Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-165928/15/Ki/Kr

Linz, 28.06.2011

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des X, vom 18. März 2011 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 21. Februar 2011, VerkR96-8876-2010, nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung am 27. Juni 2011, durch Verkündung zu Recht erkannt:

 

 

 

 

 

I.                  Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und Verfahren eingestellt.

 

II.              Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I: §§ 24, 45 Abs.1 Z.3 und 51 VStG iVm § 66 Abs.4 AVG

zu II: § 66 Abs.1 VStG


Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Straferkenntnis vom 21. Februar 2011, VerkR96-8876-2010, hat die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck dem Berufungswerber folgendes zur Last gelegt:

 

"Sehr geehrter Herr X!

Sie haben folgende Verwaltungsübertretung(en) begangen:

Taten (einschließlich Ort, Datum und Zeit der Begehung)

 

1) Sie haben ein Fahrzeug überholt, wodurch andere Straßenbenützer behindert wurden.
Tatort: Gemeinde Lenzing, Landesstraße Freiland, Attersee Bundesstraße 151, Nr. 151 bei km
2.700.

Tatzeit: 27.03.2010, 14:45 Uhr.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt: § 16 Abs. 1 lit. a StVO

 

2) Sie haben zu einem vor Ihnen am gleichen Fahrstreifen fahrenden Fahrzeug nicht einen
solchen Abstand eingehalten, dass ein rechtzeitiges Anhalten möglich gewesen wäre, auch
wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst würde.

Tatort: Gemeinde Lenzing, Landesstraße Freiland, Freilandstraßenstück der Attersee Bundesstraße 151, Nr. 151 bei km 2.750. Tatzeit: 27.03.2010, 14:45 Uhr.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt: §18 Abs. 1 StVO

 

3) Sie haben ein Fahrzeug überholt, wodurch andere Straßenbenützer behindert wurden.
Tatort: Gemeinde Timelkam, Landesstraße Freiland, Freilandstraßenstück der Attersee
Bundesstraße 151, Nr. 151 bei km 1.100.

Tatzeit: 27.03.2010, 14:50 Uhr.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt: § 16 Abs. 1 lit. a StVO

 

Fahrzeug:

Kennzeichen X, weiß

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird (werden) über Sie folgende Strafe(n) verhängt:

 

Geldstrafe von              falls diese uneinbringlich

                                   ist, Ersatzfreiheitsstrafe                         gemäß

                                   von

                                              

                       

80,00                          48 Stunden                                         § 99 Abs. 3 lit. a StVO

100,00                        60 Stunden                                         § 99 Abs. 3 lit. a StVO

80,00                          48 Stunden                                         § 99 Abs. 3 lit. a StVO

 

 

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

26,00 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 15,00 Euro angerechnet);

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher 286,00 Euro."


1.2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Rechtsmittelwerber am 18. März 2011 Berufung erhoben, unter anderem wurde neben einer Reihe von weiteren Anträgen die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses sowie die Einstellung des gegen ihn eingeleiteten Verwaltungsstrafverfahrens beantragt.

 

2.1. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat die Berufung ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich mit Schreiben vom 28. März 2011 vorgelegt.

 

2.2. Die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich ist gemäß § 51 Abs.1 VStG gegeben. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hatte, da weder primäre Freiheitsstrafen noch 2.000 Euro übersteigende Geldstrafen verhängt wurden, durch das laut Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden.

 

2.3. Die Berufung wurde innerhalb der zweiwöchigen Rechtsmittelfrist bei der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck eingebracht und sie ist daher rechtzeitig.

 

2.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung verbunden mit einem Augenschein an Ort und Stelle am 27. Juni 2011. An dieser Verhandlung nahmen der Berufungswerber, die geladene Zeugin sowie der verkehrstechnische Amtssachverständige des Amtes der Oö. Landesregierung X teil, die belangte Behörde hat sich entschuldigt.

