zehntausende von Musiktiteln auf Tonträgern, die laufend ergänzt werden. Es handelt sich daher nicht bloß um geringwertiges Wirtschaftsgut. Nach den wirtschaftlichen Verhältnissen des Zeugen, der derzeit den Beruf eines DJs auf selbständiger Basis noch neben seiner Angestelltentätigkeit bei der Fa X ausüben will, muss man von wesentlichen Betriebsmitteln ausgehen. Die oben beschriebenen Sachmittel sind von vornherein der konkreten unternehmerischen Tätigkeit als DJ gewidmet und werden vom Zeugen, der sich mittlerweile auch über eine Agentur vermitteln lässt, als Betriebsmittel bei der Dienstleistung für verschiedene Auftraggeber eingesetzt.

Nach Ansicht des erkennenden Mitglieds ergibt sich aus dem beschriebenen Gesamtbild, das die Tätigkeit des Zeugen X als DJ gemessen am oben dargestellten Kriterium der "wesentlichen Betriebsmittel" eine beachtliche betriebliche Struktur mit unternehmerischem Risiko aufweist. Es handelt sich um eine Art von Entertainment, das unabhängig vom – ohnehin nicht maßgeblichen - Grad der eigenschöpferischen Leistung jedenfalls eigenverantwortlich auf pauschaler Honorarbasis für verschiedene Auftraggeber je nach Gelegenheit ausgeübt wird. Im Ergebnis liegt daher kein arbeitnehmerähnliches Verhältnis iSd § 4 Abs 4 ASVG vor, weshalb der Tatvorwurf zu Unrecht erhoben wurde.

4.5. Hinsichtlich der Spruchpunkte 2. bis 4. ist unstrittig, dass diese Dienstnehmer bei der Kontrolle am 13. Februar 2009 um 21:00 Uhr mit Kellnertätigkeiten bzw entsprechend notwendigen Vorbereitungshandlungen (Wechselgeld, Warenbestandskontrolle, Warenübernahme,) angetroffenen wurden.

Der im Spruchpunkt 2. genannte X X wurde noch vor dem Beginn seiner Tätigkeit im Wege des ELDA-Systems unter Anführung der Mindestangaben angemeldet. Die nachfolgend erforderliche Vollanmeldung des Steuerberaters erfolgte irrtümlicherweise für den 14. Februar 2009, was dann aber wieder korrigiert worden ist. Dieses Vorbringen wurde durch Vorlage einer ELDA Mindestangaben-Anmeldung zum 13. Februar 2009 belegt.

Es war schon in tatsächlicher Hinsicht davon auszugehen, dass die Anlastung hinsichtlich Spruchpunkt 2 offenbar irrtümlich erfolgte und der Tatbestand der Nichtmeldung zur Sozialversicherung in Wahrheit nicht vorlag.

4.6.1. Wie unter Punkt 3.2. festgestellt, sind die zu den Spruchpunkten 3. und 4. angelasteten Dienstnehmer, die für den 14. Februar 2009 als Kellner eingeteilt und im ELDA-System für diesen Tag schon angemeldet waren, für zwei Kolleginnen, die telefonisch kurzfristig abgesagt hatten, nach einer Dienstbesprechung unmittelbar vor der Lokaleröffnung und Kontrolle am 13. Februar 2009 eingesprungen. Die Kolleginnen verrichteten ihren – zusätzlich angemeldeten (vgl ELDA-Anmeldungen zur Berufungsergänzung) - Dienst dann am 14. Februar 2009 an Stelle dieser Dienstnehmer, so dass im Ergebnis nur ein beitragsneutraler Tausch des Dienstes vorgenommen wurde. Aus organisatorischen Gründen so kurz vor Lokaleröffnung hatte der Geschäftsführer X X die Änderung der Mindestangabenmeldungen bezüglich der Ersatzkellner unterlassen. Er hat auch am nächsten Tag der Einfachheit halber keine Richtigstellung vorgenommen, zumal sich an der Dauer und Art der zu meldenden Beschäftigungen im Ergebnis nichts änderte.

