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des Landes Oberösterreich
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VwSen-100804/2/Weg/Ri

Linz, 17.03.1993

VwSen - 100804/2/Weg/Ri Linz, am 17. März 1993 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch das Mitglied Dr. Wegschaider über die Berufung von Frau Dr. G P vom 24. Juni 1992 gegen das Faktum 1 des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 10. Juni 1992, VerkR96/4932/1992, zu Recht:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl.Nr. 51, idF BGBl.Nr. 866/1992 (AVG) iVm § 24, § 44a Z1, § 45 Abs.1 Z1 und 3, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl.Nr. 52, idF BGBl.Nr. 867/1991 (VStG).

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding hat mit dem in der Präambel zitierten Straferkenntnis über die Berufungswerberin wegen der Verwaltungsübertretung nach § 19 Abs.6 StVO 1960 eine Geldstrafe von 1.000 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 1 Tag verhängt, weil diese am 1. März 1992 gegen 19.15 Uhr ihren der Marke und dem Kennzeichen nach bestimmten PKW in B vom Ortszentrum über die Gemeindestraße in Richtung S Bundesstraße B gelenkt hat und bei Kilometer 1,780, ohne auf den herannahenden Querverkehr zu achten, unmittelbar vor dem Richtung S fahrenden PKW des M B in die B eingefahren ist, wodurch dieser zum unvermittelten Abbremsen genötigt wurde. Außerdem wurde (diese Verwaltungsübertretung betreffend) ein Kostenbeitrag zum Strafverfahren in der Höhe von 100 S in Vorschreibung gebracht. Die im Straferkenntnis noch angeführte Verwaltungsübertretung nach § 16 Abs.1 lit.c StVO 1960, gegen die ebenfalls berufen wurde, ist nicht verfahrensgegenständlich, weil dieser Berufung in einer Berufungsvorentscheidung Folge gegeben wurde.

2. Gemäß § 51e Abs.1 VStG ist dann von einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abzusehen, wenn bereits aus der Aktenlage ersichtlich ist, daß der angefochtene Bescheid aufzuheben ist.

Mit einer Aufhebung und Einstellung des Verfahrens ist dann vorzugehen, wenn im Sinne des § 45 Abs.1 Z1 VStG die vorgeworfene Tat in Ermangelung der Anführung eines wesentlichen Tatbestandselementes keine Verwaltungsübertretung vorliegt und im Sinne des § 45 Abs.1 Z3 iVm § 31 Abs.1 VStG (Verjährung) Umstände vorliegen, die die Verfolgung ausschließen.

3. Die Aufhebung des Straferkenntnisses und die Einstellung des Verfahrens wird rechtlich wie folgt begründet: Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten.

Abgesehen von der offenbar auf einem Irrtum beruhenden Zitierung der verletzten Rechtsvorschrift durch die Erstbehörde - es wurde eine Verletzung des § 19 Abs.6 StVO 1960, welche die Fließverkehrsregel zum Inhalt hat, vorgeworfen - ist zur Umschreibung der Tat im Sinne des § 44a Z1 VStG anzuführen, durch welche der in den Absätzen 1-6 des § 19 StVO 1960 angeführten Verhaltensweisen der Beschuldigte den Umstand des § 19 Abs.7 StVO 1960 erfüllt. Es muß sich bereits aus der Tatumschreibung ergeben, worauf sich die Wartepflicht gründet, deren Verletzung einen Verstoß gegen § 19 Abs.7 StVO 1960 darstellt (VwGH 18.11.1981, Slg. 10594a, 23.10.1986, 86/02/0081).

Die verfehlte Zitierung des § 19 Abs.6 StVO 1960 wäre im Zuge des Berufungsverfahrens (rechtlich zulässig) auf § 19 Abs.7 StVO 1960 auswechselbar gewesen.

Nicht ergänzt werden kann und darf im derzeitigen Verfahrensstadium der Umstand, nach welchem sich eine Wartepflicht im Sinne des § 19 Abs.1 bis 6 StVO 1960 ergibt. Die Anführung einer unter die Bestimmungen des § 19 Abs.1 bis 6 StVO 1960 zu subsumierenden Verhaltensweise fehlt sowohl im Straferkenntnis als auch in den diesem Straferkenntnis vorangegangenen Verfolgungshandlungen. Obwohl es nicht einmal für die Berufungsbehörde eindeutig ist, wird die Verhaltensweise der Berufungswerberin wohl am ehesten unter § 19 Abs.4 StVO 1960 zu subsumieren sein. Diese Annahme gründet sich auf ein Telefonat mit dem Gendarmerieposten Schärding, wonach die in Rede stehende und in die S-Bundesstraße B einmündende Gemeindestraße durch das Vorschriftszeichen "Vorrang geben" abgewertet ist, sodaß die auf der S-Bundesstraße B sowohl von links als auch von rechts kommenden Fahrzeuge Vorrang haben.

Der im Straferkenntnis enthaltene Tatvorwurf, die Berufungswerberin sei, ohne auf den herannahenden Querverkehr zu achten, unmittelbar vor dem Richtung Schärding fahrenden PKW des M B in die B eingefahren, wodurch letzterer zum unvermittelten Abbremsen genötigt worden sei, ist keine unter die Bestimmungen des § 19 Abs.4 StVO 1960 subsumierbare Verhaltensweise.

Da die Anführung und Subsumierbarkeit der Verhaltensweise im Sinne der zitierten Verwaltungsgerichtshofjudikatur ein Tatbestandselement bildet, dieses jedoch weder im Straferkenntnis noch in den Verfolgungshandlungen enthalten ist, ist das Straferkenntnis mit Rechtswidrigkeit behaftet und war aufzuheben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Ergeht an:

Akt Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Wegschaider 6

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