 

2.5. Aus dem vorliegenden Akt bzw. als Ergebnis der mündlichen Berufungsverhandlung ergibt sich für den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich folgender Sachverhalt, der der Entscheidung zu Grunde liegt:

 

Dem gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren liegt eine Anzeige der bei der mündlichen Berufungsverhandlung eingeladenen Zeugin zu Grunde. Bei einer Einvernahme vor der Polizeiinspektion Timelkam am 27. März 2010 gab sie zu Protokoll, dass sie am 27. März 2010, gegen 14.45 Uhr, ihren PKW, auf der
Attersee Bundesstraße 151, von Lenzing kommend in Richtung Vöcklabruck, lenkte. In der Folge schilderte sie die nunmehr zur Beurteilung anstehenden Verwaltungsübertretungen, welche dem Berufungswerber im erstbehördlichen Verfahren angelastet wurden.

 


In weiterer Folge hat die Polizeiinspektion Timelkam mit Anzeige vom 30. März 2010 der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck die angelasteten Verwaltungsübertretungen zur Kenntnis gebracht, als Tatort wurden die Strkm. 2.700 (Faktum 1), Strkm. 2.750 (Faktum 2) und Strkm. 1.100 (Faktum 3) angeführt. 

 

Nach Durchführung entsprechender Ermittlungen hat die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck letztlich das angefochtene Straferkenntnis erlassen.

 

Im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung im Bereich des vorgeworfenen Tatortes erklärte die Zeugin dann, dass sie nicht, wie in der Niederschrift vom 27. März 2010 ausgeführt, aus Richtung Lenzing kommend, sondern aus Richtung Frankenburg gekommen war. Die von ihr angezeigten Vorfälle ereigneten sich nicht im Bereich der im Straferkenntnis angeführten Tatorte sondern ca. 5 km weiter in Fahrtrichtung Vöcklabruck.

 

2.6. Im Rahmen der freien Beweiswürdigung erachtet der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich, dass auf Grund der glaubhaften Zeugenaussage der vorgeworfene Tatort nicht der Tatsache entspricht.

 

3. In der Sache selbst hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich wie folgt erwogen:

 

Gemäß § 45 Abs.1 Z.3 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu Verfügen, wenn Umstände vorliegen, die die Verfolgung ausschließen.

 

Gemäß § 44a Z.1 VStG hat der Spruch (eines Straferkenntnisses), wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Dieser Vorschrift ist entsprochen, wenn dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Beschreibung vorgeworfen ist, dass er in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen bzw. sich lediglich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. Demnach ist die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass die vorgeworfene Tat in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale exakt beschrieben wird und die Identität der Tat auch nach Ort und Zeit unverwechselbar feststellt. Dies bedeutet, dass der Tatort ein wesentliches Tatbestandsmerkmal darstellt.

 

Wie bereits oben dargelegt wurde, hat die Einvernahme der Zeugin im Zuge der mündlichen Berufungsverhandlung ergeben, dass die im Straferkenntnis angeführten Tatorte nicht richtig sind, laut Angabe der Zeugin sollen sich diese von ihr geschilderten Vorfälle ca. 5 km weiter in Fahrtrichtung Vöcklabruck ereignet haben.

 

Es kann daher dahingestellt bleiben, inwieweit ihre Angaben bezüglich der Verwaltungsübertretungen zutreffen, zumal im vorliegenden konkreten Falle es sich nicht mehr um eine geringfügige Tatortabweichung handelt und somit ein wesentliches Tatbestandsmerkmal, nämlich der korrekte Tatort, nicht den gesetzlichen Anforderungen entspricht.

 

Nachdem auch mittlerweile Verfolgungsverjährung (§ 31 VStG) eingetreten ist, könnte auch im Falle des Zutreffens der Tatvorwürfe eine Konkretisierung nicht mehr vorgenommen werden, weshalb der Berufung Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren diesbezüglich eingestellt wurde.

 

4. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Mag. Alfred Kisch

 

 

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