Der Umstand, dass diese Dienstnehmer kurzfristig einspringen mussten, ändert nichts an der grundsätzlichen Verpflichtung nach § 33 Abs 1 ASVG, pflichtversicherte Personen vor Arbeitbeginn beim zuständigen Sozialversicherungsträger anzumelden. Dies kann gemäß § 33 Abs 1a ASVG zunächst auch durch bloße Mindestangaben-Anmeldung, wie sie der Geschäftsführer X X im ELDA-System im Wege des Internets auch tatsächlich immer wieder praktizierte, erfolgen. Diese ist ohnehin nicht besonders zeitaufwändig. In einem Gastronomiebetrieb ist damit zu rechnen, dass eingeteiltes Personal kurzfristig ausfällt und deshalb für Ersatz gesorgt werden muss. Es sind geeignete Vorkehrungen zu treffen, damit Ersatzkräfte rechtzeitig bereit stehen und zumindest eine AVISO-Anmeldung vor Arbeitsbeginn erfolgen kann. Zum einen ist eingeteiltes Personal unter Androhung geeigneter Konsequenzen zur rechtzeitigen Bekanntgabe von Dienstverhinderungen anzuhalten und zum anderen können Dienstbesprechungen auch früher angesetzt werden, so dass nach deren Ende ein ausreichender Zeitraum bis zur Öffnung des Lokals verbleibt. An einen Schuldausschließungsgrund aus organisatorischen Gründen ist daher nicht zu denken.

Der Bw hat sich damit verantwortet, dass für das "operative Geschäft" und damit auch für Personalangelegenheiten nicht er, sondern der Mitgeschäftsführer X X zuständig gewesen sei. Nach dem Berufungsvorbringen habe er außerdem am 13. September 2009 an der Dienstbesprechung nicht teilgenommen, weil eine Sonderveranstaltung unter seiner aktiven Mitwirkung als MC vorgesehen war, die noch seine Vorbereitung und Abstimmung mit dem Diskjockey erfordert hätte.

Mit diesem Vorbringen konnte sich der Bw seiner verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung als Geschäftsführer gemäß § 9 Abs 1 VStG nicht entledigen. Es steht unbestritten fest, dass für die Erfüllung der Meldepflicht kein Bevollmächtigter bestellt worden ist. Die Pflichten nach §§ 33 ff ASVG können grundsätzlich gemäß § 35 Abs 3 ASVG auf Bevollmächtigte übertragen werden, die dann allein nach § 111 ASVG strafbar sind. Danach kann ein Außenstehender oder auch einer von mehreren Geschäftsführern zum Bevollmächtigten iSd § 35 Abs 3 ASVG bestellt werden, wobei aber Name und Anschrift des Bevollmächtigten unter dessen Mitfertigung – auch bei einem bevollmächtigten Geschäftsführer - dem zuständigen Versicherungsträger bekannt zu geben sind (vgl VwGH 27.07.2001, Zl. 98/08/0268). Die intern vereinbarte Aufgabenteilung der Geschäftsführer, wonach der Bw nur für "kreative Belange" und Herr X für das "operative Geschäft" zuständig sei, ist noch keine Bevollmächtigung entsprechend den Anforderungen des § 35 Abs 3 ASVG, die der Gebietskrankenkasse auch bekanntgegeben hätte werden müssen (vgl etwa VwGH 24.11.2009, Zl. 2009/08/0095).

Bei einer Mehrzahl von zur Vertretung nach außen berufenen Organen einer juristischen Person haben diese die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit kumulativ zu tragen, eine bloß interne Aufgaben- und Verantwortungsteilung ist irrelevant. Die Unzuständigkeit nach einer Geschäftsverteilung der Geschäftsführung kann daher keine Entlastung bewirken, es verbleiben Auswahl- Kontroll- und Interventionspflichten des intern unzuständigen Geschäftsführers (vgl dazu VwGH 19.10.2004, Zl. 2004/03/0102 und VwGH 05.09.1997, Zl. 97/02/0235; ferner VwGH 26.01.1996, Zl. 95/02/0243, 0244 und VwGH 14.12.1994, Zl. 94/03/0138.)

Der Bw hat nicht einmal vorgebracht, dass er alles in seiner Macht stehende unternommen habe, um einen Verstoß gegen die Ordnungsvorschriften nach § 33 Abs 1 und 1a ASVG zu vermeiden. Es sind diesbezüglich auch keine Aktivitäten des Bw aktenkundig geworden. Er hat sich nur darauf verlassen, dass nicht er, sondern sein Geschäftspartner und Mitgeschäftsführer für das operative Geschäft zuständig ist. Eine Entlastung von seiner Mitverantwortung ist ihm damit nicht gelungen. Allerdings ist sein Verschulden an der Ordnungswidrigkeit gemäß dem § 111 Abs 1 Z 1 ASVG deutlich geringer als jenes des in erster Linie zuständigen Mitgeschäftsführers einzustufen, was im Folgenden noch beachtlich wird.

 

4.6.2. Nach dem § 111 Abs 2 Satz 2 ASVG idF des SRÄG 2007 kann die Bezirksverwaltungsbehörde "Unbeschadet der §§ 20 und 21 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991" bei erstmaligem ordnungswidrigen Handeln die Geldstrafe auf 365 Euro herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig ist und die Folgen unbedeutend sind. Die damit im § 111 Abs 2 ASVG vorgesehene weitere Möglichkeit der Strafmilderung im Erstfall ist nach Ansicht des erkennenden Mitglieds des Oö. Verwaltungssenats eine gesetzgeberische Fehlleistung, weil sie an dieselben Voraussetzungen geknüpft wird, wie sie in der Bestimmung des § 21 Abs 1 VStG über das Absehen von Strafe zu finden sind, und deshalb kaum einen Anwendungsbereich haben dürfte. Nach herrschender Meinung ermächtigt nämlich die Vorschrift des § 21 VStG trotz der Verwendung des Wortes "kann" nicht zur Ermessensübung. Die Behörde hat vielmehr bei Zutreffen der im § 21 Abs 1 VStG genannten Kriterien "geringfügiges Verschulden" und bloß "unbedeutende Folgen der Übertretung" von einer Strafe abzusehen und der Beschuldigte hat einen Rechtsanspruch auf Anwendung dieser Bestimmung (vgl dazu Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6 [2004] Anm 4 und E 5 zu § 21 VStG; weiters VwGH 21.10.1998, Zl. 96/09/0163; VwGH 19.09.2001, Zl. 99/09/0264).

 

Wie der Oö. Verwaltungssenat bereits ausgesprochen hat (vgl VwSen-251936/2/Gf/Mu/Ga vom 3. Oktober 2008) ergibt sich aus den Gesetzesmaterialien (vgl die Ausführungen zur Strafmilderung in RV zum SRÄG 2007, 77 BlgNR 23. GP, 4) ebenso wie aus der Bedarfskompetenz nach Art 11 Abs 2 B-VG, die nur zur Regelung des Gegenstands erforderliche Abweichungen von den einheitlichen Bundesgesetzen wie AVG und VStG zulässt, dass der § 111 Abs 2 Satz 2 ASVG bei verfassungskonformer Auslegung nicht im Sinne eines Widerspruchs verstanden werden darf, der die Anwendung des § 21 VStG ausschlösse.

 

Aus der Formulierung des § 111 Abs 2 Satz 2 ASVG idF des SRÄG 2007 ist daher im Ergebnis jedenfalls abzuleiten, dass die Vorschriften des § 20 VStG über die außerordentliche Milderung der Strafe und des § 21 VStG über ein Absehen von Strafe in vollem Umfang anzuwenden sind.

 

4.6.3. Gemäß § 21 Abs 1 VStG kann die Behörde ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Sie kann den Beschuldigten jedoch gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um den Beschuldigten von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten.

 

Nach hM liegt geringes Verschulden des Täters vor, wenn das tatbildmäßige Verhalten hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt erheblich zurückbleibt (vgl Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6 [2003] E 6 ff zu § 21 VStG; Leukauf/Steininger, Kommentar zum StGB3, 1992, Rz 14 zu § 42 StGB). Nach der strafrechtlichen Judikatur zum alten vergleichbaren § 42 StGB in der Fassung vor dem StRÄG 1987 (BGBl Nr. 605/1987) musste die Schuld absolut und im Vergleich zu den typischen Fällen der Deliktsverwirklichung geringfügig sein (vgl ua EvBl 1989/189 = JBl 1990, 124, SSt 55/59; SSt 53/15; SSt 51/21). Maßgebend sind der das Unrecht bestimmende Handlungsunwert und der Gesinnungsunwert, der das Ausmaß der deliktstypischen Strafzumessungsschuld ebenso entscheidend prägt (vgl mwN Leukauf/Steininger, StGB3, Rz 14 f zu § 42 StGB). Der Erfolgsunwert wurde im Merkmal "unbedeutende Folgen der Übertretung" verselbständigt.

 

Bei der Ordnungswidrigkeit nach § 33 Abs 1 iVm § 111 Abs 1 Z 1 ASVG ("wer als Dienstgeber Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet") handelt es sich um ein sog. Ungehorsamsdelikt iSd § 5 Abs 1 Satz 2 VStG, bei dem nur ein Gebot nicht befolgt wird und zum Tatbestand der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört. In solchen Fällen ist Fahrlässigkeit ohne weiteres anzunehmen, wenn der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Wie bereits oben dargelegt, hat auch der der Bw die Ordnungswidrigkeit schon dadurch zu verantworten, dass er sich um das operative Geschäft und um personelle Belange nicht kümmerte. Grundsätzlich war aber die Situation am 13. Februar 2009 durch den kurzfristigen Personalausfall kurz vor Öffnung der Diskothek an einem Abend, an dem auch eine Sonderveranstaltung durchzuführen war, nicht einfach zu bewältigen. Zu dieser Belastung kam noch, dass genau zu dieser Zeit ab 21:00 Uhr auch eine behördliche Lokalkontrolle der KIAB stattfand, die mit einer größeren Anzahl von Beamten durchgeführt wurde. Schon beim Geschäftsführer X X, der die Mindestangaben-Anmeldung entgegen seinen sonstigen Gepflogenheiten wegen organisatorischer Überlastung unterließ, war daher nur von leichter Fahrlässigkeit auszugehen. Beim Bw, der am Tag der Kontrolle als MC vorgesehen war und sich daher auf die Moderation der geplanten Sonderveranstaltung an diesem Abend, für die er im Besonderen zuständig und verantwortlich war, konzentrierte, erscheint es nachvollziehbar und weitgehend verständlich, dass er sich auf seinen Mitgeschäftsführer verlassen hatte. Es liegt daher bei ihm nur ein geringfügiges Verschulden vor.

 

Die Verwaltungsübertretung des § 111 Abs 1 Z 1 ASVG hatte im vorliegenden Fall keine Folgen, weil im Ergebnis bloß eine Tausch des Dienstes zwischen Dienstnehmern der X Gastro GmbH vorlag (vgl unter 3.2.). Es war zwar der falsche Termin gemeldet, jedoch wegen der gleichen Dauer des Dienstes und Art der Beschäftigung als Kellner hatte dies keine Auswirkungen auf die zu leistenden Beiträge zur Sozialversicherung. Wie sich aus den Meldedaten laut Beilage 4 zur Niederschrift vom 31. August 2010 ergibt, wurden die Beschäftigungstermine nachträglich auch bei den eingesprungenen Kellnern korrigiert. Im Ergebnis können daher keine oder zumindest keine bedeutenden Folgen der Ordnungswidrigkeit festgestellt werden.

 

Beim dem nach der Aktenlage nicht einschlägig vorbestraften Bw konnte daher unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit einer Ermahnung das Auslangen gefunden werden, um ihn in Hinkunft von strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten.

 

5. Insgesamt hatte die Berufung aus den angeführten Gründen teilweise Erfolg. Die Spruchpunkte 1. und 2. des angefochtenen Straferkenntnisses waren aufzuheben und die Strafverfahren mangels einer Verwaltungsübertretung gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG einzustellen. Hinsichtlich der Spruchpunkte 3. und 4. war die Berufung in der Schuldfrage abzuweisen, hingegen der Strafausspruch aufzuheben und gemäß § 21 Abs 1 VStG mit Ermahnung vorzugehen.

Bei diesen Verfahrensergebnissen waren keine Beiträge zu den Kosten der Strafverfahren nach §§ 64 ff VStG vorzuschreiben.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. W e i ß

 

 

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